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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 10 U 118/08
Rechtsgebiete: InsO, BGB, ZPO, RVG, MaBV


Vorschriften:

InsO § 103 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 271
BGB § 286
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 4
BGB § 289
BGB § 289 S. 2
BGB § 531 Abs. 2
BGB § 768 Abs. 2
ZPO § 139
RVG § 22
MaBV § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart, Az. 8 O 106/08 wird abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 2.398,41 nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 22.12.2007 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 82 % und die Beklagte 18 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsgläubiger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für ihn aus dem Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert der Berufung: 13.227,45 Euro.

Gründe: I.

Die Klägerin begehrt Verzugszinsen und Anwaltskosten im Zusammenhang mit einer Bürgschaftsforderung.

Die Beklagte, zu deren Geschäftsinhalt Bürgschaftshingaben zählen, hatte der Klägerin eine "Vertragserfüllungsbürgschaft" bis zum Höchstbetrag von 75.987,00 EUR gegeben für Forderungen der Klägerin gegen eine mit Bauleistungen beauftragte Hauptschuldnerin. Über deren Vermögen wurde noch während der Ausführung der Bauleistungen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter lehnte die Erfüllung des Bauvertrages ab. Die Klägerin nahm daraufhin im Jahr 2005 die Beklagte, die über den Vertragsstand und etwaige Ansprüche nicht informiert war, aus der Bürgschaft in Anspruch.

Entsprechend einer Bitte der Beklagten (Anlage K4) übersandte die Klägerin dieser unter dem 12.08.2005 ein Schreiben (Anlage K5), in dem die Klägerin den Bürgschaftsbetrag zur Zahlung bis spätestens 26.08.2005 anforderte und formulierte, nach der beigelegten vorläufigen Abrechnung vom 11.08.2005 ergebe sich unter Berücksichtigung von durch die Klägerin geleisteten Zahlungen eine klägerische Überzahlung von 239.899,15 EUR. Diese leitete die Klägerin maßgeblich ab aus behaupteten Gegenansprüchen wegen Mangelbeseitigungskosten, Drittfirmenkosten, Folgekosten aus einem Wasserschaden, einer Forderung aus als abgetreten behauptetem Recht und einer Vertragsstrafe. Die Beträge waren jeweils ohne genauere Begründung in der Auflistung enthalten. Die Klägerin erläuterte, dass entstandene und noch entstehende Kosten für Mängelbeseitigungen derzeit geschätzt seien, weil die tatsächlichen Kosten noch nicht vollständig vorliegen würden. Sobald diese vorlägen, würde der Betrag ggf. korrigiert. Sollte die Beklagte noch Fragen haben, erbete die Klägerin Bescheid. Die Beklagte schaltete eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Forderungsprüfung ein. Nachdem die Parteien als Termin zur Mitteilung von deren Ergebnissen den Zeitpunkt Ende Oktober 2005 vereinbart hatten, forderte die Prüfungsgesellschaft am 18.10.2005 weitere Auskünfte von der Klägerin.

