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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 10.10.2006
Aktenzeichen: 3 U 41/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 917 |
2. Ein Anspruch auf Notwegerente besteht nicht, wenn das in Anspruch genommene Überwegungsrecht durch Gewohnheitsrecht begründet ist.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
verkündet am: 10. Oktober 2006
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2006 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers zu 1) und die Anschlussberufung des Beklagten gegen das am 17.02.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel werden zurückgewiesen.
Die Kläger zu 2) und 3) tragen nach Rücknahme ihrer Berufung und Verlust ihres Rechtsmittels ihre im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst. Von den übrigen Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1) 93 % und der Beklagte 7 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Der Kläger zu 1) begehrt von dem Beklagten die Zahlung einer Notwegerente, der Beklagte nimmt ihn widerklagend darauf in Anspruch, die Ausübung des Wegerechts an dem Grundstück der Klägerin zu 2), an dem dem Kläger zu 1) ein lebenslanges Nießbrauchsrecht zusteht, durch Versetzung eines Zauns in einer bestimmten Breite zu ermöglichen. Die Kläger zu 2) und 3) hatten ursprünglich mit dem Kläger zu 1) die Zahlung einer Notwegerente verlangt, den Rechtsstreit jedoch bereits erstinstanzlich in der Hauptsache in Übereinstimmung mit dem Beklagten für erledigt erklärt. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien I. Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Ein Anspruch auf eine Notwegerente scheitere an dem Umstand, dass der Kläger zu 1) das Grundstück bereits mit einem gewohnheitsrechtlich bestehenden Wegerecht belastet übernommen hätte. Auch die Widerklage hat das Landgericht abgewiesen, weil nicht feststehe, dass das gewohnheitsrechtliche Wegerecht durch den Zaun beeinträchtigt werde und auch die Beeinträchtigung eines vertraglichen Wegerechtes durch diesen Zaun nicht angenommen werden könne.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers zu 1), der sich der Beklagte form- und fristgerecht angeschlossen hat.
Der Kläger zu 1) macht geltend:
Das Argument des Landgerichts, ein Notwegerecht liege schon deshalb nicht vor, weil die hinterliegenden Grundstücke auch von anderer Seite her erschlossen seien, treffe nicht zu. Die früher vorhandene Erschließung sei jedenfalls für das mittlere der hinterliegenden Grundstücke nicht mehr nutzbar.
Die anderweitige Erschließung könne auch nicht darin gesehen werden, dass auf dem Grundstück der Kläger ein gewohnheitsrechtlich begründetes Wegerecht laste. Solches sei zwar in den Vorprozessen angenommen worden, dies sei allerdings in anderem Zusammenhang und ohne Bindung für den vorliegenden Rechtsstreit geschehen. Es handele sich nicht um dieselben Prozessgegner wie im vorliegenden Fall.
Entscheidend sei, dass das gewohnheitsrechtlich begründete Wegerecht, welches im Vorprozess bejaht worden sei, nur für eine ganz genaue und bestimmte Belegenheit definiert worden sei, nämlich nur auf einer Breite von 3,30 m ab Grundstücksgrenze. Das aber habe mit dem konkret vom Beklagten in Anspruch genommenen Weg nichts zu tun. Dieser liege sehr viel weiter auf dem Grundstück der Klägerin zu 2), viel weiter weg von der Grundstücksgrenze und damit auf einem Bereich, wo ein gewohnheitsmäßiges Wegerecht nicht bestehe. Statt das gewohnheitsrechtliche Wegerecht in einer Breite von 3,30 m ab Grundstücksgrenze in Anspruch zu nehmen - was allerdings im Hinblick auf die Knickverordnung auf Schwierigkeiten stoßen könnte und jedenfalls erhebliche bauliche Maßnahmen voraussetzen würde - benutze der Beklagte andere Teile des Grundstücks. Er behaupte nun, gerade auf diese Benutzung angewiesen zu sein, weil er die Zufahrt in dem Bereich, in welchem das Vorgericht ein gewohnheitsrechtliches Wegerecht bejaht habe, rein tatsächlich nicht nutzen könne. Damit aber liege die Inanspruchnahme eines Notweges vor und bestünden die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Notwegerente.
