Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: 5 U 122/05
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B


Vorschriften:

BGB §§ 765 ff.
VOB/B § 14

Entscheidung wurde am 20.10.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete, Orientierungssatz und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Nach Zahlung auf eine Bügschaft auf erstes Anfordern kann der Bürge im Rückforderungsprozess sich auf die fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung über die durch die Bürgschaft gesicherte Werklohnforderung jedenfalls dann nicht berufen, wenn er selbst die Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung hätte veranlassen können.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 122/05

verkündet am: 30. März 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. Juni 2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Flensburg - 6 O 18/00 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor Beginn der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Sparkasse, begehrt von der Beklagten die Rückzahlung einer Bürgschaftssumme, die an die Beklagte nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gezahlt hat.

Eine "Grundstücksgesellschaft am S. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: Bauherrin), für welche die Klägerin gegenüber der Beklagten bis zum Betrag von 421.080 DM die streitgegenständliche Bürgschaft auf erstes Anfordern zur Sicherung von Zahlungsansprüche für erbrachte Leistungen übernommen hatte (K 1, Bl. 3 d. A.), beauftragte die Beklagte mittels Generalunternehmervertrag vom 27. Februar 1998 (B 3) mit der schlüsselfertigen Instandsetzung und Modernisierung eines Wohn- und Geschäftshauses in W. mit Ladenlokal im Erdgeschoss und Gaststätte im Kellergeschoss sowie 10 Wohnungen zum Pauschalpreis in Höhe von 2.105.004 DM inkl. 10 % Mehrwertsteuer (netto 1.815.000 DM). Vertragsgrundlage sollte u. a. die VOB/B sein. Gemäß § 4 Ziff. 3 des Vertrages sollte ein Vergütungsanspruch für geänderte oder zusätzliche Leistungen nur auf Grundlage einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung mit dem Auftraggeber entstehen.

Während der Bauausführung kam es wegen Planungsänderungen zu verschiedentlichen Mehr- und Minderleistungen. Dies betraf den Fortfall einer ursprünglich geplanten Ladenpassage ebenso wie eine neue Statik. Abgesehen von der unstreitigen Inauftraggabe eines anderweitigen Gründungsverfahrens zum Pauschalpreis von 160.000 DM netto und einigen weiteren unstreitigen Positionen entstand zwischen den Parteien Streit über Inauftraggabe und Umfang dieser Leistungen. Nachdem die Beklagte der Bauherrin per 3. November 1998 diverse Nachtragsangebote erteilt hatte (B 21), aber der für die Bauherrin tätige Architekt K. diese mit Schreiben vom 14. November 1998 (A 2, Bl. 269 f d. A.) zunächst zurückgewiesen hatte, kam es nach weiterer Korrespondenz - Schreiben des Architekten K. vom 1. Dezember 1998 (A 3, Bl. 271 d. A.), Schreiben der Beklagten vom 2. Dezember 1998 (A 4, Bl. 273 d. A.), Schreiben des Architekten K. vom 4. Dezember 1998 (A 5, Bl. 478 d. A.) und vom 15.12.1998 (A 6 Bl. 575 d. A.) - zur Übersendung einer weiteren Mehrkostenaufschlüsselung der Beklagten vom 7. Januar 1999 an die Bauherrin (B 22) und am 22. Januar 1999 zu einer Baubesprechung in W., an welcher neben Vertretern der Beklagten - so u. a. die Zeugin T., S., W. -, der Architekt K., der Zeuge R. - ein mit dem Aufmaß betrauter Dipl.-Ing. - und für die Bauherrin deren Geschäftsführer Zeuge B., deren Gesellschafter M.-H. und deren Steuerberater Sch. teilgenommen hatte. Obwohl ein von dem Zeugen T. erstelltes Protokoll (B 24) eine Inauftraggabe des Nachtragsangebots vom 7. Januar 1999 darstellt, ist gerade diese Auftragserteilung zwischen den Parteien streitig. Gleichwohl enthält das Schreiben vom 7. Januar 1999 (B 22) den handschriftlichen Vermerk "Angebot wird zum Nachweis beauftragt: i. V. (es folgt die Unterschrift des Architekten K. der Bauherrin) Der Bauherr 22/01/99".

Allerdings erkannte der Architekt K. bereits mit Schreiben vom 18. März 1999 (A 9, Bl. 281 f d. A.) einen derartigen Nachtragsauftrag nicht an. Nachdem die Differenzen über erbrachte und zu erbringende Zahlungen nicht beigelegt werden konnten, kündigte die Bauherrin mit Schreiben vom 12. Juli 1999 (Bl. 14) den Generalunternehmervertrag. Unter Berücksichtigung der bisher geleisteten 7 Abschlagszahlungen stellte die Beklagte der Bauherrin mit Schlussrechnung vom 26. Oktober 1999 (B 37) eine Restzahlung von brutto 530.400,06 DM in Rechnung, wobei sie Minderleistungen sowie Nachträge berücksichtigte.

