Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 14.05.2002
Aktenzeichen: 1 U 1/02
Rechtsgebiete: InsO, AnfG, ZPO, HGB


Vorschriften:

InsO § 11 Abs. 2 Nr. 1
InsO § 85
InsO § 93
InsO § 138
InsO § 143
AnfG § 1 Abs. 1
AnfG § 2
AnfG § 3 Abs. 2
AnfG § 3 Abs. 2 Satz 2
AnfG § 4
AnfG § 4 Abs. 1
AnfG § 11
AnfG § 13
AnfG § 17
ZPO § 240
ZPO § 249 Abs. 2
ZPO § 265
ZPO § 265 Abs. 2
ZPO § 539 a.F.
ZPO § 540 a.F.
ZPO § 543 n.F.
ZPO § 727
HGB § 171 Abs. 2
1. Der Gläubiger einer Forderung gegen eine BGB-Gesellschaft, der einen Titel gegen einen Gesellschafter erwirkt hat, ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr befugt, die Zwangsvollstreckung gegen den Gesellschafter zu betreiben. Diese Befugnis steht nach § 93 InsO ausschließlich dem Insolvenzverwalter zu.

2. Auch die Befugnis zur Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz geht auf den Insolvenzverwalter über.

3. Ein anhängiger Prozess zwischen dem Gläubiger und dem Anfechtungsschuldner wird in entsprechender Anwendung von § 17 AnfG bis zur Aufnahme durch den Insolvenzverwalter unterbrochen.


Oberlandesgericht Stuttgart - 1. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 1 U 1/02

verkündet am 14.05.2002

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Richters am Oberlandesgericht Dr. Drescher der Richterin am Oberlandesgericht Wiggenhauser und der Richterin am Oberlandesgericht Kassner

auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 16. November 2001 - 5 O 258/00 - aufgehoben. Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten der Berufung - an das Landgericht Ellwangen zurückverwiesen.

Streitwert: 30.166,22 € (= 59.000,00 DM)

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem Anfechtungsgesetz.

Die Kläger erwirkten gegen den Ehemann der Beklagten als Gesellschafter der Z + N GbR für Mietschulden der Gesellschaft am 09.09.1999 einen Teilvollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart - 99-9251793-2-4 - auf Zahlung von 42.500,00 DM sowie am 30.11.1999 ein vollstreckbares Versäumnisurteil des Landgerichts Ellwangen - 4 O 212/99 - auf Zahlung von 16.500,00 DM, jeweils nebst Zinsen und Kosten. Über das Vermögen der Z + N GbR wurde durch Beschluss des Amtsgerichts A vom 31.10.2000 - IN 71/00 - das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Sch, Stuttgart, zum Insolvenzverwalter bestellt.

Durch notariellen Vertrag übertrug der Zeuge N, der Ehemann der Beklagten, ihr am 22.03.1999 im Wege einer ehebedingten unbenannten Zuwendung seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstück F-Straße 20 in A. In demselben Vertrag räumten er und die Beklagte ihren Kindern Lars und Constanze N einen Quotennießbrauch zu je einem Viertel an diesem Grundstück ein. Zu den Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag Blatt 35 der Akten verwiesen. Die Beklagte, die zuvor bereits die andere Miteigentumshälfte hielt, wurde am 30.03.1999 als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück mit einer Grundschuld zugunsten der S Versicherung AG im Nennwert von 150.000,00 DM und mit zwei Grundschulden der Kreissparkasse O im Nennwert von 245.000,00 DM und 60.000,00 DM belastet.

Die Kläger haben vorgetragen, die Übertragung des Miteigentumsanteils an die Beklagte sei unentgeltlich erfolgt. Ihr Ehemann, der völlig überschuldet gewesen sei, habe eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung seiner Gläubiger vereiteln wollen. Das sei der Beklagten bekannt gewesen. Das Grundstück sei nicht wertausschöpfend belastet gewesen. Es habe einen Verkehrswert von mindestens 700.000,00 DM. Die Grundschulden seien nicht mehr voll valutiert. Der den Kindern eingeräumte Quotennießbrauch könne bei der Beurteilung, ob das Grundstück wertausschöpfend belastet sei, nicht berücksichtigt werden.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wegen der fälligen, titulierten und vollstreckbaren Forderungen der Kläger gegen den Schuldner N, wohnhaft F-Straße 20, A, in Höhe von 59.000,00 DM aufgrund des Versäumnisurteils des Landgerichts Ellwangen, Aktenzeichen 4 O 212/99, vom 30.11.1999 und des Teilvollstreckungsbescheids des Amtsgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 99-9251793-2-4, vom 09.09.1999 die Zwangsvollstreckung aus dem Teil des Verwertungserlöses in ihr Grundstück F-Straße 20, A, Karten-Nr. 3165, Flurstück-Nr. 63/2, Größe 7 a 50 qm, Gemarkung N, eingetragen im Grundbuch, Grundbuchamt A, Blatt 8512, zu dulden, der dem Schuldner N als Miteigentümer zugestanden hätte.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, den Klägern fehle die Prozessführungsbefugnis, weil die Anfechtung nur noch vom Insolvenzverwalter vorgenommen werden könne. Die Übertragung des Miteigentumsanteils sei nicht unentgeltlich erfolgt. Damit habe ein ihrem Ehemann in der Vergangenheit gewährtes Darlehen getilgt werden sollen. Sie habe mit Darlehensvertrag vom 20.05.1998 der Z + N GbR ein Darlehen über 40.000,00 DM und mit Darlehensvertrag vom 12.03.1999 ihrem Ehemann ein Darlehen über 160.000,00 DM gewährt, welches sich aus dem vorgenannten Darlehen und einem Betrag von 120.000,00 DM gemäß der Sicherungsabtretung vom 08.03.1999 zusammensetze. In diesem Darlehensvertrag habe sie mit ihrem Ehemann auch die Übertragung des Miteigentumsanteils am Grundstück und die dadurch erfolgende Tilgung des Darlehens von 60.000,00 DM vereinbart. Zum Zeitpunkt ihrer Eintragung als Alleineigentümerin sei das Grundstück wertausschöpfend belastet gewesen. Es habe einen Verkehrswert von ca. 575.000,00 DM. Dem stünden die voll valutierten Grundschulden der Kreissparkasse O und der S Versicherung AG über insgesamt 455.000,00 DM und das Quotennießbrauchsrecht ihrer Kinder gegenüber.

Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen N (Blatt 84 ff.) und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Grundstückswert (Blatt 128 ff.) die Klage abgewiesen, weil mit dem Quotennießbrauch der Kinder und den Grundschulden, soweit sie valutiert seien, der Grundstückswert ausgeschöpft sei. Dagegen legten die Kläger Berufung ein.

Sie tragen vor, der Quotennießbrauch der Kinder sei nicht zu berücksichtigen. Außerdem seien die Grundschulden in geringer Höhe valutiert, als das Landgericht angenommen habe.

Sie beantragen,

unter Abänderung des am 16. November 2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Ellwangen, Aktenzeichen 5 O 258/00, die Beklagte zu verurteilen, wegen der fälligen, titulierten und vollstreckbaren Forderungen der Kläger gegen den Schuldner N, wohnhaft F-Straße 20, A, in Höhe von 59.000,00 DM aufgrund des Versäumnisurteils des Landgerichts Ellwangen, Aktenzeichen 4 O 212/99, vom 30.11.1999 und des Teilvollstreckungsbescheids des Amtsgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 99-9251793-2-4, vom 09.09.1999 die Zwangsvollstreckung aus dem Teil des Verwertungserlöses des Grundstückes F-Straße, 73434 A, Karten-Nr., Flurstück-Nr. 63/2, Größe 7 a 50 qm, Gemarkung N, eingetragen im Grundbuch, Grundbuchamt A, Blatt 8512, zu dulden, der dem Schuldner N als Miteigentümer zugestanden hätte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Klage sei unzulässig, weil nur noch der Insolvenzverwalter einziehungsbefugt sei. Das Landgericht sei im übrigen zurecht davon ausgegangen, dass das Grundstück wertausschöpfend belastet sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass in der Zwangsversteigerung ein geringerer als der vom Sachverständigen errechnete Wert für das Grundstück erzielt würde.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Auf die Berufung der Kläger ist das Urteil nach § 539 ZPO a.F. aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landgericht Ellwangen zurückzuverweisen. Der Rechtsstreit wurde mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Z + N GbR am 31.10.2000 unterbrochen. Er konnte nur vom Insolvenzverwalter weitergeführt werden.

1. Die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an die Beklagte ist anfechtbar. Nach § 4 Abs. 1 AnfG ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, die nicht früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden ist und die nach § 1 Abs. 1 AnfG die Gläubiger des Schuldners benachteiligt.

a) Die Grundstücksübertragung war eine unentgeltliche Leistung. Auch die unbenannte Zuwendung an einen Ehegatten ist, wenn sie unentgeltlich ist, eine unentgeltliche und damit anfechtbare Leistung (OLG Celle NJW 1990, 720; Kübler/Prütting/Paulus InsO § 4 AnfG Rn. 5). Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn sie ohne Rechtspflicht erfolgt ist und keine Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Nach dem vorgelegten notariellen Vertrag erhielt der Schuldner für die Übertragung des Miteigentumsanteils keine Gegenleistung der Beklagten. Eine Rechtspflicht zur Leistung des Grundstücks an die Beklagte bestand für den Schuldner nicht. Wenn die Beklagte dem Schuldner ein Darlehen gewährte, hatte sie daraus einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes, nicht aber auf Leistung des Grundstücks. Dass der Schuldner und die Beklagte vereinbart hatten, die Miteigentumshälfte an Statt der Rückzahlung des Darlehens zu übertragen, ist mit der Aussage des Zeugen N nicht bewiesen.

Außerdem wäre die Übertragung auch anfechtbar, wenn sie entgeltlich erfolgte. Wenn es sich um ein entgeltliches Geschäft handelte, lägen die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG vor. Danach ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Beklagte ist als Ehefrau des Schuldner eine diesem nahestehende Person nach § 138 InsO. Der Vertrag wurde nicht früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen, § 3 Abs. 2 Satz 2 AnfG. Die dafür beweispflichtige Beklagte hat keinen Beweis dafür angetreten, dass sie von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihres Ehemannes nichts wusste.

b) Die Übertragung des Miteigentumsanteils benachteiligt die Gläubiger des Ehemanns der Beklagten. Die Gläubiger sind benachteiligt, wenn ihre Befriedigungsmöglichkeit aus dem Schuldnervermögen beeinträchtigt ist. Die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger ist durch die Weggabe des Grundstücks beeinträchtigt, wenn es noch nicht wertausschöpfend belastet ist. Das Grundstück und damit der übertragene Miteigentumsanteil war mit Grundschulden nicht wertausschöpfend belastet. Zum Zeitpunkt des Erwerbs, der mit der Eintragung am 30.03.1999 schon kurz nach Kaufvertragsabschluss am 22.03.1999 vollendet wurde, hatte das Grundstück unter Berücksichtigung der Teilvermietung einen Wert von 660.000 DM. Valutiert waren nach dem Landgericht Grundschulden von 417.904,10 DM. Selbst wenn man eine Valutierung bis zum Nennwert der Grundschulden von 455.000 DM berücksichtigte, erschöpften die Belastungen den Grundstückswert nicht.

Der zugunsten der Kinder bestellte Nießbrauch ist nicht zu berücksichtigen. Er ist keine Gegenleistung der Beklagten für die Zuwendung der Grundstücke. Für die Gläubigerbenachteiligung spielt die zusätzliche Belastung keine Rolle, weil sie ebenfalls anfechtbar ist. Dass der Kläger die Anfechtung dieser Belastungen bislang nicht geltend gemacht hat, ist ohne Bedeutung. Es genügt, dass eine Anfechtung insoweit möglich und durchsetzbar ist (BGH NJW 1996, 3147). Sonst könnte ein Gläubiger durch Aufteilung und Belastung sein Vermögen dem Gläubigerzugriff entziehen, weil jeweils der eine Anfechtungsschuldner auf den anderen verweisen könnte, um die Wertausschöpfung geltend zu machen. Aus dem Urteil des BFH vom 14.07.1981 - VII R 49/80 - ergibt sich nichts anderes. Der BFH beschäftigt sich mit der Frage, ob der Anfechtungsschuldner einen dem Schuldner eingeräumten Nießbrauch beseitigen muss. Obwohl der Anfechtungsschuldner den anfechtbar eingeräumten Nießbrauch nicht beseitigen muss, kann er bei der Bemessung der Wertausschöpfung unberücksichtigt bleiben.

Die Nießbrauchsbestellung für die Kinder des Schuldners ist ebenfalls nach § 4 AnfG anfechtbar, weil sie unentgeltlich erfolgte. Die Frist nach § 4 Abs. 1 AnfG von vier Jahren ist noch nicht abgelaufen.

2. Die Kläger sind nicht mehr berechtigt, die Anfechtung geltend zu machen, weil über das Vermögen der Z + N GbR durch Beschluss des AG A vom 31.10.2000 - IN 71/00 - das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

a) Zur Einziehung der der Anfechtung zugrundeliegenden Forderung sind die Kläger nicht mehr befugt. Die Forderung der Kläger gegen den Ehemann der Beklagten ist eine Mietforderung gegen die Z + N GbR, für die er als Gesellschafter persönlich haftet. Nach § 93 InsO kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit die persönliche Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeit der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Die BGB-Gesellschaft ist nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit. Für rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten der BGB-Gesellschaft, für die die Gesellschafter persönlich haften, bedeutet dies, dass der Gläubiger einer Forderung gegen die Gesellschaft während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft den Haftungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht mehr selbst geltend machen darf und die Einziehungsbefugnis verliert (BGH RPfleger 2002, 94; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, § 93 Rn. 48).

b) Auch die Zwangsvollstreckung aus einem Titel des Gläubigers durch den Gläubiger ist nach § 93 InsO ausgeschlossen (OLG Jena NZI 2002, 156; Brandes in: Münchner Kommentar, § 93 InsO Rn. 13; Wimmer-App, § 92 InsO Rn. 10). Vielmehr ist sie vom Insolvenzverwalter zu verfolgen. Er kann dazu den Titel analog § 727 ZPO umschreiben lassen (OLG Dresden ZInsO 2000, 607).

c) Damit können die Kläger mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nicht mehr anfechten. Nach § 2 AnfG ist der Gläubiger zur Anfechtung berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Das Anfechtungsrecht folgt als Hilfsrecht dem zu vollstreckenden Anspruch (RGZ 39,12; Kübler/Prütting/Paulus, InsO, § 2 AnfG Rn. 3, § 11 AnfG Rn. 6). Der Anspruch geht allerdings nicht auf den Insolvenzverwalter über. Er erhält vielmehr die alleinige Befugnis, ihn geltend zu machen. Damit muss aber auch die Befugnis zur Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz auf ihn übergehen. Sonst könnten die Kläger darüber und damit mittelbar über die Befriedigung aus dem titulierten Anspruch verfügen, was § 93 InsO verhindern will. Auch die Parallelität von Hauptanspruch und Anfechtungsberechtigung spricht dafür, die Anfechtungsbefugnis für die Zeit der Insolvenz der Gesellschaft auf den Insolvenzverwalter übergehen zu lassen. Gegen einen Übergang der Anfechtungsbefugnis spricht auch nicht, dass die Vollstreckung durch einen Prozessstandschafter, der nicht Forderungsinhaber ist, möglich ist, also Forderungsinhaberschaft und Vollstreckungsgläubigerschaft auseinanderfallen können (BGH NJW 1983, 1678). Der Vollstreckungsgläubiger, der in Prozessstandschaft einen Titel erwirkt hat, will vollstrecken und kann über die Forderung verfügen. § 93 InsO soll mit der Sperrwirkung für eine Zahlung an die Kläger auch verhindern, dass der Gläubiger zum Nachteil anderer Gesellschaftsgläubiger die Haftung alleine realisieren kann. Deshalb darf der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend machen, sondern nur noch der Insolvenzverwalter. Die Kläger sind damit im Gegensatz zum Prozessstandschafter mit einer Verfügung über die Forderung ausgeschlossen. Das verbietet es, ihnen zwar die Zuständigkeit zur Zwangsvollstreckung zu nehmen, aber trotzdem die Anfechtung, die nur der Zwangsvollstreckung dienen soll, zu erlauben.

3. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Z + N GbR wurde der beim Landgericht anhängige Prozess entsprechend § 17 AnfG unterbrochen. Der Verlust der Befugnis, die Anfechtung geltend zu machen, muss sich auch auf den anhängigen Prozess auswirken.

a) § 265 ZPO ist nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Nach § 265 Abs. 2 ZPO hat die Abtretung einer eingeklagten Forderung keine Auswirkung auf einen anhängigen Rechtsstreit. Eine Abtretung oder ein sonstiger Fall der Rechtsnachfolge liegt nicht vor. Der Insolvenzverwalter erhält die Befugnis zur Einziehung der Forderung, die nach wie vor dem Gläubiger zusteht. Er wird nicht Rechtsnachfolger des Gläubigers. § 265 ZPO ist auch nicht entsprechend anwendbar. Es ist gerade der Sinn des § 93 InsO, die Dispositionsbefugnis über die Haftsumme dem einzelnen Gläubiger in jeglicher Hinsicht zu entziehen und im Gesamtinteresse der Gesellschaftsgläubiger dem Insolvenzverwalter zu übertragen. Die Lage auf Seiten des Gläubigers ist hier nicht anders als beim Prozess gegen den Gesellschafter selbst.

b) Es wäre unbefriedigend anzunehmen, dass der anhängige Prozess wegen der Eröffnung der Gesellschaftsinsolvenz wegen Unzulässigkeit in der Hauptsache für erledigt erklärt werden müsste. Von einer endgültigen Erledigung kann nicht ohne weiteres gesprochen werden. Der Gesellschaftsgläubiger verliert zunächst zwar das Recht, seinen Anspruch und die Anfechtung geltend zu machen. Es kann aber an ihn zurückfallen, wenn die Insolvenz endet, ohne dass der Haftungsanspruch durchgesetzt worden ist. In diesem Falle liegt es im Interesse der früheren Prozessparteien, den alten Rechtsstreit wieder aufzunehmen, um nicht genötigt zu sein, von Anfang an neu zu prozessieren. Außerdem ist es zwar richtig, dass der Insolvenzverwalter den Individualanspruch des Gesellschaftsgläubigers nicht weiterzuverfolgen hat; dennoch wird die Frage, ob der Anfechtungsgegner überhaupt die Zwangsvollstreckung dulden muss, meist auch im Mittelpunkt des vom Gesellschaftsgläubiger eingeleiteten Anfechtungsprozesses stehen. Deshalb würde es sinnvoll sein und einer beschleunigten Abwicklung des Insolvenzverfahrens dienen, wenn der Insolvenzverwalter in ihm geeignet erscheinenden Fällen in den laufenden und vielleicht schon weit fortgeschrittenen Prozess eintreten und darin ohne weiteres den Anspruch geltend machen könnte.

c) Entsprechend der Rechtsprechung zu § 171 Abs. 2 HGB (BGHZ 82, 209) ist § 17 AnfG (früher § 13 AnfG) auf den Prozess gegen den Gesellschafter entsprechend anzuwenden. § 17 AnfG ist zur Schließung der gesetzlichen Lücke besser geeignet als die ebenfalls vorgeschlagenen analogen Anwendung der §§ 240 ZPO, 85 InsO (z.B. Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 93 Rn. 36; Brandes in: Münchner Kommentar, § 93 InsO Rn. 41, § 92 InsO Rn. 25), weil § 17 AnfG Prozesse betrifft, an denen der Insolvenzschuldner nicht selbst beteiligt ist. In den Fällen des § 93 InsO ist der Insolvenzschuldner ebenfalls selbst nicht beteiligt. In beiden Fällen tritt an die Stelle des Klägers der Insolvenzverwalter und kann nach Beendigung des Insolvenzverfahrens die Berechtigung wieder an den Kläger zurückfallen.

d) Auch der Anfechtungsprozess, der wegen einer Forderung gegen den Gesellschafter nach der Insolvenz der Gesellschaft nicht vom bisherigen Kläger fortgesetzt werden kann, wird in entsprechender Anwendung des § 17 AnfG unterbrochen. Die für die entsprechende Anwendung des § 17 AnfG im Prozess gegen den Gesellschafter sprechenden Gründe gelten ebenso im Prozess gegen den Anfechtungsschuldner. Wie bei § 17 AnfG ist der Insolvenzschuldner nicht beteiligt und wie bei § 17 AnfG tritt an die Stelle des Anfechtungsgläubigers der Insolvenzverwalter. Der Unterschied zu § 17 AnfG besteht lediglich darin, dass der Insolvenzverwalter, wenn er das Verfahren fortsetzt, die Anfechtung nicht nach § 143 InsO geltend macht, sondern weiterhin nach § 11 AnfG.

4. Das Urteil des Landgerichts ist nach § 539 a.F. ZPO aufzuheben. Das Verfahren war mit Insolvenzeröffnung am 31.10.2000 unterbrochen. Das Landgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 05. Oktober 2001 am 16. November 2001 und damit nach der Unterbrechung ein Urteil verkündet. Bei während einem Verfahrensstillstand ergehenden Urteilen ist das Urteil aufzuheben. Die während eines Verfahrensstillstandes ergangenen Urteile beruhen auf einem Verfahrensverstoß, der grundsätzlich zur Aufhebung und Zurückverweisung führen muss, weil nach § 249 Abs. 2 ZPO die während einer Unterbrechung oder Aussetzung von den Parteien zur Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen ohne rechtliche Wirkung sind und die Parteien deshalb nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten waren (BGH Urteil vom 6. Februar 2002 - VIII ZR 106/01). Von einer eigenen Sachentscheidung nach § 540 a.F. ZPO hat der Senat abgesehen. Da das Verfahren unterbrochen ist, hätte in der Sache selbst keine Entscheidung ergehen können, sondern nur die Unterbrechung festgestellt werden können. Eine Fortsetzung des Verfahrens nach Aufnahme durch den Insolvenzverwalter ist im Hinblick auf die nach Unterbrechung noch erfolgte Beweisaufnahme jedoch vor dem Landgericht sinnvoller.

5. Die Kostenentscheidung ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da das aufhebende Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n.F. besteht nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück