Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.01.2001
Aktenzeichen: 3 U 170/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 282
Haftungsfragen bei Pferdepensionsverträgen.

SchlHOLG, 3. ZS, Urteil vom 23. Januar 2001, - 3 U 170/97 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 170/97 3 O 216/96 LG Flensburg

Verkündet am: 23. Januar 2001

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

der Frau

Klägerin und Berufungsklägerin,

gegen

Herrn

Beklagten und Berufungsbeklagten,

hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht sowie die Richterin am Oberlandesgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am September 1997 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts F wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit durch Beibringung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten und unbedingten Bürgschaft einer Deutschen Bank oder Sparkasse zu leisten.

Das Urteil beschwert die Klägerin in Höhe von 65.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus behaupteter schuldhafter Verletzung von Pflichten eines Pferdepensionsvertrages in Anspruch.

Die Klägerin stellte eine im März 1991 geborene Capitol-Stute Holsteiner Abstammung im August 1995 auf dem Hof des Beklagten unter. Bereits zuvor hatte die Klägerin zwei weitere Pferde beim Beklagten untergebracht und hierüber eine schriftliche vom Beklagten vorformulierte Vereinbarung getroffen, nach deren Regelung sie 360,00 DM monatliches Entgelt für Unterbringung und Fütterung bezüglich jedes Tieres zahlen sollte. Pferdepflege, tierärztliche Versorgung und Sorge für ausreichende Bewegung der Pferde sollten nach diesem Vertrage Sache des Tierhalters bleiben. Reiten und Bewegung der Pferde sollten ausschließlich auf Risiko des Tierhalters erfolgen. Über die Capitol-Stute schlossen die Parteien keine schriftliche Vereinbarung. Zwischen ihnen ist streitig, ob die Vertragsverabredungen gemäß dem genannten schriftlichen Vertrage gleichfalls für die Unterbringung der Capitol-Stute Geltung haben sollten. Jedenfalls war der Beklagte für Stallplatz, Einstreu und Fütterung der Capitol-Stute zuständig. Zur Durchführung der Bewegung und Ausbildung der Stute schloss die Klägerin mit der Zeugin B einen gesonderten Vertrag.

