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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 01.03.2007
Aktenzeichen: 7 U 68/06
Rechtsgebiete: StVG, StVO
Vorschriften:
StVG § 17 | |
StVG § 18 | |
StVO § 8 |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
verkündet am: 1. März 2007
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2007 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13. Juni 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 15. Dezember 2004 in A., Kreuzungsbereich ... in Anspruch.
Die Ehefrau des Klägers befuhr mit dessen Pkw ..., amtliches Kennzeichen ... B. Straße. Sie wollte nach links in die bevorrechtigte C. Chaussee abbiegen. Der Kreuzungsbereich ist für den Verkehr aus der B Straße mit dem Zeichen 206 gemäß § 41 StVO ("Stoppschild") beschildert. Wegen der Einzelheiten der Unfallörtlichkeiten wird auf die Skizze Blatt 7 der Beiakte Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Itzehoe ... verwiesen. Links der B. Straße befindet sich in einer Entfernung von rund 25 m auf der C. Chaussee eine Fußgängerbedarfsampel.
Aus Sicht der an der Kreuzung haltenden Fahrerin des Fahrzeuges des Klägers von links näherte sich die Beklagte zu 2. als Fahrerin des bei dem Beklagten zu 1. gegen Haftpflichtschäden versicherten Pferdetransporters ..., amtliches Kennzeichen .... Gleichwohl bog die Ehefrau des Klägers nach links in die C. Chaussee ein, im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers im gesamten Frontbereich mit Schwerpunkt vorne links beschädigt, das von der Beklagten zu 2. geführte Fahrzeug im Bereich der vorderen rechten Fahrzeugecke.
Der Kläger hat behauptet und behauptet weiterhin, die Beklagte zu 2. sei unter Missachtung des Rotlichts der Ampel in den Kreuzungsbereich eingefahren und habe sein bereits im Kreuzungsbereich stehendes Fahrzeug gerammt. Die Beklagten hingegen haben einen Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. in Abrede genommen; sie waren und sind der Auffassung, es liege eine grobe Vorfahrtsverletzung durch die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges vor, diese sei unter Missachtung des bevorrechtigten Verkehrs in den Kreuzungsbereich eingefahren.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 5.905,83 € nebst gesetzlicher Zinsen gerichteten Klage nach Beweisaufnahme dem Grunde nach zu 70 % stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.060,44 € nebst gesetzlicher Zinsen auf 3.852,51 € zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. im Raume stehe, ein solcher annehmbar sei, gleichwohl aber nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte zu 2. das Rotlicht missachtet hätte. Das Landgericht hat darüber hinaus einen objektiven Vorfahrtsverstoß der Ehefrau des Klägers festgestellt, der aber dadurch gerechtfertigt sei, dass sie erst losgefahren sei, als die Fußgängerampel bereits auf Rot umgesprungen sei.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.
Der Senat hat ergänzend den Kläger und die Beklagte zu 2. persönlich gemäß § 141 ZPO angehört.
Die Berufung der Beklagten, mit der sie auf vollständige Abweisung der Klage antragen, während der Kläger Zurückweisung der Berufung begehrt, ist begründet.
Das angefochtene Urteil beruht nämlich zum einen auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, zum anderen rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO), nämlich die vollständige Abweisung der Klage.
Zutreffend ist allerdings, dass der Unfall weder durch höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG verursacht worden ist, noch, dass die Parteien den Beweis der Unabwendbarkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 ZPO geführt hätten. Ebenso wenig haben die Beklagten hinsichtlich der Beklagten zu 2. den ihnen obliegenden Beweis des mangelnden Verschuldens (§ 18 StVG) geführt.
Die danach vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 1 StVG, in die nur bewiesene, zugestandene oder unstreitige Tatsachen einzustellen sind, führt dazu, dass der Kläger seinen Schaden vollständig selbst zu tragen hat.
Denn den vom Kläger behaupteten und von ihm auch zu beweisenden vermeintlichen Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. hat das Landgericht nicht festgestellt, aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen auch nicht feststellen können. Ein von den Klägern behaupteter Rotlichtverstoß hat bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge unberücksichtigt zu bleiben.
Widerlegt hingegen ist die Behauptung des Klägers, die von seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau bestätigt worden ist, dass die Beklagte zu 2. in den bereits im Kreuzungsbereich stehenden Wagen hinein gefahren sei. Der Sachverständige D. hat in seinem vom Landgericht eingeholten Gutachten (dort Seite 10/11) vom 01.03.2006 ausgeführt, dass sich aus den Schäden an den unfallbeteiligten Fahrzeugen vielmehr ergibt, dass das Fahrzeug des Klägers von rechts kommend sich in die Fahrspur des Lkw hineinbewegt habe, die Stauchungen am Fahrzeug des Klägers nur aus einer Vorwärtsbewegung resultieren könnten, dies korrespondierend mit den Schäden an dem Lkw insbesondere im Einstiegsbereich vorne rechts.
Mithin steht (lediglich) ein grober Vorfahrtsverstoß der Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges fest, wodurch dessen Betriebsgefahr so erhöht ist, dass ein eventueller Verursachungsbeitrag der Beklagten zu 2. vollständig zurücktritt (§ 18 Abs. 3 StVG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 StVG).
Irgendwelche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten stehen dem Kläger daher nicht zu, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.
Nur am Rande weist der Senat darauf hin, dass ein - hier nicht bewiesener - Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. deren Vorfahrtsrecht nicht beseitigt hätte. Denn selbst verkehrswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten beseitigt grundsätzlich seine Vorfahrt nicht, der Wartepflichtige darf in der Regel auf die Beachtung einer - auch nahe gelegenen - Fußgängerampel nicht vertrauen, sondern muss vielmehr die gesamte Vorfahrtsstraße sorgfältig beobachten (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 8 StVO Rn. 30 und Rn. 44, jeweils m.w.N.).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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