Der Kläger zu 1) beantragt,
die angefochtene Entscheidung zu ändern und nach dem für den Kläger zu 1) in der ersten Instanz zuletzt gestellten Antrag, wie er sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt, zu erkennen
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
sowie im Wege der Anschlussberufung den Kläger zu 1) zu verurteilen, dem Beklagten die Ausübung des Wegerechts an dem Weg auf der rechten Seite des Flurstücks ... von der A-Str. in B. aus gesehen, in einer Breite von 3,30 m zu ermöglichen, und zwar gemessen vom Knickfuß bzw. Baumfüssen aus, und den Zaun, der die Breite des Weges schmälert, so weit zurückzusetzen, dass die Wegebreite vom Fuße des Knicks auf der rechten Grundstücksseite aus gemessen 3,30 m beträgt.
Der Beklagte macht geltend:
Es sei durch die bisherigen Gerichte gerade nicht festgestellt worden, dass ein Wegerecht an einem Streifen von 3,30 m ab Grundstücksgrenze zu gewähren sei. Im Gegenteil gehe das Oberlandesgericht in seinem Urteil in der Sache 7 U 65/96 davon aus, dass ein solches gewohnheitsrechtliches Wegerecht in einem Abstand von der Grundstücksgrenze einschließlich Knickwall in einer Breite von ca. 6 bis 5,50 m bestehe. Das OLG gehe dort weiter davon aus, dass die Käufer von dem Bruder des Berufungsbeklagten, dem das mittlere Grundstück gehöre, getäuscht worden seien und habe deshalb einen Schadensersatz von 15.451,55 DM zugesprochen. Der Kläger zu 1) sei also schon einmal für die Nutzung als Weg entschädigt worden, und zwar nach einem damals sehr hohen Grundstückspreis von 63,19 DM pro Quadratmeter. Im Übrigen sei von den Gerichten der Vorprozesse stets die Auffassung vertreten worden, dass ein gewohnheitsrechtlich begründetes Wegerecht existiere.
Im Wege der Anschlussberufung nehme der Beklagte den Kläger zu 1) nunmehr auf Einräumung des Wegerechts in einer Breite von 3,30 m gemessen vom Knickfuß bzw. den Baumfüßen aus in Anspruch und auf Zurückversetzung des Zauns, der die Breite des Weges nämlich schmälere. Aus der nunmehr vorgelegten Flurkarte Anlage BB 1 ergebe sich, dass der Weg von der Grundstücksgrenze zu dem Flurstück ... einschließlich Knickwall eine Breite von 6,10 m habe. Der Zaun zum Flurstück ... verlaufe hier auf der Grundstücksgrenze. In dieser Flucht stehe auch der Strommast, der auf den erstinstanzlich überreichten Bildern zu sehen sei. Unmittelbar entlang dieses Strommastes habe der alte Zaun gestanden, der den Weg begrenzt habe. Nunmehr habe der Kläger zu 1) aber den Zaunverlauf in die ursprüngliche alte Wegfläche hineinversetzt, sodass eine Wegbreite von 3,30 m nicht mehr zur Verfügung stehe. Darüber hinaus werde die Wegefläche eingeschränkt durch das Ablegen von größeren Felssteinen, die auf den erstinstanzlich eingereichten Fotos zu sehen seien. Auf den Fotos lasse sich erkennen, dass der Abstand zwischen Zaun und Strommast größer geworden sei. Es hätte insoweit also Beweis erhoben werden müssen, wie breit die Wegefläche gemessen ab Knickfuß jetzt tatsächlich sei. Dem Landgericht sei nicht Recht zu geben in seiner Auffassung, dass eine Wegebreite von 3,30 m bisher nicht festgestellt und eingeräumt worden sei. Bereits in dem Ankaufsvertrag des Klägers zu1) sei die Breite von 3,30 m festgeschrieben worden. Dies sei dem Kläger zu 1) auch klar gewesen, weil er das Grundstück vor dem Kauf in Augenschein genommen habe. Er habe nicht davon ausgehen können, dass der gewohnheitsrechtlich bestehende Weg in einer Entfernung von 3,30 m ab Grundstücksgrenze bestehe und nicht ab dem Knickfuß.
Der Kläger zu 1) beantragt,
die Anschlussberufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er macht geltend, er sei nicht Eigentümer des streitbefangenen Grundstücks, sodass er schon gleich gar nicht dinglich in Anspruch genommen werden könne. Die Behauptung des Beklagten, es seien Veränderungen vorgenommen worden, sei unzutreffend. Weder sei der Zaun noch seien Steine versetzt worden.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers zu 1) und die zulässige Anschlussberufung bleiben jeweils ohne Erfolg, weil das Landgericht den Rechtsstreit insgesamt zutreffend entschieden hat.
1.
Ein Anspruch des Klägers zu 1) auf eine Notwegerente nach § 917 Abs. 2 BGB besteht nicht.
Voraussetzung wäre nämlich, dass dem Beklagten als Eigentümer des Hinterliegergrundstückes ... (das Grundstück ... gehört Herrn D.) ein Notwegerecht im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB zustehen würde. Ein solches Notwegerecht BGB setzt seinerseits voraus, dass dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, sodass der Eigentümer deshalb von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangt hat und verlangen kann, bis zur Behebung des Mangels die Nutzung seines Grundstücks zur Herstellung der erforderlichen Verbindung zu dulden.
Der Kläger zu 1) hat aber nicht dargelegt, dass der Beklagte hier ein derartiges Notwegerecht in Anspruch nimmt. Eine aus einer fehlenden notwendigen Verbindung des Grundstücks des Beklagten mit einem öffentlichen Weg resultierende Notlage ist hier nicht gegeben. An das Vorhandensein einer solchen Notlage sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie scheidet insbesondere dann aus, wenn zwar keine unmittelbare Verbindung des fraglichen Grundstücks des Berechtigten mit einem öffentlichen Weg besteht, der Eigentümer aber im Rahmen eines ihm ohnehin bereits anderweitig zustehenden Rechts das Nachbargrundstück zur Herstellung der Verbindung zu dem öffentlichen Weg nutzen kann, weil ihm z.B. ein schuldrechtlicher Anspruch auf Gestattung der Benutzung dieses anderen Grundstücks zur Herstellung der Verbindung zum öffentlichen Weg zur Verfügung steht. Soweit derartige Ansprüche einen sicheren Grundstückszugang ermöglichen, kann keine Wegenotlage des betroffenen Grundstücks angenommen werden (MüKo zum BGB/Säcker, 4. Aufl. 2004, § 917 Rn. 8 m. w. N.).
a)
Dahinstehen kann, ob die erforderliche Erschließung des Grundstücks des Beklagten bereits über den für Anlieger befahrbaren E-Weg erfolgen kann, der in der Beiakte Bl. 32 f. fotografiert und dort Bl. 34 in der Karte gekennzeichnet ist. Dafür spricht allerdings vieles. Der Kläger zu 1) hat erstinstanzlich Bl. 84 und wiederholt Bl. 116 d.A. vorgetragen, dort befinde sich eine öffentliche Zuwegung zu den hinteren Grundstücken, über die auch die Entsorgung sichergestellt sei. Es handele sich um einen vollwertig nutzbaren Zuweg zu dem Grundstück des Beklagten. Der Beklagte hat nur sehr vage Bl. 104 d.A. erwidert, der E-Weg werde von den Entsorgungsfahrzeugen nicht genutzt.
Wenn der Kläger zu 1) nunmehr im Berufungsverfahren geltend macht, die Erschließung über diesen Weg sei jedenfalls für das mittlere der hinterliegenden Grundstücke nicht mehr nutzbar und entfallen (vgl. auch Bl. 128 d.A.), übersieht er, dass der Beklagte nicht Eigentümer des mittleren Grundstücks ... ist (sondern dessen Bruder), dass so der Beklagte auf Zahlung einer Notwegerente ohnehin nur wegen seines Grundstücks ... und der von dort erfolgten Nutzung des Weges über das klägerische Grundstück ... in Anspruch genommen werden könnte.
