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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 7 U 64/06
Rechtsgebiete: VVG, KfzPflVV


Vorschriften:

VVG § 7
KfzPflVV § 9
1. Die Aushändigung der sog. Deckungskarte an einen Versicherungsnehmer, der einen einheitlichen Antrag auf Abschluss einer Haftpflicht- und einer Fahrzeugversicherung gestellt hat, führt regelmäßig dazu, dass der Versicherer auch zur Gewährung vorläufigen Deckungsschutzes in der Fahrzeugversicherung verpflichtet ist, wenn er nicht deutlich darauf hinweist, dass vorläufige Deckung nur in der Haftpflichtversicherung gewährt werde.

2. Diese Grundsätze gelten schon dann, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer nur den Wunsch auf Kaskoversicherungsschutz nach dem noch abzuschließenden Hauptvertrag telefonisch oder auch sonst mündlich mitgeteilt hat. Insoweit ist der Versicherungsnehmer allerdings beweisbelastet.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 64/06

verkündet am: 24. Mai 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. April 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S. und I., zudem wurde die Klägerin persönlich gemäß § 141 ZPO angehört. Wegen des Inhalts wird auf den Berichterstattervermerk über den Termin vom 3. Mai 2007 verwiesen.

Die Berufung der Klägerin, mit der sie Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 17.040,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit beantragt und auf deren Zurückweisung der Beklagte und seine Streithelferin antragen, ist nicht begründet.

Die Klägerin hat nicht den ihr obliegenden Beweis geführt, dass die vorläufige Deckungszusage nicht nur den Haftpflichtversicherungsschutz, sondern auch die vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung umfassen sollte. Bei der Zusage vorläufiger Deckung handelt es sich um einen selbständigen Versicherungsvertrag, der vor dem Beginn eines materiellen Versicherungsschutzes aus dem Hauptvertrag und unabhängig von diesem einen Anspruch auf Versicherungsschutz entstehen lässt. Dabei führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1999, S. 3560) die Aushändigung der sog. Deckungskarte an einen Versicherungsnehmer, der einen einheitlichen Antrag auf Abschluss einer Haftpflicht- und einer Fahrzeugversicherung gestellt hat, regelmäßig dazu, dass der Versicherer auch zur Gewährung vorläufigen Deckungsschutzes in der Fahrzeugversicherung verpflichtet ist, wenn er nicht deutlich darauf hinweist, dass vorläufige Deckung nur in der Haftpflichtversicherung gewährt werde. Diese Grundsätze gelten nach neuerer obergerichtlicher Rechtsprechung auch und schon dann, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer nur den Wunsch nach Kaskoversicherungsschutz nach dem noch abzuschließenden Hauptvertrag telefonisch oder auch sonst mündlich mitgeteilt hat (vgl. OLG Karlsruhe Recht + Schaden 2006, S. 414 f.; OLG Saarbrücken Recht + Schaden 2006, S. 274 ff., jeweils m.w.N.). Beweisbelastet dafür, dass er mit einem derartigen Wunsch an den Versicherer herangetreten ist, ist der Versicherungsnehmer.

Ihre Behauptung, der Zeuge S. habe für sie bei der Streithelferin des Beklagten telefonisch ihren Wunsch nicht nur nach Haftpflichtversicherungsschutz, sondern auch nach Vollkaskoschutz geltend gemacht, hat die Klägerin nicht beweisen können. Zwar steht fest, dass die Klägerin selbst gegenüber dem Zeugen S. angegeben hatte, das von ihr geleaste Fahrzeug solle vollkaskoversichert werden; dass der von ihr beauftragte Zeuge S. dieses Ansinnen der Klägerin auch der Zeugin I., einer Mitarbeiterin der Streithelferin des Beklagten, mitgeteilt hätte, steht hingegen nicht fest. Zwar hat der Zeuge S. bekundet, er habe "bestimmt gesagt, dass vollkaskoversichert sein sollte". Es sei klar gewesen, "dass das Fahrzeug vollkaskoversichert werden sollte". Er sei sich "ganz sicher, dass ich gesagt habe, dass vollkaskoversichert sein sollte". Hingegen hat die Zeugin I., die Gesprächspartnerin des Zeugen S. auf Seiten der Streithelferin, angegeben, sie sei sich sicher, dass Vollkasko nicht erörtert worden sei. Auch sei nicht darüber gesprochen worden, dass es sich um ein Neufahrzeug bzw. ein Leasingfahrzeug gehandelt habe. Sie hätte dann von sich aus nachgefragt, da diese Fahrzeuge in der Regel vollkaskoversichert sein müssten. Wenn der Zeuge S. etwas von Vollkasko gesagt hätte, hätte kein Grund bestanden, Vollkaskoschutz in der vorläufigen Deckung nicht anzukreuzen. Bei ihrem Telefonat mit dem Zeugen S. sei die Besonderheit gewesen, dass es nur um eine Deckungskarte gegangen sei und diese nicht an den Zeugen S. als Versicherungsmakler, sondern direkt an das Autohaus geschickt werden sollte.

Wie schon das Landgericht in dem angefochtenen Urteil vermag auch der Senat aus den Angaben des Zeugen S. nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass er tatsächlich gegenüber der Zeugin I. den Wunsch der Klägerin nach Vollkaskoversicherungsschutz für den in Aussicht genommenen Versicherungsvertrag kundgetan hat. Die Bekundungen des Zeugen gerade in diesem Punkt waren wenig konkret, wie offenbar auch sein Erinnerungsbild. Nach seinen Angaben ging es ihm vorrangig auch darum, ob bei dem von der Streithelferin in Zusammenarbeit mit dem Beklagten angebotenen Tarif "L." die Tarife in Haftpflicht und Vollkasko gleich seien und ob die Klägerin annähernd den gleichen Rabatt wie auf dem vorherigen Auto erhalten würde. Dies ist insofern auch nachvollziehbar, als der Zeuge angegeben hat, zwar zuvor schon von dem Tarifmodell "L." gehört zu haben, ihm aber die Einzelheiten offenbar unbekannt waren. Dass der Zeuge bei der Erkundigung nach dem Tarifmodell - das er im Übrigen augenscheinlich bis heute nicht vollständig verinnerlicht hat - möglicherweise das für ihn Selbstverständliche, nämlich den Wunsch der Klägerin nach Vollkaskoversicherung, nicht zum Ausdruck gebracht hat, erscheint dem Senat nicht fernliegend, hat die Zeugin I. doch plausibel und nachvollziehbar bekundet, dass - wäre dies an sie herangetragen worden - für sie kein Grund bestanden hätte, entsprechenden vorläufigen Versicherungsschutz in der Deckungskarte nicht anzukreuzen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Streithelferin ihr Geld mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen verdient, scheint dies dem Senat völlig plausibel.

Dem steht auch nicht der Inhalt des Schreibens vom 21.03.2005 (Anlage K 1/Bl. 7 d.A.) entgegen, mit dem die Zeugin die Deckungskarte an das Autohaus F. GmbH übersandt hatte. Dass darin für das Ausfüllen des Versicherungsantrages auf die Angabe des aktuellen km-Standes hingewiesen wird, hat seinen Grund darin, dass - abhängig von der jährlichen Fahrleistung - Tarifermäßigungen gewährt werden, deren Berechtigung ggf. nachgeprüft werden können muss.

Steht der Klägerin mithin schon dem Grunde nach kein Anspruch auf die begehrte Kaskoversicherungsentschädigung zu, kommt es auf die streitige Höhe der geltend gemachten Forderung nicht an.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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