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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 12.09.2005
Aktenzeichen: 1 Ws 211/05
Rechtsgebiete: JVEG
Vorschriften:
JVEG § 7 Abs. 2 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 1. Strafsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 1 Ws 211/05
vom 12. September 2005
in der Strafsache gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
hier: Beschwerde des Institutsleiters Prof. Dr. E. M.,
Tenor:
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2005 wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 17. Februar 2005 hat die mit der Sache befasste Berufungsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart außerhalb der Hauptverhandlung den Sachverständigen Privatdozent Dr. med. R. N. vom Institut für Rechtsmedizin mit der Erstellung eines Gutachtes zu den Verletzungen des Tatopfers (Ehefrau des Angeklagten) beauftragt. Der Sachverständige stellte für eine Kopie seines sechsseitigen Gutachtens, die er für seine Handakten angefertigt hatte, 3,48 € (inklusive Mehrwertsteuer) in Rechnung. Deren Festsetzung wurde von der Kostenbeamtin mit der Begründung abgelehnt, die Aufwendungen für die Kopie des eigenen Sachverständigengutachtens seien grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
Auf Antrag des Institutsleiters hat das Landgericht Stuttgart durch den Vorsitzenden der Berufungsstrafkammer eine "weitere Vergütung" von 3,48 € festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Gegen diese Festsetzung des Aufwendungsersatzes richtet sich die Beschwerde der Staatskasse, welcher der Vorsitzende nicht abgeholfen hat.
II.
1. Die Beschwerde ist wegen ihrer Zulassung durch den Vorsitzenden der Berufungsstrafkammer des Landgerichts zulässig (§ 4 Abs. 3 JVEG). Der nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG zuständige Einzelrichter des Oberlandesgerichts hat die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung auf den Senat übertragen (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).
2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Da der Gutachtensauftrag nach Inkrafttreten des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (01. Juli 2004) erteilt wurde, unterliegt er dem neuen Kosten- und -entschädigungsrecht (§ 25 JVEG).
Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 JVEG hat der Sachverständige Anspruch auf ein Honorar für seine Leistung (§§ 9 ff. JVEG) sowie auf Ersatz für sonstige (§ 7 JVEG) und besondere (§ 12 JVEG) Aufwendungen. Eine für die Handakte des Sachverständigen von diesem gefertigte Ablichtung seines Gutachtens ist eine nach § 7 Abs. 2 JVEG ersatzfähige sonstige Aufwendung.
Die Fotokopierkosten sind nicht mit dem Honorar des Sachverständigen abgegolten; denn dieses erfasst nur die Geschäfts-, Praxis- und Bürokosten des Sachverständigen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 JVEG), zu denen auch eine angemessene Ausstattung mit technischen Geräten und Fachliteratur zählt. Besondere Aufwendungen sind nach § 12 Abs. 1 Satz 2 JVEG insbesondere die Aufwendungen für Hilfskräfte, die für die Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge und die zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlichen Lichtbilder.
Im Gegensatz zu dem bis zum 30. Juni 2004 geltenden § 11 Abs. 2 ZSEG findet sich im JVEG keine ausdrückliche Regelung des Ersatzes von Aufwendungen, die für eine Kopie des Gutachtens des Sachverständigen für seine Handakten entstehen. Deren Ersatz ist im JVEG aber auch nicht ausgeschlossen. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 und 3 JVEG wird eine Pauschale von 0,50 € je Seite für die ersten 50 Gutachtensseiten gewährt, wenn der Sachverständige Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten fertigt, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Vorbereitung oder Bearbeitung der Angelegenheit geboten war. Da das Original des Gutachtens Bestandteil der Gerichtsakten wird, ist die Herstellung einer Kopie für den Sachverständigen geboten, wenn mit seiner späteren Ladung zu einer Verhandlung zwecks Erläuterung seines Gutachtens zu rechnen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage, JVEG § 7 Rdn. 16). Der Sachverständige ist in solchen Fällen kraft Amtes verpflichtet, sich ordnungsgemäß auf die Verhandlung vorzubereiten, um als Gehilfe des Gerichts zu einer möglichst effektiven Durchführung der Verhandlung beizutragen. Wie er diesen Anforderungen methodisch im Einzelnen gerecht wird, liegt in seiner Verantwortung; er ist insbesondere nicht verpflichtet, einen Computer zu benutzen und sich mit dessen Hilfe eine Ausdruck seines Gutachtens auf eigene Kosten zu erstellen. Andererseits erscheint die Anfertigung von Handakten zur Erfüllung der Aufgaben eines gerichtlichen Sachverständigen unentbehrlich und muss dem Sachverständigen daher durch Ersatz der Kopierkosten für sein Gutachten wirtschaftlich ermöglicht werden. Anderenfalls wäre der Sachverständige vor jeder Erläuterung seines Gutachtens in einer Verhandlung gezwungen, die Gerichtsakten anzufordern, sein eigenes Gutachten hieraus zu kopieren und die entstandenen Kopierkosten der Staatskasse, die auch die Versandkosten zu tragen hätte, in Rechnung zu stellen. Einer derart unökonomischen Verfahrensweise kann nur dadurch entgegengewirkt werden, dass das Sachverständigengutachten bereits mit seiner Fertigstellung kostenmäßig als Teil der Gerichtsakten angesehen wird; somit unterfällt seine Ablichtung der Aufwendungspauschale des § 7 Abs. 2 Satz 1 und 3 JVEG (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage, § 7 JVEG Rdn. 16; a.A. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 23. Auflage, Rdn. 7.2.2).
Zu Recht hat der Vorsitzende der Berufungsstrafkammer daher 3,48 € (brutto) Fotokopierkosten als ersatzfähig anerkannt.
III.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Ende der Entscheidung
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