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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 07.11.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 298/08
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 172 Abs. 2 S. 1 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 1. Strafsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 1 Ws 298/08
vom 07. November 2008
wegen Jagdwilderei
Tenor:
Der neu gefasste Antrag der Anzeigeerstatterin auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 08. September 2008 wird als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 10. Oktober 2008 hat der Senat den am 29. September 2008 eingegangenen ursprünglichen Antrag der Anzeigeerstatterin auf gerichtliche Entscheidung in vorliegender Sache wegen eines schwerwiegenden Mangels in der Sachverhaltsdarlegung als unzulässig verworfen. Der Beschluss wurde noch am selben Tag abgefertigt.
Am 15. Oktober 2008 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Anzeigeerstatterin beim OLG Stuttgart einen neu gefassten Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht der eine umfassende Sachverhaltsschilderung enthält und als Datum des Zugangs des Beschwerdebescheids vom 08. September 2008 den 15. September 2008 aufführt. Auf dem vorgelegten, dem Verfahrensbevollmächtigten im Wege formloser Übersendung zugegangenen Beschwerdebescheid befindet sich kein Eingangsvermerk oder Eingangsstempel.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung dieses neu gefassten Antrags als unzulässig beantragt und ausgeführt:
"Ausweislich der anliegenden Handakte 19 Zs 1271/08 wurde die mit einer ordnungsgemäßen Belehrung verbundene Beschwerdeentscheidung am Dienstag, 09.09.2008, zur Post gegeben. In der Rechtsprechung ist ein Postlauf von bis zu 3 Tagen anerkannt, wonach die Antragsfrist von einem Monat spätestens am 12.09.2008 begann und am 15.10.2008 auch bei großzügigster Auslegung abgelaufen war. Zu den Gründen der Verzögerung des angeblich erst am 15.09.2008 erfolgten Zugangs verhält sich der Antrag nicht. Bei einem derart ungewöhnlichen Verlauf des Postlaufs von 6 Tagen wäre dies jedoch geboten, zumal die als Anlage 5 dem Antrag beigefügte Beschwerdeentscheidung den auch bei Rechtsanwälten üblichen Eingangsvermerk nicht trägt."
Der Verfahrensbevollmächtigte der Anzeigeerstatterin hat hierauf erwidert, es komme im vorliegenden Fall nicht auf die wie immer gearteten Postlaufzeiten und einen daraus resultierenden Zugang, sondern auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft an. Die Bekanntgabe sei am 15. September 2008 erfolgt, der Antrag sei sonach fristgerecht gestellt worden.
II.
Auch der neu gefasste Antrag der Anzeigeerstatterin auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, weil die Mitteilung des Datums des Zugangs des Beschwerdebescheids vom 08. September 2008 fehlt und der Senat daher die Einhaltung der Monatsfrist aufgrund des Antragsvorbringens nicht überprüfen kann.
1. Zur Zulässigkeit des Antragsvorbringens, das nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO diejenigen Tatsachen enthalten muss, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, gehören auch die prozessualen Voraussetzungen einer Sachentscheidung (OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 331). Dem Antrag müssen sich auch die Daten entnehmen lassen, welche die Einhaltung der einmonatigen Antragsfrist nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO begründen; notfalls muss das Oberlandesgericht diese Daten dem als Anlage beigefügten Beschwerdebescheid entnehmen, wenn dieser einen Eingangsvermerk oder Eingangsstempel enthält (OLG Bamberg NStZ 1990, 202; OLG Koblenz, Beschluss vom 05. März 2007 - 1 Ws 107/07, zitiert nach Juris; Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage, § 172 RdNr. 38). Das Gesetz spricht in § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO von der "Bekanntmachung" des Beschwerdebescheids als Zeitpunkt des Fristbeginns. Welcher Zeitpunkt damit gemeint ist, erläutert die dazu erlassene Nr. 91 RiStBV unter der Überschrift "Bekanntgabe" in Abs. 2 Satz 1. Danach ist die Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens dem Antragsteller im Regelfall formlos zu übersenden. Die in Nr. 91 Abs. 2 Satz 2 RiStBV für den Fall eines zu erwartenden Klageerzwingungsverfahrens vorgesehene förmliche Zustellung wird von der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart nicht mehr praktiziert.
