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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 27.10.2005
Aktenzeichen: 5 U 82/05
Rechtsgebiete: HGB, GmbHG
Vorschriften:
HGB § 130 a Abs. 3 | |
HGB § 171 | |
HGB § 172 | |
HGB § 177 a | |
GmbHG § 64 Abs. 2 |
2. Ein Kommanditist kann seine Kommanditeinlage auch durch Zahlung auf ein debitorisch geführtes Gesellschaftskonto und im Wege nachträglicher Umbuchung erbringen.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes
verkündet am: 27. Oktober 2005
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2005
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen wird das am 30. März 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe - 6 O 130/04 - abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.362,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 29.996,52 € seit dem 25. August 2004 und auf weitere 3.365,63 € seit dem 18. Oktober 2004 zu zahlen.
Dem Beklagten bleibt vorbehalten, nach Zahlung des ausgeurteilten Betrages seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag decken, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Insolvenzverwalter bis zur Höhe des ausgeurteilten Betrages zu verfolgen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge fallen dem Beklagten zu 76 % und der Klägerin zu 24 % zu Last. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch können der Beklagte die Vollstreckung der Klägerin und die Klägerin die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des gegen sie aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Gegenseite Sicherheit in Höhe von jeweils 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der klagende Insolvenzverwalter, begehrt von dem Beklagten, dem Kommanditisten der Schuldnerin und Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, Zahlung wegen zum einen nicht vollständiger Erbringung seiner Kommanditeinlage und zum anderen wegen Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nach eingetretener Insolvenzreife.
Trotz rechnerischer Überschuldung infolge titulierter Forderungen einer C. GmbH & Co. KG hatte der Beklagte vor Stellung des Insolvenzantrages noch diverse Auszahlungen an einige Gesellschaftsgläubiger - darunter sich selbst - vorgenommen. Daneben hatte der Beklagte seine Kommanditeinlage nur teilweise erbracht und zur Zahlung des sowohl des offenen Restbetrages von DM 38.857,75 8 als auch - so seine Angabe - zur Rückführung einer Überentnahme eine Einzahlung von 70.000 DM mit dem Verwendungszweck "Teilzahlung Darlehen" auf ein bereits debitorisch geführtes Gesellschaftskonto vorgenommen. Aufgrund eines Hinweises des für die Gesellschaft tätigen Steuerberaters wurde diese Zahlung später auf Veranlassung des Beklagten zum Teil in "Privateinlage" umgebucht.
Der Kläger hält den Beklagten ähnlich der Rechtslage bei § 64 II GmbHG zur vollen Rückzahlung der Auszahlungen an Gesellschaftsgläubiger verpflichtet. Daneben sei die Kommanditeinlage schon mangels hinreichender Tilgungsbestimmung für nicht erbracht und im Übrigen schon deshalb nicht, weil sie der Gesellschaft infolge der Einzahlung auf ein debitorisch geführtes Konto nicht zur freien Verfügung gestanden habe.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte zum Teil Erfolg. Der Senat hat jedoch die Revision zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger, mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7. August 2002 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. GmbH & Co. KG (Schuldnerin) bestellt, begehrt von dem Beklagten, dem Kommanditisten der Schuldnerin und Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, Zahlung wegen zum einen behaupteter nicht vollständiger Erbringung seiner Kommanditeinlage und zum anderen wegen Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nach eingetretener Insolvenzreife.
Von einer ursprünglich geschuldeten Kommanditeinlage in Höhe von 200.000 DM hatte der Beklagte am 16. Juli 1998 97.457,80 DM geleistet, am 29. Januar 1998 weitere 25.000 DM, am 12. Oktober 1998 weitere 29.555 DM sowie durch Einbringung seines Pkw als Sacheinlage am 13. Oktober 1998 weitere 8.900 DM. Hinsichtlich des noch ausstehenden Betrages in Höhe von DM 38.857,75 zwischen den Parteien im Streit steht die Qualifizierung einer weiteren Barzahlung in Höhe von 70.000 DM, welche der Beklagte laut vorgelegtem Kontoauszug vom 12. Februar 1999 (K 4, Anlagenband) mit dem Verwendungszweck "Teilzahlung Darlehen" erbracht hatte. Gleichwohl verbuchte der Steuerberater der Schuldnerin unter dem 15. Februar 1999 (K 5, Anlagenband) diese Zahlung in Höhe von 63.642,20 DM als "Privateinlage" und in Höhe von 6.357,80 DM als "Einlage A. von B. in S.". Das bei der Sparkasse in S. geführte Konto der Schuldnerin wies zum Zeitpunkt der Zahlung ein Soll von 101.743,31 DM bei eingeräumten Kreditlimit von 50.000 DM aus, wobei der Beklagte sich für den Kontokorrentkredit auch persönlich unbeschränkt verbürgt hatte, dies allerdings erst mit Bürgschaft vom 25. Juli 1999 (K 6, Anlagenband).
