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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 19.12.2000
Aktenzeichen: 8 UF 87/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1570
BGB § 1577 II
BGB § 1615 l
Die zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1570 BGB entwickelten richterlichen Grundsätze können auf den Betreuungsunterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter gem. § 1615 l BGB nicht entsprechend angwendet werden.

SchlHOLG, 1. FamS, Urteil vom 19. Dezember 2000, - 8 UF 87/00 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

8 UF 87/00 50 F 26/99 Amtsgericht

Verkündet am: 19. Dez. 2000

Justizsekretär z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Familiensache

1. der 1998 geborenen J A G, vertreten durch die Klägerin zu 2),

Klägerin zu 1),

2. der Frau I G

Klägerin und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Tischler, Dr. Carstensen, Dr. Schulz und Dr. Punke in Schleswig -

gegen

Herrn

Beklagten und Berufungsbeklagten,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Petersen, Dr. Peters, Grimm, von Hobe, Dr. Petersen und Schober in Schleswig -

hat der 1. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin zu 2) wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 22. 3. 2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt,

für die Klägerin zu 1) zu Händen der Klägerin zu 2) für August 1999 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 305 DM zu zahlen, sowie für die Klägerin zu 1) zu Händen der Klägerin zu 2) für die Zeit ab dem 1. 2. 2000 monatlich im Voraus 121 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe, derzeit der Altersstufe 1, von 355 DM unter Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 135 DM, zurzeit 270 DM zu zahlen,

an die Klägerin zu 2) monatlichen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen:

für August 1999 731,00 DM ab September 1999 monatlich 860,05 DM ab Januar 2000 monatlich 416,00 DM ab Mai 2000 monatlich 233,00 DM.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen zu 2/5 die Klägerinnen und zu 3/5 der Beklagte.

Die Kosten der zweiten Instanz werden zu 3/5 der Klägerin zu 2) und zu 2/5 dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin zu 2) (im Folgenden Klägerin) und der Beklagte sind die Eltern des am 1998 geborenen Kindes J A, der Klägerin zu 1). Sie haben, ohne miteinander verheiratet zu sein, bis zum 15. 6. 1999 zusammengelebt. Seit der Trennung der Parteien lebt J A bei der Mutter.

Der Beklagte ist vollerwerbstätig bei der Firma R. Die Klägerin ist von Beruf kaufmännische Angestellte und war vor der Geburt des gemeinsamen Kindes ebenfalls bei der Firma R beschäftigt. Seit Juli 1999 arbeitet die Klägerin bei der Firma A in N mit ca. 32,4 Wochenstunden.

In erster Instanz haben die Klägerinnen den Beklagten auf Zahlung von Kindesunterhalt sowie Unterhalt gemäß § 1615l BGB für die Kindesmutter ab August 1999 in Anspruch genommen. Sie haben vorgetragen, der Beklagte verdiene unter Berücksichtigung der jährlichen Sonderzuwendungen im Monatsdurchschnitt mindestens 3450 DM. Abzusetzen seien Fahrtkosten von 133,20 DM sowie Tilgungsraten auf einen gemeinsamen Kredit von 250 DM. Für August 1999 sei ferner zu berücksichtigen, dass der Beklagte für die gemeinsame Wohnung eine Mietmehrbelastung von 300 DM getragen habe. Danach ergebe sich für die Tochter J ein Tabellenunterhalt von 430 DM. Die Kindesmutter könne Unterhalt in Höhe von drei Siebtel der Differenz zwischen den beiderseitigen anrechenbaren Einkommen verlangen. Sie zahle an eine Tagesmutter für die Betreuung Js monatlich 600 DM. Da sie überobligatorisch arbeite, sei zudem § 1577 Abs. 2 BGB anwendbar, und es könne ihr deshalb nur das Geringverdienereinkommen von 630 DM angerechnet werden.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des rückständigen Kin-desunterhalts teilweise für erledigt erklärt hatten, haben die Klägerinnen in erster Instanz beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt für August 1999 in Höhe von 305 DM und ab 1. Februar 2000 in Höhe von 121 % des Grundbetrages der jeweils gültigen Regelbedarfsverordnung abzüglich der Hälfte des Kindergeldes sowie monatlichen Unterhalts für die Kindesmutter für August 1999 in Höhe von 731 DM und ab dem 1. September 1999 in Höhe von monatlich 860,05 DM zu verurteilen. Der Beklagte hat den Kindesunterhaltsanspruch auch für die Zukunft in Höhe von 270 DM monatlich anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Familiengericht hat den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt und die Unterhaltsklage der Klägerin abgewiesen. Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, der Klägerin stehe ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB nicht zu, weil das von der Klägerin nach der Geburt des gemeinsamen Kindes erzielte Einkommen höher sei als das frühere Einkommen der Klägerin und damit der nach der Lebensstellung der Klägerin zu bemessende Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbseinkünfte der Klägerin gedeckt sei. § 1577 Abs. 2 BGB sei auf den Unterhaltsanspruch gemäß § 1615l BGB nicht anwendbar. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch der nichtehelichen Mutter auf Beteiligung des Vaters an den Kinderbetreuungskosten.

