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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 5 U 58/01
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 15 III
GmbHG § 15 IV
BGB § 407
Zur Frage der Formbedürftigkeit einer Unterbeteiligung im Sinne des § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG im Zusammenhang mit einer Treuhandvereinbarung.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 58/01

Verkündet am: 23. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts L vom 15. März 2001 - 12 O 29/00 - wird zurückgewiesen.

Auf die im Wege der Anschlussberufung erhobene Widerklage wird die Klägerin verurteilt, die von Frau S beim Amtsgericht L zur Geschäftsnummer 14 HL 165/97 hinterlegten Gelder zu Gunsten der Beklagten freizugeben sowie in die Zahlung aller zukünftigen Raten aus dem Schuldversprechen vom 20. Juni 1996 zur UR-Nr. des Notars B, L, an die Beklagte einzuwilligen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für die Beklagte wegen ihrer Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 € abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Freigabe eines durch die Schuldnerin Frau S. hinterlegten Betrages und die Inhaberschaft der Restforderung gegenüber dieser Schuldnerin.

Am 25. Mai 1994 schlossen die Schuldnerin, Frau S., und Herr L. einen privatschriftlichen Vertrag, mit dem Herr L. "sämtliche Rechte an seinen Gesellschaftsanteilen" an der C. ... mbH mit Sitz in L zu einem Preis von 1,24 Mio. DM an Frau S. verkaufte (K 1, Bl. 10 ff. d. A.). In diesem Vertrag heißt es zu Lasten des Verkäufers u. a.:

"Er überträgt damit unwiderruflich sein Gewinnbezugsrecht ab dem 1. Juli 1994 an Frau S..

Er bevollmächtigt Frau S. unwiderruflich für alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den Gesellschaftsanteilen zu treffen sind (sowohl innerhalb der Gesellschaft, als auch außerhalb). Frau S. soll rechtlich und wirtschaftlich so gestellt sein, als wäre dieser Inhaberwechsel der Gesellschaftsanteile im Handelsregister eingetragen."

Zahlungen auf diesen Vertrag wurden von Frau S. nicht geleistet. Am 15. Mai 1995 trat der Verkäufer L. seinen Kaufpreisanspruch aus diesem Vertrag zur Sicherung eines Darlehens an die B...-Bank AG ab (K 2, Bl. 13 d. A.). Diese übertrug die erworbenen Ansprüche am 29. Dezember 1997 an die Klägerin, ein Inkassounternehmen, weiter (K 13, Bl. 29 d. A.). Zwischenzeitlich hatten der Verkäufer L. und die Schuldnerin S. Vergleichsverhandlungen betreffend die Abwicklung des am 25. Mai 1994 geschlossenen Vertrages geführt, in deren Verlauf die seinerzeitigen Bevollmächtigten der Schuldnerin S. folgendes - vom Verkäufer L. angenommenes - Angebot mit Schreiben vom 22. Mai 1996 unterbreitet hatten (K 3, Bl. 15 d. A.):

"1) Unsere Mandantin verpflichtet sich, an Ihren Mandanten 300.000,00 DM (in Worten: Deutsche Mark dreihunderttausend) zu bezahlen.

2) Die Zahlungsverpflichtung aus Ziff. 1) wird erfüllt in monatlichen Raten von 3.000,00 DM, zahlbar jeweils monatlich im voraus, beginnend mit dem 1. des Monats, der auf den Vergleichsabschluß folgt.

3) Unsere Mandantin gibt ein abstraktes Schuldanerkenntnis in notarieller Form ab mit Unterverwerfungserklärung zu Ziff. 1) und 2).

4) Damit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrunde, erledigt.

5) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten."

Mit Schreiben vom 9. Juli 1999 (Bl. 91 d.A.) bestätigte der seinerzeitige Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin S., dass sich dieser Vergleich auf den ursprünglichen Vertrag vom 25. Mai 1994 beziehe und dieser durch die neue Vereinbarung ersetzt worden sei. Infolge des Vollzugs dieses Vergleichs gab die Schuldnerin S. am 20. Juni 1996 zu UR-Nr. des Notars Dr. B., L, ein Schuldversprechen ab, das u. a. wie folgt lautet (K 4, Bl. 17 f d. A.):

"abstraktes (selbständiges) Schuldversprechen.

Ich verspreche, Herrn L., Rabenstraße 32, 23566 L die Zahlung von 300.000,00 DM (in Worten: Deutsche Mark dreihunderttausend) und verpflichte mich, die Schuld in monatlichen Raten von 3.000,00 DM, beginnend mit dem 01. Juli 1995 und dann jeweils zum 01. des Folgemonats zu bezahlen.

Zinsen werden nicht geschuldet.

Wegen vorstehender Zahlungsverpflichtung unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung in mein gesamtes Vermögen."

Mit Abtretungsvertrag vom 2. September 1997 (UR-Nr. 362/1997 des Notars U., L, K 8, Bl. 23 f. d. A.) trat der Verkäufer L. die sich aus dieser Urkunde ergebenden Forderungen und Rechte an seine Ehefrau, die Beklagte, ab. Die Eheleute L. waren sich darüber einig, dass die Abtretung zur Erfüllung ehevertraglicher Verpflichtungen erfolgte. Am 27. September 1996 hatte der Verkäufer L. seine Gesellschaftsanteile bereits anderweitig veräußert. In Anbetracht ihrer beiderseitigen Inanspruchnahme zum einen durch die Beklagte und zum anderen die B...-Bank bzw. durch die Klägerin hinterlegte die Schuldnerin S. die monatlich von ihr unstreitig auf das abstrakte Schuldversprechen gezahlten Beträge beim Amtsgericht Lübeck zur Geschäftsnummer 14 HL 165/97.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwischen der Forderung aus dem abstrakten Schuldversprechen und der Forderung aus dem Kaufvertrag vom 25. Mai 1994 bestehe Identität, so dass sie infolge der erfolgten Abtretungen Anspruch auf die von der Schuldnerin S. ausgekehrten Zahlungen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, zu erklären, dass sie die Herausgabe der seit Oktober 1997 von Frau S. beim Amtsgericht Lübeck zur Geschäftsnummer 14 HL 165/97 monatlich hinterlegten Geldbeträge an die Klägerin bewilligt und dass sie ausdrücklich die Empfangsberechtigung der Klägerin hinsichtlich der von Frau S. hinterlegten Beträge anerkennt,

die Beklagte weiterhin zu verurteilen, zu erklären, dass sie Frau S. anweist, sämtliche zukünftigen aus dem Schuldversprechen vom 20. Juni 1996 (UR-Nr. des Notars Dr. Friedrich B. in L) geschuldeten Zahlungen an die Klägerin zu erbringen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den Forderungen schon deshalb keine Identität bestehe, weil der Verkauf über die Rechte an den Gesellschaftsanteilen nach § 15 GmbHG formnichtig gewesen sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Durch das abstrakte Schuldversprechen vom 20. Juni 1996 sei eine neue Verpflichtung geschaffen worden, die zur früheren Schuld lediglich über das Grundgeschäft eine Verbindung aufweise. Die Schuldnerin S. zahle aber nur auf diese neue Verpflichtung, die von dem Verkäufer L. an die Beklagte abgetreten worden sei. Nur diese habe daher einen Anspruch auf das Geld. Die Klägerin könne sich allenfalls aus dem ursprünglichen Vertrag an Frau S. oder den Verkäufer L. halten.

Gegen dieses ihr am 20. März 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. April 2001 rechtzeitig Berufung eingelegt und macht nunmehr geltend, dass es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu einer Verselbständigung einer an die Beklagte abgetretenen Forderung gekommen sei. Das Schuldversprechen habe lediglich der Verstärkung der bisherigen Forderung dienen sollen. Daher sei nach wie vor sie selbst Forderungsinhaberin.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die von Frau S. beim Amtsgericht Lübeck zur Geschäftsnummer 14 HL 165/97 hinterlegten Gelder freizugeben sowie in die Zahlung aller zukünftigen Raten aus dem Vergleich L./ S. vom 10. Juni 1996 und dem notariellen Schuldversprechen vom 20. Juni 1996 zur Urkundenrolle des Notars Dr. B. in L an die Klägerin einzuwilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen

sowie widerklagend die Klägerin zu verurteilen, die von Frau S. beim Amtsgericht L zur Geschäftsnummer 14 HL 165/97 hinterlegten Gelder zu Gunsten der Beklagten freizugeben sowie in die Zahlung aller zukünftigen Raten aus dem Schuldversprechen vom 20. Juni 1996 zur UR-Nr. des Notars Dr. B., L, an die Beklagte einzuwilligen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil, vertieft ihr bisheriges Vorbringen und begründet hiermit ihr widerklagend geltend gemachtes Begehren auf Erteilung einer Freigabeerklärung der Klägerin gegenüber der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Lübeck.

Im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil, die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils enthaltenen Bezugnahmen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Demgegenüber ist die Klägerin auf die im Wege der unselbständigen Anschlussberufung erhobene Widerklage der Beklagten antragsgemäß zu verurteilen, die bei der Hinterlegungsstelle hinterlegten Gelder zu Gunsten der Beklagten freizugeben sowie auch in die Auszahlung aller zukünftigen von Frau S. auf das zu UR-Nr. des Notars Dr. B., L, vom 20. Juni 1996 abgegebene Schuldversprechen gezahlten Raten an die Beklagte einzuwilligen.

Mit überwiegend zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht einen aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB ableitbaren Anspruch auf "Freigabe der Sperrposition an den hinterlegten Geldern" der Klägerin abgelehnt, während der Beklagten umgekehrt ein derartiger Anspruch nach Auffassung des Senats zusteht. Soweit die Klägerin sich berühmt, durch Abtretung des ursprünglich dem Ehemann der Beklagten aus dem privatschriftlichen Vertrag vom 25. Mai 1994 gegen Frau S. bestehenden Kaufpreisanspruchs in Höhe von 1,24 Mio. DM Ansprüche gegen die Schuldnerin S. erworben zu haben, sprechen bereits gewichtige Gründe dafür, dass ein derartiger Anspruch infolge Formunwirksamkeit des erwähnten Vertrages zu keinem Zeitpunkt rechtswirksam entstanden ist (1.). Unabhängig hiervon konnte der Zedent L. aber im Verhältnis zu seiner Schuldnerin S. auch nach dieser Abtretung noch im Sinne des § 407 Abs. 1 BGB wirksam über diese Forderung zu Gunsten der Schuldnerin disponieren (2. a)). Dies erfolgte dadurch, dass die Vertragsparteien des Vertrags vom 25. Mai 1994 sich vergleichsweise auf die Erledigung der bisherigen wechselseitigen Ansprüche einerseits und Eingehung einer neuen selbständigen Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin S. über 300.000,00 DM zuzüglich der Abgabe des erwähnten abstrakten Schuldversprechens andererseits einigten, beides mit der Folge, dass an die Stelle der bisher aus dem Vertrag vom 25. Mai 1994 .- dessen Formwirksamkeit einmal unterstellt - abzuleitenden vertraglichen Zahlungsansprüche nunmehr allein neue selbständige Zahlungsverpflichtungen traten (2. b)). War damit die Klage abzuweisen, so war jedoch zugleich der Widerklage stattzugeben, weil infolge der Abtretung der Rechte aus dem selbständigen Schuldversprechen an die Beklagte diese ihrerseits die von der Schuldnerin S. geleisteten Zahlungen beanspruchen kann (3.).

1. Was die Formwirksamkeit des zwischen dem Ehemann der Beklagten und der Schuldnerin S. vom 25. Mai 1994 abgeschlossenen Vertrages als Grundlage eines aus diesem Vertrag ableitbaren Kaufpreisanspruchs betrifft, hätte der Senat keine Bedenken, die privatschriftliche Vereinbarung auch vor dem Hintergrund des sich aus § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG ergebenden Erfordernisses einer notariellen Beurkundung dann für ausreichend und daher wirksam zu erachten, wenn der Schuldnerin S. lediglich eine Unterbeteiligung am vom Ehemann der Beklagten gehaltenen Gesellschaftsanteil hätte eingeräumt werden sollen. Denn § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG unterwerfen nur die Abtretung bzw. die Verpflichtung zur Abtretung von Gesellschaftsanteilen selbst dem Erfordernis der notariellen Beurkundung, während durch eine Unterbeteiligung weder rechtlich noch wirtschaftlich eine Abtretung von Geschäftsanteilen erfolgt, sondern lediglich zwischen Hauptgesellschaftern und Unterbeteiligten eine schuldrechtliche Innengesellschaft entsteht (gegen Formbedürftigkeit im Sinne der §§ 15 Abs. 3 und 4 GmbHG daher auch OLG Frankfurt GmbHR 1987, 57; Baumbach/Hueck, 17. Aufl., Rn. 58 zu § 15 GmbHG; Scholz/Winter 9. Aufl., Rn. 12 zu § 15 GmbHG; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., Rn. 16 zu § 15 GmbHG; Sommer in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band III, § 26, Rn. 105). Anders muss es jedoch dann liegen, wenn der im Außenverhältnis durch den Veräußerer L. gehaltene Geschäftsanteil im Innenverhältnis der Schuldnerin S. wirtschaftlich völlig zugeordnet hätte werden sollen und durch eine derartige "Vereinbarungstreuhand" die durch §§ 15 ff. GmbHG bewirkten Rechtsfolgen - nicht zuletzt der Publizität der Anteilsübertragung - letztlich hätten umgangen werden sollen (für Formbedürftigkeit BGH ZIP 1999, 925, offengelassen noch von BGHZ 35, 272, 277; Baumbach/Hueck, 17. Aufl., Rn. 55 f. zu § 15 GmbHG; Scholz/Winter 9. Aufl., Rn. 16 zu 62 zu § 15 GmbHG; Lutter/Hommelhoff, Rn. 34 zu § 15 GmbHG; Sommer in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band III, § 26 Rn. 16). Für eine derartige Intention der Vertragsparteien spricht der Wortlaut des fraglichen Vertrages vom 25. Mai 1994. Denn nicht nur übertrug in diesem der Gesellschafter L. auf die Erwerberin S. sein vollständiges Gewinnbezugsrecht und bevollmächtigte sie zugleich "unwiderruflich für alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsanteilen zu treffen sind (sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch außerhalb)". Vielmehr sollte die Erwerberin S. ausdrücklich auch "rechtlich und wirtschaftlich so gestellt sein, als wäre dieser Inhaberwechsel der Gesellschaftsanteile im Handelsregister eingetragen". Im Gegensatz zur bloßen Unterbeteiligung wäre auf dieser Grundlage keine Fallkonstellation mehr ersichtlich, in welcher der Gesellschafter L. die ihm aus seiner Gesellschafterstellung zukommenden Gestaltungsrechte wirklich noch in freier Entscheidung hätte ausüben können. Dass die aus einem Mitgliedschaftsrecht sich ergebenden Gestaltungsrechte nicht auf Dauer von diesem abgetrennt werden können, folgt aber bereits aus der Sachnatur derartiger korporativer Rechtspositionen (für die Inhaberschaft an einer Aktie entschieden in BGH ZIP 1997, 165, 166).

2. Gleichwohl braucht die Frage einer Einordnung der von der Schuldnerin S. aufgrund des privatschriftlichen Vertrages vom 15. Mai 1994 erworbenen gesellschaftsrechtlichen Position als formfrei vereinbarte Unterbeteiligung oder als formbedürftige Vereinbarungstreuhand nicht abschließend beantwortet zu werden, weil selbst ein ursprünglich rechtswirksam entstandener und damit vom Gesellschafter L. abtretbarer Kaufpreisanspruch gegenüber der Schuldnerin S. infolge der auf der Grundlage ihres Schreibens ihrer seinerzeitigen Bevollmächtigten vom 22. Mai 1996 (Anlage K 3, Bl. 15 d. A.) erzielten Einigung einschließlich der am 20. Juni 1996 erfolgten Abgabe eines "abstrakten (selbständigen) Schuldversprechens" erloschen wäre.

a) Zwar kann nach einer Abtretung zweifelhaft und grundsätzlich von der Sachnatur des jeweiligen Vertragsverhältnisses sowie der Auslegung der jeweiligen Zessionsabrede abhängig sein, inwieweit der Zedent ohne Einverständnis des Zessionars nach einer Abtretung noch auf den Bestand der Forderung oder über diese hinausgehend den Bestand des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses einwirken darf. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ungeachtet einer entsprechenden Zuordnung diesbezüglicher Gestaltungsbefugnisse im Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar der Schuldner in § 407 Abs. 1 BGB vor den Folgen einer ihm nicht bekannten Aufspaltung der Gläubigerseite dadurch geschützt wird, dass der Neugläubiger "jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen" muss, sofern nicht der Schuldner bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von der Abtretung wusste. Mag auch der hierdurch bewirkte Schuldnerschutz entsprechend seinem Zweck auf diesen günstige Abreden mit dem Altgläubiger zu beschränken sein (seit RGZ 125, 408, 409 f. allgemeine Meinung, vgl. heute nur Münchener Kommentar-Roth, 4. Aufl., Rn. 8 zu § 407 BGB; Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., Rn. 5 zu § 407 BGB), gehören doch zum Bereich der von § 407 Abs. 1 BGB erfassten "Rechtsgeschäfte" über die Forderung gerade auch Vergleichsverträge oder Aufhebungsverträge (Münchener Kommentar-Roth 4. Aufl., Rn. 7 zu § 407 BGB; Staudinger-Busche [1999] Rn. 14 zu § 407 BGB; für die Aufhebung eines Leasingvertrages zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer nach Abtretung des Anspruchs auf Leasingraten an die Refinanzierungsbank entschieden in BGH NJW 1990, 1785, 1787).

b) Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die zwischen dem Gesellschafter L. und der Schuldnerin S. zustande gekommene Einigung auch dann als schuldnerbegünstigender Aufhebungsvertrag anzusehen ist, wenn berücksichtigt wird, dass die Schuldnerin S. sich bereits in dieser Einigung zur Zahlung von 300.000,00 DM und zur Stellung eines Schuldanerkenntnisses in gleicher Höhe verpflichtet hatte. Denn die im Wege von Vergleichsverhandlungen erzielte diesbezügliche Einigung der beiden ursprünglichen Vertragsparteien schuf insoweit einen selbständigen Rechtsgrund und führte dazu, dass gemäß Ziffer 4 der Vereinbarung im Übrigen "sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrunde, erledigt" waren, also auch Ansprüche aus dem Vertrag vom 25. Mai 1994.

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass gerade eine im Vergleichswege erzielte Regelung nicht ohne weiteres von den ursprünglichen Rechtsverhältnissen abgelöst werden kann und deshalb in aller Regel nicht gänzlich schuldumschaffende ("novatorische") Wirkungen entfalten wird (BGH NJW-RR 1987, 1426, 1427; BGH WM 1979, 205, 206; BGHZ 52, 39, 46). Anders verhält es sich jedoch insoweit, als die Parteien für bestimmte Teile ihrer Beziehungen gerade Unsicherheiten und Dissonanzen ausräumen, zu diesem Zweck eine Verpflichtung auf eine neue Rechtsgrundlage stellen wollten und insoweit notwendigerweise die ursprünglichen Verpflichtungen erlöschen (BGH NJW-RR 1987, 1426, 142; BGH WM 1979, 205, 206). So lag es aber nach Auffassung des Senats auch hier. Hierfür streiten nicht nur die spätere Auskunft des beurkundenden Notars, der zufolge die ursprüngliche Vereinbarung vom 25. Mai 1994 durch die neue Vereinbarung "ersetzt" werden sollte und der - nicht mehr auf den Ursprungsvertrag bezugnehmende - "abstrakte" Wortlaut der entsprechenden Zahlungsverpflichtung selbst. Vielmehr kann nach dem bisherigen Sachvortrag die durch die Schuldnerin S. übernommene Zahlungsverpflichtung von 300.000,00 DM möglichen anderweitigen und früher begründeten Zahlungsverpflichtungen ebenso wenig mehr zugeordnet werden, wie ausweislich der erwähnten Ziffer 4 der Vereinbarung der Schuldnerin S. auch nicht mehr Leistungsansprüche aus dem ursprünglichen Vertragsverhältnis zustehen sollten. Sprechen schon diese Momente für eine Verselbständigung der neu eingegangenen Zahlungsverpflichtung unter gleichzeitigem Erlöschen etwaiger Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 25. Mai 1994, so liegt schließlich die Erwägung nicht fern, dass im Rahmen der - bei Abfassung des privatschriftlichen Vertrages vom 25. Mai 1994 - noch fehlenden rechtlichen Beratung den Beteiligten auch die Problematik einer möglichen Formunwirksamkeit dieses Ursprungsvertrages bewusst geworden sein und auch deshalb eine rechtliche Verselbständigung der die Schuldnerin S. noch treffenden Zahlungsverpflichtung angestrebt worden sein könnte.

Diese Erwägungen gelten in noch stärkerem Maße, als unstreitig die Schuldnerin S. ihre Zahlungen bisher noch nicht einmal auf die in der Vergleichsvereinbarung dem Ehemann der Beklagten gegenüber übernommene Zahlungsverpflichtung, sondern auf das von diesem an die Beklagte abgetretene abstrakte Schuldversprechen erbracht hat. Mag auch eine Verselbständigung eines Schuldversprechens derart, dass es unter Ausschluss einer möglichen Kondizierbarkeit an die Stelle jeglichen Grundgeschäfts tritt, nicht ohne weiteres anzunehmen sein (vgl. BGH NJW 2000, 2501, 2502; NJW-RR 1999, 573 f.; WM 1966, 1280, 1283), so spricht neben dem bereits erwähnten Regelungsgehalt der vergleichsweise erzielten Einigung bereits der Wortlaut der notariellen Urkunde dafür, dass die Schuldnerin jedenfalls im Verhältnis zu möglichen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 25. Mai 1994 genau das abgegeben hat, was der Text aussagt, nämlich ein "abstraktes (selbständiges) Schuldversprechen" und damit nicht lediglich eine bekräftigende Erklärung im Rahmen eines "Schuldbestätigungsvertrages".

3. Im Gegenzug gewährt die wirksame Abtretung der Rechte aus diesem Schuldversprechen an die Beklagte dieser einen Freigabeanspruch gegenüber der Klägerin, so dass unter Abweisung der Klage der im Wege der Anschlussberufung geltend gemachten Widerklage stattzugeben war.

Eine Revision hat der Senat nicht zugelassen, da die Probleme des Rechtsstreits im Wesentlichen im Bereich der Auslegung vertraglicher Vereinbarungen liegen und deshalb die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung besitzt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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