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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 23.01.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 9/03
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 111 b | |
StPO § 306 Abs. 2 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 1. Strafsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 1 Ws 9/03
vom 23. Januar 2003
in der Strafsache
hier: Beschwerde der Arrestschuldnerin E. D.,
Tenor:
Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag der Arrestschuldnerin, den gegen sie mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Ermittlungsrichter - vom 25. Oktober 2002 (26 Gs 872/02) angeordneten Arrest aufzuheben, an die mit der Sache befasste Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart zurückgegeben.
Gründe:
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2002 ihres Prozessbevollmächtigten ließ die Arrestschuldnerin E. D. , die Ehefrau des von ihrem Prozessbevollmächtigten verteidigten Angeschuldigten J. D., Beschwerde gegen den mit Beschluss des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2002 gegen sie angeordneten dinglichen Arrest einlegen.
Der Vorsitzende der seit Anklageerhebung am 03. Dezember 2002 mit der Sache befassten Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart legte die Akten dem Senat mit dem Vermerk vor, die Strafkammer helfe der Beschwerde nicht ab.
Der Senat gibt die Sache an die Strafkammer zurück, da eine beschwerdefähige Entscheidung derzeit nicht vorliegt. Erst eine mit Gründen versehene (§ 34 StPO) Entscheidung der Strafkammer, mit der die Arrestanordnung aufrecht erhalten wird, ist mit der Beschwerde anfechtbar.
Beim Arrestbeschluss nach §§ 111b ff StPO handelt es sich um eine vorläufige, mit der einfachen Beschwerde anfechtbare, strafprozessuale Anordnung, die - anders als eine mit der sofortigen Beschwerde anfechtbare Entscheidung - nicht rechtskräftig werden, vielmehr jederzeit bis zur Rechtskraft einer Endentscheidung abgeändert oder aufgehoben werden kann.
Die StPO enthält keine allgemeinen Verfahrensvorschriften zu der Frage, ob nach Übergang der gerichtlichen Zuständigkeit durch Anklageerhebung oder Vorlage an das Berufungsgericht nach § 321 StPO die (formale) Beschwerdefähigkeit einer zuvor getroffenen vorläufigen Anordnung entfällt und demgemäß eine vor dem Zuständigkeitswechsel eingelegte, noch nicht beschiedene Beschwerde in einen an das erkennende Gericht gerichteten Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Entscheidung umzudeuten ist.
Für den Fall der Untersuchungshaft bestimmt § 126 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO, dass der Übergang der Zuständigkeit den bisherigen Instanzenzug beendet (Boujong in Karlsruher Kommentar zur StPO, 4. Auflage, § 126 Rdnr. 10). Eine (auch weitere) Haftbeschwerde ist daher in einen Antrag auf Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 StPO umzudeuten, die ohnehin nach § 117 Abs. 2 StPO den Vorrang vor der Beschwerde hat (a.a.O., Rdnr. 8). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beschwerde vor oder nach dem Übergang der Zuständigkeit eingegangen ist.
Für den Fall der Beschlagnahme enthält § 98 Abs. 2 Satz 3 StPO eine entsprechende Regelung.
Nach inzwischen wohl herrschender Meinung gilt für die Beschwerde gegen eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO nichts anderes (OLG Stuttgart VRS 102, 381; OLG Celle StraFo 2001, 134; OLG Düsseldorf VRS 99, 203; LG Zweibrücken NZV 1992, 499; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. § 111a StPO, Rdnr. 7; Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 111a Rdnr. 14; Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 24. Aufl., § 111a Rdnr. 19; a. A. OLG Stuttgart (6. Strafsenat) NStZ 1990, 141; KK-Nack, StPO, 4. Auflage, § 111a Rdnr. 20; KK-Engelhardt, StPO, 4. Auflage, § 306 Rdnr. 14).
Die aufgezeigten Einzelregelungen sind nach Auffassung des Senats als Ausdruck eines allgemeinen prozessualen Rechtsgedankens anzusehen.
Danach ist allein derjenige Spruchkörper, der eine mit der einfachen Beschwerde anfechtbare, mit Gründen (§ 34 StPO) versehene Entscheidung erlassen hat, nach § 306 Abs. 2 StPO der Darlegung enthoben, aus welchen Gründen es trotz eingelegter Beschwerde bei der angefochtenen Entscheidung verbleiben soll; nur er kann die Beschwerde mit dem Vermerk, es werde nicht abgeholfen, dem Beschwerdegericht vorlegen.
Dagegen hat das nach Erlass der angefochtenen Entscheidung zuständig gewordene erkennende Gericht die Beschwerde in einen Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Anordnung umzudeuten und diesen mit Gründen zu bescheiden; erst diese Entscheidung eröffnet dann den Beschwerderechtszug.
Darauf, ob die Beschwerde vor oder nach dem maßgeblichen Zeitpunkt erhoben wurde, kommt es dabei nicht an.
Ende der Entscheidung
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