Die Capitol-Stute wurde zunächst in dem neuen Pferdestall mit neu errichteten Boxen auf dem Hof des Beklagten untergebracht. Im November 1995 wurde sie jedoch in einen Behelfsstall mit drei Behelfsboxen eingestellt, weil der Zeuge N für seine eigene Stute, die ein Fohlen geworfen hatte, eine Box im Hauptstall benötigte. Über Zustand und Ausstattung dieser Behelfsbox streiten die Parteien. Am Sonntag, dem November 1995, hatte die Zeugin B frei. Der Zeuge N führte die Capitol-Stute morgens zur Weide und holte sie abends zusammen mit einem anderen Pferd zurück. Er brachte sie in die vorbeschriebene Box. Am Morgen des November 1995 wollte die Zeugin B als erstes Pferd die Stute der Klägerin bewegen, stellte jedoch sofort ein Lahmen fest. Darauf zog die Klägerin den Tierarzt Dr. V hinzu, der das Tier etwa 1 1/4 Stunden später untersuchte, jedoch den Grund für das Lahmen nicht ermitteln konnte. Die Stute wurde am November 1995 in die Tierklinik in T gebracht, dort operiert, musste jedoch am November 1995 eingeschläfert werden, weil die Entzündung nicht mehr erfolgreich behandelt werden konnte.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Stute habe sich einen Nagel in der Notbehelfsbox, in der sie ohne ihre Zustimmung untergebracht worden sei, in der Nacht zwischen dem und dem November 1995 eingetreten. Am Abend des November 1995 habe sie von der Weide kommend nämlich noch nicht gelahmt. Hätte sie sich den Nagel bereits zuvor eingetreten, wäre ein Lahmen an jenem Abend nicht übersehbar gewesen. Selbst wenn sich die Stute die Verletzung jedoch auf dem Freigelände des Beklagten zugezogen hätte, treffe diesen die Haftung, weil sie - die Klägerin - keine Einwilligung zum Freilaufen der Stute mit anderen Pferden erteilt habe. Die Stute sei nämlich ein Weltklassespringpferd mit abnormen Sprunganlagen aus bester Holsteiner Zucht und im Übrigen schon ausgebildet gewesen. Sie habe seinerzeit einen Wert von 125.000,00 DM besessen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 125.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. April 1996 zu zahlen, hilfsweise ihr Vollstreckungsnachlass durch Beibringung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise auch ihm zu gestatten, Sicherheitsleistung durch unbefristete Bürgschaft eines Kreditinstitutes erbringen zu dürfen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Stute sei zu den Bedingungen des schriftlichen Vertrages vom März 1995 bei ihm untergestellt worden. Er hat bestritten, dass die Stute sich den Nagel entweder in der Box oder auf seinem Gelände eingetreten habe. Die Stute habe auch nicht die vorgetragenen hervorragenden Anlagen besessen und damit nicht den behaupteten Wert verkörpert. Schließlich sei die Ausbildung der Stute noch keinesfalls abgeschlossen gewesen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme (Vernehmung des Zeugen N) die Klage abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung sei nicht gegeben. Die Vertragspflichten seien dem schriftlichen Vertrage vom März 1995 zu entnehmen, weil die Parteien mündlich dessen Regelungen auch für die Versorgung der Capitol-Stute vereinbart hätten. Dafür spreche, dass die Klägerin gleichfalls für die Capitol-Stute 360,00 DM an Einstellgebühr an den Beklagten habe zahlen müssen. Abweichende Bedingungen zur Unterstellung habe sie nicht substantiiert vorgetragen. Nach dem Vertrage sei der Beklagte nicht für Pferdepflege, tierärztliche Versorgung und Sorge für ausreichende Bewegung zuständig gewesen. Insoweit habe die Klägerin einen gesonderten Vertrag mit der Zeugin B geschlossen. Die Parteien hätten eine Haftungsbeschränkung des Beklagten für vorsätzliche und grob fahrlässig herbeigeführte Schäden des Tieres vereinbart. Das sei zulässig. Auf Grund dieser Haftungsbeschränkung hätte die Klägerin nachweisen müssen, dass sich die Stute den Nagel in der Box oder auf dem Gelände des Beklagten eingetreten habe und dem Beklagten ein solches Verhalten als grob fahrlässig angerechnet werden könne. Es habe sich jedoch Streu auf dem Boden der Box befunden. Der Beklagte habe nicht damit rechnen können, dass sich im Stroh ein Nagel verborgen halte. Gleichfalls könne nicht erkannt werden, dass es sich bei der Box um eine "zusammengenagelte Box" gehandelt habe. Schließlich sei auch nicht geklärt worden, wo und wann sich die Stute den Nagel eingetreten habe. Sicher sei lediglich, dass die Stute am Morgen des November 1995 gelahmt habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung wie folgt: Die Parteien hätten keine vertragliche Haftungsausschluss- oder Haftungsbegrenzungsabrede miteinander getroffen. Die vereinbarten Versicherungsklauseln ließen eine Schadensersatzpflicht des Beklagten unberührt. Im Übrigen verstoße der Vertragswortlaut des schriftlichen Vertrages gegen § 11 Ziff. 7 und § 6 Abs. 2 AGBG. Es sei die kundenfeindlichste Auslegung vorzunehmen. Danach hafte ein Verwahrer auf Schadensersatz nach § 280 BGB bei Unmöglichkeit der Rückgabe der Sache. Dass der Verwahrer die Unmöglichkeit zu vertreten habe, werde vermutet. Er trage gemäß § 282 BGB die Beweislast für sein fehlendes Verschulden.

Die Parteien hätten auch keine Einigung dahin getroffen, dass für alle künftigen Pensionsfälle der vorgenannte Formularvertrag gleichfalls gelten sollte. Schließlich habe auch der Beklagte das von ihm vorgelegte Vertragsexemplar selbst nicht unterschrieben, so dass der schriftliche Vertrag nicht zustande gekommen sei. Schließlich hätten die Parteien die dort genannte Schriftform bezüglich ihrer Abrede über die Capitol-Stute nicht eingehalten. Der Zeuge N habe auch ausgesagt, dass über den Vertragsinhalt bei Unterbringung der Capitol-Stute zwischen den Parteien gar nicht gesprochen worden sei. Richtig sei lediglich, dass sie - die Klägerin - für jedes Pferd einen monatlichen Pensionspreis von 360,00 DM gezahlt habe. Richtig sei auch, dass sie mit der Bereiterin B die weiteren Absprachen getroffen habe. Ausbildung und alltägliche Bewegung hätten deshalb nicht zum Pensionspreis gehört.

