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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 06.06.2000
Aktenzeichen: 6 U 85/99
Rechtsgebiete: ZPO, MarkenG


Vorschriften:

ZPO § 148
MarkenG § 33 8
MarkenG § 50 I Nr. 3
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Markenrechtsstreit auszusetzen ist, wenn ein Löschungsverfahren anhängig ist.

SchlHOLG, 6. ZS, Urteil vom 06. Juni 2000, - 6 U 85/99 -,


6 U 85/99 15 O 76/99 LG Kiel

Verkündet am. 6. Juni 2000

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht Ortmann, Hanf und Dr. Krönert für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. November 1999 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Kiel - 15 O 76/99 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 145.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer beträgt 130.000 DM.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die eingetragene Wortmarke "CLEAN-CARD" für uncodierte Karten aus Kunststoff zur Reinigung von Karten- und Chipkarten-Lesegeräten. Die Beklagte hält dem Unterlassungs- und Schadensersatzbegehren der Klägerin einen Antrag auf Löschung der Marke beim deutschen Patent- und Markenamt entgegen und ist der Auffassung, die Eintragung sei rechtsmissbräuchlich zu Lasten der Beklagten bewirkt worden.

Die seit 1984 existierende Klägerin produziert und vertreibt Reinigungsmittel. Seit jedenfalls Ende 1994 gehören dazu auch Reinigungskarten für Kartenlesegeräte, die die Klägerin neuerdings mit "Clean Card" beschriftet. (vgl. Muster Anl. 4 zur Berufungserwiderung vom 17.04.2000). Die Klägerin ist Inhaberin bzw. Lizenznehmerin verschiedener eingetragener Marken, die zum Teil das englische Wort "clean" enthalten. So wurde für sie am 13. Dezember 1994 "clean-WARE" für Putz-, Polier- und Fettentfernungsmittel eingetragen (Anl. K 16, Bl. 100 d. A.). Für die beiden Söhne des Geschäftsführers der Komplementärn der Klägerin wurden aufgrund Anmeldung vom 21. Februar 1998 am 27. August 1998 die hier streitige Marke "CLEAN-CARD" (Anl. K 3 - K 5, Bl. 17 - 20 d. A.) sowie am 10. Mai 1999 aufgrund Anmeldung vom 24. März 1999 "CLEAN-GUARD- (Anl. K 5, Bl. 99 d. A.) eingetragen; der Klägerin wurde insoweit die Lizenz übertragen, für "CLEAN-CARD" durch schriftlichen Generallizenzvertrag vom 31. August 1998 (Anl. K 6, Bl. 21 - 31 d. A.).

Ende 1994 kam die Klägerin mit der Beklagten in geschäftlichen Kontakt. Die Klägerin machte der Beklagten am 16. Dezember 1994 ein Angebot für Reinigungskarten (Anl. B 6) und übersandte ihr am 17. Januar 1995 ein Muster (Anl. B 7). In ihren Prospekten bezeichnete die Klägerin die Karte als "Cleaning Card" und warb dort mit "DISKO = a clean revolution" (Anl. B 9).

Ob und in welchem Umfang es zur Lieferung von Karten der Klägerin an die Beklagte kam und wie sich die Beziehungen der Parteien 1995/96 entwickelten, ist auch nach einem entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung offen geblieben.

Die Beklagte, die heute von der schweizerischen Firma ECS AG (ECS Electronic Cleaning Solutions) hergestellte Reinigungskarten vertreibt und für diese Karten 1997 ein deutsches und ein internationales Patent angemeldet hat (Anl. B 3), will den Vertrieb Anfang 1997 aufgenommen haben. In ihrem Katalog "EDV-Zubehör" 1998 bewarb die Beklagte unter "Reinigungsprodukte" erstmals mit der Bezeichnung "Clean Carduniversal" eine Reinigungskarte zum Reinigen von Magnetköpfen und Chipkontakten in SB-Geräten (Anl. B 4).

Am 6. Januar 1999 beantragte die Klägerin eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung beim Landgericht Kiel, die am 25. März 1999 erlassen wurde (15 O 18/99). Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde das Verfügungsurteil des Landgerichts durch Versäumnisurteil des Senats vom 07. September 1999 geändert und der Verfü= gungsantrag vollständig zurückgewiesen (6 U 46/99); die Klägerin hatte die einstweilige Verfügung nicht vollzogen.

Am 20. Januar 1999 hat die Muttergesellschaft der Beklagten, die Siemens AG, beim deutschen Patent- und Markenamt hinsichtlich der Marke "CLEAN-CARD" einen Löschungsantrag gestellt, weil die Marke als rein beschreibend zu Unrecht eingetragen worden sei (Anl. B 1); über den Antrag, dem die Lizenzgeber widersprochen haben, ist noch nicht entschieden.

Am 25. Januar 1999 erhob die Beklagte beim LG München I Klage gegen die Klägerin mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass der Klägerin markenrechtliche Unterlassungsansprüche nicht zustehen. Gegen das am 18. Mai 1999 verkündete Feststellungsurteil (9 HKO 1360/99) legte die Klägerin Berufung ein. Das Berufungsverfahren ist, wie die Parteien dem Senat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt haben, nach wechselseitigen Erledigungserklärungen durch einen Kostenbeschluss beendet worden.

Die Klägerin leitet ihren Anspruch auf Unterlassung und Feststellung aus der ihr eingeräumten Lizenz für die eingetragene Marke ab und hat die Eintragung und den Lizenzerwerb als Konsequenz aus der ständigen Benutzung des Wortes "clean" für ihre Produkte, enthalten auch in ihrem Werbeslogan "a clean revolution", dargestellt.

Die Klägerin hat dazu behauptet, sie habe im März 1997 einen Vertrag mit der Firma AMIDA Nederland BV geschlossen, wonach diese Reinigungskarten für die Klägerin habe vertreiben sollen (Anl. K 12). Kontakte habe es bereits seit 1996 gegeben, dabei habe die Klägerin die Bezeichnung "Clean-Card" kreiert. Am 11. Juni 1997 sei "Clean-Card" für die AMIDA in Abstimmung mit der Klägerin für die Benelux-Länder beim dortigen Markenamt eingetragen worden (Anl. K 13).

Die von der Beklagten vertriebenen Karten seien bis zum Erscheinen des Katalogs 1998 der Beklagten schlicht "Reinigungskarten" genannt worden. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke "CLEAN-CARD" durch ihre Lizenzgeber am 21. Februar 1998 sei ihr, der Klägerin, nichts von Karten der Beklagten mit derselben Bezeichnung bekannt gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. der Beklagten aufzugeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Karten aus Kunststoff zur Reinigung von Karten-Lesegeräten mit der Bezeichnung "Clean-Card" herzustellen bzw. hilfsweise zu versehen, zu bewerben, zu verkaufen, zu vertreiben oder in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat - wie die Klägerin - im Hinblick auf den Löschungsantrag ihrer Muttergesellschaft die Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO beantragt.

Sie hat sich wegen der beim LG München I anhängigen negativen Feststellungsklage auf anderweitige Rechtshängigkeit berufen. Schließlich hat die Beklagte den Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben: Die Marke sei in Kenntnis der Klägerin von der Benutzung der Bezeichnung durch die Beklagte eingetragen worden, wobei sich die wirtschaftlich schwächere und weniger bekannte Klägerin an das Kennzeichen des weitaus bekannteren Unternehmens der Beklagten anhänge. Auf die rechtsmissbräuchlich erwirkte Eintragung könne sich die Klägerin nicht berufen.

Im Einzelnen hat die Beklagte dazu behauptet, sie habe eine Clean-Card" zunächst Anfang 1997 im Rahmen eines sogenannten Field-Tests auf den Markt gebracht. Mitte 1997 habe sie die "Clean-Card" vollständig in den Markt eingeführt. Der Katalog für 1998 sei bereits im Dezember 1997 bundesweit mit 34.900 Exemplaren vertrieben worden.

Das Landgericht hat durch sein am 18. November 1999 verkündetes Urteil den Anträgen der Klägerin überwiegend entsprochen; der Hauptantrag auf Unterlassung des Herstellens der Karten ist abgewiesen worden.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils nebst der darin in Bezug genommenen Schriftsätze und Anlagen verwiesen (Bl 138 - 140 d.A., wegen der Urteilsgründe auf Bl. 140 bis 143 d.A.

Gegen das ihr am 03. Dezember 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31. Dezember 1999 Berufung eingelegt und diese am 29. Februar 2000 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist am 04. Januar 2000 antragsgemäß bis zu jenem Zeitpunkt verlängert worden war.

Die Beklagte stützt sich auf ihr bisheriges Vorbringen, vertieft es und behauptet unter Beweisantritt, der Vorstandsvorsitzende der ECS AG habe zur Jahreswende 1996/97 die Bezeichnung "Clean-Card" entworfen. Die ECS AG habe in der ersten Hälfte des Jahres 1997 sodann eine Serie von Clean-Produkten entworfen (Prospekt Anl. B 17 und Bl. 214 ff. d. A.; Anl. B 18). Ein Grafiker Schäfer habe im April/Mai 1997 in ihrem, der Beklagten Auftrag die "Clean-Card" entworfen (Anl. B 15 u. 16). Mitte 1997 sei der Prospekt der ECS (Anl. B 18) in englisch, französisch und deutsch mit einer Auflage von jeweils 3000 Stück gedruckt und an Banken in der Schweiz sowie an Wiederverkäufer in Frankreich, England und Deutschland verteilt worden. Im Oktober 1997 habe die Firma ECS AG 75000 Stück "Clean-Cards" auf den Markt gebracht. Im Herbst 1997 sei die von der Beklagten vertriebene Karte von einer Firma Omrom auf der Fachmesse "Electronica" vorgestellt worden, die auch von dem Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin besucht worden sei. Um die Jahreswende 1997/98 habe dieser in Gesprächen mit dem Einkaufsgruppenleiter Lücking der Beklagten und dem Geschäftsführer einer Firma RTS, Raith, diese Firma habe die Karten im Programm gehabt - spätestens Kenntnis davon erhalten, dass die Beklagte die Bezeichnung "Clean-Card" verwendet habe.

Die Beklagte beantragt, nachdem der Senat den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Vorabentscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits, dem die Beklagte widersprochen hat, zurückgewiesen hat (Sitzungsniederschrift vom 09. Mai 2000, Bl. 212 f. d. A.), das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage vollends abzuweisen und erhebt Gegenvorstellung gegen die Zurückweisung des Aussetzungsantrags.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie stützt sich vertiefend auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28. Februar 2000 (Bl. 161 - 173 d. A.) nebst Anlagen, die Berufungserwiderung vom 17. April 2000 (Bl. 179 - 188 d. A.) nebst Anlagen sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 28. April 2000 (Bl. 189 - 211 d. A.) Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte erklärt, deshalb keinen Antrag auf Eintragung der Marke "Clean-Card" zu ihren Gunsten gestellt zu haben, weil sie nicht mit der Eintragungsfähigkeit dieser Wortfolge gerechnet habe.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Eine Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 148 ZPO kommt nicht in Betracht (I.).

Die Klägerin hat einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus den §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 Nr. 1, 2,4 und 5, § 4 MarkenG i. V. m. dem Generallizenzvertrag vom 31. August 1998 (II.).

Der Klägerin steht ferner ein Schadensersatzanspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG zu (III.).

I. Eine Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 148 ZPO wegen des beim

deutschen Patent- und Markenamtes seit Anfang 1999 anhängigen Löschungsverfahrens gem. § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG ist weder zwingend noch angebracht.

Richtig ist zwar, dass die Löschung der Eintragung den Untergang des Markenrechts ex tunc auf den Zeitpunkt der Eintragung der Marke bewirkt; die konstitutiven Wirkungen der Eintragung gelten als von Anfang an nicht eingetreten (Fezer, Anm. 1 a.E. zu § 50 und Anm. 7 zu § 52 MarkenG). Sollte die Marke also gelöscht werden, könnte die Klägerin einen möglichen Unterlassungstitel gegen die Beklagte nicht mehr durchsetzen. Die Beklagte müsste sich ggf. mit der Vollstreckungsgegenklage wehren.

Im Hinblick auf diese Konsequenzen einer Löschung ist deswegen durchaus in Schutzrechtsverletzungsprozessen zu überlegen, ob das Verfahren nicht bis zur Entscheidung im Löschungsverfahren auszusetzen ist (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Rzn. 20 u. 21 zu Kapt. 48 m. w. N.). Eine Aussetzung ist aber erst dann zulässig, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die im Schutzrechtsverletzungsverfahren als Vorfrage zu beurteilende Nichtigkeit des Schutzrechts, hier der Marke, besteht (Stein/Jonas/Roth, 21. Aufl., Rz. 24 zu § 148 ZPO m. w. N., insbesondere mit Hinweis auf BGH GRUR 87, 284). Das Grundsätzlich hinsichtlich einer Aussetzung auszuübende Ermessen kann auch auf eine zwingende Aussetzung reduziert sein, wenn die Löschung auf der Hand liegen würde. Auf der anderen Seite muss im Auge behalten werden, dass der Schutzrechtsinhaber, hier die Klägerin, jedenfalls solange einen Anspruch auf Unterlassung hat, wie die Marke eingetragen ist. Es muss vermieden werden, dass berechtigte Ansprüche des Schutzrechtsinhabers allein dadurch zunächst nicht durchgesetzt werden können, dass der Verletzer ein Löschungsverfahren anstrengt.

Vor diesem Hintergrund ist eine Aussetzung weder zwingend noch angezeigt, denn der Ausgang des Löschungsverfahrens ist nach Auffassung des Senats offen.

Gegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Löschung spricht, dass die Lizenzgeber der Klägerin am 21. Februar 1998 zeitgleich die Begriffe "Cleaning-Card" und "CLEAN-CARD" zur Eintragung angemeldet haben. Während die Marke "CLEAN-CARD" eingetragen worden ist, hat das deutsche Patent- und Markenamt am 01. September 1998 die Eintragung der Marke "Cleaning-Card" zurückgewiesen, weil es sich dabei um einen rein beschreibenden Begriff handele (Beschluss Bl. 88-91 d. A.). Deshalb steht kaum zu erwarten, dass das Deutsche Patent- und Markenamt bei einer erneuten Prüfung die Löschung veranlassen wird.

Etwas anderes könnte sich allerdings in einem möglichen Rechtsbehelfsverfahren der Beklagten gegen eine negative Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts ergeben. Für die rechtliche Einordnung des Begriffs ""CLEAN-CARD" als rein beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 MarkenG gibt es durchaus Anhaltspunkte. Ein relevanter Unterschied zu dem Begriff "Cleaning-Card" besteht nicht. Ob die Bezeichnung nach der englischen Grammatik richtig oder falsch ist, kann eigentlich nicht ausschlaggebend sein, zumal sich die deutschen Verkehrskreise darüber auch kaum Gedanken machen werden. "CLEAN-CARD" wird man genauso wie "Cleaning-Card" mit "Reinigungskarte" übersetzen, wenn diese Übersetzung auch nicht wörtlich richtig ist. Dass die Entscheidung über die Löschung aber letztlich offen ist, zeigen die von beiden Parteien zitierten Entscheidungen. So benennt die Beklagte zahlreiche Fälle, in denen beschreibende fremdsprachliche Begriffe als für die betreffende Waren- oder Dienstleistungsklasse als nur beschreibend und damit nicht schutzfähig angesehen worden sind (Bl. 105 - 110 d. A. sowie Anl. B 13 zur Berufungsbegründung). Danach ist etwa "Lady Line" für Damenschuhwaren schutzunfähig (BPatGE 30, 227), ebenso "Switch" für alle Waren, die irgendetwas mit Schaltern zu tun haben können (BPatG, Entscheidung vom 09.03.1990 - 24 W (pat) 371/88). "Ironman Triathlon" für Turn- und Sportartikel ist ebenso schutzunfähig (BPatGE 33, 12) wie "Computer Associates" für Computerprogramme (BPatG, Mitt. 1994, 20). Gerade auch Begriffe in der Zusammensetzung mit "Clean" sind vom mankenrechtlichen Schutz ausgenommen worden ("Videoclean" für Reiniger für Magnetköpfe in Audio-, Video-, Hifi- und Tonbandgeräten; "Easyclean" für Waren des Reinigungsmittelsektors; "Laser Clean" für Reinigungsmittel für Kunststoffe; "Car-Clean" für Autoreinigung). Andererseits nennt die Klägerin eingetragene Marken, die den Begriff "Card" enthalten (Bl. 180/181 d. A. und Anl. 1 zur Berufungserwiderung). So sind etwa die Begriffe "FITNESSCARD", "powercard", "DOPPELCARD" und "DUALCARD" als schutzfähige Bezeichnungen für die Klassen 03 (Putz-, Polier-, Fett-Entfernungs-Schleifmittel) und 37 (Installationsarbeiten) eingetragen worden. Nicht zuletzt ist die Klägerin selbst eingetragene Markeninhaberin der Marke "clean WARE" für Reinigungsmittel.

Danach besteht zwar eine gewisse, aber noch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Löschung, so dass unter Beachtung der Ansprüche der Klägerin, solange die Marke eingetragen ist, für die Aussetzung des Rechtsstreits kein Raum bleibt.

II. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.

1. Soweit die Beklagte diesem Anspruch einen Löschungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 22 MarkenG wegen älterer Rechte entgegenhält, ist das unbeachtlich. Die Beklagte kann insoweit, wie aufgrund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch unstreitig geworden ist, nicht einmal Verkehrsgeltung für den Begriff für sich in Anspruch nehmen.

2. Die Beklagte kann dem Unterlassungsanspruch entgegen ihrer Auffassung auch nicht entgegenhalten, dass die Anmeldung der Marke durch die Lizenzgeber der Klägerin oder das Geltendmachen des Unterlassungsanspruchs gestützt auf die eingetragene Marke, sittenwidrig sind.

Zwar kann die Anmeldung einer Marke unter gewissen Umständen sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG sein (vgl. BGH GRUR 98, 412 - Analgin -; GRUR 86, 74 - Shamrock III -; OLG Karlsruhe GRUR 97, 373; OLG München WRP 96, 1057 und GRUR 90, 43). In der soweit ersichtlich neuesten Entscheidung des BGH dazu (WRP 98, 978, 981 - Makalu -) heißt es, dass ein außermarkenrechtlicher Löschungsanspruch gegeben sein könne, wenn auf seiten des Markeninhabers besondere Umstände vorliegen, die die Erwirkung der Markeneintragung als sittenwidrig im Sinne der Vorschriften des § 1 UWG oder des § 826 BGB erscheinen ließen. Derartige Umstände könnten darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Marke habe eintragen lassen. Auch kann etwa die Erwirkung eines markenrechtlichen Schutzes für eine Vielzahl von Bezeichnungen, die in weiten Bereichen der vom Wettbewerber für seine Produkte bisher benutzten Bezeichnung identisch oder verwechselbar entsprechen, die Absicht vermutet werden, den Wettbewerber mit den so gekennzeichneten Produkten vom deutschen Markt fernzuhalten (OLG Karlsruhe, a. a. O.). Schließlich kann auch die Absicht, bei den Verbrauchern den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, bestimmte Produkte stammten aus dem Bereich eines Wettbewerbers, zu einer markenrechtlich relevanten Sittenwidrigkeit führen. Dass kann insbesondere dann gelten, wenn ein wirtschaftlich schwächeres und wenig bekanntes Unternehmen ein Kennzeichen wählt, das mit demjenigen übereinstimmt, das sich ein marktbeherrschendes Unternehmen für seine Waren und Dienstleistungen gewählt hat (BGH GRUR 97, 754, 756 - Grau/Magenta -).

Dass vor dem Hintergrund dieser Ausführungen die im Februar 1998 herbeigeführte Eintragung der Marke anstößig gewesen ist, vermag der Senat bereits auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts nicht zu erkennen.

Die Klägerin befand sich bereits seit langem mit Reinigungskarten auf dem deutschen Markt, bevor die Eintragung der Marke von ihren Lizenzgebern beantragt wurde. Schon Ende 1994/Anfang 1995 vertrieb sie an die Beklagte Reinigungskarten. Die Beklagte hatte damals noch keine anderen Bezugsquellen geschweige denn Karten mit der Bezeichnung "CLEAN CARD" auf den Markt gebracht. Die Klägerin benutzte seinerzeit in ihren Prospekten bereits den Begriff "Cleaning Card". Dabei setzte sie auf der Titelseite den Wortbestandteil "clean" optisch von dem Rest des Begriffes ab. Das Wort "clean" war zudem seinerzeit bereits Bestandteil des Werbeslogans der Klägerin "a clean revolution". Demgegenüber hat die Beklagte nach ihrer Behauptung erstmals Anfang 1997 eine als "Clean Card" bezeichnete Reinigungskarte der ECS AG testweise eingesetzt, also zu einer Zeit, als die Klägerin den Begriff "clean" bereits jahrelang für ihre Produktpalette benutzte. Die Beklagte hat auch, wenn man ihre Behauptungen betreffend die Zeit ab 1997 als wahr unterstellt, keine eigene schützenwerte Rechtsposition erlangt. Verkehrsgeltung ist für die Bezeichnung wie oben ausgeführt nicht entstanden. Die Beklagte behauptet auch nicht, sie selbst sei ab 1997 auf dem Markt aktiv geworden, und der Verkehr habe deshalb die Reinigungskarte mit ihr in Verbindung gebracht. Mögliche schützenwerte Rechtspositionen der ECS AG kann die Beklagte der Klägerin in diesem Rechtsstreit nicht entgegenhalten.

Etwas anderes gilt auch nicht, Wenn es zutrifft, dass der Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin zur Jahreswende 1997/98 in Gesprächen erfahren haben soll, dass die Beklagte eine von der ECS AG hergestellte Reinigungskarte als "Clean Card" vertreibt. Für ein "Anhängen" an die geschäftlichen Tätigkeiten der Beklagten oder für die Ausnutzung einer bekannten, mit der Beklagten als großem Unternehmen in Verbindung gebrachten Bezeichnung fehlen insoweit Anhaltspunkte. Beide Parteien standen sich spätestens 1998 als Wettbewerber auf dem deutschen Markt für Reinigungskarten gegenüber. Das allein konnte die Klägerin nicht daran hindern, den Begriff der "Clean Card" rechtlich schützen zu lassen. Es ist ein Merkmal des Wettbewerbs, dass sich ein Wettbewerber rechtlich gegenüber einem Mitbewerber absichert. Für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit bzw. der unlauteren Vorteilserlangung im Wettbewerb muss vor dem Hintergrund der oben zitierten Entscheidungen der absichtliche Eingriff in eine bereits bestehende rechtlich schützenswerte Position des Konkurrenten vorliegen. Daran fehlt es hier. Die Klägerin, die über eine längere Tradition in der Verwendung des Wortes "clean" verfügte, ist der Beklagten mit der Eintragung zuvorgekommen, die die Beklagte deshalb unterließ, weil sie die Schutzfähigkeit bezweifelte.

Hinzukommt, dass es nicht ausreicht, wenn die Klägerin in der Person des Geschäftsführers ihrer Komplementärin von der Benutzung des Begriffs durch die Beklagte bei dem Eintragungsantrag Kenntnis gehabt hätte, denn die Klägerin ist lediglich Lizenznehmerin, aber nicht Markenrechtsinhaberin. Ihre Lizenzgeber haben die Marke schützen lassen. Dass und wann sie Kenntnis von der Benutzung durch die Beklagte erlangt haben, trägt diese nicht vor. Allenfalls steht die unausgesprochene Vermutung im Raum, dass den Lizenzgebern als Söhnen des Geschäftsführers der Komplementärin der Klägerin dessen Wissen kaum verborgen geblieben sein kann. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anmeldung der Marke durch die Söhne und die anschließende Übertragung der Lizenz auf die Klägerin deshalb gewählt worden ist, um möglichen Ansprüchen der Beklagten begegnen zu können. Denn die Klägerin und ihre Lizenzgeber haben die Rechtsanmeldung auch in anderen Fällen unterschiedlich gehandhabt: Die Klägerin ist zum Teil eingetragene Rechtsinhaberin, zum Teil Lizenznehmerin.

Letztlich spricht auch nicht die Tatsache, dass die Klägerin der Beklagten die Markenrechte zum Kauf angeboten hat, für ein sittenwidriges Handeln der Lizenzgeber der Klägerin durch die Anmeldung der Marke. Die Klägerin hat in Übereinstimmung mit den Markeninhabern der Beklagten die Rechte erst am 17. Februar 1999 zum Erwerb angeboten (Anl. B 10). Ein Zusammenhang mit der Anmeldung der Marke im Februar 1998 ist nicht erkennbar. Es liegt vielmehr nahe, dass der Entschluss zum Veräußerungsangebot aus den damals bereits geführten Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien resultierte (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 06. Januar 1999, negative Feststellungsklage der Beklagten am 25. Januar 1999).

III. Hinsichtlich der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vom Unterlassungstenor erfassten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, ist die Klage aus § 14 Abs. 6 MarkenG begründet. Die Beklagte begeht die Verletzungshandlungen jedenfalls fahrlässig. Berufungsangriffe gegen den Schadensersatzanspruch fehlen.

Dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2000 gestellten Antrag auf Schriftsatznachlaß ist nicht zu entsprechen, da in der Verhandlung keine neuen streitigen Tatsachen vorgebracht worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Wert der Beschwer ist gemäß § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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