Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 27.11.2001
Aktenzeichen: 6 U 54/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 7 I
Der Anzeigentext: "Raus mit den Jungen Wilden! Wir brauchen dringend Platz! Deshalb setzen wir unsere Modelle gnadenlos vor die Türe - als junge Wilde. Mit 'Tageszulassung', Null km und dickem Preisvorteil." Ist wettbewerbswidrig, weil er den Eindruck einer über den normalen Geschäftsverkehr hinausgehenden Besonderheit der Verkaufsveranstaltung erweckt.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 54/01

Verkündet am: 27. Nov. 2001

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 06. November 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht und für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 15. Mai 2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Lübeck geändert.

Dem Verfügungsbeklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr für Kraftfahrzeuge mit der Aussage zu werben:

"Raus mit den Jungen Wilden! Wir brauchen dringend Platz! Deshalb setzen wir unsere Modelle gnadenlos vor die Türe - als junge Wilde. Mit 'Tageszulassung', Null km und dickem Preisvorteil."

Dem Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehende Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld bis zu dem Betrag von 500.000 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungsbeklagte.

Tatbestand:

Der Verfügungskläger begehrt von dem Verfügungsbeklagten die Unterlassung einer Werbeanzeige.

Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein, dessen Aufgabe es ist, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu wahren, insbesondere darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Er fordert einmal jährlich Mitgliedsbeiträge von seinen Verbandsmitgliedern ein. Zu seinen Mitgliedern gehören ausweislich der vom Kläger vorgelegten Mitgliederliste 19 Kraftfahrzeughandels-unternehmen, davon sieben Unternehmen mit Sitz in B, C und S, die ihren Tätigkeitsbereich mit "Norddeutschland", "Niedersachsen" und "Bundesweit" angeben. Die übrigen ihm angehörenden Einzelhandelskraftfahrzeugunternehmen sind nach eigenen Angaben nicht in Norddeutschland tätig. Weiter gehören dem Kläger der Bundesverband freier Kraftfahrzeugimporteure sowie der Kraftfahrzeughersteller A an, deren Mitgliederbestand bzw. Vertragsunternehmen sich aus vom Kläger ebenfalls vorgelegten Listen ergeben.

Der Verfügungsbeklagte vertreibt Personenkraftfahrzeuge der Marke H. Er warb im Rahmen einer bundesweiten H-Werbekampagne in den L N vom 25./26. März 2001 in einer Anzeige mit folgendem Text:

"Raus mit den Jungen Wilden! Wir brauchen dringend Platz! Deshalb setzen wir unsere Modelle gnadenlos vor die Türe - als junge Wilde. Mit 'Tageszulassung', Null km und dickem Preisvorteil.

... Fragen Sie nach unseren aktuellen 'Jungen Wilden' "

Weiter enthielt die Anzeige Abbildungen von zwei Fahrzeugmodellen, die mit dem Zusatz "z.B. ..." bezeichnet und zum vergünstigten Preis angeboten wurden. Wegen der Einzelheiten der Anzeige wird auf ihren Inhalt, Bl. 34 d. A., Bezug genommen.

Der Verfügungskläger hat gemeint, die Anzeige sei wettbewerbswidrig; die Werbung kündige einen unzulässigen Räumungsverkauf i.S.d. § 8 Abs. 1 UWG, jedenfalls aber eine unzulässige Sonderveranstaltung i.S.d. § 7 Abs. 1 UWG an. Darüber hinaus sei die Anzeige bezüglich der Reichweite des Angebotes irreführend.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

dem Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für Kraftfahrzeuge zu werben:

"Raus mit den Jungen Wilden! Wir brauchen dringend Platz! Deshalb setzen wir unsere Modelle gnadenlos vor die Türe - als junge Wilde. Mit 'Tageszulassung', Null km und dickem Preisvorteil."

Der Verfügungsbeklagte hat beantragt,

die Verfügungsklage abzuweisen.

