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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: 5 U 43/00
Rechtsgebiete: BGB, GewO


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 197
BGB § 812
GewO a. F. § 55
GewO a. F. § 56 I Ziffer 6.
Die Vermittlung von Realkrediten unterliegt dem Verbot der §§ 55, 56 Abs. I Ziffer 6 GewO a. F.

SchlHOLG, 5. ZS, Urteil vom 31. Mai 2001, - 5 U 43/00 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes

5 U 43/00 10 O 25/98 LG Lübeck

Verkündet am: 31. Mai 2001

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird auf die Berufung der Kläger das am 10. Februar 2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck - 10 O 225/98 - teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 190.842,91 DM nebst 2 % Zinsen über dem Basissatz der EZB seit dem 25. November 1997 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 190.842,91 DM.

Tatbestand

Die Kläger verlangen von der beklagten Bank aus ungerechtfertigter Bereicherung Zahlung von 190.842,91 DM für einen Kredit aus dem Jahre 1980 mit der Begründung, daß der zugrunde liegende Darlehensvertrag unter Verstoß gegen §§ 55, 56 Abs. 1 Ziffer 6 GewO a. F. zustande gekommen und damit gemäß § 134 BGB nichtig sei.

Im Jahre 1980 vertrieb der Zeuge G J Grundstücke und Häuser für die Firma B GmbH. Der Zeuge F, der seinerzeit als Versicherungsvertreter für die V Versicherung tätig war, schaltete in seiner Eigenschaft als Untervertreter für den Zeugen J Anzeigen in der H Tagespresse, die unter dem Motto standen: "Kaufen statt Mieten". In diesen Anzeigen war die Telefonnummer von dem Zeugen F als Kontaktmöglichkeit angegeben.

Die Kläger haben beide mit durchschnittlichen Ergebnissen die Volksschule abgeschlossen. Beruflich konnten sie sich nicht qualifizieren. Sie waren bis zu ihrer Heirat im Jahre 1968 in der Umgebung von Hildesheim bei verschiedenen Arbeitgebern als Hilfskräfte tätig. Aus ihrer Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen das erstgeborene im Alter von 3 Jahren 1971 an Meningitis erkrankte und seither ein Pflegefall ist. In der Zeit von 1980 bis 1993 lebten die Kläger mit ihrer Familie unter unangemessenen sozialen Bedingungen in N, einem kleinen Dorf in der Nähe von H.

Die Kläger setzten sich über die in den Anzeigen angegebene Telefonnummer mit dem Zeugen F in Verbindung, da sie sich aufgrund der Anzeigen, in denen das Bauen eines Hauses als ein Kinderspiel mit monatlichem Zuschuß im Umfang von 300,00 DM angepriesen wurde, eine Verbesserung ihrer Wohnsituation erhofften. Nach Hausbesuchen zunächst durch den Zeugen F und sodann durch den Zeugen J bei den Klägern, deren Zustandekommen und Ablauf zwischen den Parteien streitig ist, unterzeichneten die Kläger am 16. Juni 1980 einen "Haus-Auftrag" mit der Firma B GmbH über den Bau eines Wohnhauses zu einem Bruttopreis von 282.920,00 DM. Ferner unterzeichneten die Kläger am gleichen Tage einen Darlehnsantrag über eine Darlehnssumme von 170.000,00 DM. Auf diesem Antrag zur Beleihung von Wohnbauten und Eigentumswohnungen befindet sich oben links neben der Rubrik "Einreicher" der Stempel des Zeugen J. Am 24. Juni 1980 unterzeichneten die Kläger einen Darlehnsvertrag über die nämliche Summe auf einem Formular der L Hypothekenbank, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, den diese am 3. Juli 1980 annahm.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 24. Juni 1980 (UR-Nr. des Notars E V, Hannover) kauften die Kläger von dem Zeugen J und dessen Ehefrau Birgit ein unbebautes Grundstück in G, auf dem durch die Firma B GmbH das Wohnhaus errichtet werden sollte. Die Kläger hatten ihre Auszahlungsansprüche aus dem Darlehnsvertrag zunächst an die Norddeutsche Landesbank abgetreten; später erfolgte ein Wechsel der Zwischenfinanzierung auf die C Salzgitter. Mit Vereinbarung vom 8./24. Juni 1983 wurden die Bedingungen für das Darlehen bis zum 30. Juni 1988 neu festgelegt. Die Kläger konnten die monatlichen Belastungen auf Dauer jedoch nicht tragen, so daß das Hausgrundstück am 19. Dezember 1994 zwangsversteigert wurde.

In der Zeit vom November 1982 bis März 1995 erhielt die Beklagte von den Klägern insgesamt 360.842,91 DM. Dies geschah teilweise einerseits durch Zahlungen der Kläger, andererseits durch Beitreibung im Wege der Zwangsversteigerung des Grundstücks. Abzüglich des Nettokreditbetrages in Höhe von 170.000,00 DM errechnen die Kläger daraus einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 190.842,91 DM, der als solcher der Höhe nach unstreitig ist.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, daß der Kreditvertrag zwischen ihnen und der Beklagten unter Verstoß gegen §§ 55, 56 Abs. 1 Ziffer 6 GewO a. F. zustande gekommen und deshalb gemäß § 134 BGB nichtig sei. Daraus folge, daß sie, die Kläger, lediglich aus bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zur Zahlung von 170.000,00 DM verpflichtet gewesen seien.