Die Klägerin fordert die auf erstes Anfordern gezahlte Bürgschaftssumme schon deshalb zurück, weil sie die Schlussrechnung der Beklagten nicht für prüffähig und daher nicht für fällig hält. Insoweit hat die Beklagte im ersten Rechtszug als Anlagen B 38 - B 40 (Bl. 304 - 306 d. A.) eine nachträglich erstellte Kalkulation und ein baubetriebswirtschaftliches Kurzgutachten (B 43, Bl. 334 ff d. A.) zu den Akten gereicht, laut dessen die angewandte Methode der Rückwärtsberechnung für den gekündigten Teil angesichts eines konkret nur noch geringfügig ausstehenden Leistungsumfangs als zulässig zu erachten sei.

Daneben besteht zwischen den Parteien ein - teilweise aus der Kontroverse über die erfolgte Nachtragsbeauftragung resultierender - Streit über den Umfang der Mehrleistungen, Minderleistungen und nicht erbrachten Leistungen, hinsichtlich dessen im Berufungsrechtszug noch folgende Aspekte bedeutsam sind:

I. Mehrleistungen:

Unstreitig sind beauftragte Mehrleistungen in Höhe von 160.000 DM netto für nachträgliche Gründungskosten, von 3.870,00 DM für ein zusätzliches Rundfenster im Giebelbereich von 2.200 DM netto für eine Briefkastenanlage sowie in Höhe von 808 DM netto für eine Sauberlaufzone. Ebenso unstreitig sind zusätzliche Kosten für die Umplanung des Erdgeschosses für Architekten/Statik in Höhe von 15.632 DM. Ebenso hat die Klägerin insoweit Mehrleistungen der Beklagten in Höhe von 126.230,35 DM anerkannt. Auch hat die Klägerin einen zugesprochenen Betrag von 3.224 DM für Stahltüren nicht beanstandet. Im Übrigen gilt:

1. Hinsichtlich einer weiteren Vergütungsforderung von 17.639,23 DM netto für Arbeiten im Kellergeschoss, bestreitet die Klägerin entsprechende Änderungswünsche der Bauherrin (Beweis: Zeugnis Sch., B. und M.-H.) sowie macht geltend, dass die Arbeiten durch die gesonderte Gründung erforderlich geworden sei und folglich schon von dem dortigen Pauschalzusatzauftrag in Höhe von 160.000 DM netto erfasst worden sei (Beweis: Sachverständigengutachten).

2. Was die Forderung der Beklagten nach Vergütung für Mehrarbeiten im Erdgeschoss in Höhe von 175.796,80 DM betreffe, müsse zusätzlich zu den bereits vom Landgericht abgezogenen 351 DM für die Innentüren ein weiterer Betrag von 11.460,25 DM hinsichtlich der von der Beklagten abgerechneten beiden Vorsatzschalen (4.091,25 DM netto zuzügl. 7.325 DM netto) abgezogen werden, weil diese Leistungen keine Zusatzleistungen darstellten. Da nämlich nach dem Generalunternehmervertrag eine Wärmedämmung zu erbringen gewesen sei - die indes aber nicht festgelegt gewesen sei - und eine andere Möglichkeit nicht bestanden habe, sei diese Leistung Bestandteil des Generalunternehmervertrags gewesen (Beweis: Sachverständigengutachten).

3. Soweit die Beklagte entsprechend eines gemeinsamen Aufmaßes (B 31) auf der Grundlage des streitigen Nachtrags vom 7. Januar 1999 für Profilstahl (Erdgeschoss, Dachgeschoss, Obergeschoss) sowie eine F 90-Verglasung insgesamt 168.119 DM fordert, bestreitet die Klägerin nicht nur eine Nachtragserteilung am 22. Januar 1999, sondern macht auch geltend, dass eine derartige zusätzliche Vergütung nur erfordert werden dürfte, soweit diese Leistung nicht bereits im Ursprungsauftrag erhalten gewesen sei. Dies hat die Klägerin jedoch bereits erstinstanzlich geltend gemacht durch Berufung auf das Zeugnis L. sowie unter Berufung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens. Entsprechend argumentiert die Klägerin, soweit die Beklagte unter Berufung auf die Rechnung Anlage B 32 und das Aufmaß Anlage B 33 Mehrleistungen im 1. Obergeschoss in Höhe von 42.670,27 DM geltend macht, von denen erstinstanzlich 22.937,70 DM zugesprochen worden sind.

4. Ebenso verhält es sich, soweit das Landgericht hinsichtlich von der Beklagten begehrter 24.420,73 DM netto 23,10 DM zugesprochen hat.

5. Ebenso verhält es sich weiter hinsichtlich vom Landgericht zugesprochener 18.945,90 DM für Mehrkosten im Dachgeschoss.

II. Minderleistungen:

Unstreitig sind insoweit Einsparungen hinsichtlich der Nichtdurchführung von Kücheneinrichtungen in Höhe von 40.000 DM netto, Ersparnisse für den Textilbelag im Erdgeschoss in Höhe von 4.428,75 DM sowie eine Ersparnis in Höhe von 750 DM bei der Position Estrich/Hausanschluss. Im übrigen gilt:

1. Weiterhin behauptet die Klägerin, dass 10 Stuhltischarmaturen, zusammen 2.500 DM netto, nicht erbracht worden seien, während die Beklagte geltend macht, dass diese Nichterbringung bereits in der Anlage B 38, Spalte 11 Zeile 18 sowie in der dazugehörigen Anlage 12 im Anlagenorder berücksichtigt worden sei.