Die Klägerin reagierte darauf erst am 24.09.2007 durch die Übersendung von ca. 250 Blatt Abrechnungsunterlagen, bestehend u.a. aus Zahlungsbelegen und Kosten- und Leistungsnachweisen für durchgeführte Ersatzvornahmen und Mängellisten. Die Klägerin setzte zunächst eine Zahlungsfrist bis 05.10.2007, die sie dann auf Beklagtenbitte auf den 12.10.2007 verlängerte. Am 24.10.2007 kündigte eine Mitarbeiterin der von der Beklagten eingeschalteten Prüfungsgesellschaft eine Zahlung bis zum 25.10.2007 an. Am 30.10.2007 forderte die Klägerin, nunmehr anwaltlich vertreten, die Zahlung von insg. 88.537,18 EUR als Summe aus Hauptforderung und Zins. Nach Zahlungsankündigung am 05.11.2007 ging der Hauptsachebetrag am 30.11.2007 bei der Klägerin ein. Anschließend forderte die Klägerin die Beklagte noch anwaltlich zur Zahlung der Verzugszinsen in Höhe von 11.647,45 EUR für die Zeit vom 08.10.2005 bis 29.11.2007 und zur Zahlung von Anwaltsgebühren in Höhe von 1.580 EUR, errechnet als 1,3-Gebühr aus den ausrechneten Zinsen plus Anwaltskosten, insgesamt 13.227,45 EUR auf. Dieser Betrag zuzüglich auf diesen entfallende außergerichtliche Anwaltskosten ist nunmehr Gegenstand der Klage.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Entsprechend der Entscheidung des BGH im Verfahren 11 ZR 160/07 sei bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft davon auszugehen, dass die Bürgschaftsforderung fällig werde mit der Fälligkeit der Hauptschuld, unabhängig von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers. Dagegen bedeute die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht, dass die Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung bereits mit dem Eintritt des Sicherungsfalles, vorliegend der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der Entscheidung des Insolvenzverwalters nach § 103 Abs. 2 InsO gleichsam zusammenfalle. Die Entstehung und Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit richte sich vielmehr gemäß § 271 BGB nach der zwischen den Parteien vereinbarten oder aus den Umständen zu entnehmenden Leistungszeit. Für das Entstehen und die Fälligkeit der besicherten Hauptforderung sowie den Grund für die Haftung des Bürgen sei allein die Klägerin als Bürgschaftsgläubigerin darlegungs- und beweispflichtig. Die Klägerin habe die durch Vertragserfüllungsbürgschaft gesicherten Ansprüche trotz des wiederholten Einwandes der Beklagten weder dem Grunde noch der Höhe nach in einer Weise im Einzelnen dargelegt, die es dem Gericht ermöglichen würde zu prüfen, aus welchem besicherten Anspruch - Anspruch auf ordnungsgemäße (mangelfreie) Leistung oder Rückforderungsansprüche wegen Überzahlung - die Beklagte nun konkret zum streitgegenständlichen Zeitpunkt in Anspruch genommen werden sollte und ob dieser Anspruch fällig war. Nachdem die Beklagte den Bestand einer Hauptschuld in der Zeit vom 08.10.2005 bis 29.11.2007 bestritten habe, sei es an der Klägerin gewesen, diesen nachvollziehbar darzulegen und zu beweisen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Nach ihrer Ansicht beruht das Urteil auf einer Rechtsverletzung. Außerdem habe das Landgericht die Erteilung gebotener Hinweise unterlassen.

Für die Klägerin sei erstmalig aus den Urteilsgründen erkennbar gewesen, dass das Landgericht weiteren Sachvortrag nebst Beweisangeboten zum Bestehen und zur Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld für geboten gehalten habe. Zwar habe die Beklagte dies in den Schriftsätzen angesprochen, die Klägerin habe die Notwendigkeit aber aufgrund der unstreitigen Zahlung durch die Beklagte so nicht gesehen. Das Gericht habe die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass es sich der Beklagtenauffassung anschließen werde.

Inhaltlich habe das Gericht die vorgelegten Anlagen, auf die sich die Klägerin bezogen habe und aus denen sich der Sachverhalt ergeben habe, fehlerhaft nicht berücksichtigt und damit gegen das Gebot rechtlichen Gehörs verstoßen. Auch insoweit sei ein Hinweis erforderlich gewesen, soweit das Gericht die Inbezugnahme für nicht ausreichend erachtet habe.

Das Landgericht verkenne, dass weiterer Sachvortrag nicht notwendig gewesen sei. Zwar könne solcher zu fordern sein, wäre keine Zahlung durch die Beklagte erfolgt. Im vorliegenden Sonderfall aber habe die Beklagte, wenngleich erst nach über zwei Jahren, das Bestehen ihrer Zahlungsverpflichtung anerkannt. Dabei habe sich der der Bürgschaftsinanspruchnahme zugrunde liegende Sachverhalt seit erstmaliger Zahlungsaufforderung der Klägerin bis zur Zahlung durch die Beklagte nicht geändert und die Beklagte dann vorbehaltlos auf die besicherte Hauptschuld bezahlt und damit deren Begründetheit und auch deren Fälligkeit spätestens bis 12.08.2005 rückwirkend bestätigt. Die Klägerin entnimmt dies der Anlage K 5 mit deren Anlage K 21, die bereits für den August 2005 einen Zahlungsanspruch ausweise. Sei der Zahlungsanspruch damals schon begründet gewesen, sei er auch fällig.