Danach ist klar, dass es hier auf das Datum des formlosen Zugangs des Beschwerdebescheids an den Verfahrensbevollmächtigten der Anzeigeerstatterin ankommt (so auch OLG Bamberg aaO; OLG Koblenz aaO; Karlsruher Kommentar aaO). Ob bei förmlicher Zustellung an einen Rechtsanwalt nach §§ 37 Abs. 1 StPO, 174 ZPO auf den Zeitpunkt der persönlichen Kenntnisnahme von dem zustellungshalber mit Empfangsbekenntnis übersandten Schriftstück abzustellen wäre (vgl. BVerfG NJW 2001, 1563; Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 37 RdNr. 19 m.w.N.), kann hier dahin stehen, da eine solche Zustellung nicht erfolgt ist.
2. Der neu gefasste Antrag ist formell mangelhaft, weil er entgegen § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO das Datum des tatsächlichen Zugangs des Beschwerdebescheids nicht aufführt. Stattdessen beharrt der Verfahrensbevollmächtigte der Anzeigeerstatterin in seinem Schriftsatz vom 06. November 2008 auf seiner fehlerhaften Rechtsmeinung, es komme nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs, sondern auf den Zeitpunkt der "Bekanntgabe" an. Die Unterscheidung von Zugang und Bekanntgabe zeigt, dass er gemäß §§ 37 Abs. 1 StPO, 174 ZPO auf den Zeitpunkt abstellt, zu dem er den Beschwerdebescheid, der ihm bereits zuvor zugegangen war, durch Annahme als gegen sich geltend zugestellt sehen wollte (vgl. BVerfG aaO).
Dieser Zeitpunkt ist indes hier, wo keine förmliche Zustellung mit Empfangsbekenntnis stattgefunden hat, nicht maßgeblich. Entscheidend war vielmehr der tatsächliche Zugang des Beschwerdebescheids in der Anwaltskanzlei; dieser setzte die Monatsfrist in Lauf. Deren Einhaltung kann der Senat jedoch nicht überprüfen, weil ihm das maßgebliche Zugangsdatum nicht mitgeteilt wird.
Dieser Vortragsmangel macht den Klageerzwingungsantrag unzulässig.
3. Hilfsweise hat der Senat erwogen, ob die Monatsfrist nach den bekannten Daten möglicherweise doch eingehalten wurde. Dies ist indes zu verneinen. Der Beschwerdebescheid wurde nach dem auf dem Original angebrachten Handzeichen einer Mitarbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag, den 09. September 2008 abgefertigt und war an die Kanzleianschrift des Verfahrensbevollmächtigten der Anzeigeerstatterin in adressiert. Unter Zugrundelegung der Maßstäbe der Post-Universal-Dienstverordnung und des § 270 Satz 2 ZPO, die von einer Postlaufzeit von höchstens zwei Tagen ausgehen, ist der Beschwerdebescheid bei Einrechnung aller denkbaren Verzögerungsfaktoren spätestens am Freitag, dem 12. September 2008 in der Anwaltskanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Anzeigeerstatterin eingegangen. Die Monatsfrist (§§ 172 Abs. 2 Satz 1, 43 Abs. 2 StPO) endete somit bereits am Montag, den 13. Oktober 2008. Die erst am 15. Oktober 2008 beim Oberlandesgericht eingegangene Neufassung des Antrags war damit verspätet.
III.
Der Klageerzwingungsantrag musste damit - ohne Kostenfolge (§ 177 StPO) - als unzulässig verworfen werden.
Ende der Entscheidung
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