Sie haben behauptet, daß die Vermittlung bzw. Anbahnung und Vorbereitung des Kreditvertrags zwischen ihnen und der Beklagten durch einen unbestellten und völlig überraschenden Besuch des Kreditvermittlers J im Zusammenwirken mit dem Versicherungsvertreter F erfolgt sei. Zunächst sei eine Kontaktaufnahme zu ihnen durch den Zeugen F erfolgt. Sie hätten sich telefonisch über die in den Anzeigen angegebene Telefonnummer an den Zeugen F gewandt, um Informationen über die angepriesenen Bauvorhaben zu erhalten. Der Zeuge F habe dann von sich aus angeboten, bei ihnen, den Klägern, zu Hause vorbeizukommen, da es mehrere Typen von Bauvorhaben gebe, die er gerne vorstellen wolle. Damit seien sie, die Kläger, einverstanden gewesen. Der Zeuge F habe die Typenblätter für die Bauvorhaben vorbei gebracht und daraufhingewiesen, daß er über Finanzierungsfragen nichts sagen könne. Dafür sei sein Kollege, der Zeuge J, zuständig. Dieser sei dann einige Tage später zusammen mit dem Zeugen F bei ihnen als Vermittler eines Kredits in Erscheinung getreten, was für sie, die Kläger, gänzlich überraschend gewesen sei. Der Kreditvertrag sei auf ausdrückliche Initiative des Zeugen J zustande gekommen. Dieser sei als Kreditvermittler für die Beklagte tätig geworden und habe dafür von dieser auch eine Provision erhalten.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse sich das Verhalten des Zeugen J als Vermittler zurechnen lassen. Dies selbst dann, wenn sie, die Beklagte, keine Kenntnis von der Art der Kreditvermittlung gehabt hätte. Dies folge daraus, daß sich die Beklagte des Zeugen J zwecks Abschluß des Kreditvertrages bedient habe. Im übrigen habe der Zeuge J der Beklagten eine Vielzahl von Kunden zugeführt und dafür von der Beklagten auch Provisionen erhalten.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 190.842,91 DM nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 25. November 1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, es liege kein für sie, die Beklagte, zurechenbares Handeln des Kreditvermittlers J vor.

Sie hat behauptet, vor dem Termin vom 16. Juni 1980 hätten mehrere Gespräche mit dem Zeugen J stattgefunden. Dieser habe sich zuvor auch telefonisch mit den Klägern zum Zwecke einer Terminabsprache in Verbindung gesetzt und dabei mit ihnen einen Besprechungstermin abgestimmt. Erst nach genauer Absprache der Konzeption des Bauvorhabens habe er die Höhe des benötigten Darlehensmittels festgelegt. Die Initiative für das Zustandekommen des Kreditvertrages sei keineswegs von dem Zeugen J oder ihr, der Beklagten, ausgegangen, sondern ausschließlich von den Klägern, die um die Finanzierung ihres Bauvorhabens bemüht gewesen seien. Der Zeuge J habe keinerlei Unterlagen besessen, durch die er sich als eine Art Repräsentant oder Vermittler gegenüber den Klägern habe darstellen können. Der Zeuge J habe daher nicht als Kreditvermittler für sie, die Beklagte, sondern für die Kläger gehandelt. Ihr gegenüber sei der Zeuge J lediglich als Darlehenseinreicher aufgetreten. Sie, die Beklagte, habe selbst die Leistungsfähigkeit der Kläger überprüft und im wesentlichen Schriftverkehr mit diesen geführt. Außerdem hätten die Kläger in der Zeitspanne zwischen dem ersten Beratungsgespräch am 20. Mai 1980 und dem Darlehensvertrag vom 24. Juni 1980 ausreichend Zeit gehabt, sich zu überlegen, ob sie das Darlehen bei der Beklagten oder bei einem anderen Kreditinstitut aufnehmen wollten.

Die Beklagte hat in der Berufung auf die Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach so langer Zeit einen Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen. Bereits im Juli 1986 habe sie, die Beklagte, erstmals die Zwangsvollstreckung betrieben. Trotz anwaltlicher Beratung hätten die Kläger damals die Nichtigkeit des Darlehensvertrages nicht geltend gemacht. Der Anspruch der Kläger sei deshalb verwirkt.

Einem Bereicherungsanspruch der Kläger stünden darüber hinaus ersparte Aufwendungen in gleicher Höhe gegenüber. Da die Kläger den Bauvertrag vor Abschluß des Darlehensvertrages abgeschlossen hätten, benötigten sie in jedem Fall Kreditmittel in Höhe von 300.000,00 DM. Hierfür hätten sie die marktüblichen Zinsen zahlen müssen. Auch seien die Refinanzierungskosten entreicherungsmindernd auf ihre, der Beklagtenseite, zu berücksichtigen.

Außerdem hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F und J. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 6. Januar 2000 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Der Darlehensvertrag sei gemäß § 134 BGB i. V. m. den §§ 55, 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO nichtig. Die Kläger hätten ihre daraus folgenden Ansprüche nicht verwirkt. Es fehle jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten sei zu verneinen, da sie sich selbst - über den für sie tätig gewordenen Vermittler J - unredlich verhalten habe. Der Anspruch sei jedoch überwiegend verjährt unter entsprechender Heranziehung des § 197 BGB. Es verbleibe daher zugunsten der Kläger nur ein Betrag in Höhe von 8.569,65 DM (178.569,65 DM Zahlung in unverjährter Zeit abzüglich 170.000,00 DM Nettokreditbetrag).

Der Zinsanspruch folge aus § 818 Abs. 1 BGB. Refinanzierungskosten könne die Beklagte nicht geltend machen, da hinsichtlich des in Frage stehenden Betrags keine Refinanzierung stattgefunden habe, die Beklagte vielmehr selbst bereichert sei. Schließlich müßten sich die Kläger keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, weil sie den Kredit anderweitig hätten aufnehmen müssen. Dies führe de facto zur Gültigkeit des nichtigen Darlehensvertrags, was den Schutzzweckerwägungen der angeführten Vorschriften widerspreche.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Kläger machen geltend:

Das Zahlenwerk des Urteils sei nicht nachzuvollziehen. Darin liege ein Verstoß gegen § 313 Abs. 3 ZPO, da nicht zu ermitteln sei, wie das Landgericht zu dem ausgeurteilten Betrag komme.

Die Gegenrechnung des Nettokreditbetrags in Höhe von 170.000,00 DM verstoße gegen § 393 BGB. Der vom Landgericht vorgenommenen Saldierung stehe außerdem § 817 S. 2 BGB im Wege. Der Darlehensrückgewähranspruch werde vollkommen vernichtet. Ihre erbrachten Leistungen könnten, wie aus § 20 Abs. 2 HypoBG abzuleiten sei, allenfalls kapitalmindernd berücksichtigt werden. Das Kapital von 170.000,00 DM habe die Beklagte aber schon lange zurückerhalten.

Die Verjährungseinrede greife nicht durch. § 197 BGB sei nicht einschlägig. Das gelte auf jeden Fall für den zwangsweise erzielten Versteigerungserlös in Höhe von 171.909,65 DM. Daneben hätten sie Ansprüche aus den §§ 823 Abs. 2, 831 BGB i. V. m. den §§ 55, 56 GewO. Dafür gelte eine 3-jährige Verjährung gemäß § 852 BGB, wobei die Beklagte zum Verjährungsbeginn nichts vorgetragen habe. Ferner könnten sie sich auf culpa in contrahendo berufen mit einer daran knüpfenden 30-jährigen Verjährungsfrist. Die Beklagte habe ihnen gegenüber Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt, bezogen auf die Aufklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit und die Art der Finanzierung. Die Beklagte habe diesbezüglich einen Wissensvorsprung gehabt. Damals seien sie, die Kläger, völlig unerfahren gewesen. Die Beklagte habe ihnen daher eine auf ihren Verständnishorizont zugeschnittene Beratung geschuldet. Bei ordnungsgemäßer Beratung hätten sie von dem gesamten Finanzierungsvorhaben Abstand genommen.

Hinsichtlich der Berufungsangriffe der Beklagten verteidigen die Kläger das angefochtene Urteil. Ersparte Aufwendungen hätten sie nicht gehabt. Der Kostenaufwand für das Haus mache insgesamt höhere Beträge aus als die früher gezahlte, zudem Wohngeld unterstützte Miete. Die Steuervorteile seien durch die unterpreisige Versteigerung ihres Objekts neutralisiert worden.

Die Kläger beantragen,

unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten nach den in der ersten Instanz in der Schlußverhandlung gestellten Anträgen zu erkennen, soweit darüber nicht schon zu ihren Gunsten entschieden worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Im übrigen hat die Beklagte einen eigenen Berufungsantrag nicht formuliert.

Die Beklagte ist der Auffassung, das landgerichtliche Urteil bedürfe der Korrektur. Eine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB sei nicht gegeben, da der Finanzierungsvermittler J auf Bestellung der Kläger hin erschienen sei. Der Zeuge J habe auf den ihm vom Zeugen F übermittelten Wunsch der Kläger reagiert, ihnen bei der Beschaffung der erforderlichen finanziellen Mittel behilflich zu sein. Er habe sie erst nach telefonischer Vereinbarung eines Termins zu Hause aufgesucht. Die weiteren Gespräche seien dann im Büro des Zeugen F geführt worden. Der Besprechung habe sich der Schriftverkehr angeschlossen, der erst zum Abschluß des Darlehensvertrags geführt habe. Der Zeuge F habe ebenfalls keine Reisegewerbetätigkeit entwickelt. Er habe nichts anderes getan, als das von den Klägern angeforderte Prospektmaterial an der Haustür abzugeben. Es habe sich um einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit gehandelt, dessen Abschluß im Reisegewerbe nicht verboten gewesen sei.

Am 1. Juli 1983 sei ein neues Kapitalnutzungsrecht vereinbart worden. An der Wirksamkeit dieses Darlehensvertrags könne kein Zweifel bestehen.

Die Bereicherungsansprüche seien verwirkt. Die Kläger hätten sich schon im Jahre 1984 durch den Zeugen J "hereingelegt" gefühlt, ohne rechtlich etwas unternommen zu haben. Nach 14 Jahren habe sie, die Beklagte, mit einer Inanspruchnahme nicht mehr rechnen müssen. Die Unterlagen seien nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vernichtet. Dadurch sei sie an der Aufklärung des Sachverhalts zu ihrer Rechtsverteidigung gehindert, ebenso wie durch den Umstand, daß der Zeuge F mittlerweile schwer erkrankt sei. Sie selbst habe sich nicht unredlich verhalten. Der Zeuge J sei nicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen und - unter deliktischen Gesichtspunkten - schon gar nicht ihr Verrichtungsgehilfe, sondern sei von den Klägern mit der Finanzierungsvermittlung beauftragt worden.

Die Kläger hätten Aufwendungen erspart. Sie hätten das Objekt sonst anderweitig finanzieren müssen. Zudem hätten sie in dem Objekt 12 Jahre gewohnt, ohne Mietzahlungen entrichten zu müssen. Ihre ersparten Mietaufwendungen müßten die Kläger darlegen. Sie selbst hingegen habe eigene Refinanzierungsaufwendungen gehabt.

Auch die Verjährungsfrist des § 852 BGB sei längst abgelaufen. Die Kläger hätten entsprechende Kenntnis seit dem Jahre 1984 gehabt. Einer Saldierung stehe § 817 S. 2 BGB nicht entgegen, denn die Kläger dürften das Darlehen nicht auf Dauer behalten. Aus § 20 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz lasse sich zu deren Gunsten nichts herleiten.

Die Voraussetzungen einer culpa in contrahendo seien nicht gegeben. Die Kläger seien ordnungsgemäß beraten worden. Der Anspruch sei auch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Entsprechend war das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Kläger zu ändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

I.

1.

Zur Berufung der Beklagten:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung muß allerdings grundsätzlich gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die Berufungsanträge bezeichnen. Darunter ist die Erklärung zu verstehen, inwieweit das Urteil angefochten und welche Abänderung beantragt wird. Das kann sich auch ohne förmlichen Antrag, der hier fehlt, aus der Berufungsbegründung ergeben, soweit dieser zu entnehmen ist, in welchem Umfang die erstinstanzliche Entscheidung bekämpft wird (Zöller-Gummer § 519 ZPO Rn. 28, 32 m. w. Nw. Z. Rspr.).

Vorliegend läßt die Berufungsbegründung hinreichend erkennen, daß sich die Beklagte gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung insgesamt mit dem Ziel einer Klagabweisung auch in Höhe von 8.569,65 DM wendet. Das Rechtsmittel ist somit zulässig.

2.

Das landgerichtliche Urteil ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Ein Verstoß gegen § 313 Abs. III ZPO liegt nicht vor. Der Gedankengang, der dem Rechenwerk des Landgerichts zugrunde liegt, läßt sich nachvollziehen. Die Kläger berufen sich auf 360.842,91 DM geleistete Zahlungen, von denen der Nettokreditbetrag in Höhe von 170.000,00 DM abzuziehen sei. Damit errechnen die Kläger ihre bereicherungsrechtliche Forderung in Höhe von 190.842,91 DM. Auch das Landgericht geht ersichtlich davon aus, daß die Beklagte 360.842,91 DM erhalten hat, davon in unverjährter Zeit aber nur 6.660,00 DM bzw. 171.909,65 DM. Von diesem Gesamtbetrag in Höhe von 178.569,65 DM hat das Landgericht die unstreitigen 170.000,00 DM in Abzug gebracht.

II.

Der Anspruch der Kläger ergibt sich aus §§ 812, 817 S. 2BGB.

1.

Der Darlehensvertrag vom 24. Juni/3. Juli 1980 verstößt gegen § 134 BGB i. V. m. den §§ 55, 56 GewO I Ziffer 6 a. F. und ist deshalb nichtig. Die landgerichtlichen Ausführungen zu dieser Frage sind zutreffend.

a)

§ 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO a. F. verbot jedwede Vermittlung von Darlehensgeschäften ebenso wie den Abschluß von Darlehensverträgen im Reisegewerbe. Die Vorschrift sollte die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in bestimmten Situationen schützen. Der Verbotstatbestand wurde weit gefaßt. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht kein Grund, Realkredite von der genannten Vorschrift auszunehmen. Insbesondere sind die Wertungen des Verbraucherkreditgesetzes auf § 56 GewO in seiner alten Fassung nicht zu übertragen. Jene sind vielmehr allein für die Neufassung der Vorschrift § 56 GewO von Belang, welche zeitgleich mit der Einführung des Verbraucherkreditgesetzes aufgrund einer bewußten gesetzgeberischen Entscheidung erfolgt ist. Zu berücksichtigen ist weiter, daß § 56 Abs. 1 Nr. 6 in seiner alten Fassung im Halbsatz 2 für bestimmte Darlehensverträge Befreiungen vorsah (Warenverkäufe und Bausparverträge), so daß sich auch von daher der Schluß rechtfertigt, daß alle anderen Darlehensverträge grundsätzlich von der Verbotsnorm erfaßt sein sollten. Für § 56 GewO a. F. war und ist nicht die innere Ausgestaltung der Darlehensverträge entscheidend, sondern es geht um die Art ihres Zustandekommens, wobei eine Übereilung und Irreführung des Verbrauchers vermieden werden sollte (Landmann-Rohmer, GewO, § 56 Rn. 103; BGHZ 93, 264).

b)

Auch hinsichtlich der Rechtsfolge - Nichtigkeit gemäß § 134 BGB - sind grundsätzlich alle Darlehensverträge gleichermaßen erfaßt. Der BGH hat lediglich Differenzierungen hinsichtlich des persönlichen Schutzbedürfnisses vorgenommen. Grundsätzlich werden alle unerfahrenen und minderbemittelten Personen erfaßt, um die es sich bei den Klägern unzweifelhaft handelt. Allein in Ausnahmefällen hat der BGH ein solches Schutzbedürfnis verneint, wenn etwa erfahrene Anleger Options- und Abschreibungsgeschäfte kreditiert haben (vgl. BGHZ 93, 264; BGH DB 1979, 1269). Ein solcher Ausnahmefall liegt indessen ersichtlich nicht vor. Ein konkretes Schutzbedürfnis der Kläger muß für den Einzelfall nicht festgestellt werden. Ebenso wenig kommt es auf eine Adäquanz der Kreditbedingungen an, eben weil der Verbraucher nicht vor inhaltlich unvorteilhaften Verträgen geschützt werden soll, sondern vor einer Überrumpelung beim Zustandekommen des Vertrages (Landmann-Rohmer § 56 GewO Rn. 105).

Die Voraussetzungen der §§ 55, 56 Abs. I Ziffer 6 GewO a. F. liegen vor. Dabei ist zwischen den Parteien allein das Merkmal "ohne vorhergehende Bestellung" im Streit (Haustürsituation). Auch dieses Tatbestandsmerkmal wird zu Gunsten des Verbrauchers weit interpretiert. Eine "Bestellung" in dem genannten Sinne liegt nämlich nur dann vor, wenn sie sich auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft bezieht, das inhaltlich schon weitgehend konkretisiert sein muß. Allgemeine telefonische Terminabsprachen genügen daher nicht. Die vom Landgericht hierzu durchgeführte Beweisaufnahme hat insoweit nichts zugunsten der Beklagten erbracht. Der Zeuge J mag sich telefonisch vergewissert haben, daß die Kläger mit einem Besuch bei ihnen einverstanden waren. Das ändert jedoch nichts daran, daß der Ausgang des Kreditgesprächs noch völlig offen war, insbesondere Art und Umfang der Finanzierung sich noch nicht einmal im Ansatz abzeichneten. Bei dieser Sachlage kann von einer "Bestellung" i. S. 55 GewO nicht die Rede sein (Landmann-Rohmer § 55 GewO Rn. 24; vgl. auch BGH WM 92, 8).

Ergebnis des Hausbesuches am 16. Juni 1980 war der Darlehensantrag. Daraus hat sich die nachfolgende Finanzierung entwickelt. Dabei ist es ausreichend, daß das Kreditgespräch vom 16. Juni 1980 mit dem entsprechenden Darlehensantrag den Anstoß für die weitere Finanzierung geliefert hat. Die notwendige Ursächlichkeit besteht schon dann, wenn der spätere Vertrag ohne die besonderen Umstände der ersten Kontaktaufnahme nicht oder nicht so wie geschehen zustande gekommen wäre. Es ist gleich, ob noch weitere Verhandlungen folgen, bei denen nicht mehr gegen §§ 55, 56 Abs. 1 Ziffer 6 GewO verstoßen wird. Es ist noch nicht einmal erforderlich, daß die besonderen Umstände der ersten Kontaktaufnahme die entscheidende Ursache darstellen. Es genügt, daß sie einen unter mehreren Beweggründen ausmachen, sofern nur ohne sie der spätere Vertrag nicht geschlossen worden wäre (ausdrücklich BGHZ 131, 385; ferner BGH WM 1992, 8). So liegt der Fall hier.

Die Beklagte kann schließlich nicht damit gehört werden, sie habe mit dem Zeugen J an sich gar nichts zu tun gehabt und müsse sich dessen Verhalten nicht zurechnen lassen. Die Beklagte war nämlich mit dem Zeugen J durch einen sog. "Einreichervertrag" verbunden, wie der Vermerk auf Bl. oben sowie der Stempel auf dem Schreiben der Beklagten vom 3. Juli 1980 mit dem Aufdruck "Einreicher-Schlüssel Nr. 11 9 540" zeigen. Solche Einreicherverträge sind typische Rahmenverträge, die innerhalb einer regelmäßigen Geschäftsverbindung bestehen (vgl. BGH DB 1980, 440 zum finanzierten Abzahlungskauf). Die Beklagte hat - nachdem diese Umstände in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2001 durch den Senat ausdrücklich angesprochen und erörtert worden sind - dies nicht in Abrede genommen. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Schreiben der Beklagten vom 30. Mai 1980 (Bl. 40 d. A) zu verweisen sowie auf das Referenzschreiben des Zeugen J vom 22. Dezember 1980. Aus dem Schreiben der NORD/LB vom 30. Juli 1980 ergibt sich ferner, daß sich die Beklagte die Ergebnisse der Finanzierungsgespräche des Zeugen J zu eigen gemacht hat. Hinzu kommt, daß der Zeuge J auch in die weiteren Vertragsverhandlungen eingeschaltet worden ist ("Unterschriftsbeglaubigung").

Nach alledem ist festzustellen, daß der Darlehensvertrag wegen des Verstoßes gegen §§ 55, 56 Abs. I Ziffer 6 GewO gemäß § 134 BGB nichtig war.

2.

Die Rückabwicklung gestaltet sich nach den §§ 812 ff. BGB. Die Beklagte muß die geleisteten Raten zurückzahlen, soweit die Kläger nicht ihrerseits unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zur Zahlung verpflichtet waren. Unter diesem Gesichtspunkt haben die Kläger den Darlehensnettobetrag in Höhe von 170.000,00 DM zu erstatten (BGH DB 1979, 1269; BGH WM 1989, 1083). Die Kläger stellen diese 170.000,00 DM selbst in die Abrechnung ein, so daß es auf die Frage, ob ihnen der Betrag tatsächlich zugeflossen oder bei Durchführung des Finanzierungsmodells auf Drittkonten gelandet ist (vgl. dazu die Sachverhalte BGH a. a. O.), nicht ankommt.

3.

a)

Dem Begehren der Kläger wird nicht schon dadurch die Grundlage entzogen, daß im Jahre 1983 ein neues Kapitalnutzungsrecht vereinbart worden wäre.

Es liegt nämlich nur eine "unechte Abschnittsfinanzierung" vor. Bei dem Darlehensverhältnis, das die Parteien verbindet, handelt es sich um einen typischen Realkredit. Ein solcher Kredit wird regelmäßig als Abschnittsfinanzierung gestaltet. Der Realkreditgeber vereinbart mit dem Darlehensnehmer allein für die Dauer eines kongruenten Refinanzierungszeitraums eine entsprechende Festzinsvereinbarung. Nur bei der echten Abschnittsfinanzierung wird nach jedem Abschnitt ein neues Kapitalnutzungsrecht begründet. Das Ende der Zinsfestschreibungsperiode ist gleichbedeutend mit dem Ende der Laufzeit, so daß das Darlehen an sich zurückzuzahlen wäre. Treffen die Parteien eine Anschlußvereinbarung, führt dies dann zu einem eigenständigen Kreditvertrag. Anders verhält es sich hingegen bei der "unechten Abschnittsfinanzierung". Dem Verbraucher wird ein Kapitalnutzungsrecht für die gesamte Laufzeit des Kredits bis zu seiner Tilgung zugebilligt. Lediglich die Konditionen dafür werden abschnittsweise festgelegt. Für die neuen Konditionen hat sich der Kreditgeber entweder ein einseitiges Bestimmungsrecht im Wege einer Zinsanpassungsklausel vorbehalten, oder er muß neue Konditionen anbieten, die der gesonderten Annahme durch den Kreditnehmer bedürfen (Staudinger/Kessal-Wulf § 1 VerbrKG Rn. 55; Erman/ Klingsporn/Rebmann, § 4 VerbrKG Rn. 4; Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt § 4 VerbrKG Rn. 127 und § 3 VerbrKG Rn. 86).

Die Darlehensurkunde vom 24. Juni 1980 deutet im Abschnitt V. "Darlehensverlängerung" zunächst auf eine echte Abschnittsfinanzierung, wenn es dort heißt:

"Die Darlehenskonditionen gelten bis zum 30.06.1983. Zu diesem Zeitpunkt wird das Darlehen mit dem noch nicht getilgten Darlehensbetrag fällig."

Die weiteren Darlehensbedingungen zeigen aber, daß es sich doch um eine unechten Abschnittsfinanzierung handelt:

"Die Bank ist jedoch berechtigt und im Rahmen ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten auch verpflichtet, das Darlehen innerhalb eines Vierteljahres, spätestens jedoch einen Monat vor dem Fälligkeitstermin zu verlängern. Dabei wird sie die dann für Darlehen dieser Art bei ihr üblichen Konditionen ... festlegen. Die neuen Bedingungen sollen nicht zu einer Verlängerung der Gesamtlaufzeit über den Zeitraum hinausführen, der sich bei Fortdauer der anfänglich vereinbarten Konditionen ergeben hätte. Die Darlehensverlängerung entfällt, wenn ihr ein Schuldner binnen zwei Wochen schriftlich widerspricht. Die Bank wird bei Beginn der Widerspruchsfrist auf die Bedeutung des Widerspruchs und seines Unterbleibens hinweisen."

Die Parteien sind übereinstimmend von einer Gesamtlaufzeit des Kapitalnutzungsrechts ausgegangen, die bereits bei Abschluß des ersten Kreditvertrags im Jahre 1980 festgelegt worden ist. Das Kapitalnutzungsrecht sollte im Falle des Unterbleibens des Widerspruchs unverändert bestehen bleiben. Auch dies spricht gegen die Vereinbarung eines neuen Kapitalnutzungsrechts. Das bisherige - und fortbestehende - Kapitalnutzungsrecht sollte lediglich für den Fall eines Widerspruchs des Schuldners gegen die neuen Konditionen binnen einer Frist von 2 Wochen entfallen.

So sind die Parteien nachfolgend verfahren: Die Beklagte hat den Klägern mit Schreiben vom 24. Mai 1983 neue Konditionen angeboten, wobei die Kläger eine Wahlmöglichkeit zwischen drei verschiedenen Ausgestaltungen hatten. Von dieser Wahlmöglichkeit haben sie unter dem Datum 8. Juni 1983 - noch vor Ende des ersten Abschnitts - Gebrauch gemacht. Folge war, daß das bisherige Kapitalnutzungsrecht fortgeführt wurde, wenn auch unter veränderten Bedingungen. Genau das macht das Wesen einer unechten Abschnittsfinanzierung aus.

b)

In der Neufestsetzung der Konditionen liegt keine Bestätigung des Rechtsgeschäfts im Sinne des § 141 BGB. Denn dazu gehört ein Bestätigungswille, der wiederum voraussetzt, daß die Parteien die Nichtigkeit kennen oder zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Vertrags haben und sich unbeschadet dessen in Kenntnis aller Umstände auf den Boden des früher Vereinbarten stellen (Palandt/Heinrichs § 141 BGB Rn. 6). Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hatten die Kläger im Jahre 1983 noch keine Kenntnis von einem möglichen Gesetzesverstoß im Sinne des § 134 BGB. Im Jahre 1985 ist dann erneut eine Konditionenanpassung erfolgt. Aber auch insoweit vermag der Senat eine Bestätigung nicht anzunehmen, weil es sich um eine bloße Konditionenumstellung gehandelt hat unter Fortführung des bisherigen Kapitalnutzungsrechts. Die erneute Vereinbarung eines Kapitalnutzungsrechts, die das Wesen des Darlehensvertrags bestimmt, ist gerade nicht erfolgt. Die Konditionenanpassung Bl. läßt gerade nicht erkennen, daß das Rechtsgeschäft trotz der von den bestätigenden Klägern erkannten Zweifel an der Wirksamkeit gelten sollte. Da es bereits an einer ausdrücklichen Erklärung fehlt, kommt ohnehin nur ein konkludentes Verhalten in Betracht, an das die Rechtsprechung aber - zu Recht - strenge Anforderungen stellt. Ein schlüssiges Verhalten beinhaltet nur dann einen Bestätigungswillen, wenn jeder Beteiligte dieses Verhalten eindeutig als Bestätigung auffassen mußte (Staudinger/Roth [1996] § 141 BGB Rn. 23). In dem Schreiben vom 26. Juli 1985 geht es maßgeblich darum, die Bedingungen des Darlehens mit Richtung auf eine Tilgungsaussetzung zu ändern mit dem Ziel, den Klägern "Luft zu verschaffen". Da die Kläger das Darlehen auch bei einer Nichtigkeit des Kreditvertrags - wenn auch ohne Zinsleistungen - sukzessive hätten zurückführen müssen, kann in einer Vereinbarung über die Art und Weise der Bereinigung von Tilgungsrückständen keine Bestätigung des zugrunde liegenden Darlehensvertrags gesehen werden.

c)

Die Rückzahlungspflicht der Kläger beschränkt sich auf den Darlehensnettobetrag von 170.000,00 DM. Eine Verzinsung kann die Beklagte grundsätzlich nicht verlangen. Aus der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB ergibt sich nach der stdg. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer das Kapital für die (rechtsunwirksam) vereinbarte Zeit überlassen muß, ohne von ihm gemäß § 818 Abs. I BGB eine Verzinsung für die Zeit bis zum Fälligwerden der einzelnen Raten (BGHZ 99, 333,338 f.; WM 1989, 1083) als Wertersatz für die Kapitalnutzung verlangen zu können. Die Anwendung des § 817 S. 2 BGB setzt subjektiv allerdings voraus, daß der Vermittler, dessen Handeln sich die Bank zurechnen lassen muß, entweder bewußt gegen das gesetzliche Verbot verstoßen oder sich zumindest leichtfertig der Einsicht in den Gesetzesverstoß verschlossen hat, wobei sich dies auf die Vorschrift des § 56 Abs. 1 Ziffer 6 GewO zu beziehen hat und nicht etwa auf die Voraussetzungen des § 134 BGB (BGH WM 1993, 1323). An das "leichtfertige" Verschließen sind keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. auch BGH WM 1989, 1083). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Zeuge J ist planmäßig vorgegangen und hat sich u.a. über den Zeugen F Kreditinteressenten zuführen lassen. Im Zusammenwirken mit dem Zeugen F ist er dabei nach einem ganz bestimmten Muster vorgegangen in dem der Zeuge F zunächst das Prospektmaterial vorbei gebracht, hinsichtlich der Fragen nach Kaufpreis und Finanzierung pp. auf den Zeugen J verwiesen und dann den Kontakt zu diesem Zeugen hergestellt hat; nachfolgend ist der Zeuge J erschienen. So ist auch in diesem Fall verfahren worden.

d)

Soweit zugunsten der Beklagten für das nach § 812 BGB zurückzuzahlende Kapital ab Fälligkeit der einzelnen Raten Zinsansprüche aus den §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 246 BGB in Betracht kommen oder - weitergehend - über § 284 Abs. 1 BGB nach Inverzugsetzung (BGH WM 1989, 1093), sind solche Ansprüche seitens der Beklagten nicht näher dargelegt worden. Es wäre aber ihre Sache gewesen, solche Ansprüche substantiiert geltend zu machen und in das Verfahren einzubeziehen.

4.

In die Abrechnung geleisteter Zahlungen in Höhe von 360.842,91 DM abzüglich Nettokreditbetrag in Höhe von 170.000,00 DM = 190.842,91 DM (Klagforderung) kann nach alledem nur unter den nachfolgenden Gesichtspunkten eingegriffen werden, die sich jedoch im Ergebnis alle als nicht durchgreifend erweisen:

a)

Belastungen mit Refinanzierungskosten:

Aus den Grundsätzen der Entscheidung BGH DB 1979, 1269 ergibt sich, auch wenn der dortige Sachverhalt anders gelagert ist, daß das Risiko etwaiger Refinanzierungskosten ausschließlich von der Beklagten zu tragen ist, um den Schutzzweck der Verbotsnorm des § 56 Abs. 1 Ziffer 6 GewO nicht zu unterlaufen. Es ist unzulässig, daß die Beklagte die von den Klägern geleisteten Beträge zum Ausgleich dieser Refinanzierungskosten verwendet und das zuvor beschriebene Risiko dadurch auf die Kläger überlagert. Ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich darf nicht dazu führen, daß die Darlehensgeberin über die reine Darlehensvaluta hinaus geleistete Rückzahlungen behalten dürfte. Dies stünde zu dem Schutzzweck der Verbotsnorm des § 56 Abs. 1 Nr. 1 GewO und der sich daraus ergebenden Risikoverteilung in einem nicht überbrückbaren Widerspruch (BGH a. a. O.).

b)

Ersparte Aufwendungen:

aa)

Die Beklagte macht geltend, daß die Kläger bis 1995 in dem Objekt gewohnt und deshalb eigene Aufwendungen erspart haben. Dieser Gesichtspunkt ist jedoch nur im Verhältnis der Kläger zu den Vertragspartnern des finanzierten Geschäfts (Bauvertrag, Grundstückserwerb) von Relevanz. Er spielt keine Rolle im Verhältnis zur Vertragspartnerin des finanzierenden Geschäfts. In der Beziehung zur Beklagten haben die Kläger allein die Darlehensvaluta erlangt, so daß es allein auf eine dadurch ermöglichte Ausgabeersparnis ankommen kann. Das sind aber nicht sonst angefallene und damit ersparte Mietbelastungen.

bb)

Die Kläger haben auch nicht deshalb Aufwendungen erspart, weil sie eine anderweitige und in ihren Konditionen nachteiligere Finanzierung hätten in Anspruch nehmen müssen. Insbesondere trägt der Kausalitätshinweis der Beklagten nicht. Denn die Kläger waren nicht bereits aus einem Bauvertrag und einem Grundstückskaufvertrag verpflichtet, bevor sie die Beklagte um eine Darlehensvergabe ersuchten. Der Grundstückskaufvertrag ist erst am 24. Juni 1980 beurkundet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger schon die generelle Bereitschaft der Beklagten zur Finanzierung (Bl. 83 d. A.). Ihr darauf fußender Darlehensantrag stammt vom 24. Juni 1980. Der "Haus-Auftrag" an die B GmbH trägt den ausdrücklichen Hinweis: "Vertrag ist nur gültig, wenn die Finanzierung genehmigt wird" (handschriftlicher Vermerk quer am linken Rand der Urkunde).

c)

Verjährung:

Nicht begründet ist insbesondere die Einrede der Verjährung, die auch das Landgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat.

Der vom Landgericht gewählte Ansatz, wonach alle Rückforderungsansprüche bis 1993 einschließlich als verjährt zu behandeln sind, beruht ersichtlich auf der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1986, 2564. Diese Entscheidung ist jedoch auf Ratenkredite zugeschnitten und von dem Bemühen getragen, die bereicherungsrechtliche Verjährung der vertraglichen anzugleichen. Bei Nichtigkeit eines Ratenkreditvertrags verjährt der Anspruch des Kreditnehmers auf Rückzahlung geleisteter Zinsen und sonstiger Kreditkosten gemäß § 197 BGB in 4 Jahren. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, der Bereicherungsanspruch des Kreditnehmers werde nicht in einer Summe fällig, sondern entstehe mit jeder einzelnen Ratenzahlung. Da der Zahlende den Ratenkreditvertrag für wirksam halte, wolle er mit jeder Rate - den vertraglichen Abmachungen entsprechend - auch einen Teil der Zinsen und Kreditkosten entrichten; die objektiv bestehende Unwirksamkeit des Vertrags lasse diese (einseitige) Leistungszweckbestimmung des Zahlenden unberührt. Ein solcher Bereicherungsanspruch habe, da die einzelnen Ratenzahlungen ihre gemeinsame Ursache in der Vorstellung des Kreditnehmers hätten, er sei zu der regelmäßigen Leistung verpflichtet, seine charakteristische Erscheinung ebenfalls in der fortlaufenden Leistung. Er sei von vornherein und seiner Natur nach auf Zahlungen gerichtet, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen seien. Das aber sei das bestimmende Merkmal eines Anspruchs auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 197 BGB (BGH a. a. O.).

Von dieser 4-jährigen Verjährungsfrist kann indessen nicht ausgegangen werden, denn der Bundesgerichtshof hat die Grundsätze, wie er sie für Ratenkredite entwickelt hat, nicht auf Annuitätendarlehen übertragen (BGHZ 112, 352; Staudinger/Peters [1995] § 197 BGB Rn. 27). Bei einem Annuitätendarlehen, wie es auch dem Sachverhalt zu Grunde liegt, sind die vom Darlehensgeber aufgrund einer nichtigen Vertragsklausel zu viel berechneten Zinsen zur Tilgung zu verwenden. Der dann bei einer vorzeitigen Ablösung entstehende Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Bei dem Annuitätendarlehen ist von der in ihrer Gesamthöhe gleichbleibenden Jahresleistung vereinbarungsgemäß stets zunächst ein der Höhe nach ständig abnehmender Teil auf die fälligen Zinsen zu verrechnen, der jeweils verbleibende Rest dient der Kapitaltilgung. Danach entsteht, wenn die Bank aufgrund einer nichtigen Vertragsklausel zuviel Zinsen berechnet hat, in Höhe der Differenz nicht - wie beim Ratenkredit - bei jeder Leistung sofort ein Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers auf Rückzahlung. Vielmehr ist nur die Verrechnung zu berichtigen. Der fälschlicherweise auf Zinsen verrechnete Betrag ist zur Tilgung zu verwenden. Nur wenn und soweit in der letzten Phase des Vertragsverhältnisses - gegen Ende der vereinbarten Darlehenslaufzeit oder bei vorzeitiger Ablösung - noch Zahlungen erfolgt sind, obwohl das Darlehenskapital bei richtiger Verrechnung schon getilgt war, entsteht ein Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung. Dabei handelt es sich nicht um einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, der nach § 197 BGB verjähren könnte (BGH a. a. O.). Überträgt man diese Grundsätze auf Annuitätendarlehen, die nicht nur eine unwirksame Vertragsklausel beinhalten, sondern in ihrer Gesamtheit nichtig sind, führt dies zu dem Ergebnis, daß die Ansprüche der Kläger insgesamt nicht verjährt sind.

d)

Verwirkung:

Unbegründet ist schließlich auch der Einwand der Verwirkung.

Die Beklagte übersieht, daß das von ihr für wirksam gehaltene Darlehensverhältnis erst im Jahre 1995 mit Abschluß der Zwangsversteigerung abgewickelt war. Während eines (vermeintlich) noch bestehenden Darlehensverhältnisses muß eine Partei aber immer mit Ansprüchen rechnen, die aus dieser Rechtsbeziehung abgeleitet werden. Die Beklagte durfte daher nicht den Schluß ziehen, daß sie nicht mehr in Anspruch genommen werden würde. Angesichts des Umstands, daß der Nichtigkeitsgrund der Sphäre der Beklagten zuzurechnen ist, vermag der Senat ohnehin nicht von einem illoyalen Verhalten der Kläger zu sprechen (vgl. BGHZ 25,47). Hinzu kommt das fehlende Zeitmoment. Gerade weil - wie zuvor dargelegt - keine sukzessiven Ansprüche der Kläger entstanden sind, sondern sich ein einheitlicher Bereicherungsanspruch nach vollständiger Tilgung der 170.000,00 DM aufgebaut hat, ist der seither verstrichene Zeitraum nicht so lang, daß die Beklagte berechtigterweise von einer Verwirkung sprechen könnte. Aus der Aufstellung Bl. ist ohne weiteres zu entnehmen, daß voll auf das Kapital zu verrechnende Gesamtzahlungen in einer Größenordnung von 170.000,00 DM erstmals Anfang 1993 erreicht wurden. Anhängig wurde die Sache im April 1998.

Der Höhe der geltend gemachten Zinsen ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 708 Ziffer 10, 711, 546 ZPO.



Ende der Entscheidung

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