b)
Es ist sowohl im privaten als auch im öffentlichen Wegerecht anerkannt, dass Überwegungsrechte auch historisch, mithin durch Gewohnheitsrecht, begründet sein können. Ein Gewohnheitsrecht ist dann anzunehmen, wenn innerhalb eines autonomen Verbandes, nämlich innerhalb eines engeren Kreises von Betroffenen eine langdauernde, gleichmäßige, tatsächliche Übung besteht, die von der Überzeugung getragen wird, zu dem Verhalten rechtlich verpflichtet zu sein (RGZ 76, 113; Rinke in Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, S. 104). Wird ein bestimmter Weg über ein Privatgrundstück mithin seit langer Zeit als Zuwegung zwischen der öffentlichen Straße und einem Hinterliegergrundstück benutzt, dann kann das zur Bildung eines örtlich geltenden Gewohnheitsrechts führen, das objektives Recht darstellt und an das die Anwohner gebunden sind, wie dies zutreffend in dem Urteil des Amtsgerichts Norderstedt vom 27. August 1993, 44 C 210/92, Bl. 6 ausgeführt wird.
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht im unstreitigen Tatbestand festgestellt, im nordöstlichen Bereich des Flurstücks ... - jedoch nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze, an der sich nämlich ein Knick befindet - habe bereits im Zeitpunkt des Ankaufs des fraglichen Grundstücks durch den Kläger zu 1) und seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau im Jahre 1989 ein damals schon seit Jahrzehnten und auch heute noch bestehender unbefestigter Fahrweg mit 2 ausgefahrenen sandigen Fahrspuren und Grasbewuchs im Bereich zwischen diesen Spuren bestanden, den die Bewohner der Flurstücke ... und ... genutzt hätten, um diese Hinterliegergrundstücke zu erreichen. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag haben die Kläger nicht gestellt. Der unstreitige Tatbestand ermöglicht deshalb bereits den Schluss, dass sich ein gewohnheitsrechtlich verfestigtes Überwegungsrecht für die Bewohner der beiden Hinterliegergrundstücke auf den heute noch vorhandenen Fahrweg in seinem gegenwärtigen Bestand bezieht. Auch deswegen scheidet dann zwangsläufig eine Wegenotlage im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB aus.
Zu Unrecht meint die Berufung, die Existenz eines solchen gewohnheitsrechtlich begründeten Wegerechts sei in den Vorprozessen ohne Bindung für den vorliegenden Fall angenommen worden, jedoch ohnehin nur bejaht worden für eine Breite von 3,30 m ab Grundstücksgrenze, d. h. im Wesentlichen im Verlauf des dort liegenden Knicks. Dieses gewohnheitsrechtlich begründete Wegerecht habe deshalb mit dem vom Beklagten in Anspruch genommenen tatsächlich vorhandenen Weg nichts zu tun.
Keines der drei Urteile, die zur Akte gereicht worden sind, nimmt aber ein gewohnheitsrechtlich bestehendes Wegerecht in dem Bereich einer Breite von 3,30 m ab Grundstücksgrenze, d. h. in dem Verlauf an, wo sich im Wesentlichen der Knick befindet.
In dem Verfahren 44 C 210/92 Amtsgericht Norderstedt = 7 S 156/93 Landgericht Kiel hatte die damalige Eigentümerin des nunmehr dem Beklagten gehörenden Flurstücks 35/4 den Kläger zu 1) und seine damals noch lebende Ehefrau als damalige Eigentümer des Flurstücks ... auf Beseitigung eines mitten im Wege angebrachten Pfahles mit dem Argument in Anspruch genommen, sie - die dortige Klägerin - habe ein Recht darauf, den Weg als Zugang zu ihrem Grundstück zu benutzen und auch mit einem Fahrzeug zu befahren. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme festgestellt, der Weg werde seit Mitte der 20er Jahre als Zuwegung zu den Parzellen auf dem Grundstück der dortigen Klägerin benutzt. Er habe seitdem ständig mit Billigung aller Beteiligten als Zuwegung gedient, was zur Bildung eines örtlich geltenden Gewohnheitsrechts geführt habe. Das Gewohnheitsrecht erfasse den Weg in seiner seit alters her bestehenden und jetzt noch unverändert vorhandenen Beschaffenheit. Das Recht könne auch durch Benutzen mit Kraftfahrzeugen ausgeübt werden.
Das von dem Amtsgericht festgestellte Gewohnheitsrecht bezieht sich mithin gerade auf den damals und jetzt vorhandenen Weg und nicht auf den Bereich des Knicks entlang der Grundstücksgrenze.
