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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 6 W 9/08
Rechtsgebiete: ZPO, UWG
Vorschriften:
ZPO § 3 | |
UWG § 8 Abs. 3 | |
UWG § 12 Abs. 4 |
2. Die Verhältnisse der beteiligten Unternehmen, die Häufigkeit und Intensität der gerügten Wettbewerbsverstöße und die Auswirkungen möglicher künftiger Verletzungshandlungen können zu einer vom Regelstreitwert abweichenden Festsetzung führen.
3. Im einstweiligen Verfügungsverfahren in Wettbewerbssachen liegt der Streitwert im Allgemeinen unter dem des Hauptsacheverfahrens. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist allein denkbar, wenn das Eilverfahren erkennbar zugleich das Verfahren in der Hauptsache entbehrlich macht.
6 W 9/08
Beschluss
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
gegen
hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 27. Mai 2008 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts Flensburg vom 28. April 2008 wird als unzulässig verworfen.
Eine gegen die Streitwertfestsetzung im vorgenannten Beschluss gerichtete Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist ein in Bremen niedergelassenes Unternehmen, das neue Pkw und Gebrauchtwagen verschiedener Marken an Einzelhändler im gesamten Bundesgebiet verkauft. Seit 2006 ist die Antragstellerin zudem Alleinvertreiberin der chinesischen Pkw "A". Die Antragsgegnerin handelt mit Pkw und bietet diese auch über das Internet z. B. über die Plattform www... an.
Anfang April 2008 bewarb die Antragsgegnerin einen Pkw Fiat Panda 1.1 Activ zu einem Preis von 7.990,- Euro. Fernmündlich trat Herr H mit der Antragsgegnerin in Kontakt und bekundete sein Kaufinteresse. Nach der Aufnahme seiner persönlichen Daten übermittelte die Antragsgegnerin per Fax ein einseitiges Schreiben "verbindliche Bestellung" für das Fahrzeug, das von Herrn H nur noch hätte unterschrieben werden müssen, um einen Kaufvertrag abzuschließen. Auf ein Widerrufsrecht des Käufers wurde weder in der Werbung auf www... noch im Bestellschreiben hingewiesen.
Die Antragstellerin hat vorgerichtlich die Antragsgegnerin wegen der fehlenden Widerrufsbelehrung abgemahnt. Diese hat die Abgabe der geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt. Unter Hinweis auf §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Ziffer 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 312 c BGB hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung beantragt. Mit Beschluss des Landgerichts vom 28. April 2008 ist der Antragsgegnerin unter Androhung eines festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft untersagt worden, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher zur Abgabe von Vertragserklärungen über den Kauf von Personen-Kraftfahrzeugen aufzufordern und/oder Verbrauchern Vertragsangebote zur Unterschrift vorzulegen, ohne dass der jeweilige Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung über das Bestehen eines Widerrufsrechts klar und verständlich informiert wird, sofern die beiderseitigen Vertragserklärungen ausschließlich über Telefax erfolgt sind und/oder erfolgen sollen.
Der Streitwert ist vom Landgericht auf 10.000,- Euro festgesetzt worden. Hiergegen richtet sich die namens der Antragstellerin eingelegte Beschwerde vom 2. Mai 2008. Zur Begründung der Beschwerde wird ausgeführt, dass bei gleich gelagerten Unterlassungsverfügungen anderer Landgerichte der Streitwert auf 20.000,- Euro festgesetzt worden sei. Ein Gegenstandswert der Hauptsache von 30.000,- Euro sei für eine Wettbewerbssache im unteren Bereich liegend anzunehmen. Indem die Antragsgegnerin über ein Widerrufsrecht des Käufers nicht belehre, ginge dieser davon aus, dass ihm ein solches Widerrufsrecht gar nicht zustehe. Selbst wenn nur in einem Fall auf diese Weise ein Widerruf unterbliebe, dürften sich der Endverbraucherpreis für einen PKW, eine evtl. Abnutzung und Rückführungskosten schnell auf den für das Verfügungsverfahren mit 20.000,- Euro angegebenen Gegenstandswert summieren. Zudem bestehe hinsichtlich des Wettbewerbsverstoßes eine erhebliche Nachahmungsgefahr.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5. Mai 2008 nicht abgeholfen.
II.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist als unzulässig zu verwerfen.
Die Antragstellerin ist durch die Festsetzung des Verfahrenswerts auf 10.000,- Euro nicht beschwert. Für die begehrte Heraufsetzung des Streitwerts fehlt es ihr an einem Rechtsschutzinteresse, da sie hierdurch allenfalls mit einer höheren Kostentragung belastet würde. Es wäre ein wirtschaftlicher Nachteil für die Antragstellerin, gegenüber ihren Verfahrensbevollmächtigten in weiterem Umfang für die entstandenen Gebühren in Anspruch genommen zu werden, wenn die Kosten bei der Antragsgegnerin nicht beigetrieben werden. ( vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 15. April 2008 - 3 W 36/08; LG Hildesheim, Niedersächsische Rechtspfleger 1995, 131).
Ausnahmsweise kann ein Rechtsschutzinteresse einer Partei selbst an der Heraufsetzung der Streitwertfestsetzung gegeben sein, wenn die Partei aufgrund einer Honorarvereinbarung mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten eine Vergütung schuldet, die oberhalb der gesetzlich vorgesehenen Sätze liegt. Bei Festsetzung eines erhöhten Streitwerts könnte die Partei einen größeren Anteil der von ihr dem Verfahrensbevollmächtigten geschuldeten Vergütungsanteil erstattet verlangen. (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2006, 297 f; OLG Bremen, Beschluss vom 27. Juli 1993 - 2 W 56/93) Für einen solchen Ausnahmefall sind hier Umstände nicht ersichtlich.
2. Sofern die Beschwerde als eine der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zu werten ist, die für ihre Gebührenrechnung die Heraufsetzung des Streitwerts begehren, ist diese gemäß §§ 68 Abs. 1, 63 GKG i. V. m. § 32 Abs. 2 RVG zulässig, aber unbegründet. Das Interesse der Verfügungsklägerin an der begehrten einstweiligen Verfügung ist mit der Streitwertbemessung in Höhe von 10.000,- € zutreffend berücksichtigt.
In ständiger Rechtsprechung nimmt der Senat bei einfachen bis durchschnittlichen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsstreitigkeiten Regelstreitwerte an. In Verfahren der einstweiligen Verfügungen, die ein Wettbewerber mit dem Ziel der Unterlassung betreibt, beträgt der Regelstreitwert 10.000,- Euro (so auch OLG Koblenz Beschluss vom 13. Juni 2007 - 4 W 393/07).
Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i. V. m. §§ 3 ZPO, 12 Abs. 4 UWG ist der Streitwert nach freiem Ermessen aufgrund einer Schätzung festzusetzen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist die Einreichung der Klage- oder Antragsschrift (§ 4 ZPO). Bei einem Verfahren eines Mitbewerbers nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG kommt es allein auf das Eigeninteresse des Klägers bzw. Antragstellers an. Im vorliegenden Fall rügt die Antragstellerin einen Wettbewerbsverstoß hinsichtlich der Bewerbung eines Fahrzeugs im Wert von 7.990,- Euro. Die Unternehmensverhältnisse bei der Antragstellerin und bei der Antragsgegnerin geben zunächst keine Veranlassung, von einem schwerwiegenden Wettbewerbsverstoß auszugehen. Ebenso stellt die Intensität des gerügten Wettbewerbsverstoßes keine besonders schwere Verletzung des Interessenbereichs der Antragstellerin dar. Das Ausmaß, die Intensität, die Häufigkeit und Auswirkungen möglicher künftiger Verletzungshandlungen gebieten ebenfalls keine vom Regelstreitwert abweichende Schätzung, weil hier nur ein einmaliger Vorfall Anlass der erlassenen einstweiligen Verfügung darstellt und Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin in einer Vielzahl weiterer Fälle gegen das Belehrungsgebot verstoßen hat oder verstoßen wird, nicht ersichtlich sind.
Weiterhin ist daran festzuhalten, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren in Wettbewerbssachen der Streitwert im Allgemeinen unter dem des Hauptsacheverfahrens liegt, weil das Interesse des Antragstellers an der Sicherung eines Anspruchs im Eilverfahren in der Regel nicht dem Befriedigungsinteresse im Hauptsacheverfahren entspricht. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist allein denkbar, wenn das Eilverfahren erkennbar zugleich das Verfahren in der Hauptsache entbehrlich macht und dadurch eine dem Wert des Hauptsacheverfahrens entsprechende Wertfestsetzung gerechtfertigt ist. Ohne besondere Anknüpfungspunkte gibt es aber auch in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten keinen allgemeingültigen Erfahrungssatz, wonach das Verfahren regelmäßig bereits durch die summarische Prüfung im vorläufigen Verfahren beendet wird. Dies ergibt sich bereits angesichts der besonderen Rechte des Antragsgegners nach § 926, 927 ZPO, wenn nicht aufgrund konkreter Anhaltspunkte bereits bei Antragstellung eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren eine abschließende Streitbeilegung einher geht (OLG Schleswig, Beschluss vom 7. Mai 2008 - 6 W 5/08; OLG Köln, Beschluss vom 9. März 2000 - 6 W 23/00).
Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Es bestand keine große Wahrscheinlichkeit, dass sich nach dem einstweiligen Verfügungsverfahren ein Hauptsacheverfahren erübrigen würde, denn bei Antragstellung stand allein die Antwort der Antragsgegnerin vom 21. April 2004 auf die begehrte Unterlassungserklärung im Raum, wonach die Antragsgegnerin ihrerseits die Art und Weise des Vorgehens der Antragstellerin als "sittenwidrig" bezeichnete.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Ende der Entscheidung
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