Er hat insbesondere gemeint, es fehle dem Verfügungskläger an der Antragsbefugnis, da die ihm angehörenden Gewerbetreibenden nicht in erheblicher Zahl mit dem Verfügungsbeklagten auf demselben Markt konkurrieren würden.

Das Landgericht hat die Verfügungsklage abgewiesen. Es hat die Frage der Antragsbefugnis offengelassen, den Unterlassungsanspruch des Klägers jedoch aufgrund des Fehlens einer wettbewerbswidrigen Handlung des Verfügungsbeklagten verneint. Das Vorliegen eines unzulässigen Räumungsverkaufes i.S.d. § 8 Abs. 1 UWG hat das Landgericht abgelehnt mit der Begründung, der Beklagte biete nur einige wenige Modelle zu Sonderkonditionen zum Verkauf an und nicht seine gesamte Produktpalette. Dies ergebe sich aus der Benennung zweier Fahrzeugmodelle als Produktbeispiele und der Aufforderung, sich nach aktuellen Angeboten zu erkundigen. Auch eine unzulässige Sonderveranstaltung i.S.d. § 7 Abs. 1 UWG liege nicht vor, da der Beklagte nur wenige bestimmte Modelle angeboten habe und nicht eine Vielzahl. Eine "nachhaltige Eile" könne dadurch beim Verbraucher nicht erweckt werden. Schließlich sei die Anzeige auch nicht irreführend und verstoße damit nicht gegen § 3 UWG.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger ist der Ansicht, die Formulierung des Beklagten "Wir brauchen dringend Platz. Deshalb setzen wir unsere Modelle gnadenlos vor die Tür." lasse nicht darauf schließen, dass nur einige wenige Modelle angeboten werden würden, sondern vielmehr darauf, dass sämtliche Modelle vom Angebot umfasst seien.

Er ist der Ansicht, seine Antragsbefugnis ergebe sich bereits aus der Mitgliedschaft des Bundesverbandes freier Kraftfahrzeugimporteure sowie des A-Herstellers.

Der Verfügungskläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Verfügungsbeklagten nach dem im 1. Rechtszug gestellten Antrag zu verurteilen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet, die vom Kläger vorgelegte Mitgliederliste sei überholt und fehlerhaft. Der Kläger habe - was zwischen den Parteien unstreitig ist - in einem Parallelverfahren schon einmal eine Korrektur seiner Mitgliederliste im Nachhinein vornehmen müssen, als sich herausgestellt hatte, dass Post von einem Mitglied zurückgekommen war. Aus diesem Grund sei auch die vorliegende Liste in Zweifel zu ziehen.

Der Verfügungsbeklagte ist zudem der Ansicht, die vorgelegte Liste reiche generell nicht zum Beleg der Antragsbefugnis des Verfügungsklägers aus, da der Kläger keinen Mechanismus zur regelmäßigen Überprüfung seines Mitgliederbestandes eingerichtet habe. Aktualisierungen seiner Mitgliederliste würden bestenfalls auf Zufall beruhen. Außerdem genüge die Vorlage der Liste nicht den Anforderungen der Glaubhaftmachung. Letztlich reiche der angeblich vorhandene Mitgliederbestand ohnehin nicht aus, um eine Antragsbefugnis zu begründen, weil die vorhandenen Mitglieder nicht mit dem Verfügungsbeklagten auf demselben Markt konkurrieren würden. Darüber hinaus erfülle der Verband auch die finanziellen Anforderungen einer Antragsbefugnis nicht. Dies ergebe sich insbesondere aus dem - unstreitig bis zu zwei Jahre dauernden - Eintreiben von noch ausstehenden Mitgliedsbeiträgen. Dies könne zu einem deutlichem Überwiegen der Einnahmen aus Ordnungsgeldern gegenüber den Einnahmen des Verfügungsklägers aus Mitgliedsbeiträgen führen, wodurch wiederum die Deckung der laufenden Kosten aus Mitgliedsbeiträgen gefährdet sein könnte.

Bezogen auf den Inhalt der Werbeanzeige meint der Verfügungsbeklagte, dass insbesondere der Nachsatz "Mit Tageszulassung, null Kilometer und dickem Preisvorteil" deutlich mache, dass nur die Kraftfahrzeuge des Beklagten mit Tageszulassung angeboten werden würden und nicht alle Modelle. Auch die Aufforderung "Fragen Sie nach unseren Jungen Wilden" zeige, dass nur eine Auswahl des Gesamtangebotes gemeint gewesen sei. Im übrigen sei der Verkehr gewohnt, auf die besondere Preiswürdigkeit von Tageszulassungen hingewiesen zu werden. Dies ergebe sich auch aus der Anzeige über der streitbefangenen (vgl. Bl. 34 d.A.) - dort wird mit dem Slogan "Vorführwagen und Tageszulassungen zu sensationellen Preisen" geworben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift vom 23. Juli 2001 (Bl. 91 ff. d.A.), der Schriftsätze vom 25. Oktober 2001 (Bl. 125 ff.d.A.) und 1. November 2001 (Bl. 163 ff. d.A.) sowie der Berufungserwiderungsschrift vom 26. September 2001 (Bl. 108 ff. d.A.) und des Schriftsatzes vom 24. Oktober 2001 (Bl. 114 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Der Antrags des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

I. Der Kläger ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG antragsbefugt.

1. Dem Kläger gehört eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Dies folgt bereits daraus, dass 15 Kraftfahrzeugeinzelhandelsunternehmen aus S-H, Sch, Ha und dem Ha Umland als Mitglieder des Bundesverbandes freier Kraftfahrzeugimporteure auch dem Kläger angehören. Sie stellen eine repräsentative Anzahl von Unternehmen dar, die gewährleisten, dass der Verfügungskläger nicht lediglich Individualinteressen Einzelner, sondern objektiv gemeinsame gewerbliche Interessen der Branche wahrnimmt (vgl. Begr.-Entwurf von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in BT-Drucks. 12/7345 = WRP 1994, 369, 378; BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, WRP 1996, 1034 = GRUR 1996, 804 = MDR 1997, 54 = NJW 1996, 3276, 3277 - Preisrätselgewinnauslobung III). Erhebliches Gewicht kommt in dieser Hinsicht auch der Mitgliedschaft des Kfz-Herstellers A zu. Die von ihm belieferten Vertragshändler besitzen ausweislich der vorliegenden Liste mit über 80 Unternehmen einen erheblichen Marktanteil am Autohandel in S-H und Ha.

a) Dass diese Unternehmen dem Kläger nicht unmittelbar angehören, ist für das Vorliegen der Antragsbefugnis aus 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG unschädlich. Für die Erfüllung der Voraussetzung der "erheblichen Zahl" ist es grundsätzlich nicht entscheidend, ob die in Betracht zu ziehenden Mitbewerber unmittelbar Verbandsangehörige sind oder nur mittelbar durch die Zugehörigkeit von Verbänden oder Vereinigungen zu dem Wettbewerbsverein erfasst werden (vgl. amtl. Begründung, BT-Drucks. 12/7345, S. 12; WRP 1994, 369, 378). Damit sind zumindest die Mitglieder des Bundesverbandes freier Kraftfahrzeugimporteure auch als Mitglieder des Klägers anzusehen. Der A-Hersteller, der kein Dachverband ist und auch keine vergleichbare Fürsorgepflicht für die von ihm belieferten Vertragsunternehmen besitzt, ist damit zwar lediglich als Einzelmitglied des Verfügungsklägers anzusehen. Er besitzt aber als Hersteller eigene Interessen hinsichtlich der Lauterkeit des von ihm belieferten großen Marktes, die von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht sind.