Das LG Kiel als Berufungsgericht hat den damaligen Rechtsstreit im Hinblick auf ein Benutzungsrecht der dortigen Klägerin mehr aus dem Blickwinkel des Grundstückskaufvertrages vom 3. April 1989 betrachtet und aus dem dortigen § 7 - wonach das durch Gewohnheitsrecht begründete Überwegungsrecht in einer Breite von 3,30 m im nördlichen Grundstücksbereich entlang der nördlichen Grundstücksgrenze von den Käufern übernommen worden ist - als Vertrag zu Gunsten auch der dortigen Klägerin nach § 328 BGB bezogen auf das Wegerecht ausgelegt. Auch das Landgericht hat sich aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz die Überzeugung gebildet, dass gerade der vorhandene Weg "so wie er sich heute in Natura erkennbar präsentiert, spätestens seit Ende 1930, als die Zeugin F. das am Ende des Weges liegende Grundstück pachtete als Zuwegung zu den hinteren Parzellen benutzt wird, und zwar seit jedenfalls Anfang der 50er Jahre auch für den Kraftfahrzeugverkehr". Das Landgericht hat dann die Vertragsklausel so ausgelegt, dass das dort angesprochene, durch Gewohnheitsrecht begründete Überwegungsrecht von den Vertragsparteien nur dahin habe verstanden werden können, dass das Wegerecht, so wie es in der Vergangenheit tatsächlich praktiziert worden sei, fortbestehen solle, weshalb es sich nicht auf den Bereich von 3,30 m unmittelbar ab Grundstücksgrenze, also auf dem Bereich des Knicks beziehe. Das Landgericht hat nicht etwa ausgeführt, dass an dem tatsächlich vorhandenen Fahrweg ein Gewohnheitsrecht nicht begründet sei, es hat lediglich den vertraglichen Anspruch in den Vordergrund seiner Argumentation gestellt. All das bezieht sich aber nur auf den tatsächlich vorhandenen Weg und nicht auf den Bereich des Knicks.
In dem Rechtsstreit 11 O 305/95 Landgericht Kiel = 7 U 95/96 OLG Schleswig ging es darum, dass der Kläger zu 1) und seine damals noch lebende Ehefrau als Kläger ihre Verkäuferin, nämlich die Mutter des Beklagten, wegen arglistiger Täuschung über das bestehende Wegerecht auf ihrem Grundstück auf Schadensersatz in Anspruch genommen haben. Die Kläger haben dort argumentiert, bei Abschluss des notariellen Vertrages sei ihnen seitens der Verkäuferin und ihrer Vertreter arglistig vorgespiegelt worden, dass das von ihnen als Käufer zu übernehmende und durch Gewohnheitsrecht begründete Überwegungsrecht in einer Breite von 3,30 m direkt an der Grundstücksgrenze beginne und dadurch der konkret sichtbare Fahrweg eingeschränkt werde. Von der Richtigkeit dieses Vorwurfs hat sich der 7. Zivilsenat nach Beweisaufnahme überzeugt. Die gesamte Entscheidung lässt sich nur vor dem Hintergrund verstehen und muss auch so verstanden werden, dass sich ein gewohnheitsrechtliches Überwegungsrecht der Hinterliegergrundstücke tatsächlich auf den sichtbaren vorhandenen Weg bezieht, während eben die dortige Beklagte bzw. ihr Vertreter bei den Kaufverhandlungen vorgespiegelt haben sollen, das Gewohnheitsrecht beziehe sich nur auf eine Breite von 3,30 m gerechnet unmittelbar ab Grundstücksgrenze und damit im Wesentlichen auf den Bereich des Knicks.
Der Kläger zu 1), der ein Notwegerecht des Beklagten als Voraussetzung der geltend gemachten Notwegerente darlegen muss, kann im Berufungsverfahren nicht mehr vorbringen, dass an dem sichtbaren Fahrweg ein gewohnheitsrechtliches Überwegungsrecht nicht bestehe. Die Frage, ob ein Gewohnheitsrecht als solches anzunehmen ist, ist eine Rechtsfrage. Der Kläger zu 1) hat aber erstinstanzlich nicht bestritten und keine Tatsachen dagegen vorgetragen, dass das bislang in den genannten Gerichtsverfahren angenommene gewohnheitsrechtliche Wegerecht besteht.