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor, der Unterhaltsanspruch der ein nichteheliches Kind betreuenden Mutter sei für die ersten drei Jahre nicht anders zu beurteilen als derjenige einer ehelichen Mutter. Vor Berechnung des Unterhaltsbedarfs sei das Einkommen der Klägerin um die Kosten der Tagesmutter zu bereinigen. Zudem komme der Ansatz eines Betreuungsbonus bzw. die entsprechende Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB in Betracht. Wenn die Klägerin sich ausschließlich der Kindesbetreuung widmete, hätte sie den vollen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten. Wenn sie überobligationsgemäß arbeite und den Beklagten dadurch teilweise entlaste, dürfe sie finanziell nicht schlechter gestellt sein. Ihre überobligationsgemäße Arbeit müsse im Gegenteil nach allgemein geltendem Unterhaltsrecht honoriert werden.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zur Zahlung folgender Unterhaltsbeträge zu verurteilen:

a) für August 1999 731 DM,

b) ab September 1999 monatlich 860,05 DM,

c) ab Januar 2000 monatlich 500 DM,

d) ab Mai 2000 monatlich 300 DM.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt mit der Berufungserwiderung vor, der Klägerin stehe ein Unterhaltsanspruch nicht zu, weil sie nicht dargelegt habe, dass ihr infolge der Schwangerschaft und Geburt des Kindes irgendwelche Nachteile entstanden seien. Die Klägerin verdiene nach der Trennung der Parteien nicht weniger, sondern eher mehr als vor der Geburt des Kindes bzw. vor der Schwangerschaft. Ob der Klägerin, wenn sie mit dem Beklagten verheiratet gewesen wäre, ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zustünde, sei gleichgültig. Der Anspruch auf Zahlung des Quotenunterhalts bilde lediglich die Obergrenze eines möglichen Anspruchs aus § 1615l Abs. 2 BGB. Die Klägerin könne hingegen nicht verlangen, genauso gestellt zu werden, als sei sie mit dem Beklagten verheiratet gewesen.

Der Senat hat die Parteien im Termin vom 28. 11. 2000 persönlich angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist teilweise begründet.

Der Beklagte ist der Klägerin gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB zur Zahlung monatlichen Betreuungsunterhalts in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe verpflichtet.

Gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Vater eines nichtehelichen Kindes der Mutter auch über die Zeit von acht Wochen nach der Geburt hinaus zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist. Das Gleiche gilt gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB, nach der die nichteheliche Mutter Betreuungsunterhalt auch dann beanspruchen kann, wenn sie wegen der Kinderbetreuung keiner Erwerbstätigkeit oder nur einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachgeht, sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Klägerin hat ihre frühere Vollerwerbstätigkeit zunächst wegen der Schwangerschaft und später wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes auf eine Teilzeitbeschäftigung beschränkt. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat glaubhaft erklärt, dass sie früher bei der Firma R vollzeitbeschäftigt war und erst während der Schwangerschaft im Februar oder März 1998 ihre Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden reduziert hat. Der Beklagte hat dem in der mündlichen Verhandlung nicht mehr widersprochen. Nach der Geburt des Kindes und der Trennung von dem Beklagten im Juni 1998 hat die Klägerin dann erneut eine Teilzeitbeschäftigung mit etwa 32 Wochenstunden bei der Firma A aufgenommen. Angesichts des Alters des von ihr betreuten Kindes, das erst im Juli 2001 drei Jahre alt wird, spricht eine Vermutung dafür, dass sie wegen der Kinderbetreuung jedenfalls bis Juli 2001 an der Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung gehindert ist, so dass die Kausalität zwischen der Nichterwerbstätigkeit bzw. Teilerwerbstätigkeit und der Kinderbetreuung gegeben ist.

Der Höhe nach bemisst sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin gemäß § 1615l Abs. 3 i. V. m. § 1610 BGB nach der Lebensstellung der Klägerin und damit nach den Einkommensverhältnissen, in denen die Klägerin leben würde, wenn sie das gemeinsame Kind nicht zu betreuen hätte. Die Lebensstellung der Klägerin ist geprägt durch ihr eigenes Erwerbseinkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung als kaufmännische Angestellte im Lebensmitteleinzelhandel. Sie hat vor der Schwangerschaft bei der Firma R vollschichtig gearbeitet und hätte, wenn sie durch Schwangerschaft und Kinderbetreuung nicht daran gehindert gewesen wäre, auch weiter vollschichtig als kaufmännische Angestellte bei der Firma R oder einem anderen Arbeitgeber in der Lebensmitteleinzelhandelsbranche gearbeitet. Nach den von der Klägerin vorgelegten Gehaltsbescheinigungen der Firma R einerseits und der Firma A andererseits hat sich der Nettoverdienst der Klägerin durch den Wechsel des Arbeitgebers erheblich verbessert. Ausweislich der Verdienstbescheinigung für den Monat März 1998 hat die Klägerin mit einer Wochenarbeitszeit von 32 Stunden bei der Firma R ein Monatsnettogehalt von 1533,86 DM erzielt. Das aus einer vollschichtigen Tätigkeit unter Berücksichtigung jährlicher Sonderzuwendungen bei der Firma R erzielte durchschnittliche Monatsgehalt betrug danach etwa 1918 DM. Bei der Firma A hat die Klägerin hingegen bei einer Arbeitszeit von nur etwa 32 Wochenstunden ebenfalls mit der Steuerklasse I in der Zeit von Juli bis Dezember 1999 ein über dem vollen Durchschnittsgehalt der Firma R liegendes monatliches Durchschnittsnettogehalt erzielt von (11 724,10 DM : 6 Monate) = 1954 DM. Im Jahr 2000 hat sich das von der Klägerin bei einer Wochenarbeitszeit von 32 Stunden erzielte monatliche Nettoeinkommen nicht nur wegen der ab Januar 2000 gültigen Steuerklasse II erhöht. Auch das von der Firma A gezahlte Bruttogehalt hat sich nach der Verdienstbescheinigung für Oktober 2000 (36 852,20 DM Gesamtbrutto : 10) = 3685 DM zu dem in der Verdienstbescheinigung für Dezember 1999 ausgewiesenen Bruttogehalt von (19 110,40 DM Gesamtbrutto : 6) = 3185 DM weiter erhöht. Bei diesen erheblichen Verdienstunterschieden ist es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gerechtfertigt, den Unterhaltsbedarf der Klägerin nach dem vor der Schwangerschaft bei der Firma R aus einer Vollzeitbeschäftigung erzielten Nettoeinkommen zu bemessen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nicht darauf festgelegt war oder ist, bei einem bestimmten Arbeitgeber als kaufmännische Angestellte zu arbeiten, ist es vielmehr gerechtfertigt, die Lebensstellung der Klägerin und damit ihren Unterhaltsbedarf nach den durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten einer kaufmännischen Angestellten im Lebensmitteleinzelhandel zu bemessen. Das entsprechende Durchschnittsnettoeinkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung mit der Steuerklasse I schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung der mit den vorgelegten Verdienstbescheinigungen der Firmen R und A nachgewiesenen Bruttogehälter auf monatlich etwa 2300 DM.

Die auf den der Lebensstellung der Klägerin entsprechenden Unterhaltsbedarf von 2300 DM monatlich anzurechnenden eigenen Erwerbseinkünfte sind lediglich um die von der Klägerin tatsächlich aufgewendeten Kinderbetreuungskosten zu bereinigen. Die Klägerin hat durch Vorlage einer Betreuungsvereinbarung vom 15. 7. 1999 nachgewiesen, dass die gemeinsame Tochter J A ab 2. 8. 1999 36 Stunden die Woche für ein monatliches Betreuungsentgelt von 600 DM von einer Tagesmutter betreut wird. Da die Klägerin ihre Arbeit überhaupt nur ausüben kann, wenn dritte Personen während der Arbeitszeit die Betreuung des Kindes übernehmen, handelt es sich bei den von der Klägerin nachgewiesenen Kinderbetreuungskosten um berufsbedingte Aufwendungen, die nach allgemein unterhaltsrechtlichen Grundsätzen das anrechenbare Einkommen der Klägerin vermindern.