Nach Darstellung des Beklagten sei Hintergrund der Buchungsvorgänge gewesen, dass ihm bei Zahlung die nicht vollständige Erbringung der Kommanditeinlage bekannt gewesen sei, nicht aber die Höhe des noch ausstehenden Restbetrages. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass - wie der Jahresabschluss zum 31.Dezember 1999 (B 1 Anlagenband, Bl. 5) ausweist - er seinerzeit eine Überentnahme in Höhe von 159.929,63 DM getätigt habe, die durch die Verbuchung in 6.357,80 DM "als Darlehen" zurückgeführt worden sei, während er im Übrigen seiner Einlageverpflichtung nachgekommen sei. Folgerichtig sei nach dieser Verbuchung der für das Jahr 1998 noch ausgewiesene Einlagenrückstand von 63.642,20 DM (B 1, S. 2, Anlagenband) per 31. Dezember 1999 nicht mehr aufgeführt worden.
Was die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin anbelangt, wies ihr Kontokorrentkonto am 18. Januar 2002 ein Soll von 31.940 € auf, ohne dass der Schuldnerin weitere liquide Mittel zur Verfügung standen. Weiter wurde die Schuldnerin in einem von der Firma C. GmbH & Co. KG zu 8 O 5/01 LG Itzehoe betriebenen Verfahren mit Teilanerkenntnisurteil vom 18. Januar 2002 zur Zahlung von 163.241,43 € (319.272,49 DM) und mit Schlussurteil vom 22. Februar 2002 zur Zahlung weiterer 376.148,33 € (344.516,19 DM), jeweils zuzüglich Zinsen, verurteilt (K 9, K 10, Anlagenband). Gleichwohl nahm der Beklagte nach dem 18. Januar 2002 bis zur Stellung des Insolvenzantrages durch die Schuldnerin mit Schreiben vom 3. April 2002 diverse Auszahlungen in Höhe von insgesamt 33.362,15 € an Gläubiger der Gesellschaft vor sowie an sich selbst in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer. Hinsichtlich der einzelnen Zahlungen wird auf die Darstellung in der Klageschrift vom 11. August 2004 (S. 8, Bl. 41 d. A.) mit Anlagenkonvolut K 11 - Anlagenband - sowie die Darstellung im weiteren Schriftsatz des Klägers vom 23. Juni 2004 im PKH-Antragsverfahren (S. 4, Bl. 29 d. A.) und die klägerische Bezugnahme hierauf in dessen Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 (Bl. 58 d. A.) verwiesen. Der Beklagte hat hierauf entgegnet, dass entgegen der klägerischen Behauptung die Schuldnerin keinesfalls zahlungsunfähig gewesen sei und seinerzeit auch alle fälligen Forderungen der Gläubiger ausgeglichen worden seien. Die darüber hinausgehenden Forderungen der Firma C. seien zwar tituliert gewesen. Er selbst sei jedoch an zum C.-Konzern gehörigen Unternehmungen beteiligt gewesen und habe lediglich aus formalrechtlichen Gründen mit ihm gegen diese zustehenden Abfindungsansprüchen nicht gegenüber den titulierten Forderungen aufrechnen können.
Das Landgericht, auf dessen Urteil nebst beigefügtem Berichtigungsbeschluss gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat - ohne dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung ihre bis dahin angekündigten Anträge gestellt hätten - die Klage insgesamt abgewiesen. Hinsichtlich des noch offenstehenden Restes der Kommanditeinlage sei die Zahlungsbestimmung "Teilzahlung Darlehen" nicht eindeutig und daher auslegungsbedürftig gewesen. Insoweit stelle aber die Verbuchung nach Rücksprache mit dem Steuerberater keinen Fall einer nachträglichen Bestimmungsänderung dar. Hinsichtlich der weitergehenden Forderungen stehe dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 64 Abs. 2 GmbHG nicht zu, da nicht nachvollziehbar sei, wie der Masse der Gläubiger durch die Zahlung des Beklagten ein Schaden habe entstehen können.