Der Beklagte hat in der Klagerwiderung ausgeführt, das Amtsgericht Norderstedt habe 1993 in seinem Urteil festgestellt, dass dieser Weg - nämlich der tatsächlich vorhandene Weg - seit Mitte der 20er Jahre bestehe. Die Urteile des Amtsgerichts Norderstedt und das Berufungsurteil des Landgerichts Kiel waren beigefügt. Konkret hat der Kläger zu 1) dem nicht widersprochen. Er ist (Bl. 83 d.A.) nur darauf zurückgekommen, dass bei Abschluss des Kaufvertrages von der Verkäuferin ausdrücklich erklärt worden sei, die Breite des Wegerechts werde von der Grundstücksgrenze aus bemessen. Nachdem das Landgericht bereits im Termin und auch in seinem Hinweisbeschluss Bl. 114 b d.A. ausdrücklich noch einmal von der Existenz eines gewohnheitsrechtlich bestehenden Überwegungsrechts in Bezug auf den vorhandenen Weg gesprochen hat, hat der Kläger zwar auch von einem durch Gewohnheitsrecht eingeräumten Wegerecht gesprochen, später dann aber (Bl. 128 unten) ausgeführt, das auf Gewohnheitsrecht begründete Wegerecht erstrecke sich ausschließlich auf eine Breite von 3,30 m ab Grundstücksgrenze. Dies - so der folgende Satz - habe die Mutter des Beklagten bei Vertragsschluss dem Kläger und dessen Ehefrau ausdrücklich bestätigt, anlässlich der Beurkundung sei das Wegerecht in diesem Sinne erörtert worden. Auch an dieser Stelle bezieht sich der Kläger aber ersichtlich nur auf die täuschenden Angaben zum Verlauf des Wegerechts, wie sie seitens der Verkäuferin anlässlich des Kaufvertrages gemacht worden sein sollen. Auf der anderen Seite verweist der Kläger an derselben Stelle ausdrücklich auf die Zeuginnen F und G (aus der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Norderstedt), die nämlich seinerzeit bekundet hätten, die Zuwegung sei seit 1986 immer so gewesen, wie sie sich heute zum Zeitpunkt der Vernehmung der Zeuginnen darstelle. Er nimmt damit Bezug auf einen Teil der Beweisaufnahme, die das Amtsgericht Norderstedt zur Annahme eines gewohnheitsrechtlichen Überwegungsrechts im Bereich des bestehenden Weges geführt hat.
Vor diesem gesamten Hintergrund kann der Senat nicht erkennen, dass der Kläger erstinstanzlich die tatsächliche Nutzung des fraglichen Weges als Überwegung zu dem Hinterliegergrundstück seit vielen Jahrzehnten, wie vom Beklagten unter Vorlage der genannten Urteile vorgetragen, bestritten hat. Deshalb durfte das Landgericht diesen Punkt auch als unstreitig ansehen und hat ihn in den unstreitigen Tatbestand aufgenommen, ohne dass ein Berichtigungsantrag der Kläger gefolgt wäre.
Unabhängig davon lässt sich auch aus der Berufungsbegründung ein ausreichend substantiiertes Bestreiten dieses historischen, gewohnheitsrechtlich begründeten Überwegungsrechts nicht entnehmen, weil die Berufungsbegründung ersichtlich die vorliegenden Urteile aus den Vorprozessen falsch interpretiert.
2.
Mit der Anschlussberufung nimmt der Beklagte den Kläger zu 1) ohne Erfolg darauf in Anspruch, dass er ihm die Ausübung des Wegerechts an dem vorhandenen Weg in einer bestimmten Breite von 3,30 m gemessen "vom Knickfuß bzw. Baumfüssen aus" ermöglichen und dafür den Zaun zurücksetzen müsse.
Der Beklagte stützt seinen Anspruch auf das bestehende Gewohnheitsrecht iVm § 1004 BGB, in zweiter Linie auf einen vertraglichen Anspruch aus Vertrag zu Gunsten Dritter, jedenfalls aber gerade nicht auf ein Notwegerecht, denn ein solches will er zur Vermeidung der Verpflichtung zur Rentenzahlung nicht in Anspruch nehmen.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er den Kläger zu 1) nicht auf Einräumung eines dinglichen Wegerechtes in Anspruch nehmen möchte, sondern es ihm allein auf das Zurückversetzen des Zauns ankomme. Mit seinem Verlangen, den Zaun soweit zurückzusetzen, dass die Wegebreite vom Fuße des Knicks oder den dortigen Baumfüssen aus gemessen 3,30 m betrage, kann er aber nicht durchdringen.