Die Parteien hätten schließlich in Aussicht genommen, eine neue Gesamtvereinbarung über die Versorgung aller untergestellten Pferde miteinander abzuschließen; dazu sei es jedoch nicht mehr gekommen.

Der Beklagte habe in die Betreuungsaufgaben "hinein regiert", indem er die Stute zur Weide geschickt habe. Das Verhalten von N müsse er sich zurechnen lassen. Im Übrigen habe N die gute Box für sich in Beschlag genommen, damit seine Stute ihr Fohlen habe absetzen können. Vorher sei die Capitol-Stute in einer guten Box untergebracht gewesen; letztlich habe N sie in den zusammengenagelten Bretterverschlag gesteckt. Daneben seien 13 kläffende Hunde untergebracht gewesen. N habe ihr bei einem Besuch auf dem Hof die Umsetzung der Stute zugesagt. Dazu sei es indes nicht mehr gekommen. Auch die Boxendecke sei gefahrträchtig gewesen, weil sie nämlich mit einer zusammengenagelten Luke versehen gewesen sei.

Das Landgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt; diese liege beim Beklagten. Das Schadensgeschehen habe sich nämlich in dessen Herrschaftsbereich zugetragen. Der Stallbesitzer trage stets das Risiko der Unaufklärbarkeit der Schadensursache. Die Stute habe sich die Nagelverletzung während des vom Beklagten und seinem Erfüllungsgehilfen veranlassten Weideganges am November 1995 oder spätestens in der Nacht darauf in der Behelfsbox zugezogen. Der Schaden sei vermeidbar gewesen, falls die Hufe gesäubert worden wären.

Ihre Stute sei von bester Holsteiner Zucht gewesen. Sie stamme von hervorragenden Zuchtpferden ab, habe gewaltige Springeigenschaften gehabt. Ihr hätten Angebote zum Ankauf der Stute von bis zu 85.000,00 DM vorgelegen. Sie mache deshalb im Berufungsrechtszug lediglich einen Teilbetrag von 65.000,00 DM geltend.

Richtig sei, dass der Tierarzt Dr. V am November 1995 bei der Erstuntersuchung den eingetretenen Nagel nicht habe feststellen können. Ein eingetretener Nagel wäre indes sofort schmerzhaft für das Pferd gewesen. Pferde pflegten in der Streu zu scharren und bei Unruhe auszukeilen. Deshalb könne die Verletzung auch durch einen in der Streu verborgenen Nagel ausgelöst worden sein.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 65.000,00 DM nebst 4 % Jahreszinsen seit dem Mai 1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil wie folgt: Zutreffend habe das Landgericht seine Haftung verneint. Die Stute sei in einer ordentlichen Box untergebracht gewesen. Eine bestimmte Box sei für die Unterbringung der Stute nicht vermietet worden. Zur Vorderseite habe die Box aus Mauerwerk bis zur Decke bestanden, ebenso seien die Rückwand und die zum Hof gelegene Außenwand gemauert gewesen. An der vierten Wand sei Mauerwerk bis 1,5 m Höhe errichtet und darüber stabiles Metallgitterwerk installiert gewesen. In der Box sei eine dicke Lage von Einstreu aufgebracht worden. Deshalb habe insgesamt keine Verletzungsgefahr für die Stute bestanden.

Er habe Stellplatz und Fütterung, nicht sonstige Versorgung geschuldet. Die Zeugin B habe nicht in seinem Anstellungsverhältnis gestanden. Sie habe für die nötige Bewegung der Stute insgesamt sorgen sollen wie Reiten und Begleitung zum Weidegang. Da sich die Zeugin B am November 1995 frei genommen habe, habe sie den Zeugen N gebeten, die Stute zur Weide zu bringen und sie auch von dort wieder abzuholen. Das habe er ihr zugesagt.

Die Operationsergebnisse seien ihm nicht bekannt. Ebenso sei unbekannt, wo der Nagel gelegen habe. Jedenfalls könne sich die Stute den Nagel nicht in der Box eingetreten haben und auch insgesamt nicht in seinem Verantwortungsbereich. Weitergehende Nebenpflichten hätten ihn nicht getroffen.

Deswegen komme auch eine Haftung nach Gefahrenkreisen nicht in Betracht; ebenso sei die Ermittlung eines genauen Vertragsinhaltes ohne Bedeutung. Jedenfalls sei der Vertrag vom März 1995 wirksam zustande gekommen. Bezüglich der Capitol-Stute hätten die Parteien einen mündlichen Vertragsschluss vereinbart und dabei den Inhalt des schriftlichen Vertrages zu Grunde gelegt. Eine Rabattgewährung für die Unterbringung mehrerer Pferde sei nicht in Aussicht gestellt worden. Die Schriftform für die Folgeverträge sei nicht vereinbart worden. Im Übrigen sei seine Haftung nur dann in Betracht gekommen, falls die abgeschlossene Versicherung der Klägerin keine Deckung für einen Schaden geboten habe. Schließlich müsse die Klägerin sich anrechnen lassen, dass der Zeuge Dr. V den Nagel bei seiner Erstuntersuchung nicht festgestellt habe. Je länger jedoch der Nagel im Huf stecke, desto unwahrscheinlicher sei ein Behandlungserfolg.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B, N und R, ferner durch Einholung zweier schriftlicher Gutachten des Sachverständigen Fachtierarzt für Pferde Dr. Bl. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Vernehmungsniederschrift des Senates vom Februar 1999 sowie die beiden schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. Bl vom Mai 2000 sowie vom Juli 2000.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht angebrachte Berufung der Klägerin bleibt in der Sache erfolglos. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Verletzung des zwischen den Parteien zustande gekommenen Pferdepensionsvertrages nicht zu. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend weder eine vertragliche noch eine deliktische Schadensersatzpflicht des Beklagten bejaht. Eine Haftung des Beklagten aus positiver Vertragsverletzung des Verwahrungs- bzw. Dienstvertrages hätte vorausgesetzt, dass die Schadensverursachung auf eine schuldhafte Verhaltensweise des Beklagten oder seiner Erfüllungsgehilfen zurückgegangen wäre. Das hat sich auf Grund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen lassen. Die Capitol-Stute der Klägerin wurde vom Beklagten nur durch Bereitstellung eines Stallplatzes und durch Fütterung versorgt. Die sonstige Versorgung des Pferdes oblag ihm hingegen nicht, wie zwischen den Parteien unstreitig ist. Insbesondere hatte er nicht für das Ausführen des Pferdes zu sorgen. Insoweit kann dahinstehen, ob die zwischen den Parteien mündliche getroffene Vereinbarung den identischen Inhalt wie der vorausgegangene schriftliche Vertrag vom März 1995 hatte. Über den genannten Umfang der vom Beklagten übernommenen Pflichten besteht zwischen den Parteien Einigkeit. Ebenso ist zwischen ihnen nicht im Streit, dass die Klägerin monatliche Pensionskosten von 360,00 DM an den Beklagten zu entrichten hatte.

Dass der Beklagte oder seine Erfüllungsgehilfen die genannten Vertragspflichten verletzt haben könnten, hat sich anhand der Beweisaufnahme nicht feststellen lassen. Unstreitig ist indes, dass die Stute zumindest ab dem Montagmorgen, dem November 1995 lahmte. Sie musste am November 1995 in der Tierklinik in T operiert und am November 1995 eingeschläfert werden. Dieser Schaden ist jedoch nicht ursächlich und schuldhaft im Verantwortungsbereich des Beklagten ausgelöst worden. Der Senat ist den Fragen nachgegangen, ob die Capitol-Stute vor dem November 1995 in einem zusammengenagelten Bretterverschlag behelfsmäßig untergebracht wurde und ob das Lahmen der Stute bereits am Abend des November 1995 hätte auffallen müssen, als die Stute von der Weide in diese Behelfsbox gebracht wurde. Insoweit hat der Senat die Zeugen N, B und R vernommen. Die Zeugin B hat zwar die Box kritisch im Einzelnen beschrieben und dargelegt, dass es sich nicht um eine normale Pferdebox gehandelt habe. Es habe eine Verletzungsgefahr wegen Drahtgeflechts bestanden. Die Zeugin B hat indes nicht bekunden können, dass die Behelfsbox augenscheinliche Mängel aufgewiesen habe. Ebenso hat der Zeuge R nur erinnern können, dass zwischen der Stute und den daneben untergebrachten Hunden lediglich Maschendraht gezogen gewesen sei. Der Zeuge N hingegen hat den Zustand der Box als massiv und gefahrlos beurteilt. Zwar ist diese Aussage kritisch zu würdigen, weil der Zeuge neben der Box seine Hunde untergebracht hatte, also ihn eine eigene Verantwortung für eine etwaige Aufregung der Stute hätte treffen können. Die Beweisaufnahme hat jedoch nicht den Nachweis erbracht, dass sich die Stute beim Auskeilen die Verletzung in der Box in der Nacht zwischen dem und dem November 1995 zugezogen hat. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Stute sich bereits am November 1995 verletzt hat, als sie von der Weide geholt wurde. Die Verletzung hat auch bereits auf der Weide oder auf dem Weg zur Weide auftreten können. Kein Zeuge konnte Umstände der Verletzungsbeibringung angeben. Offensichtliche Mängel der Box sind gleichfalls nicht nachgewiesen. Klärung konnte auch durch das eingeholte Sachverständigengutachten nicht erzielt werden.

Abweichend von der klägerischen Auffassung muss sich der Beklagte das Ausführen der Stute zur Weide und das Zurückholen gleichfalls nicht entgegenhalten lassen. Da die Bewegung Aufgabe der Zeugin B war, war es ihre Pflicht, die Stute zur Weide zu bringen. Sie stand unstreitig mit dem Beklagten in keinerlei Vertragsverhältnis, war mithin auch nicht seine Erfüllungsgehilfin. Zwar nahm die Zeugin B am November 1995 diese Aufgaben nicht selbst wahr, vielmehr wurde die Stute durch den Zeugen N geführt, dieser bekundete jedoch anlässlich seiner Zeugenvernehmung, dass zwischen B und ihm eine Regelung dahin bestand, dass er für die Zeugin B dann einsprang, wenn diese frei hatte. Danach handelte N lediglich, um der Zeugin B einen Gefallen zu tun, jedoch nicht in seiner Eigenschaft und Funktion als Angestellter des Beklagten, den die Aufgabe, das Pferd der Klägerin zu bewegen, nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien unstreitig ohnehin nicht traf.

Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, das Pferd habe entsprechend ihrer Weisung nicht auf die Weide gebracht werden sollen. Der Beklagte hat dazu angegeben, dass seine Weide für die einzelnen Pferde aufgeteilt gewesen sei, um diese voneinander abzusondern. Im Übrigen gehörte der Weidegang zu der der Zeugin B zugefallenen Aufgabe, das Pferd zu bewegen. Selbst wenn das Verbringen des Pferdes zur Weide unzulässig gewesen wäre, so träfe jedenfalls den Beklagten selbst oder seinen Erfüllungsgehilfen keine Verantwortung dafür.

Ob sich die Stute die Verletzung in der Box oder am Tage zuvor zugezogen hatte, hat der Senat durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Tierarztes Dr. Bl klären wollen. Insoweit ist zunächst die Aussage N zu würdigen, dass ihm beim Zurückholen der Stute am Abend des November 1995 ein Lahmen nicht aufgefallen war. Zwar hat der Zeuge ausgeführt, er habe zwei Pferde zurückgeholt, so dass er nicht unbedingt auf den Gang des Pferdes der Beklagten geachtet habe. Hätte die Stute jedoch starke Schmerzen verspürt, hätte sie nicht mehr richtig laufen können. Entscheidend ist mithin, ob ein Lahmen sofort nach dem Eintreten eines Nagels augenscheinlich wird. Wäre dies der Fall, hätte sich die Stute den Nagel innerhalb der Behelfsbox eintreten müssen. In diesem Falle wäre zu erwägen, ob den Beklagten allein deshalb eine Verantwortung träfe, weil der Schaden in seinem Verantwortungsbereich eingetreten wäre.

Nachdem der zur Beantwortung der Beweisfragen zunächst bestellte Sachverständige F mitgeteilt hatte, zur Schadensursache keine sachverständigen Antworten abgeben zu können, hat der Senat insoweit den Sachverständigen Tierarzt Dr. Bl bestellt. Dieser Sachverständige hat in seinem tierärztlichen Gutachten ausgeführt, dass ein Nagel bei einem Pferd sofort starke Schmerzen auslösen könne, wenn er senkrecht befestigt sei, auf seinem Untergrund ruhe und das Pferd darauf trete. Es könne dann sein Bein kaum noch auf den Boden aufsetzen. Liege ein Nagel hingegen frei oder fast frei auf dem festen Boden, so werde sich der Fremdkörper häufig nur in den Strahlfurchen festsetzen, ohne zunächst über Stunden oder Tage Schaden anzurichten. Er könne sich problemlos wieder lösen oder sich langsam durch die Hornhaut in die Schmerzzonen hineinarbeiten. In dieser Phase beginne der Schmerz dann sehr schnell und heftig. Ein Nagel könne auch auf weichem Untergrund liegen, dann könne die Schadensfolge wie vorbeschrieben eintreten. Ein außerordentlich seltenes Ereignis wäre es, wenn das Pferd durch Ausschlagen sich den Nagel selbst in den Huf schlagen würde.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom Juli 2000 hat der Sachverständige Dr. Bl ausgeführt, der Nagel könne sich je nach Eindringungswinkel nur in der Hornsohle festsetzen und anschließend durch schlürfende oder drehende Bewegungen in die Schmerzzonen tiefer hineinarbeiten. Ein fester Untergrund beschleunige und ein weicher Untergrund verzögere dieses Eindringen. Ein Lahmen werde erst in dem Moment ausgelöst, in dem der Nagel die Schmerzzone berühre. Deshalb könne insgesamt nicht festgestellt werden, ob der Nagel bereits stunden- oder tagelang in der Hornsubstanz gesteckt habe, ohne irgendeinen Schmerz auszulösen. Je tiefer der Nagel in die Schmerzzonen eindringe, um so geringer sei auch die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Therapie. Habe der Nagel solange im Huf der Capitol-Stute gesteckt wie streitgegenständlich vorgetragen worden sei, so sei auch ein Therapieerfolg höchst unwahrscheinlich gewesen. Abschließend könne nicht festgestellt werden, wann und wo sich das Pferd den Nageltritt zugezogen hat.

Nach dem Ergebnis dieses von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen Gutachtens ist keinerlei Klärung mehr zu erzielen, ob sich das klägerische Pferd den Nagel bereits auf der Weide, dem Weg von der Weide zur Box oder in der Box zugezogen hat. Insbesondere kommt eine Schadensverursachung auch auf dem Wege von der Weide zurück in den Stall in Betracht, der über eine Strasse führte und außerhalb des Geländes des Beklagten lag. Da eine Schadensverursachung innerhalb des Umfanges der vertraglichen Verpflichtung durch den Beklagten nicht nachweisbar erfolgte, ist dessen Haftung nicht feststellbar. Insbesondere kann eine schuldhafte Verhaltensweise des Beklagten oder seiner Erfüllungsgehilfen bei der Ausführung der diesen für den Beklagten obliegenden Tätigkeiten nicht sicher ermittelt werden.

Hinzu kommt, dass der Beklagte keine bestimmte Box vermietet hatte. Eine Umstellung des Pferdes in eine andere Box hätte die Klägerin hinnehmen müssen, falls damit keine Gefahr für das Pferd verbunden war und eine ordnungsgemäße Unterbringung gegeben war. Zwar hat die Zeugin B die "Behelfsbox" kritisch beleuchtet und eine Verletzungsgefahr nicht verneinen wollen. Sie hat jedoch die Verletzungsgefahr nicht aus etwaigen herausschauenden, lose sitzenden oder herumliegenden Nägeln hergeleitet. Eine Verletzung durch das Drahtgeflecht hat sich unstreitig nicht konkretisiert.

Nach dem Ergebnis dieser durchgeführten Beweisaufnahme gewinnen die weiteren Überlegungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung keine Bedeutung mehr. Um zu einer Haftung nach Gefahrenbereichen und zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin zu gelangen, hätte es zunächst der Feststellung bedurft, dass eine Pflichtverletzung oder Schadensursache in den Verantwortungsbereich der anderen Vertragspartei fiele. So hat schon die Rechtsprechung des Reichsgerichts für Werk-, Dienst- und Gastaufnahmeverträge eine Beweislastumkehr dann bejaht, wenn die Schadensursache aus dem Gefahrenbereich des Schuldners hervorgegangen ist und die Sachlage zunächst den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner die ihm obliegende Sorgfalt verletzt hat (RGZ 112, 142; 148, 150; 171, 171; Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 282 Rn. 8). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung teilweise unter Hinweis auf § 282 BGB zu einer Beweislastverteilung nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen weiter entwickelt (BGHZ 64, 51; 66, 53; NJW 1978, 2197; 80, 2186 sowie BGHZ 8, 241; 48, 312; NJW 1987, 1938; vgl. Nachweise bei Palandt aaO). Danach gilt der Grundsatz: Fällt dem Schuldner objektiv eine Pflichtwidrigkeit zur Last oder ist die Schadensursache in sonstiger Weise aus seinem Verantwortungsbereich hervorgegangen, so muss er beweisen, dass er die Pflichtverletzungen nicht zu vertreten hat. Diese Beweislastverschiebung gilt nicht nur bei positiver Vertragsverletzung, sondern auch in Fällen nachträglicher teilweiser oder vollständiger Unmöglichkeit. Insbesondere gilt diese Beweislastumkehr auch dann, wenn die herauszugebende Sache nur im beschädigten Zustand zurückgewährt werden kann (Palandt-Heinrichs, aaO, Rn. 3; BGHZ 3, 174; OLG Düsseldorf, MDR 1974, 117). All diese Grundsätze können der Klägerin jedoch deshalb nicht helfen, weil zunächst die Feststellung hätte getroffen werden müssen, dass die Pflichtverletzung objektiv in den Verantwortungsbereich des Vertragspartners - hier des Beklagten - gefallen wäre. Das war unter Heranziehung der Vertragspflichten der Parteien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellbar. Nur wenn der Zeuge N im Rahmen des zwischen den Parteien begründeten Vertragsverhältnisses die Stute zur Weide gebracht und wieder in die Box zurückgeholt hätte, wäre zu erwägen gewesen, ob innerhalb vertraglicher Abwicklung auch der Schaden mit hinreichender Sicherheit eingetreten wäre. Nur dann hätten die Grundsätze über die Beweislastumkehr herangezogen werden dürfen, und nur dann wäre die Prüfung angezeigt, ob dem Beklagten etwa ein Entlastungsbeweis gelungen wäre.

Auch eine deliktische Haftung des Beklagten nach Gefahrenbereichen kommt nicht in Betracht. Nach den Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB trifft den Geschädigten grundsätzlich die Beweislast für das Verschulden des Schädigers. Deshalb muss der Geschädigte auch beweisen, dass der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei der haftungsbegründenden Handlung oder Unterlassung außer Acht gelassen hat. In der Regel kommt eine Abkehr von diesem gesetzlich festgelegten Grundsatz nicht in Betracht, weil man anderenfalls zu einer Haftung ohne Verschulden und damit zu einer Gefährdungshaftung entgegen der gesetzlichen Regelung gelangte. Nur in speziellen Bereichen wie etwa der Produzentenhaftung kann eine Beweislastumkehr erwogen werden. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist eine Pflichtwidrigkeit des Beklagten jedoch nicht ersichtlich und nachgewiesen, so dass den Beklagten auch keine deliktische Handlung trifft.

Auf den weiteren Vortrag der Klägerin, ob in der Nähe der Box kläffende Hunde vorhanden waren oder nicht, kommt es nicht an, weil jedenfalls hierdurch der behauptete Schaden nicht ausgelöst worden sein kann.

Danach bleibt die Berufung mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO ohne Erfolg.

Ende der Entscheidung

Zurück