Gegen dieses dem Kläger am 12. April 2005 zugestellten Urteil hat dieser am 12. Mai 2005 rechtzeitig Berufung eingelegt und diese nachfolgend form- und fristgerecht wie folgt begründet:
- Zu beanstanden sei zunächst, dass das Landgericht ersichtlich ohne Stellung der angekündigten Anträge entschieden habe, wenngleich diese in der Sache weiterverfolgt würden, was jedoch hinsichtlich der Erhöhung des Zahlungsantrages zu 2. das Landgericht schon nicht erkannt habe.
- Auch sei entgegen der Auffassung des Landgerichts betreffend der Zahlung der Kommanditeinlage von einer unzulässigen nachträglichen Umwidmung auszugehen, habe doch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass er der Schuldnerin Liquidität habe zuführen wollen. Von daher sei die Zweckangabe "Teilzahlung Darlehen" nicht weiter auslegungsfähig. Jedenfalls aber habe der gezahlte Betrag angesichts eines der Schuldnerin eingeräumten Kreditlimits von nur 50.000 DM dieser nicht in voller Höhe zur freien Verfügung gestanden, so dass durch die Zahlung von 70.000 DM der Kredit zwar auf DM 31.743,31 DM zurückgeführt worden sei, nach denkbarer Verrechnung der - zur freien Verfügung stehenden - 18.256,69 DM auf die noch ausstehende Einlage von DM 38.857,75 DM jedoch immer noch ein Betrag von DM 20.601,06 DM entsprechend 10.533,15 € - also die Klagforderung zu 1. - offengestanden habe. Dass die Sparkasse längere Zeit Überziehungen über 40.000 € geduldet habe, stehe nicht entgegen, denn eine dies legitimierende unbeschränkte Bürgschaft des Beklagten sei von diesem erst später - nämlich am 20. Juli 1999 (Anlagenband K 6) - gewährt worden.
- Was die Begründung des Klagantrags zu 2. hinsichtlich der Rückerstattung von insgesamt 33.362,15 € nebst Zinsen anbelange, irritiere zunächst die Subsumtion des Landgerichts unter § 64 Abs. 2 GmbHG, sei doch soweit allein § 177 a HGB mit § 130 a HGB maßgeblich. Wie bei § 64 Abs. 2 GmbHG könne es jedoch auch hier nicht auf die Darlegung eines Quotenschadens ankommen, sondern ein Masseabfluss sei der Masse insgesamt wieder zuzuführen. Hinsichtlich der Insolvenzreife sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin seinerzeit Umsatzsteuerverbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt Itzehoe aus dem Jahre 2000 und 2001 und fällige Verbindlichkeiten der Stadtverwaltung Glückstadt aus Gewerbesteuern für 1999 und 2000 nicht gezahlt habe. Auch habe die Sparkasse S. zunächst 45.193,42 € zur Tabelle angemeldet und diese Forderung später - nämlich am 7. Januar 2003 - nur in Ansehung der von der Beklagten gewährten Bürgschaft wieder zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 30. März 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Itzehoe den Beklagten zu verurteilen,
1. an ihn € 10.533,15 nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 18. Februar 2003 zu zahlen,
2. an ihn € 33.362,15 nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
2. hilfsweise das Verfahren an das Landgericht Itzehoe zurückzuverweisen.
Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil hinsichtlich Ergebnis und Begründung, räumt aber ein, dass Anträge im ersten Rechtszug nicht gestellt worden seien. Inhaltlich ergänzt der Beklagte seinen bisherigen Vortrag dahin, dass in dem bis zur Insolvenzeröffnung aufgelaufenen Debetsaldo bei der Sparkasse S. von 45.193,42 €, den er privat beglichen habe, die beanstandeten Auszahlungen in Höhe von 29.966,52 € enthalten gewesen seien. Wären diese nicht vorgenommen worden, hätten die Gläubiger aber dennoch nicht mehr erhalten, weil sie einen Dispositionsrahmen nicht pfänden und auch nicht anderweitig hätten verwerten können. Letztlich habe er auch selbst aus der Bürgschaft Geld hinzugeschossen, mithin im Interesse des Unternehmens und der Gläubiger und nicht gegen deren Interesse gehandelt.
Zu einer Verständigung mit der C. GmbH & Co. KG sei es - so der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - annehmbar deshalb nicht gekommen, weil anderenfalls deren gegen die Schuldnerin gerichteten Forderungen hätten ausgebucht werden müssen und damit die C. GmbH & Co KG ihrerseits in Insolvenzgefahr gekommen wäre.
Der Senat hat die Insolvenzakte IN 54/02 H AG Itzehoe beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Im übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils beigefügten Anlagen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.
Zu Recht nämlich begehrt der klagende Insolvenzverwalter von dem Beklagten als Kommanditisten der Schuldnerin und Geschäftsführer ihrer Komplementär- GmbH die Rückzahlung wegen nach eingetretener Insolvenzreife vorgenommener Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen an den Gesellschaftsgläubiger (1.). Hingegen musste es von der beim Landgericht insgesamt ausgesprochenen Klagabweisung insoweit verbleiben, wie der Kläger außerdem mit seinem Klagebegehren zu Ziffer 1 in Höhe eines Teilbetrages von 10.533,15 € den Beklagten auf eine noch ausstehende Kommanditeinlage in Anspruch nimmt (2.).
War insoweit das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern, so stand zudem einer eigenen Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, dass das Landgericht ersichtlich ein Urteil erlassen hat, obgleich die Parteien ihre angekündigten Anträge in der mündlichen Verhandlung noch nicht gestellt hatten. Soweit die Entscheidung des Landgerichts insoweit auf einem Verfahrensfehler beruht, ist der Senat nämlich auch in Ansehung des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO schon deshalb zur Sachentscheidung berufen, weil nicht ersichtlich ist, dass vor einer Sachentscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig wäre. Ungeachtet dessen wirkt sich der Verstoß des Landgerichts gegen § 308 ZPO (Bindung des Gerichts an gestellte Anträge) im Berufungsverfahren schon deshalb nicht mehr aus, weil beide Parteien ihre bereits erstinstanzlich angekündigten Begehren in diesem Rechtszug weiter verfolgen.
1. In der Sache ist der Beklagte gem. § 177 a HGB mit § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB zur Rückführung der Auszahlungen aus dem Vermögen der Schuldnerin in Höhe von geltend gemachten 33.362,15 € zuzüglich Zinsen zur Insolvenzmasse verpflichtet, da er die als solche unstreitigen Auszahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife jedenfalls durch Überschuldung vorgenommen hat (a). Auch kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts auf die Darlegung eines Gesamtgläubigerschadens als Quotenschaden insoweit nicht an (b).
a) Ob nach dem 23. Januar 2002 als Zeitpunkt des Beginns der vom Kläger beanstandeten Auszahlungen die Insolvenzschuldnerin bereits zahlungsunfähig war, ist nicht ganz zweifelsfrei, da eine Reihe der ausweislich der Insolvenzakte zur Insolvenztabelle angemeldeten und festsgestellten Forderungen erst im Verlauf des Jahres 2002 fällig geworden sind. Andererseits hatte der Beklagte aber ersichtlich auch Steuerverbindlichkeiten aus den Vorjahren 1999 und 2000 (Stadtverwaltung G.) sowie 2000 und 2001 (Umsatzsteuer) nicht erfüllt, ein Umstand, der in aller Regel einen Mangel an Zahlungsmitteln für die Erfüllung aller fälligen Verbindlichkeiten indiziert. Letztlich kann die Frage der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin jedoch offen bleiben, da nach Beiziehung der Insolvenzakte und der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jedenfalls von einer Überschuldung der Insolvenzschuldnerin ausgegangen werden muss:
Denn nicht nur war ausweislich einer vom Insolvenzverwalter ausweislich seines letzten Berichts vom 22. Oktober 2004 für möglich gehaltenen Masse von 55.000 € einerseits und festgestellter Verbindlichkeiten von mehr als 400.000 € andererseits die Insolvenzschuldnerin nach Titulierung der Forderungen der C. GmbH & Co. KG durch das Landgericht Itzehoe jedenfalls zu Liquidationswerten deutlich überschuldet, was auch der Beklagte als "rechnerische Überschuldung" nicht in Abrede stellt. Vielmehr ist weiter keine annehmbar günstigere Bilanzierung zu Fortführungswerten veranlasst, da selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht deutlich geworden ist, dass und aus welchen Gründen der Beklagte bei einer derartigen Finanzlage seinerzeit ernsthaft eine Fortführung des Unternehmens noch für möglich gehalten haben will. Denn letztlich war die vom Beklagten bereits im ersten Rechtszug dargestellte Perspektive eines möglichen Einlenkens der C. GmbH & Co. KG nicht mehr als eine schlichte Hoffnung, die sich nach den eigenen Worten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bereits deshalb zerschlagen musste, weil anderenfalls die C. GmbH & Co. KG selbst in Insolvenzgefahr geraten wäre.
Für die Voraussetzungen einer plausiblen Fortführungsprognose ist aber der Beklagte darlegungspflichtig, kannte er doch den Zustand des von ihm geführten Unternehmens besser als jeder andere (BGH ZIP 1994, 1103, 1110). Ebenso hätte es dem Beklagten oblegen darzulegen, dass und aus welchen Gründen er die vorgenommenen Auszahlungen als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns für vereinbar gehalten haben könnte (§ 130 a Abs. 2 Satz 2 HGB; zur Darlegungslast auch Karsten Schmidt in Scholz, 9. Aufl., Rn. 50 zu § 64 GmbHG). Auch dies ist nicht geschehen.
b) Die Rechtsfolge besteht nach Auffassung des Senats selbst bei Anwendung des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB und nicht des § 64 Abs. 2 GmbH in der Verpflichtung des Beklagten, die Masse ungeschmälert wieder aufzufüllen. Um eine ungerechtfertigte Massebereicherung zu vermeiden, war jedoch dem Beklagten zugleich vorzubehalten, nach Rückzahlung der ausgekehrten Beträge dem Kläger gegenüber die den begünstigten Gesellschaftsgläubigern insoweit zukommende Insolvenzquote zu realisieren. Dies entspricht dem Charakter nicht nur des § 64 Abs. 2 GmbHG, sondern auch des § 130 Abs. 3 Satz 1 HGB als eines "Ersatzanspruchs eigener Art" und nicht eines Schadensersatzanspruchs.
Der Senat verkennt nicht, dass der Bundesgerichtshof von einer derartigen Rechtsnatur des Anspruchs und derartigen Rechtsfolgen bisher lediglich für § 64 Abs. 2 GmbHG ausgegangen ist (BGH ZIP 2001, 235, 239), diese Rechtsprechung zum Teil auf Kritik gestoßen ist (insbes. Karsten Schmidt in Scholz, 9. Aufl., Rn. 32 f, Rn. 40 zu § 64 GmbHG) und dass § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB anders als § 64 Abs. 2 GmbHG im Normwortlaut den Begriff "Schaden" enthält. Ein Umstand, der die gegenüber der erwähnten Rechtsprechung kritischen Stimmen dazu veranlasst hat, im Falle des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB umso eher vom Insolvenzverwalter die Darlegung eines Quotenschadens zu fordern (so etwa Karsten Schmidt in Scholz, 9. Aufl., Rn. 83 zu § 64 GmbHG; derselbe in MünchKomm, HGB, Rn. 36 zu § 130 a HGB; Habersack in Großkomm-HGB, 4. Aufl., Rn. 28 zu § 130 a HGB, im Ergebnis auch Baumbach/Hopt, 30. Aufl., Rn. 11 zu § 130 a HGB).
Der Senat folgt diesen Literaturstimmen jedoch nicht, weil ihnen zum einen die Entstehungsgeschichte des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB entgegensteht und zum anderen die bei 64 Abs. 2 GmbHG und § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB gleichermaßen vorhandene und eine insolvenzrechtlich gleiche Behandlung erfordernde Interessenlage:
Was die Entstehungsgeschichte anbelangt, entstammt die heutige Fassung des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB im Wesentlichen dem 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29. Juni 1976 (BGBl. 1 S. 2043). In der Gesetzesbegründung des Regierungsentwurfs (BT-Drs. 7/3441) heißt es in der Einzelbegründung zu §§ 130 a, 130 b HGB (S. 47): "Die in Abs. 3 Satz 1 und 2 vorgesehene Schadensersatzpflicht entspricht § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 AktienG., 64 Abs. 2 GmbHG, 75 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4 E GmbH". Schon damals also ging der Gesetzgeber ersichtlich von einem Gleichlauf zwischen § 64 Abs. 2 GmbHG und § 130 a Abs. 3 GmbHG aus.
Insbesondere aber ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das vom BGH in der Interpretation von § 64 Abs. 2 GmbHG angeführte Interesse an einer einfachen und gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung bei Anwendung des § 130 a HGB anders ausfallen sollte. Dies umso weniger, als mit dem vom BGH im Rahmen zulässiger Rechtsfortbildung entwickelten Instrument eines zugunsten des leistungspflichtigen Geschäftsführers auszusprechenden Vorbehalts ein Ausgleichsmodell zur Verfügung steht, welches in seiner Kombination bereicherungsrechtlicher Wertungen mit dem in § 255 BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken einer abgestuften Inanspruchnahme praktikabel und verallgemeinerungsfähig ist (daher für Ausdehnung auf die mit § 64 Abs. 2 GmbHG konkurrierenden Ansprüche aus Insolvenzanfechtung bereits Senat, Urteil vom 10. April 2003 - 5 U 62/02 -, ZIP 2003, 856, 859 f).
2. War der Beklagte daher hinsichtlich des Klagantrags zu 2. antragsgemäß zu verurteilen, so hat das Landgericht gleichwohl im Ergebnis zu Recht den Klagantrag zu 1. auf Zahlung von 10.533,15 € Stammeinlage nebst Zinsen abgewiesen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist dieser Klagantrag nämlich keineswegs schon deshalb begründet, weil der Beklagte unzulässigerweise auf ein debitorisch geführtes Gesellschaftskonto gezahlt und deshalb das zugeführte Kapital der Insolvenzschuldnerin nicht mehr "zur freien Verfügung" gestanden habe. Denn anders als § 7 Abs. 3 GmbHG kennt das für die Kommanditgesellschaft maßgebliche Kapitalaufbringungsrecht eine derartige Eingrenzung nicht. Die Zahlung einer Kommanditeinlage stellt nämlich nicht die Aufbringung von Garantiekapital dar, sondern dient allein der Befreiung vom anderenfalls in Höhe der Haftsumme möglichen Zugriff der Gesellschaftsgläubiger auf das Vermögen der Kommanditisten (vgl. BGH WM 1985, 1224, 1227 = BGHZ 95, 188 ff). Geht es folglich um eine bloße Wertzufuhr, so kann diese aber unproblematisch auch durch Zahlung auf ein debitorisches Konto erfolgen (ebenso Karsten Schmidt in MünchKomm-HGB, Rn. 53 zu §§ 171, 172 HGB).
Aber auch "als Einlage" ist die streitbefangene Zahlung letztlich erbracht worden. Denn nicht nur spricht im Anschluss an die Darlegung des Landgerichts einiges dafür, dass die seinerzeit vorgenommene Zahlungsbestimmung "Teilzahlung Darlehen" aus dem Empfängerhorizont der Gesellschaft als auslegungsbedürftig, aber auch als auslegungsfähig erschienen ist, soweit nicht mangels Bestimmtheit ohnehin eine Verrechnung gemäß § 366 Abs. 2 BGB auf die Einlageschuld vorgenommen werden müsste. Vielmehr ist wiederum anders als im GmbH-Recht bei der Kommanditgesellschaft ohne weiteres eine - vorliegend zumindest erfolgte - nachträgliche Umbuchung zulässig. Dies rechtfertigt sich aus dem bereits erwähnten Gedanke der bloßen Wertzufuhr ebenso wie aus dem Umstand, dass im Kapitalaufbringungsrecht der Kommanditgesellschaft keine dem GmbH-Recht vergleichbaren Restriktionen bei der Sachanlagenerbringung bestehen und sich daher das von dort bekannte Problem der verdeckten Sacheinlage nicht in gleicher Weise stellt (vgl. Karsten Schmidt in MünchKomm-HGB, Rn. 44 und Rn. 56 zu § 171, 172 HGB). Dass aber der Beklagte in seiner Doppelstellung als Kommanditist und Geschäftsführer der geschäftsführenden Komplementär-GmbH zu entsprechenden Buchungsanweisungen an seinen buchführenden Steuerberater auch befugt war, steht außer Zweifel.
Nur angemerkt sei schließlich, dass selbst bei zunächst noch bestehender Einlageschuld der Beklagte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Leistung an Gesellschaftsgläubiger in Höhe des geleisteten Umfangs von seiner Einlageverpflichtung grundsätzlich frei werden konnte (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 2 HGB). Insoweit hat der Beklagte aber bisher unwidersprochen vorgetragen, wenigstens 29.966,52 € an die Sparkasse in Steinburg als Gesellschaftsgläubigerin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt zu haben.
Die Kostenentscheidung sowie die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil anders als zu § 64 Abs. 2 GmbHG eine revisionsgerichtliche Entscheidung zu den Rechtsfolgen des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB bisher fehlt und insoweit dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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