Er kann nämlich nicht beweisen, dass der Zaun, so wie er derzeit besteht, den historischen Weg einschränkt und damit das gewohnheitsrechtlich bestehende Wegerecht verletzt. Es fehlt dazu an jeglichem erheblichem Beweisantritt. Aus der jetzt vorgelegten aktuellen Karte des Katasteramtes H mit Stand vom 8. November 2002 (GA 189) ergibt sich nicht, wo der historische Weg tatsächlich verläuft und in welcher Breite das Gewohnheitsrecht besteht. Hinsichtlich des Standortes des Zaunes gibt es nur die Behauptung, dass der Zaun früher (nämlich der Vorvorgänger des jetzigen Zaunes) im Fluchtbereich des alten Strommastes verlaufen sei, den man in den Aufnahmen der Beiakte (AG Norderstedt) Bl. 7 und 8 sowie Bl. 21 erkennen kann - dort jeweils mit Stand 1992 -, ebenso aber in den Bildern der vorliegenden Akte Bl. 49 und 51. Aus dem Vergleich der Fotos der Beiakte mit dem Fotos der Prozessakte ergibt sich des Weiteren, dass kein Unterschied im Standort des jetzigen Zaunes mit seinem Vorgänger festgestellt werden kann. Erst recht könnte ein Unterschied nicht durch eine Ortsbesichtigung festgestellt werden, denn der alte Zaun steht nicht mehr. Ob und wo noch vor 1992 ein anderer Zaun (der Vorvorgänger des jetzigen Zaunes) gestanden haben soll, lässt sich mit einer Augenscheinseinnahme ebenfalls nicht feststellen. Andere Beweismöglichkeiten sind nicht benannt. Auch zu dem Standort der Steine ergibt sich aus dem Vergleich der Bilder Bl. 49 f. der vorliegenden Akte mit Bl. 7 f., 21 der Beiakte keine Unterschied.
Unabhängig von diesem Umstand geht der Beklagte auch zu Unrecht davon aus, dass der historische Fahrweg und damit das gewohnheitsrechtlich gesicherte Überwegungsrecht eine Breite von 3,30 m gemessen ab dem unbestimmten "Knickfuß" oder den "Baumfüssen" haben soll. Das hat tatsächlich kein Gericht festgestellt und dafür fehlen auch Beweisangebote. Es steht nur fest, dass die Parteien des Kaufvertrages letztlich ausgehend von einem Gewohnheitsrecht ihrerseits eine Breite von 3,30 m definiert haben. Das aber ist ersichtlich nicht der Inhalt des Gewohnheitsrechts, gibt also nicht zwingend die Breite wieder, die der Weg seit Jahrzehnten aufgewiesen hat.
Soweit der Beklagte sich auf ein vertragliches Wegerecht iVm § 328 BGB stützen will, kann der Anspruch deshalb nicht durchgreifen, weil er nicht dargelegt und keinen Beweis dafür angetreten hat, dass sich das vertraglich vereinbarte Recht aus § 7 des Kaufvertrages entgegen den Feststellungen des 7. Zivilsenats in dem genannten Berufungsurteil auf den tatsächlich vorhandenen Weg bezieht.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 97 Abs. 1 ZPO, wobei berücksichtigt ist, dass sowohl der Kläger zu 1) mit seiner Berufung als auch der Beklagte mit seiner Anschlussberufung in vollem Umfang unterliegen. Die auch für die Kläger zu 2) und 3) eingelegte Berufung haben diese nach Hinweis auf deren Unzulässigkeit angesichts des Fehlens einer Beschwer in der mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt, worin eine konkludente Zurücknahme der Berufung liegt. Da durch diese Berufung gesonderte Gerichtskosten nicht entstanden sind, haben die Kläger zu 2) und 3) gemäß § 516 Abs. 3 ZPO nur ihre eigenen im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO bestehen nicht.
Ende der Entscheidung
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