b) Die dem Verfügungskläger unmittelbar angehörenden Kfz-Handels-unternehmen mit Sitz in C, B und S sind bei der Bestimmung seiner Antragsbefugnis dem gegenüber außen vor zu lassen. Der betroffene relevante Markt geht zwar über den Raum L hinaus, ist jedoch auf den oben genannten Bereich S-H, Sch, Ha und Ha Umland zu begrenzen. Nach ständiger Rechtsprechung wird der maßgebliche Markt i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG durch die Reichweite der Geschäftstätigkeit des angegriffenen werbenden Unternehmens bestimmt (BGH, Urt. v. 11. 7. 1996 -- I ZR 79/94, WRP 1996, 1034 = GRUR 1996, 804,805 = MDR 1997, 54 = NJW 1996, 3276 -- Preisrätselgewinnauslobung III; BGH, Urteil vom 19.06.1997 -- I ZR 72/95, WRP 1997, 1070, 1071 f = GRUR 1998, 170 = NJW-RR 1998, 111 - Herstellergarantie). Entscheidend für die Grenzen des Marktes ist die Attraktivität des Angebotes des Unternehmers und die Reichweite seiner Werbung. Für den Bereich des Autohandels bedeutet dies in der Regel, dass der Verbraucher sich bei seiner Entscheidung über den Kauf eines Autos auch von Zeitungsanzeigen ferner liegender Kraftfahrzeughändler beeinflussen lässt (BGH, Urteil vom 19.06.1997 -- I ZR 72/95, WRP 1997, 1070, 1071 f. = GRUR 1998, 170 = NJW-RR 1998, 111 -Herstellergarantie). "Ferner liegend" bedeutet allerdings jedenfalls im Falle eines Händlerverkaufs nicht das gesamte Bundesgebiet, sondern lediglich der weitere Umkreis des Händlers. Denn in der Regel sind die bei einem Neukauf zu erzielenden Vergünstigungen nicht derart attraktiv, dass sie einen Käufer zu einer mehrstündigen Fahrt bewegen könnten. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall deshalb, weil der streitbefangene Werbetext in ähnlicher Form von sämtlichen H-Händlern im Bundesgebiet verwandt wurde. Damit stach der Beklagte nicht gegenüber anderen H-Händlern hervor.

c) Mit der Vorlage seiner Mitgliederliste, der eidesstattlichen Erklärung einer Mitarbeiterin, wonach diese Liste der aktuellen Mitgliederkartei entstammen soll, sowie den entsprechenden Listen des Bundesverbandes freier Kraftfahrzeugimporteure und des A-Herstellers hat der Kläger auch alles erforderliche getan, um feststellen zu lassen, welche Gewerbetreibende dem Verfügungskläger angehören. Der vom Kläger dargelegte Mitgliederbestand bedurfte keiner weiteren Glaubhaftmachung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klagebefugnis des Verbandes eine rein materielle Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch darstellen würde. Zumindest das Erfordernis, dass dem klagenden Verband eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehören muss, die Waren oder gewerbliche Leistungen auf demselben Markt vertreiben, stellt jedoch eine prozessuale Grundvoraussetzung dar (BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, WRP 1996, 1153 = MDR 1997, 54 = NJW 1996, 3276, 3277 - Preisrätselgewinnauslobung III; BGH, Urteil vom 29.09.1994 -- I ZR 138/92, WRP 1995, 104, 105 = NJW 1995, 724 - Laienwerbung für Augenoptiker; Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/7345, S. 12, abgedr. in WRP 1994, 369, 378), die dem Freibeweis zugänglich ist. Die vom Kläger vorgelegte Liste mit seinen namentlich benannten Mitgliedern genügt danach seiner prozessualen Pflicht zur Darlegung derjenigen Tatsachen, die dem Gericht die Beurteilung seiner Klagebefugnis i.S.d. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG im Rahmen des Freibeweises ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.1995 -- I ZR 126/93, BGHZ 131, 90 = WRP 1996, 197, 198f. = GRUR 1996, 217 = MDR 1996, 276 - Anonymisierte Mitgliederliste; BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, WRP 1996, 1034 = GRUR 1996, 804 = MDR 1997, 54 = NJW 1996, 3276, 3277 - Preisrätselgewinnauslobung III; BGH Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 183/93, WRP 1996, 1153 = MDR 1997, 56 = NJW 1996, 3278, 3279 - Preisrätselgewinnauslobung IV).

d) Die Einwände des Verfügungsbeklagten gegen diese Liste sind nicht geeignet, die Schlüssigkeit der eidesstattlich versicherten Darlegungen des Verfügungsklägers zum Bestand seiner Mitglieder zu erschüttern. Das von dem Beklagten herangezogene Parallelverfahren, in dem eine nachträgliche Änderung der Mitgliederliste notwendig war, lässt nicht den Schluss zu, dass auch die vorliegende Mitgliederliste unvollständig ist. Dafür bestehen schon deshalb keine Anhaltspunkte, weil es sich dabei offenbar im Verhältnis zu den zahlreichen vom Verfügungskläger geführten Prozessen um einen Einzelfall gehandelt hat. Überdies hat der Verfügungskläger das fragliche Mitglied unmittelbar nach Kenntniserlangung von seiner Liste gelöscht, so dass zumindest aktuell keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vorgelegte Liste fehlerhaft ist. Indem der Kläger einmal jährlich Mitgliedsbeträge einzieht, führt er zudem eine regelmäßige Überprüfung seines Mitgliederbestandes durch. Einer größeren Regelmäßigkeit bedarf es nicht. Die Gefahr, dass Mitglieder unbemerkt ausscheiden, beschränkt sich auf Einzelfälle. Andere Fälle als der des angeführten Parallelverfahrens sind nicht bekannt; ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Klägers vom 30. Oktober 2001 (Bl. 166 ff. d.A.) bleiben Firmen selbst im Falle einer Insolvenz - gegebenenfalls unter neuer Firmierung - Mitglieder des Klägers. Das im Einzelfall mögliche Ausscheiden eines Mitgliedes lässt die Klagebefugnis des Klägers nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG jedoch nicht entfallen. Es kann auf die Mitgliedschaft einer erheblichen Anzahl von Gewerbetreibenden i.S.d. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in der Regel keinen Einfluss nehmen. Anhaltspunkte für darüber hinaus gehende Ungenauigkeiten der Mitgliederliste gibt es jedoch nicht und sind von dem Beklagten auch nicht dargelegt worden.

2. Es fehlt auch nicht an der nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderlichen finanziellen Ausstattung des Klägers. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei dem Kläger um einen anerkannten Gewerbeverband, der imstande ist, nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, WRP 1996, 1034 = GRUR 1996, 804 = MDR 1997, 54 = NJW 1996, 3276, 3277 - Preisrätselgewinnauslobung III; BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 183/93, WRP 1996, 1153 = MDR 1997, 56 = NJW 1996, 3278, 3279 - Preisrätselgewinnauslobung IV; BGH, Urt. v. 25.04.1996 - I ZR 82/94, WRP 1996, 1102 = NJW 1996, 3280, 3281 - Großimporteur). Deshalb spricht für die erforderliche Ausstattung bereits eine tatsächliche Vermutung: Bei einem Verband wie demjenigen des Klägers, der seit Jahren eine Vielzahl von Wettbewerbsprozessen führt und von den Gerichten als klagebefugt angesehen worden ist, ist anzunehmen, dass er gewerbliche Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt und dazu ausreichend ausgestattet ist (vgl. Baumbach/Hefermehl § 13 UWG Rn. 24 und 33 sowie Senatsurteile vom 26.11.1996 -6 U 32/96-, 14.5.1996 -6 U 11/96- und 10.06.1997 -6 U 25/97-, OLG-R Schleswig 1997, 391). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt - insbesondere deshalb nicht, weil die von ihm dargelegten Einnahmen des Klägers aus dem Jahr 1999 (Bl. 121 d.A.) nicht darauf hindeuten, dass der Kläger seine laufenden Kosten nicht aus Mitgliedsbeiträgen decken kann. Der Kläger besaß danach im Jahr 1999 Einnahmen in Höhe von 186.460,- DM aus Mitgliedsbeiträgen - und darüber hinaus 238.664,93 DM aus der Beitreibung von Ordnungsgeldern. Seitdem hat sich die Praxis seiner Beitreibung von Mitgliedsbeiträgen nicht geändert. Anhaltspunkte dafür, dass bei gleichbleibender Beitreibungspraxis eine Verringerung der Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen eintritt, hat der Beklagte nicht dargelegt. Er hat lediglich die Praxis an sich als unzureichend dargestellt. Deren Effektivität ist aber durch die im Jahre 1999 erzielten Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen gerade nicht widerlegt. Ein Übersteigen der Einnahmen aus Ordnungsgeldern gegenüber den Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen ist vorliegend für sich genommen ebenfalls kein Beleg für eine unzureichende finanzielle Abdeckung der laufenden Kosten aus Mitgliedsbeiträgen, da die Mitgliedsbeiträge bereits einen ausreichend hohen Betrag ausmachen. Die Höhe der im Jahr 1999 beigetriebenen Ordnungsgelder belegt lediglich, dass der Verfügungskläger die gewerbliche Interessen seiner Mitglieder intensiv wahrnimmt.

