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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: 6 W 34/00
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 93
UWG § 1
UWG § 7 I
UWG § 8 I
UWG § 8 III
Verstößt ein Wettbewerber gegen eine von ihm abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung, dann kann er unverzüglich auf Unterlassung verklagt oder mit einer einstweiligen Verfügung belegt werden.

SchlHOLG, 6. ZS, Beschluss vom 07. November 2000, - 6 W 34/00 -


Beschluss

6 W 34/00 6 O 37/00 Landgericht Flensburg

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

1. Firma D KG, vertreten durch die Komplementärin, diese vertreten durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer

2. Herrn

Verfügungsbeklagte, Antragsgegner und Beschwerdeführer,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Vaagt, Dr. Scheel, Momme, Dr. Grib und Berner, Südermarkt 7, 24937 Flensburg -

gegen

Z

Verfügungskläger, Antragsteller und Beschwerdegegner,

- Verfahrenbevollmächtigte: Rechtsanwälte Brock Müller Ziegenbein Partnerschaft, Südermarkt 9, 24937 Flensburg -

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 1. August 2000 gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 7. Juli 2000 (6 O 37/00) durch die Richter am Oberlandesgericht und am 7. November 2000 beschlossen:

Tenor:

1. Wegen offenbarer Unrichtigkeit wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 7. Juli 2000 im Urteilsausspruch wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.

2. Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegner nach einem Beschwerdewert von 4.000 DM zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragsgegner wenden sich gegen die im Urteil des Landgerichts Flensburg vom 07.07.2000 getroffene Kostenentscheidung.

Im September 1999 warb die Antragsgegnerin zu 1) in einem Werbeprospekt mit "WIR BAUEN UM - SONDERANGEBOTE - ALLES SOLL RAUS!"

anläßlich des Umbaus ihrer Filiale in M ohne entsprechende Ankündigung bei der zuständigen amtlichen Berufsvertretung von Handel, Handwerk und Industrie. Auf die Abmahnung des Antragstellers, eines Verbandes im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, gab die Antragsgegnerin zu 1) gegenüber dem Antragsteller am 20. September 1999 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Anfang März 2000 verteilte die Antragsgegnerin zu 1) eine im Kern identische Werbung wegen des Umbaus ihrer Filiale in W. Auch diesmal hatte sie den Räumungsverkauf der zuständigen amtlichen Berufsvertretung von Handel, Handwerk und Industrie in Regensburg nicht angezeigt.

Der Antragsteller hat deswegen ohne vorherige erneute Abmahnung mit Schriftsatz vom 8. März 2000 beim Landgericht Flensburg um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und am 09. März 2000 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der den Antragsgegnern die Unterlassung der beanstandeten Werbung aufgegeben worden ist. Mit dem Beschluss wurden den Antragsgegnern die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 28. März 2000 haben die Antragsgegner gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch erhoben mit dem Hinweis auf eine gegenüber dem Antragsteller nunmehr abgegebene, mit dem Verfügungstenor gleichlautende Unterlassungserklärung. Die Beteiligten haben daraufhin in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2000 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Die Antragsgegner haben vorgetragen, sie wären einer erneuten Abmahnung durch den Antragsteller gefolgt, ohne dass es eines gerichtlichen Verfahrens bedurft hätte. Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, eine erneute Abmahnung nach einem identischen Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung sei ihm nicht zumutbar gewesen.

Durch Urteil vom 7. Juli 2000 hat das Landgericht Flensburg entschieden:

"Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits."

Gegen die den Antragsgegnern am 19. Juli 2000 zugestellte Entscheidung haben deren Verfahrensbevollmächtigte "namens der Antragstellerin" mit Schriftsatz vom 01.08.2000, beim Landgericht eingegangen am 2. August 2000, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 9. August 2000, eingegangen am 10. August 2000, begründet.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 7. Juli 2000 ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91 a Abs. 2 Satz 1, 567 ZPO statthaft, auch wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung um ein Urteil handelt.

Den Antragsgegnern dürfen aus einem fehlerhaften Verfahren keine Nachteile erwachsen. Ihnen steht daher nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auch das Rechtsmittel zu, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben wäre (vgl. Zöller-Schneider, ZPO, 21. Auflage, vor § 511 RdNr. 29). Das Landgericht hätte hier über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahren nach übereinstimmender Erledigungserklärung durch die Beteiligten nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheiden müssen. Denn bei dem von den Antragsgegnern eingelegten Rechtsmittel handelte es sich nicht um einen sogenannten Kostenwiderspruch (vgl. Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, § 25 UWG RdNr. 73, 74), sondern um einen Unterwerfungswiderspruch. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass eine dem Unterlassungstenor der einstweiligen Verfügung entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, Vollwiderspruch gegen die einstweiligen Verfügung eingelegt und in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die abgegebene Unterlassungserklärung der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird (vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O., § 25 UWG RdNr. 76). So liegt der Fall hier. Mit Schriftsatz vom 28.03.2000 haben die Verfahrenbevollmächtigten der Antragsgegner uneingeschränkt Widerspruch eingelegt und im Hinblick auf die abgegebene Unterlassungserklärung angekündigt, sich der zu erwartenden Erledigungserklärung des Antragstellers anzuschließen. Infolge der in der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2000 dann tatsächlich erfolgten übereinstimmenden Erledigungserklärung wäre daher über die Kosten nach § 91 a ZPO durch Beschluss zu entscheiden gewesen, gegen den die sofortige Beschwerde statthaft ist.

Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch entgegen der Formulierung in der Beschwerdeschrift vom 01.08.2000 für die Antragsgegner und nicht für die Antragstellerin eingelegt worden. In diesem Sinne ist die von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner vorgenommene Prozesserklärung auszulegen. Denn nach dem unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände zu ermittelnden objektiven Erklärungswert der Prozesshandlung sollte die Beschwerde "namens der Antragsgegner" eingelegt werden.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers konnte die Beschwerdebegründung auch noch nach Ablauf der Frist des § 577 Abs. 2 ZPO eingereicht werden, da zu den Formerfordernissen der Beschwerde weder Antrag noch Begründung gehören (vgl. Zöller/Schneider a. a. O., § 577 RdNr. 17 und § 569 RdNr. 8).

2.

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Entscheidung des Landgerichts ist allerdings wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen.

Soweit das Landgericht im Tenor und in den Gründen die Kosten nur "der Beklagten", also der Antragsgegnerin zu 1), auferlegt hat, beruht dies offensichtlich auf einem Irrtum des Gerichts, für dessen eingeschränkte Kostenentscheidung es ansonsten keine Erklärung geben würde. Bereits in der einstweiligen Verfügung hatte das Gericht beiden Antragsgegnern die Kosten auferlegt. Es ist nicht ersichtlich, warum das Gericht, das nach Einlegung des Widerspruchs nur noch über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu entscheiden hatte, daran etwas hätte ändern sollen, insbesondere im Hinblick auf eine geänderte Kostenverteilung zwischen den Antragsgegnern selbst. Hätte das Landgericht eine entsprechende Kostenentscheidung wirklich gewollt, wären dazu entsprechende Ausführungen in den Gründen zu erwarten gewesen, die jedoch fehlen. Für einen offensichtlichen Irrtum, also eine Abweichung zwischen Gewolltem und Erklärtem, spricht außerdem, dass das Rubrum des Urteils beide Antragsgegner nennt.

Für die Berichtigung ist das mit der Sache befaßte Rechtsmittelgericht ebenfalls zuständig (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 319 RdNr. 22 m. w. N.).

b) Die Überprüfungsmöglichkeit des Rechtsmittelgerichts richtet sich bei Anwendung des Grundsatzes der Meistbegünstigung nach dem bei fehlerfreier Entscheidung richtigen Rechtsbehelf. Danach hat das Landgericht die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 a ZPO zu Recht den Antragsgegnern auferlegt. Dies entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes.

Ohne Erledigung der Hauptsache wären die Antragsgegner voraussichtlich in dem Rechtsstreit unterlegen gewesen. Denn der Antragsteller hat einen Verstoß gegen §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 UWG glaubhaft gemacht.

Der Werbeprospekt der Antragsgegnerin zu 1) anläßlich des Umbaus der Filiale in W im März 2000 verstieß gegen § 1 UWG, da die Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs lag, der Beschleunigung des Warenabsatzes diente und den Eindruck besonderer Kaufvorteile hervorrief. Die Werbung ließ nach der Verkehrsanschauung den Eindruck entstehen, es handele sich um einen Räumungsverkauf mit dem Ziel des unbedingten Absatzes sämtlicher Waren. Dabei war eine Bezeichnung als "Räumungsverkauf" nicht erforderlich, weil auch eine Werbung mit Sonderangeboten den Eindruck eines Räumungsverkaufs erwecken kann. Davon ist hier auszugehen. Denn die Worte "Wir bauen um" sind drucktechnisch besonders hervorgehoben worden. Sie fallen durch die Größe der Buchstaben und die rote Farbe ins Auge. Bereits die Erwähnung des Umbaus als Grund wies daher auf einen Räumungsverkauf hin. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abs. 3 UWG für einen zulässigen Räumungsverkauf lagen aber nicht vor.

Der Antragsteller konnte die Unterlassung der Werbung sowohl von der Antragsgegnerin zu 1) als auch vom Antragsgegner zu 2) verlangen. Die Antragsgegnerin zu 1) haftet selbst als Betriebsinhaberin für Wettbewerbsverstöße durch Angestellte gemäß §§ 7 Abs. 1, 8, 13 Abs. 4 UWG, §§ 124, 161 Abs. 2 HGB (vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O., § 13 UWG, RdNr. 70) bzw. für Handlungen ihrer Organe analog § 31 BGB (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., § 13 RdNr. 71). Der Antragsgegner zu 2) haftet als Störer persönlich auf Unterlassung, da er den Wettbewerbsverstoß der Antragsgegnerin zu 1) durch ein Handeln oder ein pflichtwidriges Unterlassen willentlich und adäquat-kausal bewirkt hat. Als gesetzlicher Vertreter der Komplementärin der Antragsgegnerin zu 1) haftet er insbesondere auch dann, wenn er einen im Betrieb des Unternehmens von einer anderen Person begangenen Wettbewerbsverstoß trotz Kenntnis nicht verhindert hat, obwohl er dazu in der Lage war (vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O., Einleitung UWG RdNr. 327, 329). Dafür, dass die Werbung ohne Kenntnis des Antragsgegners zu 2) erfolgte, bestehen aber keine Anhaltspunkte. Da eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Verpflichteter aufgrund des Wesens von Unterlassungsansprüchen grundsätzlich nicht in Betracht kommt, haftet jeder Schuldner selbstständig (Baumbach/Hefermehl, a. a. O. Einleitung UWG RdNr. 327 e).

Auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO greift hier nicht ein. Zwar kann grundsätzlich auf diesen Rechtsgedanken im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO zurückgegriffen werden. Die Abgabe der dem Verfügungstenor entsprechenden Unterlassungserklärung in Verbindung mit der Ankündigung, sich der zu erwartenden Erledigungserklärung anschließen zu wollen, ist mit der in § 93 ZPO geregelten Fallkonstellation ohne weiteres vergleichbar. Die Antragsgegner haben aber Veranlassung zur Stellung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben.

Grundsätzlich gibt im Wettbewerbsrecht zwar nur derjenige Veranlassung zur Klage bzw. zur Stellung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der auf eine Abmahnung nicht oder negativ reagiert. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zur Frage, wann ein Ausnahmefall vorliegt, gibt es eine umfangreiche kasuistische Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, die in ihrer Begründung vielschichtig und nicht einheitlich ist (vgl. zu Nachweisen: Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 60 RdNr. 5). Im Wesentlichen werden in der Rechtsprechung allerdings zwei Kriterien genannt, die für die Beurteilung der Entbehrlichkeit einer Abmahnung herangezogen werden: Die vorauszusehende Erfolglosigkeit und die Unzumutbarkeit einer vorherigen Abmahnung (vgl.: Gloy, a. a. O.; Großkommentar-Krefft, vor § 13 RdNr. 85 f. und 92 f.; Teplitzky; Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl. 1997, RdNr. 23 f. und 28 f. zu Kapitel 41). Die für die Beurteilung der Erfolglosigkeit einer Abmahnung zu treffende Prognoseentscheidung ist aus der Sicht des Verletzten zum Zeitpunkt der beanstandeten Wettbewerbshandlung zu betrachten.

Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass die Antragsgegnerin zu 1) bereits im September 1999 wegen eines im Kern identischen Verstoßes anläßlich des Umbaus ihrer Filiale in M eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, gegen die sie mit der Werbung für ihre Filiale in W erneut verstieß. Es stellt sich daher die Frage, ob der Antragsteller verpflichtet war, eine erneute Abmahnung mit dem Ziel auszusprechen, eine Unterlassungserklärung mit erhöhtem Vertragsstrafeversprechen zu erlangen. Soweit dies von einzelnen Stimmen in Literatur und Rechtsprechung gefordert wird (vgl. OLG Köln NJW-RR 1987, S. 1448; Großkommentar-Krefft, vor § 13 UWG, C, RdNr. 108), folgt der Senat dem nicht. Dass die Wiederholungsgefahr dadurch beseitigt werden kann, dass der Verletzer sich erneut mit deutlich höherem Strafversprechen dem Unterlassungsbegehren unterwirft, gibt nämlich nichts für die Annahme her, der Verletzte sei auch verpflichtet, von dieser Möglichkeit vor Erhebung einer Klage oder Stellung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Gebrauch zu machen (vgl. Teplitzky a. a. O., Kapitel 41 RdNr. 37). Eine solche Auffassung würde vielmehr die weitere Frage aufwerfen, nach wievielen im Kern identischen Verstößen der Verletzte nicht mehr verpflichtet sein soll, den Verletzer vorher abzumahnen. Warum neben dem erneuten Verstoß zusätzlich noch weitere besondere Umstände vorliegen müssen (so OLG Köln, a. a. O.), um eine erneute Abmahnung als nicht mehr erforderlich erscheinen zu lassen, erschließt sich dem Senat nicht. Insbesondere gibt es keinen Grund, bei einem erneuten Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dem Verletzten die mit einem Prozesskostenrisiko verbundene Bewertung aufzubürden, ob zusätzliche besondere Umstände, die eine erneute Abmahnung entbehrlich machen, vorliegen oder nicht. Außerdem würde in einem solchen Fall der Wert der ursprünglich abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung erheblich gemindert. Denn deren Wert soll nur in zweiter Linie darin bestehen, dass der Verletzer bei einem erneuten Verstoß die Vertragsstrafe verwirkt. Ihre vornehmliche Bedeutung liegt dagegen darin, den Verletzer von einem erneuten Verstoß überhaupt abzuhalten. Diese Wirkung wird erheblich gemindert, wenn der Verletzer auch bei einem erneuten, identischen Verstoß grundsätzlich damit rechnen darf, noch einmal abgemahnt zu werden, so dass er den erneuten Verstoß ohne Prozessrisiko begehen kann.

Der Zweck der Abmahnung, den Verletzer auf sein wettbewerbswidriges Verhalten aufmerksam zu machen, verlangt ebenfalls keine erneute Abmahnung. Denn bei Vorliegen eines identischen Wettbewerbsverstoßes kennt der Verletzer das Unrecht seines Handelns.

Eine erneute Abmahnung ist daher bei einem Verstoß gegen eine bereits abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen voraussichtlicher Erfolglosigkeit bzw. Unzumutbarkeit unnötig (vgl. Pastor/Ahrens-Deutsch, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., 1999, Kapitel 9 RdNr. 8; Teplitzky a. a. O., Kapitel 41 RdNr. 37; BGH WRP 1990, s. 670 <671>; OLG Nürnberg, WRP 1992, S. 521 <523>; OLG Hamburg GRUR 1989 S. 707 <708>; OLG Hamburg NJW-RR 1988 S. 680).

Der von den Antragsgegnern angeführte zeitliche Aspekt führt zu keiner anderen Beurteilung. Das OLG Hamburg hat in seinem Beschluss vom 02.04.1987 (NJW-RR 1988, S. 680) zwar ausgeführt, dass eine erneute Abmahnung angezeigt erscheint, wenn wegen eines längeren Zeitablaufs anzunehmen ist, dass die bereits abgegebene Verpflichtungserklärung versehentlich nicht beachtet wurde. Es ist jedoch nicht vorgetragen worden oder ersichtlich, dass die existierende Unterwerfungserklärung bei den Antragsgegnern in Vergessenheit geraten ist. Bei einem Unternehmen mit mehreren Filialen wie der Antragsgegnerin zu 1) ist vielmehr zu erwarten, dass durch eine entsprechende Organisation sichergestellt ist, dass auch nach einem halben Jahr Verstöße gegen abgegebene Unterwerfungserklärungen ausgeschlossen sind.

Die Tatsache, dass die Unterwerfungserklärung vom 20. September 1999 nur die Antragsgegnerin zu 1) zur Unterlassung der beanstandeten Werbung verpflichtet, führt nicht dazu, dass der Antragsgegner zu 2) zunächst hätte abgemahnt werden müssen. Denn dieser hat als gesetzlicher Vertreter der Komplementär-GmbH die Unterlassungspflichten der Gesellschaft zu beachten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert richtet sich nach den Kosten des Verfügungsverfahrens.

Ende der Entscheidung

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