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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 11.07.2000
Aktenzeichen: 6 U Kart 78/99
Rechtsgebiete: UWG, GWB


Vorschriften:

UWG § 1
GWB § 33
GWB § 20 Abs. 4
GWB § 20 Abs. 5
Eine Kommune darf den Verkauf von Grundstücken nicht mit der Verpflichtung koppeln, daß die Fernwärme von einem in der Form des Privatrechts betrieben Energieträger bezogen wird, an dem sie mehrheitlich beteiligt ist.

SchlHOLG, 6. ZS, Urteil vom 11. Juli 2000, - 6 U Kart 78/99 -


14 O Kart 125/99 Landgericht Kiel

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U Kart 78/99

Verkündet am: 11. Juli 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

Gemeinde ... vertreten durch den Bürgermeister ....

Beklagte und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... in Schleswig -

gegen

...

Kläger und Berufungsbeklagter,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ... in Schleswig -

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2000 durch den ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. November 1999 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel (14 O Kart 125/99) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung von 100.000 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer wird auf über 60.000 DM festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger vertritt satzungsgemäß die wettbewerblichen Interessen seiner Mitglieder, der Brennstoff- und Mineralölhändler Norddeutschlands (§ 2 Abs. 2 der Satzung vom 01.01.1993 - Blatt 30 ff -). Mit der vorliegenden Klage wendet er sich gegen eine behauptete Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition seiner Mitgliedsunternehmen auf dem Markt für Energieversorgungsleistungen im Gebiet der Gemeinde B... und begehrt Unterlassung und Beseitigung der behaupteten Beeinträchtigung.

Die Beklagte ist Trägerin der Bauleitplanung nach dem Baugesetzbuch im Gebiet der Gemeinde (ca. 3.300 Einwohner). Sie hat unter Einbringung öffentlicher Haushaltsmittel zusammen mit der H GmbH die Gas- und Wärmedienst GmbH (im Folgenden ... GmbH) gegründet, die unter der Adresse des Rathauses firmiert und das Gebiet der Gemeinde - einschließlich der dortigen Neubaugebiete - mit Erdgas versorgt. 60 % des Stammkapitals der GWB GmbH von 1,4 Millionen DM hält die Beklagte. Die GWB GmbH betreibt ein im Oktober 1998 eingeweihtes, auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung beruhendes gasbetriebenes Blockheizkraftwerk für das Neubaugebiet ... in der Gemeinde . Die Errichtung dieses Blockheizkraftwerkes, dessen Bau in dem für das Neubaugebiet aufgestellten Bebauungsplan Nr. 11 vorgesehen war, kostete rund eine Million DM.

Die Beklagte ist Eigentümerin von Baugrundstücken im Bereich des Bebauungsplans Nr. 11. Sie hat in der Vergangenheit Baugrundstücke an private Erwerber verkauft. Alle Erwerber mußten dabei eine privatrechtliche Verpflichtung zum Anschluß- und zur Benutzung der Fernwärme der GWB-GmbH eingehen, diese Verpflichtung dinglich durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit absichern und an etwaige Rechtsnachfolger weitergeben. Die Verpflichtung ist mit einer Vertragsstrafe sanktioniert. Im Einzelnen lautet die Bestimmung in den Kaufverträgen wie folgt:

"Der Käufer verpflichtet sich, den Energiebedarf für Raumheizung und Warmwasserbereitung in dem auf dem Grundstück zu errichtenden Wohngebäude ausschließlich durch das im Bebauungsplan Nr. 11 vorgesehene Blockheizkraftwerk (Gas- und Wärmedienst GmbH) zu decken. Die Gemeinde kann Ausnahmen genehmigen. Der Käufer verpflichtet sich darüber hinaus, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit .. in das ... Grundbuch eintragen zu lassen."

Die Beklagte machte zudem die Vergabe von Erschließungsarbeiten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 11 davon abhängig, dass der Erschließungsträger die ihm (bzw. seinem Geschäftsführer oder seinen Gesellschaftern) gehörenden Grundstücke in dem Neubaugebiet nur mit einer entsprechenden privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungsverpflichtung hinsichtlich der Fernwärme der GWB-GmbH verkauft und dies dinglich absichert (vgl. Blatt 102).

Der Kläger hat geltend gemacht:

Durch den privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang beim Verkauf der gemeindeeigenen Grundstücke und bei der Vergabe von Erschließungsaufträgen werde die Wettbewerbsposition seiner Mitgliedsunternehmen auf dem Markt für Energieversorgungsleistungen im Gebiet der Gemeinde unlauter beeinträchtigt. Die Beklagte beeinflusse den Wettbewerb auf diesem Markt in erheblicher und unzulässiger Weise dadurch, dass sie die ihr zukommende öffentlich-rechtliche Stellung und die Möglichkeiten der öffentlichen Hand dazu mißbrauche, die Nachfrage der Bauplatzerwerber in den Neubaugebieten der Gemeinde von vornherein gezielt auf das im Mehrbesitz der Beklagten stehende Fernwärmeversorgungsunternehmen zu lenken. Durch den kombinierten Einsatz ihrer öffentlichen Mittel zum Grundstückserwerb und zur gezielten Ausweisung von Neubaugebieten sowie ihrer Monopolstellung bei der Entscheidung über die Vergabe von Erschließungsaufträgen habe sie nahezu alle Bauplätze in dem von dem Bebauungsplan Nr. 11 erfaßten Neubaugebiet der Gemeinde einem privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwärmeversorgung der GWB-GmbH unterworfen. Die Hälfte der insgesamt ca. 100 Wohneinheiten des vom Bebauungsplan Nr. 11 erfaßten Neubaugebietes stünden im kommunalen Eigentum, die anderen knapp 50 % der Wohneinheiten gehörten der Erschließungsträgerin, der Firma GmbH bzw. deren Geschäftsführer oder Gesellschafter. Ein Wettbewerb zwischen den lokalen Anbietern von fossilen Brennstoffen und der GWB-GmbH um die Nachfrage nach Energieversorgungsleistungen in dem vom Bebauungsplan Nr. 11 erfaßten Neubaugebiet - dem mit Abstand größten auf dem Gemeindegebiet - finde daher praktisch von vornherein nicht mehr statt. Die Beklagte lasse auch faktisch keine Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zu, soweit fossile Brennstoffe betroffen seien. Sie habe ein massives wirtschaftliches Eigeninteresse an der Förderung der örtlichen Fernwärmeversorgung in ihrem Gemeindegebiet, weil sie durch den Einsatz ihrer Haushaltsmittel bei der Gründung der GWB-GmbH sowie durch den Bau eines Blockheizkraftwerkes freiwillig ein erhebliches wirtschaftliches Risiko eingegangen sei. Wenn sich dieses Projekt rentabel führen lasse, plane sie die Errichtung weiterer Blockheizkraftwerke.

Der Kläger hat beantragt,

- wie im landgerichtlichen Urteil erkannt -

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht:

Von den insgesamt im Gemeindegebiet vorhandenen 80 Baugrundstücken stünden lediglich 26 Baugrundstücke in ihrem Eigentum. Die Koppelung zwischen Grundstücksverkauf und Fernwärmebezug bei der GWB GmbH stelle keinen gezielten Eingriff in den Wettbewerb dar, da sie durch sachlich übergeordnete kommunale Gesichtspunkte geboten sei. Die Belange des Klima- und Umweltschutzes geböten es, dass bei der von ihr - der Beklagten - geförderten Schaffung von Neubaugebieten der Zuwachs umweltschädlicher Emmissionen auf ein Minimum zu reduzieren sei. Die Vermehrung von Hausanschlüssen an ein ohnehin in Betrieb befindliches Heizkraftwerk verursache geringere Emmissionen als die Errichtung individueller Brennstellen in jedem neu errichteten Gebäude. Zudem liege es im kommunalen Interesse, dass das Heizkraftwerk rentabel arbeite. Dies sei aber nur dann gewährleistet, wenn genügend Abnehmer für die Fernwärme vorhanden seien. Die Wettbewerbsbeschränkung sei mithin nicht Ergebnis eines gezielten Eingriffs in den Wettbewerb, sondern lediglich eine Nebenfolge der Durchsetzung kommunaler Belange.

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe nebst aller darin enthaltenen Verweisungen auf den Parteivortrag verwiesen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Beseitigung verurteilt (§§ 1, 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG, §§ 33, 20 Abs. 4 und 5 GWB n. F.).

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und dazu im wesentlichen ausgeführt:

Mit der Einführung des privaten Anschluss- und Benutzungszwanges verfolge sie nicht die Absicht, den Wettbewerb der GWB-GmbH zu Lasten der Mineralölhändler zu fördern. Sie wolle vielmehr damit einen lokalen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten. Dass dadurch Marktchancen des Mineralölhändels beeinflusst werden könnten, sei als unvermeidliche Nebenwirkung hinzunehmen. Ein Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der Fernwärme könnte im Übrigen auch öffentlich-rechtlich über § 17 Abs. 2 der Schleswig-Holsteinischen Gemeindeordnung oder aber - indirekt - über § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB durchgesetzt werden. Angesichts dieser hoheitlichen Gestaltungsmöglichkeiten bestünde mit Blick auf die prinzipielle Freiheit der Formwahl kein Zweifel daran, daß die Kommunen auch mit zivilrechtlichen Mitteln der hier in Rede stehenden Art die energie- und klimapolitisch gebotene Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung vornehmen dürften. Der Weg nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB sei inzwischen beschritten worden. Die Gemeindevertretung der Gemeinde habe in der Sitzung vom 4. April 2000 folgende Änderung des Bebauungsplanes Nr. 11 beschlossen (Bl. 274 ff.):

"Im Geltungsbereich des Bebauungsplanes mit Ausnahme der für die Errichtung des Blockheizkraftwerkes vorgesehenen Fläche - ... - ist die Verwendung von festen, flüssigen und gasförmigen Brennstoffen, insbesondere Heizöl, Kohle und Erdgas zur Raumheizung und Warmwasserbereitung nicht zulässig. Zulässig ist die Verwendung von Holz als Brennstoff in offenen Kaminen und Kaminöfen, welche eine anderweitige Raumheizung nicht generell ersetzen.

Es ist sicherzustellen, dass eine Fernwärmeversorgung zur Raumheizung und Warmwasserbereitung ermöglicht wird."

Mit dieser nunmehr öffentlich-rechtlich geregelten Verpflichtung der Grundeigentümer, Heizöl nicht zu verwenden, sei der Rechtsstreit erledigt.

Der Bürgermeister der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend erklärt:

28 Neubaugrundstücke gehörten der Gemeinde. Diese habe die Grundstücke käuflich erworben von dem Landwirt, der die übrigen Grundstücke an den Erschließungsträger verkauft habe. Am Weiterverkauf der Grundstücke hätte die Gemeinde nichts verdient. Die Gemeinde nehme den Klimaschutz ernst, sie habe schon vorher andere klimaschützende Maßnahmen ergriffen. Ein Blockheizkraftwerk benötige mindestens 90 Anschlüsse, besser 130, um wirtschaftlich zu arbeiten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger macht geltend:

Das Landgericht habe die Beklagte zu Recht antragsgemäß zur Unterlassung und zur Folgenbeseitigung verurteilt. Sie könne zur Rechtfertigung ihres Verhaltens weder auf technisch-naturwissenschaftliche Vorzüge ihres Versorgungskonzepts noch auf Absichten zugunsten des globalen Klimaschutzes verweisen. Die Verfolgung solcher Absichten fiele auch im Übrigen nicht in ihren Kompetenzbereich und könnte ohnehin den vom Landgericht zu Recht festgestellten Verstoß gegen allgemeingültiges Wettbewerbs- und Kartellrecht nicht ungeschehen machen. Durch den Gemeindebeschluss vom 4. April 2000 habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache keineswegs erledigt. Die Festsetzung von Verwendungsverboten nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB könne nur bodenrechtlich, nicht mit Erwägungen des Klimaschutzes begründet werden.

Wegen des weiteren umfangreichen Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst aller Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte einerseits zur Unterlassung (I) und andererseits zur Folgenbeseitigung (II) verurteilt.

I. Der Unterlassungsanspruch des gemäß den §§ 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG, 33 Satz 2 GWB klagebefugten Klägers ergibt sich zum einen aus § 1 UWG (1.) und zum anderen aus den §§ 33 Satz 1, 20 Abs. 4 und 5 GWB (§§ 35, 26 Abs. 4 und 5 a. F. GWB).

1. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG liegen vor.

a) Die Beklagte handelt durch die angegriffenen Verletzungshandlungen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs dann vor, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, und der Handelnde dabei subjektiv in der Absicht tätig wird, eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines Anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (BGH GRUR 1989, 430 - Krankenhaustransportbestellung -). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die den Käufern der dem Erschließungsträger oder der Beklagten gehörenden Grundstücke des Neubaugebiets auferlegte Verpflichtung, ihre Häuser mit Fernwärme zu beheizen, ist objektiv geeignet, den Absatz des Blockheizkraftwerkes der Firma GWB-GmbH zum Nachteil der Mitglieder des Klägers zu fördern. Das entspricht auch der Absicht der Beklagten. Sie will andere "Wärmelieferanten" vom Markt fernhalten, damit das Blockheizkraftwerk rentabel betrieben werden kann. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist aber nur bei einer entsprechend hohen Zahl an Endabnehmern möglich, wie der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat. Die Absicht, die Wettbewerbsstellung der GWB-GmbH zu fördern, tritt auch nicht völlig hinter die klima- und umweltpolitische Zielsetzung der Beklagten zurück. Die Behinderung der Wettbewerbschancen anderer Energielieferanten ist aus der Sicht der Beklagten vielmehr ein notwendiger Zwischenschritt, nicht etwa nur "ein gegenüber dem in der Hauptsache verfolgten Zweck des Klimaschutzes völlig untergeordneter Gesichtspunkt, der sich als Begleiterscheinung notwendigerweise einstellt" (so Koch/Ewer/Raabe, Rechtsgutachten, S. 56 - hinterer Aktendeckel -). Dass die Beklagte selbst - trotz ihrer Gesellschaftsanteile an der GWB-GmbH - nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu den Mineralölhändlern steht, ist bei einem auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichteten Verhalten - wie hier - unerheblich; ausreichend ist das - hier unzweifelhaft vorliegende - Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten und dem benachteiligten Unternehmen (BGH a. a. O.).

b) Die Beklagte hat mit der unmittelbaren Vereinbarung bzw. der "Weiterleitung" eines privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwangs auch gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen.

aa) Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil die Wettbewerbswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Behinderungswettbewerbs angenommen. Die dauerhafte Bindung der Erschließungsträger und der Grundstückserwerber sowie deren Rechtsnachfolger an die GWB-GmbH sei kein Resultat ihrer eigenen unternehmerischen Leistung, sondern allein das Ergebnis der gezielten Förderung ihrer gewerblichen Tätigkeit als Wärmeversorger durch die Beklagte. Diese mache von ihren besonderen Möglichkeiten zum günstigen Grundstückserwerb und Weiterverkauf Gebrauch und verschließe durch die Verbindung von Kauf- und Versorgungsverträgen den Markt für Wärmeversorgung für potentielle Konkurrenten. Diese als wettbewerbswidrig einzustufende Behinderung des freien Leistungswettbewerbes sei Folge eines bewußten und gewollten Wettbewerbsverstoßes, nicht bloß notwendige und ungewollte Folge ihres wettbewerblich relevanten Handelns in Form des Grundstücksverkaufs. Dieser Eingriff, der den Bestand des Leistungswettbewerbs für Energieversorgungsleistungen ernsthaft gefährde, sei auch nicht durch die Verfolgung etwaiger öffentlicher Interessen zu rechtfertigen. Darüber hinaus ergebe sich die Wettbewerbswidrigkeit des Handelns der Beklagten auch aus ihrer Sonderstellung als Trägerin öffentlich-rechtlicher Gewalt und der damit einhergehenden besonderen Bindung an die Grundrechte. Der Eingriff in die Wettbewerbsverhältnisse zu Lasten der lokalen Anbieter fossiler Brennstoffe stelle einen Eingriff in deren Gewerbe- und Berufsausübungsfreiheit dar. Die staatliche Einflußnahme durch die Beklagte sei nicht geboten und daher wettbewerbswidrig.

Schließlich - so das Landgericht weiter - stelle die Kopplung von Grundstücksverkauf und privatrechtlichem Anschluss- und Benutzungszwang einen Boykott dar.

bb) Die Beklagte tritt dem unter Bezugnahme auf das eingereichte Rechtsgutachten (Koch/Ewer/Raabe) entgegen: Die Motivationslage der Gemeinde sei unzutreffend akzentuiert, da der privatrechtliche Anschluss- und Benutzungszwang Teil einer planerischen Gesamtkonzeption sei. Außerdem erfolge die Veräußerung von Baugrundstücken nicht zu dem Zweck, die Stellung des Fernwärmeversorgungsunternehmens im Wettbewerb zu stärken (S. 65 des Gutachtens). Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde stelle sich als bloße Hilfstätigkeit zur öffentlichen Aufgabenerfüllung, Förderung des Klimaschutzes, dar. Daraus folge weder ein Interessenkonflikt noch ein Mißbrauch amtlicher Autorität (Seiten 67 ff des Gutachtens). Durch das Verhalten der Beklagten würde auch der Bestand eines anerkannten Berufsstandes nicht bedroht, noch liege mangels Eingriffs, jedenfalls aber wegen der legitimen Wahrnehmung öffentlicher Interessen eine Grundrechtsverletzung vor (S. 84 ff. des Gutachtens). Auch ein Boykottaufruf der Beklagten sei nicht anzunehmen, da es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Fallgruppe fehle (S. 96 ff. des Gutachtens).

cc) Die Klägerin ist unter Bezugnahme auf das von ihr eingereichte Rechtsgutachten vom 18. April 1997 (Fezer, Bl. 43 ff. d. A.) der Auffassung, dass die Kopplung des Grundstückserwerbs mit einer Anschluss- und Abnahmeverpflichtung hinsichtlich eines bestimmten Energieträgers eine mißbräuchliche Ausnutzung der Monopolstellung der Gemeinden als Anbieter der Grundstücke in einem Neubaugebiet darstelle (S. 28 des Gutachtens). Aus dem Sozialstaatsprinzip folge, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des Staates in Konkurrenz zu privaten Unternehmen im öffentlichen Interesse liegen und von einem berechtigten Interesse der Allgemeinheit getragen sein müsse. Daher dürfe der Wettbewerb der Gemeinde den Bestand des privat-rechtlich strukturierten Marktes der Energieversorgung gerade im regionalen Wettbewerb nicht gefährden (S. 25 ff. des Gutachtens). Die Kopplung von Grundstückserwerb und Anschluss- und Benutzungszwang stelle eine mißbräuchliche Ausnutzung der Monopolstellung der Gemeinden dar (S. 28 des Gutachtens). Darüber hinaus müsse die öffentliche Hand, soweit sie öffentlich-rechtliche Belange im Allgemeininteresse an einer bestimmten Art der Energieversorgung verfolge, dies mit dem ihr zustehenden öffentlich-rechtlichen Instrumentarium tun, zumindest auf dem Gebiet der erwerbswirtschaftlichen Betätigung (Seiten 28 ff., 31 ff. des Gutachtens). Dies folge zwingend aus dem Subsidiaritätsprinzip, so daß die Gemeinde von ihrer öffentlich-rechtlichen Satzungsgewalt Gebrauch machen müsse. Der Übergang der Gemeinden von der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Satzungsgewalt auf das Gebiet der privatrechtlichen Vertragsgestaltung stelle eine rechtlich unzulässige Umgehung der öffentlich-rechtlichen Bindungen der öffentlichen Hand dar (Seiten 30 ff. des Gutachtens).

dd) Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Auffassung, dass das beanstandete Verhalten der Beklagten (Verkauf gemeindeeigener und dem Erschließungsträger gehörender Grundstücke nur bei Übernahme einer privatrechtlichen Verpflichtung zum Fernwärmebezug) gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt, weil die Beklagte mit diesem Verhalten unter Ausnutzung ihrer öffentlich-rechtlichen Vorteile den Leistungswettbewerb zu Lasten der Mineralölhändler ausschließt.

Grundsätzlich sind die Kommunen allerdings nicht gehindert, sich privatrechtlich wirtschaftlich zu betätigen (BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I - GRUR 1991, 381, 333 - Kfz-Schilder - ). Weder das UWG noch das Grundgesetz enthalten eine wirtschaftspolitische Entscheidung für oder gegen die Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb (Baumbach/Hefermehl, UWG, 21. Aufl., § 1 RdNrn. 914, 931; Piper, GRUR 1986, 574, 575). Die öffentliche Hand ist jedoch nach allgemeiner Ansicht in der Frage der Art und Weise der wirtschaftlichen Betätigung jedenfalls den Verhaltensregeln des UWG sowie den vom Grundgesetz gezogenen Grenzen unterworfen, soweit sie sich auf der Ebene der Gleichordnung am Wettbewerb beteiligt und damit in eine Konkurrenzsituation zu Privaten tritt (BGH GRUR 1982, 425, 430 - Brillen - Selbstabgabestellen - m. w. N.; Piper, a. a. O.). Die Verfolgung öffentlicher Zwecke gibt ihr dabei grundsätzlich keine Sonderstellung (BGH GRUR 1074, 733, - Schilderverkauf; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 231; Baumbach/Hefermehl, a. a. O., RdNr. 928). Sie darf sich, solange keine gesetzlichen Ausnahmen bestehen, damit nur der Wettbewerbsmittel bedienen, die auch ihren privaten Mitbewerbern offenstehen (OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 231; Baumbach/Hefermehl, a. a. O., RdNr. 928 m. w. N.), wobei eine Wettbewerbshandlung, die einem privaten Mitbewerber gestattet ist, bei der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlichen Hand im Einzelfall sogar unzulässig sein kann (Piper, a. a. O., 576 m. w. N.; Baumbach/Hefermehl, a. a. O., RdNr. 930).

Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsprechung von verschiedenen Fallgruppen geprägt, die im wesentlichen durch den mißbräuchlichen Einsatz der der öffentlichen Hand aufgrund ihrer Sonderstellung zur Verfügung stehenden Machtmittel gekennzeichnet sind. Dazu gehören die Fälle des Mißbrauchs hoheitlicher Machtstellung und amtlicher Autorität, Vertrauensmißbrauch, Behinderungswettbewerb, Nutzbarmachung amtlicher Beziehungen zum Wettbewerb, unlautere Preisunterbietung sowie mißbräuchliche Ausnutzung einer öffentlich-rechtlichen Monopolstellung (vgl. dazu Piper a. a. O., 578; Senat WRP 1995, 971 "Gewerbliche Zimmervermittlung":

Im Vordergrund steht dabei die Teilnahme der öffentlichen Hand am privaten Wirtschaftsverkehr unter Mißbrauch der amtlichen Autorität oder der staatlichen Machtmittel zur Förderung des Wettbewerbs öffentlicher Unternehmen, um diesen einen unzulässigen Vorsprung vor ihren privaten Mitbewerbern zu verschaffen (BGH GRUR 1974, 733, 734 - Schilderverkauf; GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I). Dabei ist es der öffentlichen Hand und speziell den Kommunen nicht verwehrt, auf die ihr zur Verfügung stehenden - auch finanziellen - Mittel, soweit nicht Rechtsvorschriften entgegenstehen, in dem erforderlichen Umfang und in angemessener Weise zurückzugreifen. Eine dadurch hervorgerufene Benachteiligung des Wettbewerbs von Mitbewerbern folgt aus der grundsätzlichen Zulässigkeit des Wettbewerbs der öffentlichen Hand und muss dementsprechend auch wettbewerbsrechtlich grundsätzlich hingenommen werden. Erforderlich ist daher regelmäßig das Hinzutreten weiterer Umstände (BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I).

Eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand kann im Falle kollidierender Interessen auch dann zulässig sein, wenn sich die wirtschaftliche Betätigung als bloße Hilfstätigkeit der öffentlichen Verwaltung bei der Erfüllung amtlicher Aufgaben darstellt und daher den privaten Interessen nach der gebotenen Abwägung ausnahmsweise weniger Gewicht zukommt als den öffentlichen; nur dann haben wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die Verbindung einer wirtschaftlichen Betätigung mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zurückzutreten (BGH GRUR 1974, 733, 735 - Schilderverkauf; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1996, 231). Jedoch gilt auch dies wiederum nicht uneingeschränkt. Zum einen hat die öffentliche Hand in solchen Fällen das jeweils schonendste Mittel zu wählen, das einerseits den zu wahrenden öffentlichen Interessen genügt, andererseits aber auch die Belange des privaten Gewerbes so wenig wie möglich beeinträchtigt (BGH GRUR 1974, 733, 735 - Schilderverkauf). So ist es der öffentlichen Hand jedenfalls verwehrt, über das sachlich Gebotene und verfassungsrechtlich Zulässige hinaus in den Bereich der privaten beruflichen Tätigkeit Dritter zu deren Nachteil einzugreifen (BGH GRUR 1982, 425, 429 - Brillen - Selbstabgabestellen). Zum anderen ist es jedenfalls unlauter und daher mit § 1 UWG unvereinbar, wenn die öffentliche Hand durch die Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit an die Grundlagen der Existenz eines vorhandenen und nach Herkunft und Gesetz anerkannten selbstständigen Berufsstands rührt und dadurch die Gefahr einer Ausschaltung des Leistungswettbewerbs herbeiführt (BGH GRUR 1982, 425, 430 - Brillen - Selbstabgabestellen; OLG Karlsruhe a. a. O.; OLG Köln, GRUR 1991, 381, 383 - Kfz-Schilder).

Vor diesem Hintergrund ist die von der Beklagten an die Veräußerung von Grundstücken gekoppelte Vereinbarung eines privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwangs wettbewerbswidrig.

Die Förderung fremden Wettbewerbs, hier der GWB-GmbH am Markt für Wärmeerzeugung, durch die Vereinbarung bzw. Weitergabe eines privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwangs ist als solche allerdings nicht bereits unzulässig. Denn der beklagten Gemeinde steht es grundsätzlich frei, sich unmittelbar und mittelbar über eine Beteiligung an der GWB-GmbH am Wettbewerb zu beteiligen. In der Kopplung von Grundstücksverkäufen und vertraglicher Bindung an die GWB-GmbH liegt jedoch, wie schon das Landgericht angenommen hat, eine Behinderung des freien Leistungswettbewerbs unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs der hoheitlichen Sonderstellung der Beklagten:

Die GWB-GmbH als "Begünstigte" erzielt ohne echte eigene Leistung Vorteile am Markt. Sie hat sich durch die zwangsweise Verpflichtung der Grundstückserwerber zur Abnahme der von ihr angebotenen Leistungen weder einem Preis- noch einem Leistungsvergleich mit den Anbietern fossiler Brennstoffe zu stellen, sowie die Nachfrager auf der Marktgegenseite ihrerseits keine auf einem Leistungsvergleich beruhende Wahl zwischen verschiedenen Heizsystemen und Energieträgern haben. Diese vorteilhafte Stellung kann die Beklagte der GWB-GmbH nur deshalb verschaffen, weil sie aus ihrem öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich her entscheidende Vorteile hat, über die kein Privatmann verfügt:

- Sie kann als Trägerin der Bauleitplanung gezielt Neubaugebiete auf kommunalen oder für sie verfügbaren Grundstücken ausweisen,

- sie kann durch die Vergabe von Erschließungsleistungen auch Einfluß auf die den Erschließungsträgern gehörenden Grundstücke nehmen,

- sie kann Grundstücke - eventuell durch staatliche Förderprogramme - günstig kaufen und verkaufen,

- sie hat Kontakte zu bauwilligen Käuferinnen und Käufern (Wartelisten!),

- sie muss schließlich keinen Gewinn erzielen.

Die Beklagte darf, wenn sie privatrechtlich erwerbswirtschaftlich handelt, ihre Sonderrolle aus der öffentlichen Aufgabe als Vorteil jedenfalls dann nicht mitnehmen, wenn die Ausnutzung dieser Vorteile - wie hier - zum Ausschluss des Leistungswettbewerbs zum Nachteil anderer privater Wettbewerber führt. Die Ausschaltung des Leistungswettbewerbs durch erwerbswirtschaftliches Verhalten der öffentlichen Hand unter Ausnutzung von speziellen, nur den Kommunen vorbehaltenen Vorteilen, ist nach Auffassung des Senats grundsätzlich unzulässig. Die wettbewerbsrechtlich zu mißbilligende Verknüpfung zwischen Kaufverträgen über gemeindeeigene und den Erschließungsträgern gehörende Grundstücke unter Vereinbarung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für ein Heizkraftwerk und der Vereinbarung eines Anschluss- und Benutzungzwangs zugunsten eines Fernwärmewerks läßt sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Stärkung der GWB-GmbH über die Konstruktion eines privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungzwangs sei lediglich "Hilfstätigkeit" zur öffentlichen Aufgabenerfüllung der Beklagten. Die von ihr bezweckte Förderung der Fernwärme ist nicht als "Hilfstätigkeit" im Zusammenhang mit einer amtlichen Aufgabe der Beklagten anzusehen. Anders als beispielsweise bei der Kennzeichenzuteilung im Zusammenhang mit der Kfz-Zulassung (BGH GRUR 1974, 733 ff. - Schilderverkauf) fehlt es hier an einer der Gemeinde als Trägerin hoheitlicher Gewalt zugewiesenen öffentlichen Aufgabenerfüllung und - Kompetenz. Weder Klimaschutz noch Energie- bzw. Wärmeversorgung sind Aufgaben der Daseinsvorsorge der Kommune, wenngleich sie nicht zuletzt wegen Artikel 20 a GG bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu beachten sind, ohne aber eine eigene Regelungskompetenz zu gewähren.

Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte auch für den Fall, dass sie gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB ein Verwendungsverbot für fossile Brennstoffe in den Bebauungsplan eingearbeitet hätte, für eine anderweitige sichere Versorgung mit Heizenergie hätte Sorge tragen müssen. Von dieser Möglichkeit will sie nunmehr - wie der Beschluss der Gemeindevertretung vom 4. April 2000 (Bl. 274) zeigt, offenbar Gebrauch machen.

Im vorliegenden Fall ist aber nicht die öffentlich-rechtliche Festsetzung zu beurteilen und demgemäß auch keine Erledigung des Rechtsstreits gegeben. Soweit die Beklagte den Wettbewerbern auf der Ebene der Gleichordnung am Markt gegenübertritt, kann sie sich nicht auf ihr grundsätzlich zustehende hoheitliche Befugnisse, im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnisses, berufen. Dies hätte nämlich in letzter Konsequenz zur Folge, dass sich die öffentliche Hand im Ergebnis doch der Anwendung des UWG dauerhaft entziehen könnte, soweit sie zumindest die Möglichkeit zur öffentlich-rechtlichen Regelung hätte, wobei vorliegend zweifelhaft ist, ob eine entsprechend bauplanungsrechtliche Nutzungsbeschränkung gemäß § 9 Abs. 1 Nr 23 BauGB zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesemmissionsschutzgesetzes einer verwaltungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde. Es spricht vieles dafür, dass eine solche Nutzungsbeschränkung nur mit bodenrechtlichen Erwägungen begründet werden kann.