2. Ebenso - so die Klägerin - stehe keinesfalls fest, dass der Wert für die unstreitig entfallene Treppe zwischen Erdgeschoss und Untergeschoss mit insgesamt 6.425 DM gegenüber vom Landgericht berücksichtigten 3.925 DM auch hinsichtlich weiterer 2.500 DM netto berücksichtigt sei.

3. Auch hinsichtlich der - unstreitig entfallenen - Wände zum Treppenhaus sei der Betrag von netto 6.134 DM laut Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen - welche sich die Klägerin hinsichtlich dieses Wertes ausdrücklich zu eigen macht - nicht vollständig berücksichtigt worden. Über den vom Landgericht bereits anerkannten Minderungsbetrag von 2.400 DM müssten daher weitere 3.734 DM netto berücksichtigt werden.

III. Nicht mehr erbrachte Leistungen:

Unstreitig erbrachte die Beklagten nach der Kündigung des Generalunternehmervertrags den ursprünglich geschuldeten Ausbau aller Wohnungen sowie die Stellung der Außenanlagen nicht mehr. Dass hier der Einbau für Lüftungsanlage für 20.000 DM netto, der Einbau eines Fußbodenbelages im Kellergeschoss und Gaststätte in Höhe von 8.812,50 DM netto erspart worden sind, steht außer Streit. Ebenso, dass die Beklagte infolge der Vertragskündigung Architektenleistungen für den Ausbau der Wohnung ersparte. Soweit erstinstanzlich für den Fortfall der Außenanlagen der Betrag in Höhe von 16.913,50 DM netto ermittelt worden ist, hat die Klägerin diesen Betrag nicht mehr angegriffen. Im übrigen gilt:

1.Nach Auffassung der Klägerin seien anstatt erstinstanzlich berücksichtigter 58.880,57 DM netto insgesamt 121.636,72 DM netto abzuziehen. Hintergrund sei nämlich, dass der Innenausbau nicht nur teilweise nicht, sondern überhaupt nicht erbracht worden sei (Beweis: Zeugnis L., P.). Nur an der von der Beklagten erhobenen Behauptung einer Teilerbringung der Beklagten orientierten sich jedoch die erstinstanzlichen Feststellungen ausweislich der Ausführungen des erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen. In Wirklichkeit sei jedoch bereits unter Zugrundelegung der Ausführungen des erstinstanzlichen Sachverständigen im Übrigen der höhere Betrag abzuziehen.

2. Auch seien entsprechend der Zusammenstellung des sachverständigen Zeugen Loeck infolge des nicht erfolgten Innenausbaus der Wohnungen Architektenleistungen über einmal 8.908,48 DM und zum anderen 9.811,66 DM, zusammen 18.720,14 DM netto entfallen (vgl. Rechnungsprüfung des Architekturbüros L., Bl. 91 d. A.).

Das Landgericht, auf dessen Urteil gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich weiterer Einzelheiten verwiesen wird, hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Se. nebst Ergänzung sowie nach Vernehmung der Zeugen T., W., S., R., B., M.-H. und S. die Klage bis auf einen Restbetrag abgewiesen. Das Landgericht hat die Schlussrechnung der Beklagten im Ergebnis für prüffähig gehalten und ist außerdem von der Erteilung eines Nachtragsauftrages am 22. Januar 1999 hinsichtlich des Nachtragsangebotes vom 9. Januar 1999 ausgegangen. Hierfür streite nicht nur die Aussage des Zeugen W., sondern auch der Umstand, dass anderenfalls die Unterschriftsleistung des Architekten K. und eine Anreise von Vertretern der Bauherrin nach R. überhaupt keinen Sinn gemacht hätte. Auch sei es nicht nachvollziehbar, dass man sich etwa lediglich über Preise hätte einigen wollen, wenn man diese ohnehin nicht habe bezahlen wollen. Zudem seien in der Folgezeit auch die Leistungen gemeinsam aufgemessen worden. Unter Zugrundelegung im wesentlichen der Ausführungen des Sachverständigen Se. ist das Landgericht sodann insgesamt von berücksichtigungsfähigen Nachträgen in Höhe von 578.943,23 DM zusätzlich zur vereinbarten Pauschalvergütung in Höhe von 1.815.000,00 DM ausgegangen. Vom Gesamtbetrag von 2.393.943,23 DM sind nach Auffassung des Landgerichts Minderleistungen in Höhe von 76.847,05 DM und einer für nicht mehr erbrachte Leistungen in Höhe von 104.606,57 DM, zusammen 181.453,62 DM abzuziehen. Unter Berücksichtigung unstreitiger Zahlungen von 2.146.000 DM verblieben - so das Landgericht - somit 420.487,94 DM, so dass die Klägerin nach Zahlung einer Bürgschaftssumme von 420.080 DM, 593,06 DM (303,23 €) zurückverlangen könne.