Nicht gerechtfertigt ist es hingegen, das auf den Unterhaltsbedarf anzurechnende Erwerbseinkommen über die konkreten Kinderbetreuungskosten hinaus um einen Betreuungsbonus zu bereinigen oder in entsprechender Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt überobligationsgemäßer Einkünfte teilweise anrechnungsfrei zu belassen. Soweit eine Mutter neben der Betreuung ihres noch nicht dreijährigen ehelichen Kindes einer Erwerbstätigkeit nachgeht, wird diese Erwerbstätigkeit im Verhältnis zu dem unterhaltsverpflichteten Kindesvater zwar regelmäßig als überobligationsgemäß angesehen und deshalb bei der Berechnung des Getrenntlebensunterhaltsanspruches gemäß § 1361 BGB oder nachehelichen Unterhaltsanspruches gemäß § 1570 BGB nach Abzug eines sog. Betreuungsbonus gemäß § 1577 Abs. 2 BGB nur teilweise auf den Unterhaltsbedarf der ehelichen Mutter angerechnet. Diese in der Rechtsprechung zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1570 BGB entwickelten Grundsätze lassen sich auf den Betreuungsunterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter gemäß § 1615l BGB aber auch nach der durch das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. 8. 1995 erfolgten gesetzlichen Neuregelung nicht übertragen. Während nach der früheren Regelung der Anspruch der nichtehelichen Mutter auf Betreuungsunterhalt von dem Nachweis abhing, dass eine anderweitige Möglichkeit der Kinderbetreuung nicht bestand, war Zweck der mit der Neuregelung erfolgten weitgehenden Angleichung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 1570 BGB, den Vater in eine größere Verantwortung dafür zu ziehen, dass ein Kind, dessen Eltern nicht verheiratet sind, während der ersten drei Lebensjahre in den Genuss der persönlichen Betreuung durch die Mutter kommt, die dafür durch den Unterhaltsanspruch abgesichert werden sollte (vgl. Palandt, BGB, 59. Auflage, § 1615l BGB Rdnr. 10). Dem gesetzgeberischen Ziel, auch der nichtehelichen Mutter über den Unterhaltsanspruch gegen den Vater die persönliche Betreuung des Kindes zu ermöglichen, diente die (teilweise) Anrechnungsfreiheit überobligationsgemäßer Erwerbseinkünfte der nichtehelichen Mutter aber nicht. Die Honorierung der überobligationsgemäßen Erwerbseinkünfte wäre im Gegenteil geeignet, die Mutter zu einer frühzeitigen Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit zu veranlassen und widerspräche damit sogar dem mit der Neuregelung des § 1615l BGB verfolgten Zweck, die Stellung des nichtehelichen Kindes zu verbessern. Eine Gleichstellung der nichtehelichen Mutter mit der ehelichen Mutter, der der Kindesvater nicht nur im Interesse der Betreuung der gemeinsamen Kinder, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität zum Unterhalt verpflichtet sein kann, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 1615l BGB nicht bezweckt. Die Vorschrift des § 1577 BGB, die die Anrechenbarkeit eigener Einkünfte des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten regelt, kann daher auf den Betreuungsunterhaltsanspruch gemäß § 1615l BGB auch nicht entsprechend angewendet werden.

Der Unterhaltsbedarf der Klägerin berechnet sich danach wie folgt:

Ab August 1999

hat die Klägerin ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigung für Juli bis Dezember 1999 bei der Firma A ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen erzielt von (11 724,10 DM Gesamtnetto ohne Berücksichtigung von dem Arbeitgeber gezahlter Fahrtkostenzuschüsse : 6 Monate) = 1954 DM. Nach Abzug der Kinderbetreuungskosten von 600 DM verbleibt ein anrechenbares Monatsnettoeinkommen von 1354 DM. Von dem Arbeitgeber gezahlte Fahrtkostenzuschüsse können ebenso wie etwaige berufsbedingte Fahrtkosten der Klägerin unberücksichtigt bleiben, weil entsprechende Zuschüsse und Aufwendungen das von der Klägerin aus einer vollschichtigen Tätigkeit zu erzielende monatliche Nettoeinkommen in gleicher Weise beeinflussten und es bei der Bedarfsbemessung lediglich auf die Differenz zwischen dem für die Lebensstellung der Klägerin maßgeblichen Einkommen aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit und dem tatsächlich von der Klägerin erzielten anrechenbaren Einkommen ankommt. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beträgt damit (2300 DM - 1354 DM) = 946 DM.

Ab Januar 2000

ist nach der Verdienstbescheinigung für Oktober 2000, die die jährlichen Sonderzuwendungen des Arbeitgebers schon teilweise berücksichtigt, von einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen der Klägerin in Höhe von (Gesamtnetto ohne Fahrtkostenzuschuss 24 843,88 DM : 10 Monate) = rund 2484 DM auszugehen. Nach Abzug der Kinderbetreuungskosten von 600 DM monatlich verbleibt ein anrechenbares Einkommen der Klägerin von 1884 DM. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich auf (2300 DM - 1884 DM) = 416 DM.

Ab Mai 2000

verringern sich die Kinderbetreuungskosten um den von dem Jugendamt gezahlten Zuschuss von monatlich 183 DM auf 417 DM und damit der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf 233 DM.

Für den Monat August 1999 beansprucht die Klägerin lediglich einen Unterhaltsbetrag von 731 DM und für die Monate September bis Dezember 1999 lediglich einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 860,05 DM. Zur Zahlung dieser Unterhaltsbeträge sowie der für die Zeit ab Januar 2000 errechneten Unterhaltsbeträge von monatlich 416 DM und 233 DM ist der Beklagte nach seinen Einkommensverhältnissen auch in der Lage. Die einseitige Orientierung an den möglichen Einkommensverhältnissen der Kindesmutter bei der Bedarfsbemessung führt im vorliegenden Fall nämlich nicht dazu, dass der Beklagte mehr Unterhalt zu zahlen hat, als ihm für seine eigene Lebensführung verbleibt. Die angemessenen Unterhaltsinteressen des Beklagten sind vielmehr dadurch gewahrt, dass ihm nach Abzug der an die Klägerin zu zahlenden Unterhaltsbeträge noch mehr als vier Siebtel seiner anrechenbaren Einkünfte für die eigene Lebensführung zur Verfügung stehen.

Der Beklagte hat im Jahr 1999 ausweislich der vorliegenden Jahresverdienstbescheinigung ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen erzielt von Jahresbrutto 76 273,50 DM

- Lohnsteuer 16 018,73 DM - Solidaritätszuschlag 812,95 DM - Pflegeversicherung 648,31 DM - Krankenversicherung 5 309,39 DM - Rentenversicherung 7 503,29 DM - Arbeitslosenversicherung 2 478,78 DM

Jahresnetto 43 502,95 DM

: 12 Monate = 3625,17 DM.

Nach Abzug des zu zahlenden Kindesunterhalts von 270 DM und der von der Klägerin in erster Instanz zugestandenen berufsbedingten Fahrtkosten von 133,20 DM und Kreditbelastungen von 250 DM verblieb dem Beklagten in der Zeit ab September 1999 ein anrechenbares monatliches Einkommen von 2971,97 DM. Vier Siebtel hiervon sind rund 1683 DM. Dem Beklagten verbleibt aber selbst in den Monaten September bis Dezember 1999, in denen er zur Zahlung eines monatlichen Betreuungsunterhalts von 860,05 DM verpflichtet ist, noch ein Einkommensbetrag von rund 2112 DM für die eigene Lebensführung. Auch wenn man das anrechenbare Einkommen des Beklagten im Monat August 1999 weiter um eine Mietmehrbelastung von 300 DM bereinigt, verfügt der Beklagte nach Zahlung des von der Klägerin für diesen Monat beanspruchten Betreuungsunterhalts von 731 DM noch über ein restliches Einkommen von 1940 DM.

Das angefochtene Urteil war daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange zugunsten der Klägerin abzuändern.

Eine Befristung der Unterhaltsansprüche auf die Zeit bis einschließlich Juni 2001 ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gerechtfertigt. Die Tochter J A wird im Juli 2001 zwar drei Jahre alt. Der Betreuungsunterhaltsanspruch gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB entfällt jedoch nicht in jedem Fall mit Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes. Die Unterhaltsverpflichtung des Vaters endet gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB drei Jahre nach der Geburt des Kindes nur, sofern es nicht insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Ob die Versagung des Unterhaltsanspruches ab Juli 2001 unter Berücksichtigung der Belange des Kindes nicht grob unbillig wäre, kann, weil die zukünftige Entwicklung des Kindes nicht mit Sicherheit voraussehbar ist, zurzeit noch nicht beurteilt werden. Der Beklagte hat daher lediglich die Möglichkeit, nach Vollendung des dritten Lebensjahres der gemeinsamen Tochter die Beendigung seiner Unterhaltsverpflichtung im Wege der Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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