Die Ausschaltung des Leistungswettbewerbs durch das privatrechtliche erwerbswirtschaftliche Verhalten der Beklagten unter Ausnutzung von speziellen, nur ihr vorbehaltenen Vorteilen, verstößt nach alledem gegen die guten Sitten im Wettbewerb im Sinne von § 1 UWG. Ob daneben auch die Fallgruppe des Boykottaufrufs gegeben ist, dürfte eher zweifelhaft sein. Würde man den Abschluss der jeweiligen Kaufverträge nebst Vereinbarung eines privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwanges so werten, wäre auch jeder Bier- oder Tanklieferungsvertrag mit einer Ausschließlichkeitsbindung als Boykottaufruf im Sinne von § 1 UWG unwirksam. Die vom Landgericht herangezogenen Zitate sind alle den Kommentierungen zu § 26 Abs. 2 GWB a. F. entnommen. Diese Vorschrift setzt aber voraus, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen solche Ausschließlichkeitsbindungen vereinbart. Für eine Marktbeherrschung durch die Beklagte liegt hier aber nichts vor.

2. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist auch nach den §§ 33, 20 Abs. 4 und 5 GWB (früher §§ 26 Abs. 4 und 5, 35 GWB) begründet. Danach dürfen Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht diese nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Über das Merkmal der Unbilligkeit laufen die kartellrechtlichen Vorschriften mit der wettbewerbsrechtlichen Vorschrift des § 1 UWG jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung parallel. Für die Beurteilung, ob eine Wettbewerbsbehinderung unbillig ist, ist nämlich eine Interessenabwägung zu treffen, und zwar unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB (Immenga/Mestmäcker/Markert, Kartellgesetz, 2. Auflage, § 26 RdNr. 372). Die dafür erforderlichen Erwägungen sind im Ergebnis dieselben, die oben für die Begründung eines unbilligen sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs im Sinne von § 1 UWG herangezogen worden sind (vgl. BGHZ 96, 337, 351; BGH GRUR 1989, 603, 606).

II. Auch der Beseitigungsanspruch ist gemäß § 1 UWG begründet.

§ 1 UWG umfaßt auch die Pflicht zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes, der auf einem Verhalten des Störers beruht, ohne dass es nötig ist, § 1004 BGB als Anspruchsnorm heranzuziehen (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., UWG Einleitung RdNr. 307). Voraussetzung für den Beseitigungsanspruch ist ein fortdauernder Störungszustand. Es muss ein Zustand geschaffen sein, der sich für den Verletzten als eine sich ständig erneuernde und fortwährende Quelle der Schädigung darstellt (Baumbach/Hefermehl, a. a. O. RdNr. 310). So liegt der Fall hier. Die Käufer der Grundstücke (der Beklagten und des Erschließungsträgers) müssen aufgrund des in ihrem Kaufvertrag geregelten Anschluss- und Benutzungszwangs laufend bei der GWB-GmbH Fernwärme beziehen. Der Störungszustand (zu Lasten der Mitglieder des Klägers) dauert also fort. Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, die Fortwirkung des Störungszustandes (§ 1004 Abs. 2 BGB) hinzunehmen. Brauchte der Betroffene die Herbeiführung der Beeinträchtigung nicht zu dulden, so wird er gewöhnlich auch die Aufrechterhaltung des Störungszustandes, die eine Quelle weiterer Beeinträchtigung bildet, nicht zu dulden haben (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., RdNr. 311). Als Maßnahme der Folgenbeseitigung muss die Beklagte daher ihren Käufern anbieten, sie aus der vertraglichen Verpflichtung zum Fernwärmebezug zu entlassen und in die Löschung einer etwa eingetragenen Dienstbarkeit einzuwilligen. Ob die Beklagte auch auf die Verträge der Grundstückskäufer mit der GWB-GmbH dergestalt Einfluß nehmen kann, dass die Kunden der GWB-GmbH aus ihren möglicherweise langfristigen Lieferverträgen entlassen werden, muss der Senat nicht entscheiden. Der Beseitigungsantrag geht (nur) dahin, den privatrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang, der in den Verträgen zwischen den Käufern und der Beklagten bzw. dem Erschließungsträger vereinbart ist, zu beseitigen. Alles andere bleibt dann den Käufern und der GWB-GmbH überlassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Entscheidung über die Beschwerfestsetzung beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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