Der BGH habe im vom Landgericht diskutierten Urteil festgestellt, dass eine Bürgschaftsforderung entstanden ist, sobald die Hauptschuld und damit die Bürgschaftsforderung von dem Gläubiger geltend gemacht und mit der Klage durchgesetzt werden könne. Dies sei spätestens am 08.10.2005 der Fall gewesen. Unter Berücksichtigung dessen seien die Verzugszinsen ausreichend dargelegt worden.

Die Beklagte habe die verzögerte Zahlung auch zu vertreten i. S. v. § 286 Abs. 4 BGB. Entgegenstehendes hätte die Beklagte darzulegen und zu beweisen. Auch diese Beweislast verkenne das Landgericht.

Jedenfalls hätte das Landgericht, wäre seine Argumentation zutreffend, der Klägerin Verzugszinsen vom 06.10.2007 bis 29.11.2007 zusprechen müssen.

Den Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten habe das Landgericht offensichtlich übersehen. Es handele sich um einen eigenständigen von der Verzugszinsforderung unabhängigen Schadensersatzanspruch, der unstreitig zeitlich erst entstanden sei nach Forderungsanerkenntnis durch die Beklagte und pflichtwidriger Nichtzahlung.

Die Klägerin legt die besicherte Hauptforderung näher dar anhand der Anlagen K 5 und K 21. Insoweit wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart, Az. 8 O 106/08 wird dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin Euro 13.227,45 nebst vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i. H. v. 755,80 Euro, zusammen 13.983,25 Euro zzgl. Verzugszinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 22.12.2007 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Zurückweisung der Berufung.

Nach Ansicht der Beklagten habe die Klägerin bereits nicht dargelegt, dass eine durch die Bürgschaft der Beklagten besicherte Forderung gegen die Hauptschuldnerin am 08.10.2005 i. H. v. 75.987,-- Euro fällig gewesen sei. Der Bestand der Schuld ergebe sich weder allein aus der Tatsache der Insolvenz der Hauptschuldnerin und mangelnden Erfüllungsübernahme des Insolvenzverwalters noch aus der Tatsache der Zahlung des Bürgschaftsbetrages Ende des Jahres 2007. Die Entstehung der Hauptschuld sei nicht automatisch mit dem Insolvenzeintritt gleichzusetzen. Sie könne auch später entstehen. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung setze voraus, dass aus der mangelnden Fortsetzung des Vertrags überhaupt ein Schaden entstanden sei. Dies hänge von verschiedenen Faktoren ab. So würde ein solcher Schadensersatzanspruch z. B. nicht bestehen, wenn ein offener Restwerklohnanspruch der Hauptschuldnerin bestünde, gegen den die Gläubigerin evtl. bestehende Schadenspositionen aufrechnen könne. Ebenso sei denkbar, dass die Leistung mangelfrei erbracht sei oder dass die Klägerin die fehlenden und nicht vergüteten Werkleistungen zum gleichen Preis bei einem Drittunternehmer in Auftrag geben könne. In der Auszahlung durch die Beklagte Ende 2007 sei kein Anerkenntnis des Bestehens der Hauptforderung zu sehen für den Zeitpunkt, ab dem die Klägerin die Verzugszinsen begehre. Der Klägerin möge im August 2005 eine Feststellungsklage möglich gewesen sein, der Anspruch auf Verzugszinsen setze aber darüber hinaus die Fälligkeit des gerade in der geltend gemachten Höhe bestehenden Zahlungsanspruches voraus.

In der Zahlung im November 2007 sei kein Erklärungsgehalt zu erblicken, dass die Beklagte das Bestehen der Bürgschaftsschuld zum Zeitpunkt 08.10.2005 anerkenne. Die Beklagte habe im November 2007 nur mitgeteilt, dass die anzuerkennenden Positionen den Höchstbetrag der Bürgschaft übersteigen würden. Welche anzuerkennenden Positionen dies seien und zu welchem Zeitpunkt diese fällig gewesen seien, lasse sich dem Schreiben nicht entnehmen. Soweit die Klägerin ausführe, dass sich der Sachverhalt zwischen dem 08.10.2005 und dem Zeitpunkt der Auszahlung nicht geändert habe, sei es an ihr gewesen, diesen Sachverhalt im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Landgericht darzulegen und zu beweisen.

Die nunmehrigen Darlegungen der Klägerin zu den einzelnen Positionen ihrer Forderungsanmeldung seien als Darlegung für die Fälligkeit zum 08.10.2005 einerseits ungeeignet, andererseits nach § 531 Abs. 2 BGB nicht zu berücksichtigen. Selbst wenn im unterlassenen Bestreiten ein Anerkenntnis liegen sollte, hätte dies im Verhältnis zur Beklagten als Bürgin wegen § 768 Abs. 2 BGB keinerlei Wirkung.

Ein Verstoß des Landgerichts gegen § 139 ZPO liege nicht vor. Soweit eine durch Rechtskundige vertretene Partei durch eingehenden und von ihr verstandenen Vortrag der Gegenpartei auf eine Rechtslage hingewiesen werde, sei ein richterlicher Hinweis entbehrlich. Die Klägerin habe den Beklagtenvortrag verstanden, ihn jedoch nicht befolgen wollen. Dies ergebe sich schon aus deren Vorhalt an die Beklagte, dass diese mit ihrem "stereotypen Hinweis auf die Darlegungs- und Beweislast verkenne, dass es vorliegend primär um eine Rechts- und nicht um eine Tatsachenfrage gehe". Die von der Klägerin zitierten Anlagen würden allein die Chronologie der Inanspruchnahme der Beklagten aufzeigen, nicht aber die Fälligkeit der durch die Bürgschaft besicherten Hauptforderung zum 08.10.2005.

Jedenfalls fehle es an dem für den Verzug erforderlichen Verschulden. Die Nichtzahlung zum 08.10.2005 beruhe nicht auf einem von der Beklagten zu vertretenden Umstand. Ein Verzug scheide aus, wenn der Schuldner über die tatsächlichen Voraussetzungen seiner Verpflichtung unverschuldet irre. Sei ein Sachverhalt unaufgeklärt, treffe den Schuldner ein Verschulden nur, wenn ihn an der fehlenden Klärung des Sachverhalts ein Verschulden treffe. Die Beklagte verweist auf ihre Unkenntnis von Inhalt und Durchführung des durch die Bürgschaft besicherten Rechtsverhältnisses, dass sie durch die Zahlungsaufforderung der Klägerin mit einem Anspruch konfrontiert wurde, dessen tatsächliche Voraussetzungen sie erst nach dem Erhalt der Unterlagen im September 2007 prüfen konnte.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es zu sachwidrigen Ergebnissen führen würde, würde man von der Beklagten fordern, dass sie ohne eine solche Prüfung aufgrund bloßer Behauptung Zahlungen leiste. Der selbstschuldnerische Bürge müsste sich dann letztlich zur Vermeidung eines Verzugs wie ein Bürge auf erstes Anfordern verhalten, indem er eine Zahlung unter ausdrücklichem Vorbehalt leiste und ggf. mittels Durchführung eines Rückforderungsprozesses den Bürgschaftsgläubiger zwinge, seinen Anspruch darzulegen und zu beweisen. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, sich bei der Hauptschuldnerin über Bestand und Umfang einer bestehenden Hauptschuld zu informieren. Die alleinige Darlegungs- und Beweislast für die Haftung des Bürgen treffe den Bürgschaftsgläubiger. Die Nachfrage wäre auch gar nicht möglich, weil es im Fall der Insolvenz regelmäßig an einem mit der Rechtsbeziehung zwischen Bürgschaftsgläubiger und Hauptschuldner vertrauten Ansprechpartner fehle. Der BGH habe entschieden, dass die Gefahr eines frühen Bürgenverzugs angesichts des § 286 Abs. 1 und Abs. 4 BGB nicht entscheidend ins Gewicht falle (NJW 2008, 1729). Daher setze der Verzug des Bürgen voraus, dass diesem Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, aus deren Prüfung sich die Berechtigung der Inanspruchnahme ergebe.

Auch zu einem späteren Zeitpunkt sei die Beklagte mit der Zahlung der Bürgschaftssumme nicht in Verzug geraten. Es sei anerkannt, dass dem Schuldner eine angemessene Frist zur Prüfung seiner Leistungspflicht zur Verfügung stehe. Angesichts des Umfangs der zur Verfügung gestellten Unterlagen sei diese Frist mit 8 Wochen angemessen bemessen und bis zur Zahlung des Betrags Ende November nicht überschritten.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch scheitere auch an § 242 BGB, wegen der klägerischen Mitteilung, mit einer Prüfung bis Ende Oktober 2005 einverstanden zu sein und der dann auf Beklagtennachfrage für die Dauer von nahezu zwei Jahren unterbliebenen Reaktion. Aufgrund des langen Zeitraums, in dem die Klägerin keine weiteren Schritte zur Darlegung der Forderung unternommen habe, habe die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin ihren Anspruch zunächst nicht weiterverfolge, zumindest bis zur Übergabe der Unterlagen.

Die Entscheidung des Landgerichts, die Anwaltskosten nicht zuzusprechen bei Verneinung des Verzuges, sei korrekt. Selbst wenn der Klägerin ein Anspruch aus Verzug zustehen sollte, rechtfertige dies die Anwaltskosten nicht. Denn die Klägerin habe den Rechtsanwalt zu einem Zeitpunkt beauftragt, zu dem die Beklagte die Zahlung bereits in Aussicht gestellt habe. Jedenfalls seien die Kosten wegen § 22 RVG der Höhe nach unberechtigt. Es handele sich beim Bürgschaftsbetrag und den Verzugszinsen um die gleiche Angelegenheit, so dass die Beträge zusammenzurechnen seien.

II.

Die Berufung wurde form- und fristgerecht eingereicht und ausreichend begründet. Sie hat in der Sache nur hinsichtlich eines geringen Zinsanteiles und hinsichtlich der auf die Hauptforderung bezogenen Anwaltskosten Erfolg.

1.

Der klägerische Zinsanspruch ist in Höhe von 818,41 EUR begründet als Verzugsschaden. Der klägerische Anspruch wurde jedenfalls im September 2007 fällig und sodann trotz Mahnung erst am 30.11.2007 erfüllt. Die Nichtzahlung durch die Beklagte erweist sich jedoch erst ab dem 13.10.2007 als schuldhaft. Für die Zeit zuvor gelingt der Beklagten der nach § 286 Abs.4 BGB ihr obliegende Beweis, dass die Zahlung infolge eines von ihr nicht zu vertretenden Umstandes entfiel.

(a) Mit den Parteien ist nach dem BGH (ZIP 2008, 733 ff, nochmals MDR 2008, 1287) davon auszugehen, dass die Bürgschaftsforderung zeitgleich mit der Hauptforderung fällig wird. Dagegen ist der von der Klägerin zitierten Entscheidung nicht zu entnehmen, dass für die Fälligkeit auf die Insolvenz abzustellen ist. Diese führte im entschiedenen Fall einer Sicherheit nach § 7 MaBV lediglich dazu, dass der Bürgschaftsfall eintrat. Gesondert zu klären bleibt die Fälligkeit der Hauptforderung.

(b) Eine Forderung wird fällig, wenn die Leistung gefordert werden kann und damit grundsätzlich ab Bestehen der Forderung. Deshalb ist es an der Klägerin, den Zeitpunkt des Entstehens der Hauptforderung darzulegen und ggf. zu beweisen. Die Klägerin hat die von ihr behauptete Forderung erst zum 24.09.2007 als schlüssig dargelegt. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Schadenspositionen sicher entstanden, weil zu ihnen jeweils Unterlagen vorgelegt werden konnten. Für die Zeit davor fehlen ausreichend gesicherte Erkenntnisse.

(aa) Bezüglich eines früheren Zeitpunktes kommen der Klägerin aufgrund der später erfolgten Zahlung keine Beweiserleichterungen zu Gute. Die Beklagte hat bewusst nur die Hauptforderung bezahlt, die Entrichtung von Zinsen also abgelehnt. Ein deklaratorisches Anerkenntnis ihrerseits bezöge sich, soweit ein solches vorliegen würde, somit nur auf die Berechtigung der Klägerin, im Moment der Zahlung im Jahre 2007 den geltend gemachten Hauptsachebetrag zu fordern. Die Klägerin hat damit für die Frage, wann ihr Anspruch entstand, allein aus der Zahlung nichts gewonnen.

(bb) Ihr Vortrag, dass der Sachverhalt zwischen der Geltendmachung im August 2005 (K5) und der Zahlung gleich geblieben sei und deshalb das Anerkenntnis zu ihren Gunsten wirke, ist bestritten und deshalb von der Klägerin nicht nachgewiesen. Teile des Schadens können später entstanden sein. Zwar entsteht ein Schadensersatzanspruch mit der Beschädigungshandlung und dem daraus resultierenden Eingriff in das Eigentum, nicht erst mit der Schadensbeseitigung und damit nicht erst mit Rechnungstellung. Der Wasserschaden war im August 2005 offensichtlich schon eingetreten, denn er wurde in der Anlage K 5 thematisiert. Auch ein Schadensersatz in Form von Mangelbeseitigungskosten muss im Zeitpunkt der Anlage K 5 schon im Werk verkörpert gewesen sein, weil die Insolvenzschuldnerin danach keine Leistungen mehr erbracht hat. Anders ist es aber mit dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung, vorliegend geltend gemacht hinsichtlich der fehlenden Montageplanung und der Dokumentationserstellung: Dieser entsteht erst in dem Moment, wenn die Klägerin für diese Leistungen einen höheren finanziellen Aufwand erbringen muss als er für die Leistung der Insolvenzschuldnerin bestanden hätte. Wann das war, ist nicht vorgetragen.

(cc) Der Klägerin ist keine weitere Möglichkeit zu neuem Vortrag einzuräumen. Zwar hatte das Landgericht den Hinweis, wie es die zwischen den Parteien diskutierte Rechtsprechung des BGH auszulegen gedenkt, zunächst nicht gegeben. Der Hinweis war aber jedenfalls im Urteil enthalten. Danach war klar, dass die Klägerin würde erläutern müssen, wann die jeweiligen Ansprüche entstanden waren. Den Vortrag dazu hat sie gehalten durch ihre Erklärung, der Sachverhalt sei gleich geblieben. Erweist sich diese Behauptung nun als nicht nachgewiesen, löst dies keine neue Hinweispflicht aus.

(dd) Es erscheint außerdem korrekt, bei Forderungen, die der Schuldner der Höhe nach nicht selbst ermitteln kann, für die Fälligkeit eine prüfbare Abrechnung zu fordern (so Krüger, in Münchner Kommentar, 5.A. 2007, RdNr.20). Vorliegend war die Beklagte als außerhalb des Vertragsverhältnisses stehende Dritte selbst zur Forderungsermittlung nicht in der Lage, sie hätte allenfalls die Insolvenzschuldnerin befragen können.

(b) Jedenfalls vermochte die Beklagte für die Zeit bis zum 12.10.2007 den nach § 286 Abs.4 BGB ihr obliegenden Beweis dafür zu führen, dass sie unverschuldet nicht vor der Übergabe der Unterlagen im Jahre 2007 bezahlt hat.

(aa) Die Beklagte erhielt zur Forderungsprüfung ausreichende Unterlagen erst am 24.09.2007.

Sie hatte nur wenige Tage nach ihrer ersten Inanspruchnahme durch die Klägerin im Jahre 2005 weitere Informationen erbeten (Anlage K4). Sie hatte darauf hingewiesen, dass die Forderung schlüssig dargelegt sein müsse. Dieses Begehren war berechtigt. Sie war als bisher am Austausch der vertraglichen Leistungen unbeteiligte Dritte nicht über den Vertragsstatus informiert. Deshalb war es nach allgemeinen Darlegungsgrundsätzen Aufgabe der Klägerin, ihr diesen Status und damit den geltend gemachten Anspruch darzulegen.

Die Klägerin reagierte auf die berechtigte Anfrage erst nahezu 4 Monate später und dies mit dem inhaltlich nicht ausreichenden Schreiben K 5. In diesem teilte die Klägerin zwar einen von ihr zu beanspruchenden Endbetrag mit, erläuterte diesen aber nur völlig ungenügend. Zwar legte sie die von der Beklagten geforderten Unterlagen vor. Den Anspruch ihrerseits leitete die Klägerin aber nicht aus diesem Teil der Unterlagen ab, sondern aus dagegen zur Aufrechnung gestellten Schadensersatz- und Vertragsstrafeansprüchen sowie Mangelbeseitigungskosten und einem als abgetreten behaupteten Recht. All diese Ansprüche waren in nicht schlüssiger Form textlich beschrieben und nicht durch Unterlagen erläutert. Außerdem formulierte die Klägerin am Ende des Schreibens selbst im Sinne der Möglichkeit der Beklagten, weitere Fragen zu stellen.

In der Folgezeit korrespondierten die Parteien über die bei der Beklagten bzw. der von dieser eingeschalteten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft laufende Prüfung. Die Wirtschaftsprüfer forderten unter dem 18.10.2005 weitere Unterlagen. Es ist nachvollziehbar, dass ohne diese eine Leistungsbereitschaft nicht bestand. Denn ohne diese war die Frage des tatsächlichen Anspruchsbestehens auch nicht annähernd zu prüfen. Dass die Klägerin Jahre später einen einigermaßen "passenden" Anspruch ermitteln würde, war nicht absehbar. Eine Zahlung der Beklagten auf der Basis der ihr im Jahre 2005 zur Verfügung stehenden Informationen hätte die greifbare Gefahr einer Zahlung auf eine Nichtschuld beinhaltet.

(bb) Die Beklagte geriet nicht unmittelbar durch die Unterlagenübersendung am 24.09.2007 in Verzug. Ihr war, insbesondere angesichts des Umfanges der Abrechnungen von 250 Blatt, eine angemessene Prüfungspflicht zuzubilligen. Die von der Klägerin zunächst insoweit gesetzte und dann auf den 12.10.2007 gesetzte Frist war auskömmlich, wollte die Beklagte die Entstehung von Verzugszinsen vermeiden. Innerhalb von 3 Wochen war es zumutbar, zu einer Entscheidung hinsichtlich einer Zahlung zu gelangen.

(cc) Unabhängig von der Frage, ob schon frühere Mahnungen ausreichend waren, lag in der Fristverlängerung vom 27.09.2007 auf den 12.10.2007 jedenfalls eine nach Eintritt der Fälligkeit erfolgte Aufforderung zur Leistung.

(c) Für die Zeit vom 13.10.2007 bis 29.11.2007 errechnet sich auf der Basis des geltend gemachten gesetzlichen Zinssatzes eine Zinsforderung von EUR 818,41 EUR.

2.

Gegenstand der vorliegenden Klage im Sinne einer Hauptforderung waren neben den Zinsen auch die Anwaltskosten, die durch die Einforderung der Hauptsumme entstanden waren. Diese sind in Höhe einer 1,3 - fachen Gebühr zuzüglich Pauschale aus der Bürgschaftssumme und somit in Höhe von 1580,00 EUR netto unter dem Gesichtspunkt des Verzuges geschuldet.

Die Hauptforderung wurde, wie oben dargestellt, erst nach Verzugseintritt bezahlt. Der Anwalt war erst nach dem 26.10.2007 und damit nach Verzugseintritt, aber vor der Zahlung, beauftragt. Die Klägerin hatte nach Ablauf des 12.10.2007 die Anwaltseinschaltung angekündigt, wenn nicht bis 26.10.2007 bezahlt würde. Eine Zahlung wurde dann auf den 25.10.2007 angekündigt, aber dennoch nicht getätigt. Hier durfte die Klägerin annehmen, dass die Beklagte trotz der Zahlungsankündigung nur mit anwaltlicher Hilfe zur Zahlung bereit wäre.

3.

Der Zinsanspruch resultiert aus § 286 BGB. Die Klägerin hat die Beklagte durch Anwaltschriftsatz vom 06.12.2007 mit der Zins- und Anwaltskostenzahlung unter Fristsetzung bis 21.12.2007 in Verzug gesetzt. Das Zinseszinsverbot des § 289 steht nach § 289 S.2 BGB nicht entgegen (BGH; NJW 1993, 1260).

4.

Ein gesonderter Anspruch auf Zahlung der Anwaltskosten, die durch die Anmahnung der nunmehr streitgegenständlichen Klagforderung entstanden, besteht nicht. Denn die jetzt streitigen Zinsen waren bereits Teil der Forderung, für die die Anwaltskosten zugesprochen wurden. Ihre Geltendmachung war dem Anwalt damit bereits vergütet, wenn sie sich auch zunächst als Nebenforderung nicht streitwerterhöhend ausgewirkt haben.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.

Der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegen §§ 708 Nr.10, 711 ZPO zugrunde. 6.

Gründe zur Zulassung der Revision nach § 543 Abs.2 ZPO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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