II. Der Verfügungsanspruch des Klägers auf Unterlassung der streitbefangenen Werbeaussage folgt aus § 7 Abs. 1 UWG.

Diese Regelung dient dem Unterbinden der Ankündigung und Durchführung unzulässiger Sonderveranstaltungen. Gemeint sind damit nach der Legaldefinition des § 7 UWG Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel, die außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfinden, der Beschleunigung des Warenabsatzes dienen, den Eindruck der Gewährung besonderer Verkaufvorteile hervorrufen und nicht lediglich einzelne, sich in den regelmäßigen Geschäftsbetrieb des Unternehmens einfügende Waren (Sonderangebote i.S.d. § 7 Abs. 2 UWG) betreffen. Ausschlaggebend ist der Eindruck, den die Veranstaltung nach ihrer werbemäßigen Ankündigung auf das Publikum macht (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 7 UWG Rn. 7, 15 und 19).

1. Die von dem Verfügungsbeklagten veranlasste Anzeige erweckt den Eindruck der Durchführung einer Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs. Anders als bei einem unzulässigen Räumungsverkauf nach § 8 Abs. 1 UWG ist es dafür nicht erforderlich, dass der Verfügungsbeklagte sämtliche Fahrzeuge zum Verkauf anbietet bzw. den Eindruck erweckt, dass er dies tue. Diesen Eindruck kann man der Anzeige auch nicht entnehmen, da die angekündigte Platzschaffung nicht gleichzusetzen ist mit einer kompletten Räumung der Verkaufsräume. Entscheidend für einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 UWG ist vielmehr, dass der Eindruck erweckt wird, dass nicht lediglich eine begrenzte Warenmenge im Sinne des § 7 Abs. 2 UWG ( "... einzelne nach Güte oder Preis gekennzeichnete Waren ...") zum Verkauf angeboten wird und dass dies insbesondere außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs zu erfolgen scheint. Eine Begrenzung des Angebotes auf einige bestimmte Wagen enthält die Werbeanzeige des Verfügungsbeklagten gerade nicht. Durch den Zusatz "z.B." lässt sie die Reichweite des Angebotes bewusst offen. Weiter erweckt die Ankündigung "Wir brauchen dringend Platz. Deshalb setzen wir unsere Modelle gnadenlos vor die Tür." auch den Eindruck einer über den normalen Geschäftsverkehr hinausgehende Besonderheit der Verkaufsveranstaltung. Sie erweckt den Eindruck eines größeren Platzbedarfes, als es im normalen Kraftfahrzeughandel der Fall ist. Der Beklagte wirbt mit einem "Vor-die-Tür-Setzen" "unserer Modelle". Dass es sich dabei nur um eine begrenzte Anzahl handelt, kann jedenfalls dem Zusatz "Mit Tageszulassung, null Kilometer und dickem Preisvorteil." nicht entnommen werden. Weder ist ersichtlich, dass nur wenige Modelle des Beklagten eine Tageszulassung haben noch scheint dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte im Falle eines jeden Kaufentschlusses eine Tageszulassung beantragen würde. Darin unterscheidet sich der Wortlaut auch von der vorhergehenden Anzeige eines anderen Händlers in derselben Zeitung. Während in dieser Anzeige ausdrücklich nur "Vorführwagen und Tageszulassungen zu sensationellen Preisen" angeboten werden, wirbt der Beklagte für "unsere Modelle" - "Mit Tageszulassung, null Kilometer und dickem Preisvorteil". Daraus ergibt sich nicht, dass der Preisvorteil auf der Tageszulassung einiger bereits zugelassener Fahrzeuge beruht. Allenfalls der Nachsatz am Ende der Anzeige "Fragen Sie nach unseren aktuellen 'Jungen Wilden' " schränkt den Umfang der Verkaufsveranstaltung etwas ein. Dies erfolgt jedoch nicht derart eindeutig, dass der Eindruck der Besonderheit der Verkaufsveranstaltung wieder relativiert wird. Der Bezeichnung "aktuell" ist nicht zu entnehmen, dass es sich nur um einige wenige Fahrzeuge des Beklagten handelt, die er vergünstigt zum Verkauf anbietet, und dass nicht bei entsprechender Forderung des Kunden jedes Modell mit Tageszulassung veräußert würde.

2. Durch die Verwendung der Wörter "dringend" und "gnadenlos" wird beim Publikum auch eine zur Beschleunigung des Warenumsatzes erwünschte nachhaltige Eile hervorgerufen. Dem Verbraucher wird suggeriert, dass er einen schnellen Kaufentschluss treffen muss, um in den Genuss der Vorteile des Platzbedarfes bei dem Verfügungsbeklagten zu gelangen.

3. Schließlich erweckt die Werbeanzeige auch den Eindruck, dem Käufer würden besondere Kaufvorteile durch die Verkaufsveranstaltung gewährt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem vorrübergehenden Charakter, den die Veranstaltung - wiederum aufgrund der Verwendung des Wortes "dringend" und "gnadenlos" - zu haben scheint. Ob diese Kaufvorteile tatsächlich gewährt werden, ist für das Vorliegen eines Anspruchs aus § 7 Abs. 1 UWG nicht entscheidend. Auch bei tatsächlicher Gewährung der in Aussicht gestellten Kaufvorteile kommt ein Unterlassungsanspruch aus § 7 Abs. 1 UWG in Betracht. Denn die Vorschrift dient nicht der Vermeidung einer Irreführungsgefahr der Verbraucher, sondern dem Schutz des Verbrauchers vor übermäßig unsachlicher Beeinflussung seiner wirtschaftlichen Entschließung (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 7 UWG Rn. 7 und 18). Eine solche Beeinflussung erfolgt bereits durch die Erweckung des Eindrucks, dass durch eine Sonderveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebes Kaufvorteile gewährt werden. Damit kann es für ein Eingreifen des Unterlassungsanspruches aus § 7 Abs. 1 UWG dahinstehen, ob sich die Verbraucher größere Vorteile von der Verkaufsaktion erhofft hatten, als tatsächlich gewährt wurden, oder ob die erwarteten Kaufvorteile eingetreten sind.

Das Verbot des § 7 Abs. 1 UWG erstreckt sich sowohl auf den Verkauf der Waren als auch auf die Ankündigung der Sonderveranstaltung (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 7 UWG Rn. 38), so dass die beanstandete Werbung dem Verfügungsbeklagten zu untersagen ist.

Der vom Verfügungsbeklagten begangene Wettbewerbsverstoß begründet die von ihm nicht widerlegte tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück