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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 10.09.2001
Aktenzeichen: 1 Ws 184/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 172 Abs. 3 Satz 1 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 1. Strafsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 1 Ws 184/01
vom 10. September 2001
wegen Körperverletzung im Amt u.a.
Tenor:
Der Antrag des Anzeigeerstatters auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 28. Juni 2001 wird als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Der Anzeigeerstatter wirft den beiden Beschuldigten, die als Polizeibeamte im Polizeirevier I. in S. Dienst taten, vor, sie hätten ihn am ... gegen ... Uhr im Rahmen einer Polizeikontrolle vorsätzlich körperlich verletzt, beleidigt und der Freiheit beraubt (§§ 340, 185, 239 StGB). Er hat seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht nur den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Stuttgart und den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft in Kopie beigefügt, sondern auch die Niederschriften über die Angaben der Beschuldigten und die Aussagen zweier Zeugen, die ihn bei dem Vorfall begleitet hatten. Auf letztere gründet er seine Auffassung von der Unrichtigkeit der angegriffenen Bescheide.
II.
Der gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO rechtzeitig nach der am 02. Juli 2001 bewirkten Zustellung des Beschwerdebescheids am 23. Juli 2001 beim Oberlandesgericht Stuttgart angebrachte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht zulässig, weil er den Vortragserfordernissen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht genügt.
1. Nach der genannten Vorschrift muss der Antrag die Tatsachen angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen. Dazu gehört eine aus sich selbst heraus verständliche, in sich geschlossene Sachdarstellung; diese muss in groben Zügen auch den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide sowie die Darlegung enthalten, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Erwägungen der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft nicht zutreffen sollen (vgl. OLG Stuttgart, Die Justiz 2000, 127; OLG Hamm MDR 1998, 859; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage, § 172 Rdnr. 27; Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Auflage, § 172 Rdnr. 38, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen). Aufgrund des Klageerzwingungsantrags soll gerichtlich geprüft werden, ob die Staatsanwaltschaft unter Verstoß gegen das Legalitätsprinzip das Verfahren eingestellt hat anstatt die öffentliche Klage zu erheben. Der Antrag muss es dem Oberlandesgericht daher ermöglichen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten und etwa vorhandene Beiakten allein aufgrund seines Inhalts eine Schlüssigkeitsprüfung dahin vorzunehmen, ob nach dem Vorbringen des Anzeigeerstatters ein für die Erhebung der öffentlichen Klage hinreichender Tatverdacht in Betracht kommt. Diese Prüfung ist nicht allein aufgrund der Darstellung der Beweislage aus der - häufig subjektiv gefärbten - Sicht des Anzeigeerstatters möglich; die Würdigung der Beweise durch die Staatsanwaltschaft ist vielmehr insoweit von ebensogroßer Bedeutung (vgl. OLG Karlsruhe, Die Justiz 2001, 166 m.w.N). Die Auseinandersetzung mit der Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft ist das Kernstück des Klageerzwingungsantrags, die Auslassungen in wesentlichen Punkten nicht verträgt.
2. An einer solchen Auslassung krankt der vorliegende Antrag. Der Anzeigeerstatter verschweigt, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen ihn unter dem Datum vom 02. Juli 2001 aufgrund des verfahrensgegenständlichen Vorfalls Anklage zum Amtsgericht - Schöffengericht - Stuttgart wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen sowie wegen Sachbeschädigung (und im übrigen auch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) erhoben hat. Diese Anklageschrift ist seinem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten in seiner Eigenschaft als Verteidiger am 10. Juli 2001 zugestellt worden, so dass er bis zur Absendung seines am 23. Juli 2001 beim Oberlandesgericht eingegangenen Antrags auf gerichtliche Entscheidung genügend Zeit gehabt hätte, zu der völlig eindeutigen Einschätzung der Beweislage durch die Staatsanwaltschaft, die den beschuldigten Polizeibeamten im Gegensatz zum Anzeigeerstatter und seinen Begleitern vollen Glauben schenkte, Stellung zu nehmen. Auslassungen wie das Verschweigen einer Anklageerhebung gegen den Anzeigeerstatter in der selben Sache können im Klageerzwingungsverfahren nicht hingenommen werden. Sie bergen die Gefahr in sich, dass es - womöglich nahezu zeitgleich - zu unterschiedlichen Entscheidungen von Gerichten in der selben Sache kommt. Auch der Anzeigeerstatter, der zugleich Angeschuldigter ist, muss die Einschätzung der Beweislage durch die Staatsanwaltschaft in seinem Antrag vollständig wiedergeben; es kann ihm nicht gestattet werden, zwei Gerichte, die die Sache aufgrund unterschiedlicher Entscheidungsgrundlagen (Hauptverhandlung beim Amtsgericht, Aktenlage beim Oberlandesgericht) zu beurteilen haben, gegeneinander auszuspielen. Verstößt der Anzeigeerstatter in seinem Antrag gegen das Erfordernis, die Einschätzung der Beweislage durch die Staatsanwaltschaft ohne Auslassungen vollständig wiederzugeben, indem er eine gegen ihn in der selben Sache erhobene Anklage verschweigt, so macht dieser Vortragsmangel seinen Klageerzwingungsantrag unzulässig.
Ende der Entscheidung
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