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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 17.07.2001
Aktenzeichen: 6 U 1/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, MarkenG


Vorschriften:

ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 511
BGB § 12
MarkenG § 14 V
Eine Berufung ist unzulässig, wenn mit ihr ausschließlich ein neuer, bisher noch nicht geltend gemachter Anspruch verfolgt wird.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 1/01

Verkündet am: 17.07.01

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2001 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts und die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtzuges.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 30.000 DM.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Benutzung einer Internet-Domain.

Ende 1997/Anfang 1998 kam die Klägerin auf die Idee, unter der Bezeichnung "Bauzirkel" Informationen für potentielle Bauherren bereit zu stellen. Anfang 1998 wollte sie diese Idee auch über das Internet umsetzen. Etwa im August 1998 musste sie jedoch feststellen, dass die von ihr angestrebte Domain "bauzirkel.de" schon vom Beklagten belegt war, der sie am 8. Oktober 1997 bei der DENIC angemeldet und für sich zur Eintragung gebracht hatte. Am 4. September 1998 meldete sie schließlich die Wortbildmarke "Bauzirkel" beim Deutschen Patent- und Markenamt an. Die Eintragung erfolgte am 24. Juni 1999. Auf die Anlage K 1 wird insoweit Bezug genommen. Die Marke zeigt einen stehenden und einen liegenden Baustein, auf denen sich das Wort ""Bauzirkel" befindet. Die Marke ist für folgende Dienstleistungen geschützt: Vorbereitung von Bauvorhaben in organisatorischer, finanzieller und technischer Hinsicht; Organisation von Messen und Ausstellungen; Dienstleistungen eines Franchisinggebers.

Im Herbst 1999 stellte die Klägerin fest, dass unter der Internetpräsenz www.bauzirkel.de des Beklagten noch keine homepage zu finden war. Vielmehr erschien dort als Platzhalter ein Baustellenschild mit Hinweis auf Sportinformationen. Um der Sache Fortgang zu geben, beantragte sie am 24. September 1999 bei der DENIC die Eintragung eines sogenannten "waits", der sie in eine Nachrückstellung für die Domain "bauzirkel.de" brachte. Mit Schreiben vom 24.09.1999 (Anlage K 7) verlangte sie außerdem von dem Beklagten wegen schuldhafter Verletzung ihrer Marke die Freigabe der Domain "bauzirkel.de". Mit Schreiben vom 15.10.1999 teilte ihr damaliger Prozessbevollmächtigter mit, dass sich der Beklagte gemäß Erklärung vom 12. Oktober 1999 mit einer Übertragung der Domain auf die Klägerin einverstanden erklärt habe (vgl. Anlage K 8). Unter dem 12. Oktober 1999 hatte der Beklagte tatsächlich eine solche Erklärung abgegeben, allerdings versehen mit einem Vorbehalt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Erklärung wird auf Bl. 64 d. A. Bezug genommen. Der Beklagte kündigte die Domain zunächst gegenüber seinem Provider mit Schreiben vom 14.10.1999, behielt sie dann aber in der Folgezeit doch inne. Im Oktober 1999 errichtete er unter dieser Domain eine eigene homepage, in der er anderen Unternehmen gegen Entgelt die Möglichkeit einer branchenspezifischen Internetpräsenz anbot. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 13 verwiesen.

Am 25. September 2000 erreichte die Klägerin bei der DENIC für sich die Eintragung der Domain "bauzirkel.com". Unter dieser Adresse kann der Nutzer im wesentlichen Angebote für Ein- und Mehrfamilienhäuser von verschiedenen Baufirmen finden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage BK 1 Bezug genommen (Bl. 141-145 d. A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten,

der Beklagte verletze durch die Benutzung der Internetdomain "bauzirkel.de" die für sie eingetragene Marke. Seine Internetpräsenz begründe eine Verwechslungsgefahr mit der von ihr beabsichtigten und praktizierten Tätigkeit. Dass sie nur Inhaberin einer Wortbildmarke sei, sei ohne Bedeutung, da gerade bei der Nutzung im Internet allein der Wortbestandteil der Marke maßgeblich sei.

Die Klägerin hat zunächst die Anträge angekündigt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

sich im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, insbesondere im Bereich des Internets, zur Kennzeichnung für den Vertrieb von Dienstleistungen auf dem Gebiet gewerblicher Vorbereitung fremder Bauvorhaben in organisatorischer, finanzieller und technischer Hinsicht, sowie der Organisation von Messen und Ausstellungen sowie Dienstleistungen eines Franchisinggebers der Bezeichnung "Bauzirkel" zu bedienen,

2. der Klägerin gegenüber den Umfang der vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen unter Angabe des erzielten Umsatzes mit der Markenbezeichnung "Bauzirkel" Rechnung zu legen sowie betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Bundesländern, anzugeben,

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.

Nach Rücknahme der Anträge zu 2. und 3. und der teilweisen Rücknahme des Antrages zu 1. hat die Klägerin beantragt,

unter Androhung der vorgenannten Ordnungsmittel es dem Beklagten zu untersagen, die Internetdomain "bauzirkel" im geschäftlichen Verkehr für ein virtuelles Portal zur zukünftigen elektronischen Abwicklung der Geschäftsprozesse in der deutschsprachigen Bauindustrie zu benutzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten,

der Antrag sei zu unbestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und daher unzulässig. Eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr bestehe im Übrigen nicht.

Mit Urteil vom 23. November 2000 hat das Landgericht Kiel die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil Blatt 95-101 d. A. Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 15. Dezember 2000 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 3. Januar 2001 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 19. März 2001 mit einem am 19. März 2001 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie hat zunächst beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen,

1. gegenüber der DENIC in eine Umschreibung des von ihm bei der DENIC für sich angemeldeten Domainnamens "www.bauzirkel.de" auf sie Zug um Zug gegen Erstattung der Kosten für die Umschreibung einzuwilligen.

2. hilfsweise es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Beklagten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Beklagten, es zu unterlassen, die Internetdomain "www.bauzirkel.de" im geschäftlichen Verkehr für ein Internetportal für Angebote aus dem Bereich "Ausbauhaus" und/oder "Fertighaus" und/oder "Massivhaus" und/oder "Selbstbauhaus" zu benutzen oder benutzen zu lassen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. Juni 2001 hat die Klägerin ihre Anträge umgestellt. Sie stellt nunmehr die in der Berufungsbegründung enthaltenen Anträge mit der Maßgabe, dass der unter Ziffer 2 als Hilfsantrag angekündigte Antrag nunmehr als Hauptantrag und der unter Ziffer 1 als Hauptantrag angekündigte Antrag als Hilfsantrag gestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch des Hilfsantrages unzulässig.

I.

Die Berufung ist unzulässig, wenn mit ihr nicht zumindest teilweise die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer, sondern ausschließlich ein neuer, bisher noch nicht geltend gemachter Anspruch verfolgt wird (BGH MDR 1994 S. 1143).

Danach ist die Berufung mit dem in der Berufungsinstanz ursprünglich gestellten Hauptantrag unzulässig. Mit ihm strebt die Klägerin nicht einmal teilweise an, die in der Abweisung ihres erstinstanzlichen Begehrens liegende Beschwer zu beseitigen.

Erstinstanzlich hatte sie vom Beklagten die Unterlassung eines ihr Markenrecht beeinträchtigenden Verhaltens verlangt. Mit dem ursprünglichen Berufungshauptantrag hat sie dagegen einen Anspruch auf Einwilligung des Beklagten in die Umschreibung der für ihn eingetragenen Domain "bauzirkel.de" auf die Klägerin geltend gemacht. Damit liegen ihrem Wesen nach verschiedene, völlig unterschiedliche Streitgegenstände vor.

Der Unterlassungsanspruch einerseits zielt auf die Abwehr zukünftigen Verhaltens. Der Beklagte soll es in der Zukunft unterlassen, die Internetadresse "bauzirkel.de" für seine Dienstleistungen zu verwenden. Das in der Vergangenheit liegende Verhalten, zu dem die Eintragung, Beibehaltung und Verwendung der Internetdomain gehört, ist zwar Anlass, nicht aber Gegenstand des Unterlassungsanspruchs.