Gegen dieses der Beklagten am 1. Juli 2005 zugestellte Urteil hat diese am 29. Juli 2005 rechtzeitig Berufung eingelegt und diese nachfolgend form- und fristgerecht wie folgt begründet: - Entgegen der ohnehin schon nicht näher begründeten Auffassung des Landgerichts sei die Schlussrechnung keinesfalls prüffähig gewesen. Dies auch nicht unter Berücksichtigung des von der Beklagten beigebrachten "Kurzgutachtens zur Methodik und Nachvollziehbarkeit einer Schlussrechnung" (B 43, Bl. 334 ff d. A.). Denn entgegen der Annahme auch in diesem Gutachten sei der Umfang der nicht erbrachten Leistungen keinesfalls gering, sondern betrage unter Berücksichtigung der Erwägungen des landgerichtlichen Urteils und der eigenen Sichtweise insgesamt rund netto 186.000 DM und übersteige die vereinbarte Nettopauschalvergütung folglich um mehr als 10 %. Zudem müssten auch schon im Rahmen einer Schlussrechnung die Minderleistungen bewertet werden können, was aber nur dann möglich sei, wenn die Kalkulation für die Schlussrechnung insgesamt mit dieser offengelegt werde.

- Entgegen der Beweiswürdigung des Landgerichts sei in der Besprechung vom 22. Januar 1999 keinesfalls durch die Unterschrift des Architekten K. ein Nachtragsauftrag erteilt worden. Bei seiner Beweiswürdigung habe nämlich das Landgericht schon nicht die vorgängige sowie nachgängige Korrespondenz hinreichend berücksichtigt, in welcher die Erteilung eines Nachtragsauftrages strikt abgelehnt worden sei. Zu der Besprechung am 22. Januar 1999 sei es nur gekommen, weil die Beklagte gedroht habe, die Arbeiten an dem Bauvorhaben umgehend einzustellen und nicht mehr weiterzuführen. Das Gespräch sei also erzwungen worden (Beweis: Zeugnis Sch., B., M.-H.). Auch der Zeuge R. habe vor dem Landgericht ausgesagt, dass es das wichtigste gewesen sei, dass der Bau habe weitergehen können. Vor diesem Hintergrund müsse die Beweisaufnahme insgesamt wiederholt werden. Ungeachtet dessen bleibe bestritten, dass der Zusatz "Angebot wird zum Nachtrag beauftragt" bei Unterschriftsleistung durch den Architekten K. bereits auf dem fraglichen Dokument vorhanden gewesen sei. Folglich sei auch wenigstens das vertraglich vereinbarte Schriftformerfordernis nicht eingehalten worden.

- Ungeachtet dessen könne unter Zugrundelegung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. März 2005 (BGH BauR 2005, 1217, 1319) auch über einen Nachtragsauftrag nicht die Vergütung einer Leistung verlangt werden, die bereits nach dem Ursprungsvertrag geschuldet und bezahlt worden sei. Dass der Architekt K. aber ein selbständiges kausales Anerkenntnis mit seiner Unterschrift vom 22. Januar 1999 abgeben oder ein Vergleich habe abschließen wollen, sei durch nichts belegt. Im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sei es aber weitgehend unterlassen worden, das Verhältnis der per Nachtrag abgerechneten Leistungen und dem Leistungsumfang des Ursprungsvertrag aufzuklären. Ebenso unterlassen worden sei - obwohl der Sachverständige Se. hierauf hingewiesen habe - die Aufklärung des streitigen Umfangs der in den Wohnungen schon durchgeführten Innenausbaumaßnahmen.

- Damit seien insgesamt über die bereits im ersten Rechtszug zuerkannten Minderleistungen weitere 8.734 DM netto für Minderleistungen abzuziehen und für nicht erbrachte Leistungen über die vom Landgericht zuerkannten 58.088,57 DM netto hinaus weitere netto 62.756,50 DM sowie für ersparte Architektenleistungen weitere 18.720,14 DM netto sowie für Mehrleistungen über die bereits vom Landgericht vorgenommenen Abzüge hinaus insgesamt um weitere 262.068,58 DM netto zu kürzen, nämlich 17.639,23 DM (Keller), 11.416,25 DM (Erdgeschoss: zweimal Vorsatzschalen), 168.119 DM (Profilstahl und Verkleidung), 22.937,70 DM) (erstes Obergeschoss), 23.010,60 DM (2. Obergeschoss) sowie 18.945,19 DM(Dachgeschoss).

Daher beantragt die Klägerin,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über den bereits zuerkannten Betrag hinaus weitere 208.936,16 € (408.643,61 DM) nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 10. Dezember 1999 zu zahlen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Flensburg zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft ihr bisheriges Vorbringen wie folgt:

- Gerade die detaillierten Ausführungen der Klägerin demonstrierten die Prüffähigkeit der Rechnung. Dies werde weiter dadurch belegt, dass der Sachverständige sich eine eigene Einschätzung habe bilden können.

- Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Vielmehr dränge sich besonders in Ansehung der Aussage des Zeugen B. auf, dass der Architekt K. offenbar ohnehin zur Auftragserteilung umfassend bevollmächtigt gewesen sei.

- Was die Mehrleistungen anbelange, könne das im Nachtrag beauftragte Jet-Grouting Verfahren nicht den Ersatz der als Anlage B 25 berechneten Nebenarbeiten umfassen (Beweis: Sachverständigengutachten) und sei deshalb auch nicht von der Besprechung am 4. Mai 1998 erfasst worden (Beweis: Zeugnis W., T.). Auch seien die Änderungen der Ausführung der Wärmedämmung im Erdgeschoss infolge der Einmessung des Gebäudes erfolgt und hätten - was der Bauherr auch akzeptiert habe - als Innendämmung im Verhältnis zur ursprünglich vorgesehenen Außendämmung zu einem höheren Aufwand geführt. Auch die zusätzlichen Arbeiten an Profilstahl und Verkleidung seien erst auf Grund einer Planungsänderung erforderlich geworden (Beweis: Sachverständigengutachten). Für das erste Obergeschoss, das zweite Obergeschoss und das Dachgeschoss habe das Landgericht nicht zu Unrecht etwas zugesprochen, sondern zu Unrecht Abzüge von 42.620,77 DM zu 22.937,00 DM (erstes Obergeschoss), 34.420,73 DM zu 23.010,60 DM (zweites Obergeschoss), 31.555,07 DM zu 18.945,90 DM (Dachgeschoss) vorgenommen. Ebenso verhalte es sich hinsichtlich 1.519,62 DM (Notverglasung) und der Kosten für eine Bohrpfahlwand. Das Landgericht habe zu wenig berücksichtigt, dass diese Leistungen mündlich in Auftrag gegeben worden seien (Beweis: Zeugnis T.) und deshalb vergütungspflichtig seien.

- Nicht zu beanstanden seien hingegen die Abzüge des Landgerichts für Minderleistungen. Insbesondere der neuartige Vortrag zum Fortfall der Wände im Treppenhaus sei verspätet. Entsprechendes gelte auch hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen, also dem von ihr - der Beklagten - im ersten Rechtszug vorgetragenen Stand des Innenausbaus.

Im übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils beigefügten Anlagen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Soweit die Klägerin das Urteil des Landgerichts angegriffen hat, hat dieses nämlich auch nach Auffassung des Senats im Ergebnis die nach erfolgter Zahlung auf erstes Anfordern der Beklagten erhobene Rückforderungsklage auf der Grundlage des derzeitigen Sachverhalts als unbegründet abgewiesen. Dies kann der Senat selbst entscheiden, so dass es nicht der von der Klägerin hilfsweise beantragten Zurückverweisung bedarf (§ 538 Abs. 2 ZPO).

Im Gegensatz zum Ausgangspunkt des Landgerichts kann allerdings offen bleiben, inwieweit die Bauherrin und - für diese als deren Bürgin - die Klägerin der Beklagten nach Abrechnung des Bauvorhabens der "Grundstücksgesellschaft am S. GmbH & Co. KG" in W. tatsächlich den gezahlten Bürgschaftsbetrag von 421.080 DM schuldete. Denn nach Auffassung des Senats war zwar die von der Beklagten der Bauherrin gegenüber am 26.Oktober 1999 erstellte Schlussrechnung (B 37) über netto 461.217,44 DM und brutto 530.400,06 DM mangels Prüffähigkeit nicht fällig (1.). Gleichwohl kann die Klägerin in ihrer Stellung als Bürgin auf erstes Anfordern sich weder auf den hierdurch begründeten Fälligkeitsmangel berufen (2.), noch aber mangels eigener Erstellung einer prüffähigen Abrechnung derzeit von der Beklagten Rückzahlung der Bürgschaftssumme begehren (3.).

1. Was die Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung im Sinne des § 14 VOB/B als Fälligkeitsvoraussetzung anbelangt, ist das Landgericht im Ergebnis von der Prüffähigkeit der Abrechnung ausgegangen. Dies ist beim - wie hier wegen Kündigung durch die Bauherrin - vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrag deshalb problemträchtig, weil zur Rechnungsstellung grundsätzlich zunächst im Wege einer sog. "Vorwärtsberechung" die erbrachten Leistungen zu ermitteln und von den nicht erbrachten Leistungen abzugrenzen sind (Phase 1) sowie sodann ein anteiliger Werklohn derart zu ermitteln ist, dass die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis von deren Wert zu Umfang und Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen ist (Phase 2; vgl. BGH NJW 1999, 2036 = BauR 1999, 631 ff), ein Vorgang, der zwar nicht zwingend, aber doch praktisch regelmäßig die Vorlage einer Gesamtkalkulation nach Einheitspreisen erfordern wird. Eine derartige Kalkulation ist in diesem Rechtsstreit selbst mit der Vorlage der Anlagen B 38 - B 40 durch die Beklagten mit deren Schriftsatz vom 20. September 2000 (Bl. 304 ff d. A.) nicht erfolgt, enthalten diese Anlagen doch lediglich eine kalkulatorische Zulegung der Gesamtabrechnung auf einzelne Gewerke.

