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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 7 U 72/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 833
BGB § 847
1. Im Rahmen der Tierhalterhaftung stellt es ein anspruchsverkürzendes Mitverschulden dar, wenn der Geschädigte ohne Not an einem fremden Pferd so nahe vorbeigeht, dass er den Angriffs- und Verteidigungsbewegeungen des Pferdes ausgesetzt ist.

2. Führt der Geschädigte selbst ein Pferd mit sich, muss er zu einem anderen Pferd einen hinreichenden Sicherheitsabstand einhalten, damit sich nicht zwischen den Pferden ein Rivalitätsgefühl entwickelt. Verletzt der Geschädigte diese Obliegenheit in grob fahrlässiger Weise, so ist eine Haftung des schädigenden Tierhalters wegen überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 72/01

Verkündet am: 20. November 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Friedrichsen, den Richter am Oberlandesgericht Sauer und den Richter am Oberlandesgericht Dellith für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 3) wird das am 16. März 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers teilweise geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % der Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Kosten leisten.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens aus einem Schadensfall vom 13.02.2000, der sich auf dem Gelände der Holstenhalle in Neumünster ereignete.

Der Kläger und die Beklagte zu 1. sind jeweils Eigentümer eines Ponyhengstes. Beide nahmen am 13. Februar 2000 an einer Pferdeschau auf dem Gelände der Holstenhalle in N. teil. Nachdem die Veranstaltung beendet war, beabsichtigten der Kläger und der Beklagte zu 3., der den Hengst der Beklagten zu 1. führte, das Gelände der Holstenhalle zu verlassen, um die Pferde auf dem Parkplatz in die dort abgestellten Hänger zu verladen. Dem Kläger war in dem Stall 2 B die Stallbox 120 zugewiesen worden, die an dem Stallgang 2 gelegen ist, während den Beklagten in dem Stall 2 A die Box 106 zugeordnet war, die an dem Stallgang 1 gelegen ist. Der Kläger und der Beklagte zu 3. verließen mit ihren Ponyhengsten jeweils ihre Box, führten sie aus den beiden Stallgängen zunächst auf den überdachten Teil des Vorplatzes, um die Pforte zum Parkplatz zu erreichen. Durch Umstände, die zwischen den Parteien streitig sind, kam es dazu, dass der Kläger mit seinem Ponyhengst hinter den Ponyhengst der Beklagten zu 1. - geführt von dem Beklagten zu 3. - geriet. Der Hengst der Beklagten zu 1. trat nach hinten aus und traf den Kläger im Gesicht. Ihm wurde das Ohrläppchen durchgerissen, zudem erlitt er einen dreifachen Kieferbruch. Er wurde zunächst im Krankenhaus N. versorgt und anschließend in die Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie verlegt. Dort wurde eine Zahnverdrahtung und eine Verplattung der Kiefer vorgenommen. Der Kläger, der Polizeibeamter ist, war vom 13. Februar bis zum 10. Mai 2000 arbeitsunfähig erkrankt, wurde in der Folgezeit in der Ambulanz der Kieferklinik betreut, unterzog sich physiotherapeutischer Behandlungen in Niebüll und wurde nochmals im August 2001 und im November 2001 in der Universitätsklinik für Kieferchirurgie operiert.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug von den Beklagten zu 1. und 2. als Halter und dem Beklagten zu 3. als Tieraufseher den Ersatz des ihm entstandenen materiellen und immateriellen Schadens sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 13.02.2000 zu ersetzen, soweit nicht auf Sozialversicherungsträger übergangen.

Er hat behauptet:

Er habe mit seinem Hengst den zweiten Boxengang verlassen, um in Richtung Ausgangspforte zu gehen. Der Beklagte zu 3., der den Hengst des Beklagten zu 1. geführt habe, sei an ihm vorbeigegangen, weil er in Eile gewesen sei, und habe sich vor ihn gedrängt. Er - der Kläger - habe daraufhin mit seinem Hengst angehalten, um den Hengst der Beklagten zu 1. vorbei zu lassen. Dennoch habe der Hengst der Beklagten zu 1. ausgekeilt und ihn mit dem Hinterhuf im Gesicht getroffen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an ihn 6.216,06 DM sowie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2000 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Schadensereignis vom 13. Februar 2000 zu ersetzen, soweit nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet:

Der Beklagte zu 3. sei mit dem von ihm geführten Ponyhengst der Beklagten zu 1. in Richtung der Ausgangspforte gegangen. Der Kläger habe sich schnellen Schritts dem Hengst der Beklagten zu 1. von hinten genähert. Dadurch sei das Tier der Beklagten zu 1. und auch der Hengst des Klägers unruhig geworden. Der Kläger habe sich dennoch weiter der Hinterhand des Hengstes der Beklagten zu 1. genähert, bis dieser ausgetreten und den Kläger mit dem Huf im Gesicht getroffen habe. Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte zu 1. sich entlastet (§ 833 S. 2 BGB); der Entlastungsbeweis sei ihr zuzugestehen, weil ihr Hengst kein Luxustier sei, sondern mit dem Ziel ausgebildet worden sei, ihn entweder zu verkaufen oder im Leistungssport bzw. als Deckhengst einzusetzen.

Das Landgericht hat die Beklagten zu 1. und 3., die Beklagte zu 1. als Tierhalterin und den Beklagten zu 3. als Tierhüter, verurteilt, an den Kläger 22.747,01 DM nebst Zinsen zu zahlen; es hat weiter festgestellt, dass die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 13. Februar 2000 zu ersetzen, soweit materielle Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergehen oder übergegangen sind. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. hat das Landgericht abgewiesen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Verletzungen des Klägers von dem Pferd der Beklagten zu 1., nicht durch sein - des Klägers - eigenes Pferd verursacht worden seien. Der Entlastungsbeweis nach § 833 S. 2 BGB sei der Beklagten zu 1. versperrt, weil nicht bewiesen sei, dass sie ihr Pferd zu Erwerbszwecken halte. Dazu reiche die Absicht nicht aus, mit dem Tier auch Geld zu verdienen. Der Beklagte zu 3. hingegen habe den Entlastungsbeweis als Tieraufseher (§ 834 S. 2 BGB) nicht geführt. Er habe weder bewiesen, dass er den Kläger vor seiner weiteren Annäherung gewarnt habe, noch dass der Kläger sich überhaupt zu dicht und zu schnell an das Tier der Beklagten heranbegeben habe. Dagegen sei eine Haftung des Beklagten zu 2. nicht gegeben, weil der Kläger nicht bewiesen habe, dass auch er Halter des Pferdes gewesen sei.

Zur Wiedergutmachung der erlittenen Schmerzen und Behinderungen und zur Genugtuung schuldeten die Beklagten dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, das auf 20.000,00 DM zu beziffern sei. Zu berücksichtigen sei, dass Gesichtsverletzungen nicht nur besonders hinderlich, sondern auch sehr schmerzhaft seien und dass dem Kläger das Ohr eingerissen sei. Hingegen sei ein Verschulden auf Seiten des Beklagten nicht zu berücksichtigen, denn ein solches habe der Kläger nicht bewiesen. Der materielle Schaden belaufe sich auf 2.747,01 DM (Tuchhose 170,00 DM, Gutachterkosten 101,38, 70,00 DM und 80,00 DM, Melderegisterauskunft 46,00 DM sowie Unkostenpauschale 40,00 DM, Erwerbsausfallschaden 368,03 DM, Fahrtkosten zu Ärzten und Krankengymnastik 1.917,60 DM).

Gegen dieses Urteil haben die Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 3. Berufung eingelegt. Sie behaupten:

Der Ponyhengst der Beklagten habe nur einen Tritt gegen den Kläger geführt, der nur zu der Verletzung des Ohres geführt habe. Ein weiterer Tritt sei nicht erfolgt, der Kläger sei viemehr von seinem eigenen Hengst im Gesicht getroffen worden. Das Landgericht habe die dazu vernommenen Aussagen der Zeugen nicht zutreffend gewürdigt. Im Übrigen handele es sich bei dem Pferd der Beklagten zu 1. um ein Nutztier, weil sie - die noch Schülerin sei - den Hengst später im Dressursport habe einsetzen wollen. Den ihr damit eröffneten Entlastungsbeweis habe die Beklagte zu 1. geführt. Der Kläger sei zu dicht mit seinem Hengst auf das Tier der Beklagten zu 1. aufgeschlossen, um ihn noch vor der Pforte zu den Parkplätzen zu überholen. Dadurch habe er sich in den Schlagradius des Hengstes der Beklagten zu 1. begeben und damit den Sicherheitsabstand zu dem Hengst der Beklagten zu 1. unzulässig verkürzt. Der Kläger müsse sich jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, weil er zu dicht auf den Hengst der Beklagten zu 1. aufgeschlossen sei.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat Anschlussberufung eingelegt und beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen EZB-Basiszins seit de 16.11.2001 zu zahlen.

Er behauptet:

Seine Verletzungen seien ausschließlich durch den Hengst der Beklagten zu 1. verursacht worden. Sein eigenes Tier habe ihn nicht getreten. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Der Hengst der Beklagten zu 1. sei ein Luxustier i.S. des § 833 S. 1 BGB, weil die Beklagte zu 1. sich das Tier für die Freizeit als Hobby halte. Zudem sei die Darstellung der Beklagten zu dem Unfallgeschehen unrichtig. Es sei deswegen zu dem Tritt gekommen, weil der Beklagte zu 3. sich vor ihn - den Kläger - gedrängt habe. Dadurch habe der Beklagte zu 3. eine Situation geschaffen, in der es ihm - dem Kläger - nicht mehr möglich gewesen sei, auszuweichen. Denn er wäre dann zu dicht an andere auf den Vorplatz befindliche Tiere herangeraten.

Das höhere Schmerzensgeld rechtfertige sich daraus, dass neben einer im August 2001 durchgeführten Dehnung des Kiefergelenkes im November 2001 eine weitere Operation durchgeführt worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Kläger beantragt noch,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat aufgrund des Beschlusses vom 22. August 2002 Beweis erhoben. Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05. Dezember 2002 (Bl. 388 d.A.), 03. April 2003 (Bl. 452 d.A.) und 30. Oktober 2003 (Bl. 512 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. und des Beklagten zu 3. hat Erfolg; die Anschlussberufung des Klägers hingegen ist unbegründet.

Die Beklagte zu 1. haftet dem Kläger wegen der ihm von ihrem Hengst zugefügten Verletzungen grundsätzlich aus § 833 Satz 1 BGB. Nach dieser Vorschrift haftet derjenige, welcher ein Tier hält, für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Körper oder die Gesundheit eines Menschen durch das Tier verletzt wird. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte zu 1. ist unstreitig Halterin des Hengstes, der dem Kläger am 13.02.2000 die Verletzungen im Gesicht zufügte. Dabei folgt der Senat dem Landgericht darin, dass die Verletzungen des Klägers insgesamt durch den Hengst der Beklagten zu 1. verursacht worden sind. Denn Anhaltspunkte dafür sind nicht gegeben, dass das eigene Tier des Klägers ihn getreten hat, unabhängig von der Frage, ob der Hengst der Beklagten zu 1. die Verletzungen des Klägers durch einen oder zwei Tritt(e) verursacht hat.

Der Beklagten zu 1. steht die Entlastungsmöglichkeit des § 833 S. 2 BGB nicht zur Seite. Dafür wäre Voraussetzung, dass ihr Hengst ihrem Beruf, ihrer Erwerbstätigkeit oder ihrem Unterhalt zu dienen bestimmt ist. Diese Voraussetzung ist nach ihrer eigenen Bekundung vor dem Landgericht nicht erfüllt. Danach war nur geplant, das Tier als Deckhengst einzusetzen; es war jedoch weder im Zeitpunkt des Unfalls (13.01.2000) noch zur Zeit ihrer Anhörung vor dem Landgericht (22.02.2001) zu einem Einsatz als Deckhengst gekommen, so dass die Beklagte zu 1. objektiv keine Einkünfte aus dem Halten des Hengstes erzielt hat.

Den Kläger trifft jedoch ein so überwiegendes Mitverschulden an dem Schaden, dass die Haftung der Beklagten zu 1. vollständig zurücktritt (§ 254 BGB). Aufgrund der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zu seiner Überzeugung fest, dass der Kläger deswegen von dem Hengst der Beklagten zu 1. ins Gesicht getroffen werden konnte, weil er mit seinem eigenen Tier zu dicht auf den vor ihm geführten Hengst der Beklagten zu 1. aufgeschlossen ist. Das steht fest aufgrund der Bekundungen der Zeugen U. und S. Beide haben bekundet, dem von dem Beklagten zu 3. geführten Hengst der Beklagten zu 1. aus dem Stallgang 1 gefolgt zu sein. Der Kläger sei mit seinem Pferd sehr eilig aus der Stallgasse 2 herausgekommen, so dass er sie - die beiden Zeuginnen - beinahe umgerannt habe. Beide Zeuginnen haben weiter bekundet, der Kläger sei immer näher an den vorauslaufenden Hengst der Beklagten zu 1. herangekommen; als er sich noch etwa eine knappe Pferdelänge hinter dem Hengst der Beklagten zu 1. befunden habe, habe dieser nach hinten ausgetreten. Diese Darstellung der Zeuginnen U. und S. wird letztlich bestätigt durch die Bekundung der Zeugin Annette XX. Sie ist zwar zu Unrecht davon ausgegangen, dass sowohl der Hengst der Beklagten zu 1. als auch derjenige des Klägers hintereinander aus dem Stallgang 1 herausgekommen seien, hat jedoch auf Vorhalt eingeräumt, nicht mehr sagen zu können ob es sich bei den beiden Pferden, die aus dem Stallgang 1 hintereinander gekommen seien, auch um diejenigen gehandelt habe, die an dem Unfall beteiligt gewesen seien. In jedem Fall ist die Zeugin - insoweit in Übereinstimmung mit den Zeuginnen U., S. und B. - sich aber sicher gewesen, dass das erste Pferd, das aus der Stallgasse 1 gekommen sei, dasjenige gewesen ist, das den Tritt gegen den Kläger ausgeführt hat. Die Zeugin hat weiter ausgesagt, beide Hengste seien zunächst aus ihrer Wahrnehmung verschwunden, weil sie sie nicht weiter verfolgt, sondern auf den Platz geblickt habe. Erst dann seien sie wieder in ihr bewusstes Blickfeld geraten. Unmittelbar darauf - so die Zeugin - sei es auch schon zu dem Schlag gekommen. Der Hengst, der ausgeschlagen habe, sei vorn gewesen, der Mann, der geschlagen worden sei, dahinter. Auch nach der Aussage dieser Zeugin sind der Kläger mit seinem Hengst und der Beklagte zu 3. mit dem Hengst der Beklagten zu 1. hintereinander gewesen. Dies wird bestätigt durch die Aussage des Zeugen Müller-Sturmhöfel. Dieser hat sich zwischen dem dritten und vierten Pfosten der Überdachung aufgehalten und zunächst in eine andere Richtung gesehen, sich erst unmittelbar vor dem Geschehen umgedreht. Er hat dann lediglich gesehen, dass der Kläger sich mit seinem Hengst hinter dem schwarzem Hengst der Beklagten zu 1. befand und dass der vorweg laufende schwarze Hengst nach hinten ausgekeilt und den Kläger getroffen habe. Der Senat folgt den glaubhaften Aussagen der Zeugen, die in sich schlüssig und plausibel sind. Diese Darstellung von dem Geschehen wird nicht nur von den Zeuginnen U. und S. gegeben, die mit den Beklagten verwandt oder zumindest freundschaftlich verbunden sind, sondern auch von den Zeugen Sch. und M.-St.. Damit steht fest, dass der Kläger hinter dem Hengst der Beklagten zu 1. hergegangen und schließlich so dicht auf dieses Tier aufgeschlossen ist, dass es ausgeschlagen und den Kläger im Gesicht getroffen hat. Hingegen ist die Darstellung des Klägers widerlegt, der Beklagte zu 3. sei mit dem Hengst der Beklagten zu 1. an ihm vorbeigegangen und habe sich vor ihn - den Kläger - gesetzt, so dass er - der Kläger - keine Möglichkeit gehabt habe, einen hinreichenden Sicherheitsabstand zu dem Hengst der Beklagten zu 1. herzustellen. In diesem Sinne hat sich allein der Zeuge T. geäußert. Er hat ausgesagt, der Kläger sei in gerader Linie in Richtung der Pforte gezogen, als er - der Zeuge - gesehen habe, dass das andere Pferd hinter dem Krankenwagen hervorgekommen und für ihn sichtbar geworden sei. Der Halter dieses Ponys sei schnellen Schritts an dem Hengst des Klägers vorbeigezogen. Er - der Zeuge - habe - als beide Hengst parallel zueinander gewesen seien - gesehen, dass der Hengst der Beklagten zu 1. plötzlich den Kopf heruntergenommen und ausgeschlagen habe. Dieser Aussage folgt der Senat nicht. Sie steht im Widerspruch zu den Aussagen der Zeuginnen U., S. und B., wonach der Beklagte zu 3. mit dem Hengst der Beklagten zu 1. unter dem Vordach in Richtung der Pforte gegangen sei, also nicht um den auf den Vorplatz abgestellten Krankenwagen herum. Die Zeugin B., die von dem eigentlichen Tritt des Hengstes in das Gesicht des Klägers nichts mitbekommen hat, hat vielmehr bekundet, dass der Beklagte zu 3. mit dem Hengst unter dem Überstand habe gehen müssen, wobei sie - die Zeugin - vorne neben ihm hergegangen sei. Auch die weitere Bekundung des Zeugen T., der Beklagte zu 3. sei schnellen Schritts zu dem Kläger aufgeschlossen und schließlich mit dem Hengst der Beklagten zu 1. parallel zu demjenigen des Klägers gewesen, wird von den anderen Zeugen nicht gestützt, die übereinstimmend bekundet haben, der Hengst der Beklagten zu 1. sei vorangelaufen, der Kläger mit seinem Hengst ihm gefolgt. Der Kläger sei zu dicht aufgeschlossen, bis der Hengst der Beklagten zu 1. nach hinten ausgetreten habe. Die von dem Kläger benannten Zeugen W., O. und M. T. haben zu dem eigentlichen Unfallgeschehen keine Angaben machen können.

Steht somit fest, dass der Kläger mit dem von ihm geführten Hengst zu dicht auf den Hengst der Beklagten zu 1. aufgeschlossen ist, trifft ihn ein solches Mitverschulden, dass eine Haftung der Beklagten zu 1. nicht gegeben ist. Derjenige handelt unvorsichtig, der ohne Not an einem fremden Pferd so nahe vorbeigeht, dass er den Angriffs- und Verteidigungsbewegungen des Pferdes, namentlich dem Schlagen, ausgesetzt ist (vgl. RG JW 1906, 739 Nr. 7; BGH NJW 1955, 87). Gegen diese Vorsichtsmaßnahme hat der Kläger verstoßen, als er zu dem Hengst der Beklagten zu 1. aufschloss. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger selbst einen Hengst mit sich führte. Die von seinem Hengst in der gegebenen Situation ausgehende Tiergefahr ist ihm entsprechend § 254 BGB zuzurechnen (vgl. OLG Celle VersR 1981, 1058). Der Kläger hätte mithin beachten müssen, dass zwischen Hengsten, die - wenn sie zu dicht aufeinander laufen - ein Rivalitätsgefühl entwickeln - ein hinreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden musste. Dies war ihm auch bekannt, er selbst will nach seiner Darstellung nämlich die Hand erhoben und den Beklagten zu 3. gewarnt haben, als dieser sich - so die Darstellung des Klägers - seinem Hengst näherte. Auf Seiten des Klägers ist mithin zu berücksichtigen, dass er in grob fahrlässiger Weise - offensichtlich weil er in Eile war - zu dem vorangehenden Hengst der Beklagten zu 1. aufgeschlossen, damit zu weit in den Einflussbereich des Hengstes der Beklagten zu 1. geraten ist. (Zeugin Steinkraus: Ich wollte gerade noch sagen, dass er sich vorsehen solle, aber da war es schon zu spät.) und damit die Hauptursache für den Tritt des Hengstes und seine Verletzung setzte. Auf Seiten der Beklagten zu 1. ist lediglich die Tiergefahr zu berücksichtigen, die jedoch hinter dem grob fahrlässigen Verhalten des Klägers zurücktritt, so dass eine Haftung der Beklagten zu 1. ausscheidet.

Dies gilt auch für eine Haftung des Beklagten zu 3. aus § 834 S. 2 BGB. Auch hier gilt, dass der Mitverschuldensanteil des Klägers derart überwiegt, dass eine Haftung des Beklagten zu 3. ausscheidet. Unabhängig davon hat der Beklagte aber bereits den Entlastungsbeweis gemäß § 834 S. 2 BGB geführt. Denn er hat bewiesen, dass seine Verantwortlichkeit nicht eintritt, weil er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte zu 3. den Hengst der Beklagten zu 1. im normalen Schritt zur Pforte zum Parkplatz führen wollte. Der Beklagte zu 3. hat dadurch, dass er den Hengst an der Hengstkette führte, alles Erforderliche getan, um das Tier sicher von dem Gelände der Holstenhalle wegzuführen. Er brauchte nicht damit zu rechnen, dass der ihm folgende Kläger, der hinter ihm aus der Stallgasse 2 in Richtung der Pforte zum Parkplatz eingebogen war, den Abstand zwischen den Hengsten so verkürzen würde, dass der von ihm - dem Beklagten zu 3. - geführte Hengst nach hinten austreten und den Kläger verletzen würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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