Das mit dem ursprünglichen Berufungshauptantrag verfolgte Begehren hat dagegen einen anderen Inhalt. Mit ihm soll eine Beseitigung der Beeinträchtigung erreicht werden, die darin besteht, dass der Beklagte infolge seiner Eintragung bei der DENIC eine Eintragung der Klägerin unter derselben Domain blockiert. Zwar soll mit diesem Anspruch, bei dem es sich um einen Beseitigungs- bzw. Schadensersatzanspruch handelt (vgl. Landgericht München CR 1997, S. 479 <481>; LG Hamburg, CR 99, S. 47 <49>; für die Annahme eines Herausgabeanspruchs nach den Vorschriften des GoA oder des Bereicherungsrechts: Hackbarth, Anmerkung zu OLG München, Urteil vom 25. März 99, CR 1999, S. 384; für eine analoge Anwendung der §§ 8 PatentG, 894 BGB: OLG München CR 1999 S. 382 <385>), auch eine Beeinträchtigung in der Zukunft verhindert werden. Dieses Ziel ist aber nicht Gegenstand des Beseitigungsanspruchs, sondern nur seine mittelbare Folge. Denn mit einem auf Beseitigung lautenden Vollstreckungstitel könnte die Klägerin den Beklagten nicht zugleich zwingen, die weitere Benutzung der für ihn noch eingetragenen Domain zu unterlassen.

Bei den beiden Ansprüchen handelt es sich daher nicht um eine Erweiterung oder Einschränkung des jeweils anderen Antrags im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO, sondern um in ihrem Wesen anders geartete Ansprüche (vgl. BGH MDR 1994, S. 1143 <1143, 1144>).

Die Klägerin hat auch nicht deshalb eine wenigstens teilweise Beseitigung der in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt, weil sie jedenfalls mit dem Hilfsantrag ihr ursprüngliches Klageziel weiterverfolgt hat. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin mit dem Hilfsantrag überhaupt eine Beseitigung der erstinstanzlichen Beschwer verfolgt. Denn jedenfalls sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen in Bezug auf einen neuen Hauptantrag nicht erfüllt, wenn der Kläger sein erstinstanzliches Begehren lediglich mit einem Hilfsantrag weiterverfolgt. In diesem Fall wendet er sich mit dem neuen Hauptantrag gerade nicht gegen die durch das erstinstanzliche Urteil begründete Beschwer (vgl. BGH MDR 1996, S. 1066 <1066 f.>).

II.

Aus der Unzulässigkeit des Hauptantrages folgt nicht zwangsläufig auch die Unzulässigkeit des Hilfsantrages. Dass der Hilfsantrag unter einer Bedingung (Unbegründetheit oder Unzulässigkeit des Hauptantrages) gestellt wurde, macht die Berufung nicht unzulässig (vgl. BGH MDR 1994, S. 1143 <1144>; BGH NJW 1996 S 320).

Aber auch mit dem Hilfsantrag greift die Klägerin die erstinstanzliche Beschwer nicht an. Der in erster Instanz gestellte Unterlassungsantrag und der in der Berufungsbegründung angekündigte Unterlassungsantrag sind nämlich nicht einmal teilweise identisch.

Mit dem erstinstanzlichen Antrag hat die Klägerin erreichen wollen, dass dem Beklagten untersagt wird, die Internetdomain "bauzirkel.de" für ein virtuelles Portal "zur zukünftigen elektronischen Abwicklung der Geschäftsprozesse in der deutschsprachigen Bauindustrie zu benutzen". Das deckt sich mit dem in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag in keiner Weise. Danach soll dem Beklagten verboten werden, die Internetdomain zu benutzen, um "Angebote" von Hausbaufirmen ins Internet zu stellen. Mit der elektronischen Abwicklung von Geschäftsprozessen in der Bauindustrie hat das nichts zu tun. Diese werden durch Angebote vielmehr erst in Gang gesetzt und bestehen darin, die Kunden zu beraten, mit ihnen über den Vertrag zu verhandeln, den Vertrag abzuschließen, durchzuführen und schließlich abzurechnen. Mit diesem prozesshaften Verlauf hat das Einstellen der Angebote von Hausbaufirmen noch nichts zu tun. Denn erst, wenn es aufgrund eines auf der homepage des Beklagten enthaltenen Angebots zu Vertragsverhandlungen kommt, kann ein Geschäftsprozess beginnen und - elektronisch - abgewickelt werden.

III.

Die Umstellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung ändert an der fehlenden Zulässigkeit der Berufung nichts. Bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hatte die Klägerin keine zulässigen Berufungsanträge gestellt. Danach konnte sie die Stellung zulässiger Berufungsanträge nicht mehr nachholen. Im Übrigen ändert die Umstellung auch nichts daran, dass mit beiden Anträgen eine Beseitigung der erstinstanzlichen Beschwer nicht verfolgt wird.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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