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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 23.06.2008
Aktenzeichen: 4 W 32/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 118 Abs. 2 S. 2
Die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme im PKH-Prüfverfahren in Arzthaftungssachen nach § 118 Abs. 2 S. 2 ZPO kommt nur in Betracht, wenn der zeitliche und materielle Aufwand für die Erhebung des Sachverständigenbeweises gering, die hinreichende Erfolgsaussicht zweifelhaft und der Streitwert hoch ist.
4 W 32/08

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 23. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

1) Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 14. April 2008 gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 27. März 2008 in der Fassung durch den Nichtabhilfebeschluss vom 16. Juni 2008 wird als unzulässig verworfen.

2) Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 567 Abs. 1, 127 Abs. 3 ZPO nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen. Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Der von der Antragstellerin mit der Beschwerde angegriffene verfahrensleitende Beschluss des Landgerichts vom 27. März 2008 (Bl. 129 ff., Leseabschrift 132 f. d. A.), eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Dr. K zu für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der von der Klägerin beabsichtigen Klage maßgeblichen Fragen einzuholen, fällt nicht unter die in § 567 Abs. 1 ZPO genannten Fälle. Bei dem angefochtenen Beschluss handelt es sich weder um eine einen Antrag zurückweisende Entscheidung i. S. d. § 567 Abs. 1 ZPO - die beabsichtigte Beweiserhebung soll die Entscheidung des Landgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag erst vorbereiten - noch um einen Fall des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO, sondern um eine unanfechtbare verfahrensleitende Anordnung i. S. d. § 118 Abs. 2 ZPO (vgl. Zöller-Philippi, Zivilprozessordnung, Kommentar, 26. Aufl. 2006, § 127, Rdnr. 10 a; Zöller-Gummer, a. a. O., § 567, Rdnr. 33; Musielak, Zivilprozessordnung, Kommentar, 6. Aufl. 2008, § 118, Rdnr. 15).

Die sofortige Beschwerde ist auch nicht als Ausnahmefall zulässig. Eine sofortige Beschwerde kann ausnahmsweise gegenüber einer Anordnung nach § 118 Abs. 2 S. 3 ZPO dann als zulässig angesehen werden, wenn das Gericht durch die Anordnung stillschweigend die Prozesskostenhilfe ablehnt oder das Verfahren hierdurch aussetzt (vgl. Musielak, a. a. O., m. w. N.). Das ist hier nicht der Fall, worauf das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung (dort S. 4, Bl. 196 d. A.) zutreffend hingewiesen hat.

II. Die Entscheidung des Landgerichts ist i. Ü. auch in der Sache nicht zu beanstanden. Nach § 118 Abs. 2 S. 3 ZPO können im Prozesskostenhilfeverfahren Sachverständige vernommen werden, wenn nicht auf andere Weise geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Bereich des Arzthaftpflichtprozesses besteht hiernach die Möglichkeit, allem Anschein nach unplausible, für das Gericht angesichts der medizinischen Materie nicht sicher beurteilbare Vorwürfe einer vorläufigen Prüfung zu unterziehen, die bei einem eindeutigen Ergebnis eine Ablehnung des Antrags rechtfertigen. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf allerdings nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und diese an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfG NJW 1991, 413 f.), zumal mit einer Beweiserhebung auch eine Belastung der Antragsteller mit Gerichtskosten gemäß § 22 Abs. 1 GKG verbunden sein kann. Dem trägt die vom Senat geteilte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München dadurch Rechnung, dass die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme nur in Betracht kommt, wenn der zeitliche und materielle Aufwand für die Erhebung des Sachverständigenbeweises gering, die hinreichende Erfolgsaussicht zweifelhaft und der Streitwert hoch ist (vgl. OLG München, Az. 1 W 2878/05 vom 16.12.2005 u. 1 W 1080/05 vom 09.05.2005, München OLGR 1997, 34 zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen liegen vor. Nach dem Inhalt des von der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen eingeholten Sachverständigengutachtens vom 20. Mai 2004 (Bl. 75 ff. d. A.) und der Stellungnahme der Schlichtungsstelle vom 8. Februar 2005 (Bl. 87 ff. d. A.) ist die hinreichende Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin beabsichtigten Rechtsverfolgung zweifelhaft. Gegenteilige sachverständige Ausführungen hat die Antragstellerin nicht vorgelegt. Diese Beurteilung gilt auch für die von der Antragstellerin behauptete unzureichende Aufklärung; insoweit kann auf die Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen werden (dort S. 4, Bl. 200 d. A.). Der Streitwert ist hoch, im Verhältnis zum Streitwert sind der mit der sachverständigen Begutachtung verbundene zeitliche und materielle Aufwand gering.

Gem. KV Nr. 1812 der Anlage 1 zum GKG hat die Antragstellerin die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

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