Gleichwohl würde auch der Senat - und dies ist mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden - die erstellte Schlussrechnung auch unter diesen Voraussetzungen insgesamt dann für noch prüffähig halten wollen, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung nur geringfügige Leistungen noch nicht erbracht worden wären (BGH BauR 2000, 1182, 1187). Dies durchaus mit der Folge, dass entsprechend der Methodik des von der Beklagten vorgelegten Privatgutachtens Prof. Dr. Scho. (B 43, Bl. 334 ff d. A.). im Sinne einer "Rückwärtsberechnung" vom Gesamtpreis lediglich der nicht ausgeführte Teil kalkulatorisch abgezogen wird. Denn wenn in der Tat lediglich etwa ein Bereich von 10 % des ursprünglichen Nettoauftragsvolumens nicht ausgeführt worden ist, kann die Gefahr von kalkulatorischen Verschiebungen zu Lasten des Auftraggebers noch als relativ gering angesehen werden.

So läge es allerdings nur, wenn entsprechend dem Gutachten Prof. Dr. Scho. von einem nicht ausgeführten Leistungsumfang in Höhe von netto 52.500 DM ausgegangen werden könnte oder wenigstens die von der Klägerin insoweit zunächst einmal angenommenen 186.082,86 DM bezogen auf das ursprüngliche Nettoauftragsvolumen von 1.815.000 DM die Höchstgrenze des denkbar nicht ausgeführten Betrages darstellen würden.

So liegt der Fall jedoch nicht. Denn von der Beklagten abzurechnen ist nämlich nicht nur das ursprüngliche Auftragsvolumen, sondern auch die als solche unstreitige Inauftraggabe eines anderweitigen Gründungsverfahrens zum Pauschalpreis von 160.000 DM netto und die Inauftraggabe diverser Nachtragsaufträge der Bauherrin gegenüber der Beklagten gemäß Baubesprechung vom 22. Januar 1999 in W. auf der Grundlage des Nachtragsangebots vom 7. Januar 1999 (B 22).

Insoweit geht der Senat nämlich im Anschluss an die gut nachvollziehbare Beweiswürdigung des Landgerichts davon aus, dass auf der fraglichen Baubesprechung mit Unterschrift des Architekten K. im Beisein von Vertretern der Bauherrin tatsächlich verbindliche Nachtragsaufträge erteilt worden waren. Denn unstreitig hatte sich das Bauvorhaben für beide Seiten zunehmend komplexer und unerfreulicher entwickelt, so dass sich aus Sicht beider Seiten die Frage stellen musste, unter welchen Umständen im Rahmen der bisherigen Vertragsbeziehung weiter gearbeitet werden konnte. Bestand somit ersichtlich ein Handlungsdruck - verdeutlicht gerade in der Aussage des Zeugen R.: "Das Wichtigste war, dass der Bau weiterging" (S. 8 des Protokolls vom 28. November 2001, Bl. 366 d. A.) -, so spricht im Anschluss an die Erwägungen des Landgerichts in der Tat nichts dafür, dass man seinerzeit ausschließlich für eine technische Besprechung nach W. gefahren wäre. Auch hätte es keinen Sinn gemacht, Preise allein hypothetisch festzulegen, dies also auch dann zu tun, wenn man letztlich Leistungen überhaupt nicht bezahlen wollte.

Wurde das Abrechnungsvolumen folglich schon durch diese als bewiesen zu erachtenden Nachtragsaufträge beeinflusst, so kommt als weiteres bisher im Rechtsstreit nur unzureichend thematisiertes Moment hinzu, dass die Nachträge jedenfalls zum Teil auch das Ergebnis erforderlich gewordener Umplanungen waren, sich damit aber die Frage nicht nur nach Mehrleistungen, sondern auch nach Minderleistungen im Sinne einer Ersparnis ursprünglich vorgesehener Leistungen stellen musste. Dass allein aufgrund einer Nachtragsbeauftragung nämlich regelmäßig nicht auf das Einverständnis mit einer denkbaren Doppelzahlung geschlossen werden kann, versteht sich im Grundsatz von selbst (vgl. BGH BauR 2005, 1317, 1319), wird einmal der Ausnahmefall einer vorrangig zur Beilegung von Differenzen erfolgenden Nachtragsbeauftragung außer Acht gelassen. Gerade ein derartiger Fall würde jedoch eine entsprechende Vergleichssituation und ein entsprechendes Vergleichsbewusstsein voraussetzen, aber auch ein gegenseitiges Nachgeben (§ 779 BGB). Hierfür spricht indessen im konkreten Fall wenig, während die auf das Gegenteil deutende Aussage des Zeugen Sch.: "Wir waren uns einig, dass es gemacht werden sollte, die Feinabstimmung bezüglich Mehr-Minderleistungen sollte noch erfolgen" (Protokoll vom 28. November 2001, S. 13, Bl. 371 d. A.) dem Senat insoweit sehr plausibel erscheint.

Betroffen sein dürften die im Kellergeschoß abgerechneten Mehrleistungen und ihr Verhältnis zur geänderten Gründung ebenso wie die Mehrleistungen im Erdgeschoss und bei den Positionen Profilstahl und Verkleidung sowie die Positionen für das erste Obergeschoss, das zweite Obergeschoss und das Dachgeschoss, dies insbesondere in Ansehung veränderter Dämmung und veränderter Fassadengestaltung. Dass die Beklagte versucht hätte, über die nach Aufmaß erfolgte Abrechnung der aufgrund der Nachträge erbrachten Mehrleistungen hinaus Minderleistungen wirklich gegenzurechnen, ist für den Senat jedoch nicht ersichtlich. Entsprechend verhält es sich aber auch mit einer hinreichenden tatsächlichen Prüfung durch die Klägerin oder die Bauherrin.

2. Fehlt es dem von der Beklagten geltend gemachten und durch die streitgegenständliche Bürgschaft gesicherten Werklohnanspruch damit derzeit noch an der Fälligkeit, so kann die Klägerin nach Auffassung des Senats gleichwohl nicht allein schon deshalb die gezahlte Bürgschaftssumme von der Beklagten zurückverlangen.

In Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Senat nämlich der Auffassung, dass im Rückforderungsprozess abschließend zu klären ist, ob dem Gläubiger ein vom Inhalt der Bürgschaft gedeckter Hauptanspruch zusteht (BGH WM 2003, 870, 871 f; BGH WM 2002, 2498, 2499). Daraus hat der BGH gefolgert, dass der auf erstes Anfordern leistende Bürge seine Zahlung nicht schon deshalb zurückfordern kann, weil bei Zahlung als Voraussetzung der Einstandspflicht vereinbarte formelle Merkmale nicht gegeben waren und der Bürge deshalb die Zahlung trotz ersten Anforderns hätte verweigern dürfen (BGH aaO.). Vielmehr sei im Rückforderungsprozess wie in einem gewöhnlichen Bürgschaftsprozess abschließend der materielle Bestand der gesicherten Forderung zu prüfen, wobei den Gläubiger wie im gewöhnlichen Bürgschaftsprozess die Darlegungs- und Beweislast für Entstehen und Fälligkeit der gesicherten Forderung treffe (BGH WM 2002, 2498, 2499).

Dieser Auffassung tritt auch der erkennende Senat im Grundsatz bei, und dies auch hinsichtlich der im Rückforderungsprozess grundsätzlich vom Bürgschaftsgläubiger darzulegenden Fälligkeit der gesicherten Forderung. Denn nicht nur schon generell muss der Bürge sich - wie §§ 765, 767, 768 Satz 1 BGB zeigen - gegenüber dem Bürgschaftsgläubiger auf die mangelnde Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung berufen können. Vielmehr zeichnet es gerade auch die Konstruktion einer Bürgschaft auf erstes Anfordern aus, dass in aller Regel der Bürge selbst weder die Fälligkeit beeinflussen noch sich von vornherein gegen die Inanspruchnahme auf sofortige Zahlung wehren kann. Daher wird durch eine Zahlung auf eine nicht fällige Forderung - ähnlich der Situation bei Zahlung auf eine verjährte Forderung hinsichtlich des dort geltenden § 222 Abs. 2 BGB a. F. bzw. § 214 Abs. 2 BGB n. F. (vgl. hierzu OLG Hamm WM 1995, 745, 747) - die bei Zahlung durch den Hauptschuldner selbst aus § 813 Abs. 2 BGB folgende Rückzahlungssperre jedenfalls als stillschweigend abbedungen zu gelten haben, ein Umstand, von dem offenbar auch der BGH in seiner erwähnten Entscheidung vom 24. Oktober 2002 (WM 2002, 2498, 2499) ausgegangen ist.

Allerdings unterscheidet sich die hier zu beurteilende Konstellation - und auf diesen Aspekt hat der Senat in der mündlichen Verhandlung ebenfalls hingewiesen - von anderen Fällen mangelnder Fälligkeit dadurch, dass bei Klagstattgabe wegen letztlich mangelnder Prüffähigkeit der Abrechnung nicht nur die in der Zielsetzung des Rückforderungsprozesses liegende endgültige Klärung der materiellen Rechtslage gerade verhindert würde und im Hinblick auf die Möglichkeit der Erstellung neuer Abrechnungen durch die Beklagte die Gefahr einer neuen Inanspruchnahme der Klägerin und eines neuen Rückforderungsprozesses droht. Vielmehr träte eine derartige Situation auch ein, obwohl die Klägerin sich schon gegen die erste Inanspruchnahme bei aus der vorgelegten Rechnung selbst ersichtlichem Mangel an Prüffähigkeit hätte wehren (BGH WM 2001, 947, 947 f; für den Fall fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausdrücklich auch Fischer, WM 2005, 529, 532) und ungeachtet dessen selbst oder über die Bauherrin auf eine prüfbare Abrechnung hätte hinwirken können. Denn § 14 Nr. 4 VOB/B erlaubt es dem Auftraggeber, bei fehlender Prüffähigkeit einer Schlussrechnung nach vergeblicher Anmahnung unter Fristsetzung auf Kosten des Auftragnehmers selbst eine prüffähige Abrechnung erstellen zu lassen.

Ob und unter welchen Voraussetzungen sich die hiermit dem Auftraggeber eingeräumte bloße Berechtigung aufgrund dessen allgemeiner Mitwirkungspflichten an der Abwicklung des Bauvorhabens (vgl. nur BGH NJW 1996, 2158, 2158) und insbesondere auch zur Prüfung der erteilten Schlussrechnung (OLG Nürnberg BauR 1999, 1316, 1316) im Einzel- und Ausnahmefall zu einer Verpflichtung zur Veranlassung der Erstellung einer Schlussrechnung wandeln kann, vermag in diesem Rechtsstreit durchaus offen bleiben. Denn im hier zu entscheidenden bürgschaftsrechtlichen Rückforderungsprozess erscheint es dem Senat ausreichend, aber auch in Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung zur Bürgschaft auf erstes Anfordern als geboten, der Klägerin als Bürgin deshalb die Rückforderung schon wegen mangelnder Prüffähigkeit der Rechnung zu verweigern, weil sie bzw. die Bauherrin auf die Erstellung einer prüffähigen Rechnung hätte hinwirken können.

3. Kann die Klägerin damit ihr Rückforderungsbegehren noch nicht auf die mangelnde Prüffähigkeit der von der Beklagten erteilten Schlussrechnung stützen, so kann sie aber auch nicht aus anderen Gründen den gezahlten Betrag zurückfordern.

Zwar wäre sie grundsätzlich nicht mit einer Rückforderung aus anderen Gründen ausgeschlossen. Denn auch der Auftraggeber selbst wäre bei Zahlung vor Fälligkeit allein mit diesem Einwand gemäß § 813 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, könnte aber gleichwohl seine Rückforderung auf die von ihm darzulegende und zu beweisende Rechtsgrundlosigkeit im Übrigen stützen. Erfordert dies im Regelfall des bereicherungsrechtlichen Rückforderungsprozesses entsprechende Darlegungen primär des Anspruchstellers, verhält es sich im Rückforderungsprozess zum Schutze des Bürgen derart, dass - dies wurde bereits erwähnt - wie im regulären Bürgschaftsprozess die Beweislast für Bestand und Umfang der zu sichernden Hauptforderung sowie den Sicherungsfall den Bürgschaftsgläubiger trifft. Auch wird der Bürge im Regelfall seiner Bereicherungsklage seine Darlegungen darauf beschränken können, die vom Beklagten angeführten Umstände für den Bestand einer zu sichernden Hauptforderung und des Sicherungsfalls im erforderlichen Umfange qualifiziert zu bestreiten. Allerdings erschöpft sich hierin auch die Begünstigung des Bürgen. Insbesondere kann ihm nämlich nicht abgenommen werden, Umstände darzulegen, aus denen heraus zunächst einmal die Rechtsgrundlosigkeit der zurückverlangten Zahlung hergeleitet werden kann.

Verhält es sich derart und ist - wie unter 2. erörtert - die Berufung der Klägerin auf den Umstand mangelnder Prüffähigkeit der Rechnung ausgeschlossen, reicht es aber nicht aus, dass die Klägerin - wie geschehen - ohne Vorlage einer erneuten und eigenen prüffähigen Gesamtabrechnung die Berechtigung einzelner von der Beklagten abgerechneter Positionen in Zweifel zieht. Dies jedenfalls solange nicht, wie nicht nach den Umständen des Einzelfalls selbst in dem für den Bürgschaftsgläubiger günstigsten Fall jedenfalls ein vom Bürgen rückforderbarer Mindestbetrag einer rechtsgrundlosen Zahlung zweifelsfrei fest stände. Dies ist aber in einem über den bereits vom Landgericht vorgenommenen und bereits dem erstinstanzlichen Urteilsausspruch zugrunde liegenden Abzug von netto 181.453,62 DM auf ein Auftragsvolumen von - einschl. Nachträgen - netto 2.393.943,23 DM hinaus nicht der Fall, so dass entsprechende Darlegungen der Klägerin hinsichtlich eines ihr zustehenden Gesamtsaldos erforderlich gewesen wären. Unter Berücksichtigung von unstreitig gezahlten 2.146.000 DM muss es daher vorerst bei der - insoweit nicht mit einer Anschlussberufung der Beklagten angegriffenen - Ausurteilung von 593,06 DM (303,23 €) als Differenz von geschuldeten 420.487,94 DM zur Bürgschaftssumme in Höhe von 421.080 DM verbleiben.

Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Angesichts der bisher fehlenden revisionsgerichtlichen Klärung der Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit des Einwandes fehlender Prüffähigkeit einer Schlussrechnung im Rückforderungsprozess und der etwaigen Folgeprobleme hat der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Rechtsfortbildung die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück