Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 11.11.2003
Aktenzeichen: 12 U 125/03
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 133
InsO § 143
1. Dem vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, WM 2003, 1690) anerkann-ten allgemeinen Erfahrungssatz, nach dem sich wegen der Strafbarkeit der Nichtabführung von Sozialver-sicherungsbeiträgen einem Sozialversicherungsträger aufdränge, dass seine Ansprüche oft vorrangig vor anderen befriedigt werden, steht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer einer GmbH (noch) keinen Insolvenzantrag nach § 64 GmbHG gestellt hat. Hieraus kann angesichts der Überlegungsfrist von bis zu drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht auf eine fortbestehende Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft geschlossen werden.

2. Die Insolvenzanfechtung bzgl. abgeführter Sozialversicherungsbeiträge steht nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 134, 304 ff.) hinsichtlich des Bestehens einer Pflicht zur vorrangigen Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen, weil hiervon einer Insolvenzanfechtung unterliegende Rechtshandlungen nicht erfasst werden.


Oberlandesgericht Stuttgart - 12. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 125/03

Verkündet am: 11. November 2003

In Sachen

wegen Insolvenzanfechtung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2003 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am OLG Oleschkewitz, des Richters am OLG Dr. Groß, der Richterin am LG Schilling

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 23. Mai 2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.086,17 € zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Juli 2002 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.086,17 €

Gründe:

A.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der B. GmbH (künftig: Schuldnerin) einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch hinsichtlich eines Betrages geltend, den die Schuldnerin drei Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Abwendung eines später wieder zurückgenommenen Gesamtvollstreckungsantrages der beklagten Krankenkasse an diese als Einzugsstelle bezahlt hat.

Die im August 1990 gegründete Schuldnerin mit Sitz in Dresden nahm ihre Geschäftstätigkeit im Oktober 1990 auf und hatte schon 1996 erhebliche Forderungsausfälle, wobei das Eigenkapital bereits vollständig aufgezehrt und die Schuldnerin bilanziell überschuldet war sowie massive Liquiditätsschwierigkeiten hatte. Der erste Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 24. April 1996 von der A. wegen einer Forderung von 119.978,17 DM gestellt. Dieser Antrag sowie drei weitere im Jahre 1996, zwei im Jahr 1997 und vier bis zum 16. Oktober 1998 gestellte Gesamtvollstreckungsanträge mit einem Forderungsvolumen von ca. 490.000 DM wurden jeweils nach Befriedigung, dem Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen oder der Stellung von Sicherheiten wieder zurückgenommen. Insbesondere wurde der Gesamtvollstreckungsantrag der T. GmbH vom 3. Februar 1998 (Anl. K 48, Bl 62) über den Gesamtbetrag von 220.240,09 DM von der Antragstellerin unter dem 23. März 1998 im Hinblick darauf wieder zurückgenommen (Anl. K 49, Bl. 62), dass sich die Schuldnerin zur Übertragung einer Sicherungsgrundschuld in Höhe von 100.000 DM an einem Privatgrundstück - wohl an dem der Ehefrau des Geschäftsführers der Schuldnerin - sowie zu einer ratenweise Befriedigung der Forderung in Höhe von zunächst 5.000 DM und einer möglichen Erhöhung auf 10.000 DM ab Juni 1998 verpflichtet hatte, was am 24. März 1998 vertraglich vereinbart wurde (Anl. K 50, Bl. 62).

Auf den Antrag der Beklagten vom 16. Oktober 1998 (Anl. K 21, Bl. 17), wegen Beitragsrückständen für den Zeitraum von November 1997 bis September 1998 nebst Versäumniszuschlägen und Gebühren in Höhe von insgesamt 13.711,34 DM das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen, bezahlte diese am 26. Oktober 1998 an die Beklagte 13.859,34 DM, die daraufhin der mit der Zahlung verbundenen Bitte der Schuldnerin (vgl. Anl. K 23, Bl. 17) entsprach und den Gesamtvollstreckungsantrag mit Schreiben vom 5. November 1998 (Anl. K 24, Bl. 17) gegenüber dem Amtsgericht D. für erledigt erklärte.

Am 12. Februar 1999 gab die Geschäftsführerin der Schuldnerin vor dem Amtsgericht R. die eidesstattliche Versicherung ab und erklärte, die Schuldnerin sei zahlungsunfähig. Am 18. Juni 1999 kündigte die Geschäftsbank der Schuldnerin die Geschäftsverbindung und stellte einen Saldo von 185.598,70 DM zur Zahlung fällig.

Zwischen 1998 und 2001 wurden wegen nicht rechtzeitig bezahlter Forderungen zwischen 1.530,41 DM und 197.971,54 DM weitere 23 Gesamtvollstreckungs- bzw. Insolvenzanträge gestellt, die aber noch nicht zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungs- bzw. Insolvenzverfahrens führten. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde erst aufgrund der Anträge der B GbR vom 12. September 2001, der D. vom 18. Oktober 2001, des R. T. vom 1. Oktober 2001 sowie der A. vom 26. Oktober 2001 durch Beschluss des Amtsgerichts D. vom 3. Dezember 2001 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Überschuldung der Schuldnerin wurde mit 662.048,67 € ausgewiesen.

Mit einem nicht zu den Akten gereichten Schreiben vom 2. Juli 2002 forderte der Kläger unter Hinweis auf die Anfechtbarkeit der im Oktober 1998 von der Schuldnerin bezahlten 13.859,34 DM (= 7.086,17 €) die Beklagte gemäß §§ 133 Abs. 1, 143 InsO zur Rückzahlung auf.

Der Kläger vertrat die Ansicht,

eine Zahlung zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens - wie hier - sei einer Zahlung zur Abwehr einer Zwangsvollstreckung vergleichbar. Deswegen sei die Bezahlung der 13.859,34 DM im Oktober 1998 als inkongruente Deckung anzusehen mit der Folge, dass ein Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorliege und die Zahlung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO anfechtbar sei. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ergebe sich daraus, dass der Insolvenzantrag vom 5. Februar 1998 auf der 1995 titulierten Forderung der T. GmbH 1995 über 197.971,54 DM beruht habe, die im vorliegenden Insolvenzverfahren - unstreitig - zur Tabelle angemeldet worden sei. Der Anfechtbarkeit stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte ein Sozialversicherungsträger sei, weil diese insolvenzrechtlich keine Sonderstellung einnehme.

Der Kläger beantragte,

die Beklagte zu verurteilen, 7.086,17 € zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Juli 2002 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie meinte,

einer Anfechtung stehe bereits entgegen, dass die streitgegenständliche Zahlung nicht aus eigenen Mitteln der Schuldnerin erfolgt sei. Auch sei keine Gläubigerbenachteiligung eingetreten. Eine solche läge lediglich dann vor, wenn die Entrichtung des Betrages 1998 zu einer Benachteiligung sämtlicher Gläubiger des jetzigen Insolvenzverfahrens geführt hätte, was nicht der Fall sei. An einer inkongruenten Deckung fehle es schon deswegen, weil die Zahlung nicht innerhalb der Dreimonatsgrenze von § 131 Abs. 1 InsO erfolgt sei.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat mit Urteil vom 23. Mai 2003 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar durch die Zahlung eine objektive Gläubigerbenachteiligung eingetreten sei, eine allein in Betracht kommende Insolvenzanfechtung wegen einer vorsätzlichen Benachteiligung (§ 133 InsO) aber daran scheitere, dass weder eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin, noch die Kenntnis der Beklagten hiervon positiv habe festgestellt werden können. Insbesondere stelle die streitgegenständliche Zahlung keine inkongruente Deckung dar, weil für die Bestimmung des Zeitraumes nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO der zur tatsächlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens führende Antrag maßgebend sei. Die Frage, ob die Beklagte als Sozialversicherungsträger eine Sonderstellung einnehme, hat das Landgericht dahingestellt sein lassen.

Mit am 2. Juli 2003 (Bl. 148) bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger gegen das ihm am 4. Juni 2003 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und diese mit am 1. August 2003 eingegangenem Schriftsatz (Bl. 155) begründet.

Er hält weiterhin an seiner erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung fest, nach der die Voraussetzungen für eine Absichtsanfechtung nach § 133 InsO vorliegend erfüllt seien.

Er stellt den Antrag,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.086,17 € zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Juli 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie hält ihre erstinstanzlich geäußerte rechtliche Ansicht aufrecht. Ergänzend legt sie unter anderem dar,

die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Insolvenzanfechtung von an Krankenkassen als Einzugsstellen abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen lasse verfassungsrechtliche Gesichtspunkte außer Betracht und berücksichtige insbesondere nicht, dass § 1 InsO keine ausreichende verfassungsrechtliche Grundlage für einen Eingriff in den Haushalt der Träger der gesetzlichen Sozialversicherungen darstelle, wobei insbesondere zu berücksichtigen sei, dass eine Beitragsauskehrung nach einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung zu einer zweckwidrigen, nicht beitragskonformen Mittelverwendung führe.

Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die vorbereitenden Schriftsätze verwiesen. Der Senat hat am 15. Oktober 2003 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 207) wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückgewähr des streitgegenständlichen Betrages nebst Zinsen zur Insolvenzmasse zu.

I. Das angefochtene Urteil geht im Ansatz mit Recht davon aus, dass der vom Kläger als Insolvenzverwalter geltend gemachte Anspruch allein auf § 133 Abs. 1 InsO i. V. m. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO gestützt werden kann. Dies wird in der Berufungsbegründung auch nicht in Frage gestellt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts liegen die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgewähranspruch vor.

1. § 133 Abs. 1 InsO ist vorliegend anwendbar.

a) Da die neue Insolvenzordnung nach Art. 110 Abs. 1 EGInsO am 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist, die vom Kläger angefochtene Rechtshandlung aber am 26. Oktober 1998, und damit noch zum Zeitpunkt der Geltung des früheren Insolvenzrechtes vorgenommen worden ist, sind die im Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung enthaltenen Übergangsvorschriften maßgebend.

b) Gemäß Art. 104 EGInsO gelten in einem nach dem 31. Dezember 1998 beantragten Insolvenzverfahren die Insolvenzordnung und das EGInsO auch für Rechtsverhältnisse und Rechte, die vor dem 1. Januar 1999 begründet worden sind. Nach Art. 106 EGInsO sind allerdings die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Anfechtung von Rechtshandlungen auf die vor dem 1. Januar 1999 vorgenommenen Rechtshandlungen nur anzuwenden, soweit diese nicht nach dem bisherigen Recht der Anfechtung entzogen oder in geringerem Umfang unterworfen sind. Danach sind die neuen Vorschriften über die Insolvenzanfechtung auf vor dem 1. Januar 1999 vorgenommene Rechtshandlungen nur dann anzuwenden, wenn diese auch nach bisherigem Recht im selben Umfang anfechtbar waren. Dies ist vorliegend der Fall.

c) Art. 106 EGInsO soll nach seinem Sinn und Zweck sicherstellen, dass eine vor dem 1. Januar 1999 vorgenommene Rechtshandlung, die nach neuem Recht anfechtbar wäre, nur dann angefochten werden kann, wenn sie schon nach altem Recht anfechtbar war.

Da die Schuldnerin ihren Sitz in D., und damit im sog. Beitrittsgebiet hatte, ist die Frage, ob die Zahlung der 13.859,34 DM im Oktober 1998 nach altem Recht eine anfechtbare Rechtshandlung dargestellt hat und zu einer Anfechtung auf Grund eines im Jahre 2001 gestellten Insolvenzantrages berechtigt hätte, nach den Vorschriften der Gesamtvollstreckungsordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 23. Mai 1991 (GesO, BGBl. I, 1185) zu beantworten. Hätte die Gesamtvollstreckungsordnung auch noch im Jahre 2002 fortgegolten, wäre die im Oktober 1998 vorgenommene Rechtshandlung noch anfechtbar gewesen.

Auch die Gesamtvollstreckungsordnung kannte eine der § 133 InsO entsprechende Absichtsanfechtung. So war in § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO geregelt, dass der Verwalter Rechtshandlungen eines Schuldners anfechten kann, wenn sie in der Absicht vorgenommen wurden, die Gläubiger zu benachteiligen, und dem Dritten diese Absicht bekannt war. Da die Absichtsanfechtung nach der Gesamtvollstreckungsordnung - ebenso wie nach der früheren Konkursordnung - an keine zeitliche Frist gebunden war, hätte die im Oktober 1998 erfolgte Zahlung bei Fortgeltung der Gesamtvollstreckungsordnung auch noch aufgrund der am 3. Dezember 2001 vom Amtsgericht D. beschlossenen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin angefochten werden können.

2. Die am 26. Oktober 1998 erfolgte Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 13.859,34 DM an die Beklagte als Einzugsstelle ist anfechtbar, weil diese vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Rechtshandlung zum einen zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger geführt hat (a), § 129 InsO, und zum anderen den Anfechtungstatbestand der vorsätzlichen Benachteiligung erfüllt (b), § 133 Abs. 1 InsO.

a) Eine Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 129 InsO liegt vor, wenn die Befriedigung der Insolvenzgläubiger verkürzt, vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert wird. Dies setzt die Feststellung voraus, dass sich die Befriedigung der Gläubiger im Falle des Unterbleibens der angefochtenen Handlung günstiger gestaltet hätte (BGHZ 124, 76, 78 f.; 141, 96, 106; vgl. auch Hirte in Uhlenbruck, Kommentar zur InsO 12. Aufl. § 129 Rdn. 91 m.w.Nachw.), wobei nicht auf die Benachteiligung eines einzelnen Gläubigers, sondern auf die der Gläubigergesamtheit abzustellen ist (Hirte a.a.O. Rdn. 94 ff.). Die benachteiligende Handlung muss sich hierbei auf pfändbare und verwertbare Vermögensgegenstände beziehen, die bei Vornahme der beanstandeten Rechtshandlung zum Vermögen des späteren Schuldners gehört haben und mithin keinen Bezug zu fremdem Vermögen aufweisen.

aa) Hätte die Schuldnerin den streitgegenständlichen Betrag im Oktober 1998 nicht an die Beklagte abgeführt, ist davon auszugehen, dass die Schuldnerin bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einer um diesen Betrag geringeren Höhe verschuldet gewesen wäre. Damit ist die Gläubigergesamtheit in dieser Höhe benachteiligt. Abgesehen davon, dass die T. GmbH schon 1995 - und damit bei Vornahme der anfechtbaren Handlung - einen Titel über eine Forderung von 197.971,54 DM erworben hatte, die sie im vorliegenden Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet hat, setzt eine Gläubigerbenachteiligung - anders als die Beklagte meint - nicht voraus, dass ein bei Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung vorhandener Gläubiger im Rahmen der späteren Insolvenz (teilweise) ausfällt. Entscheidend ist lediglich, ob die Gläubigergesamtheit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund der früher vorgenommenen Rechtshandlung des Schuldners benachteiligt wäre; auch dies ist vorliegend der Fall.

bb) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht gehörte die an sie ausbezahlte Summe zum Schuldnervermögen und wies keinen Bezug zu fremdem Vermögen auf - insbesondere auch nicht hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile. Es kann dahinstehen, ob ein solcher Bezug zu fremdem Vermögen dann anzunehmen ist, wenn ein Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge treuhänderisch für die Arbeitnehmer verwaltet, weil hierfür weder etwas dargetan noch ersichtlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776) begründet das Arbeitsverhältnis als solches weder kraft Rechtsgeschäfts noch kraft eines tatsächlichen Treueverhältnisses für den Arbeitgeber die Pflicht, die Vermögensinteressen seiner Arbeitnehmer wahrzunehmen. Der Annahme eines Treuhandverhältnisses steht vorliegend schon entgegen, dass nicht dargetan ist, dass die Arbeitnehmeranteile auf den jeweiligen Arbeitnehmern konkret zuordenbaren Konten verbucht worden sind. Ohne eine solche buchhalterische Maßnahme, die auf eine organisatorische Ausgliederung des Fremdvermögens schließen lässt, fehlt es an der ein Treuhandverhältnis kennzeichnenden Unterscheidung zwischen dem eigenen Vermögen des Treuhänders und dem Treuhandvermögen.

cc) Die Beklagte beruft sich ferner zu Unrecht darauf, eine Gläubigerbenachteiligung scheitere daran, dass das Vermögen der Schuldnerin deswegen nicht verkürzt worden sei, weil dieser die Arbeitsleistung bereits zugeflossen sei.

Dieses Argument zielt erkennbar auf die Rechtslage bei Bargeschäften ab, die einer Anfechtung nur in eingeschränktem Maße unterliegen. Der Rechtsgrund für diese anfechtungsrechtliche Begünstigung von Bargeschäften, die nunmehr in § 142 InsO geregelt ist, wird darin gesehen, dass wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten der Gemeinschuldnerin, sondern eine bloße Vermögensumschichtung vorliege (BGHZ 123, 320 ff. m.w.Nachw.).

Abgesehen davon, dass die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses schon begrifflich kein Bargeschäft darstellt, liegt auch keine bloße Vermögensumschichtung vor. Die erbrachte Arbeitsleistung stellt aus der Sicht der Insolvenzgläubiger keine äquivalente Gegenleistung zum ausbezahlten Arbeitsentgelt dar, weil die erbrachte Arbeitsleistung nicht dergestalt in das Schuldnervermögen gelangt, dass sie zur Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger herangezogen werden könnte. Es ist auch weder dargetan noch erkennbar, dass die erbrachte Arbeitsleistung zu einer konkreten indirekten Vermehrung des Schuldnervermögens geführt hätte.

b) Der Tatbestand der vorsätzlichen Benachteiligung i. S. v. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist vorliegend erfüllt.

aa) Insoweit ist das Landgericht im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Nachweis eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin nicht auf das Beweisanzeichen einer inkongruenten Deckung, § 131 InsO, gestützt werden kann.

Der Bundesgerichtshof (Urteile vom 11. April 2002 - IX ZR 211/01, NJW 2002, 2568 und vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, WM 2003, 1690, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) hat in jüngerer Zeit entschieden, dass die Rechtshandlung eines Schuldners nur dann eine inkongruente Deckung darstelle, wenn diese innerhalb des von § 131 InsO erfassten Zeitraumes der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen werde. Nur für diesen Zeitraum werde durch diese Vorschrift der die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsgrundsatz zu Gunsten der Gleichbehandlung der Gläubiger verdrängt. Ferner ist höchstrichterlich entschieden (BGHZ 149, 178), dass ein - wie hier - wirksam für erledigt erklärter Insolvenzantrag keine Grundlage für eine Anfechtung gem. §§ 130 bis 136 InsO sein kann. Damit kann die Überweisung des streitgegenständlichen Betrages am 26. Oktober 1998 nicht mit der Begründung als inkongruente Deckung i. S. v. § 131 Abs. 1 InsO angesehen werden, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt schon einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt hatte.

bb) Unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Insolvenzanfechtung (Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, WM 2003, 1690, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) ist gleichwohl davon auszugehen, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der als kongruente Deckung anzusehenden Überweisung des streitgegenständlichen Betrages an die Beklagte mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat (1) und dies der Beklagten auch bekannt war (2).

(1) Bei Bezahlung des streitgegenständlichen Betrages an die Beklagte am 28. Oktober 1998 war dem Geschäftsführer der Schuldnerin bekannt, dass das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreichen würde, um über Teilzahlungen an einzelne Gläubiger hinaus alle Gläubiger befriedigen zu können. Schon seit 1996 wusste der Geschäftsführer, dass das Eigenkapital vollständig aufgezehrt, die Gesellschaft bilanziell überschuldet war und sich in massiven Liquiditätsschwierigkeiten befand. Insbesondere stand aus der im März 1998 abgeschlossenen Vereinbarung mit der T. GmbH bei vereinbarungsgemäßer Bezahlung von je 5.000 DM für die Monate März bis Mai 1998 und bei einer unterstellten Anhebung der monatlichen Rate auf 10.000 DM für den Zeitraum von Juni bis Oktober 1998, was einen bezahlten Gesamtbetrag von 65.000 DM ergibt, Ende Oktober 1998 ohne Berücksichtigung der weiter aufgelaufenen Zinsen noch ein Betrag in Höhe von mindestens 155.000 DM offen. Daraus ergibt sich, dass die Schuldnerin in dieser Zeit stets die dringlichsten Forderungen erfüllte und hierbei einzig und allein darauf bedacht war, die Rücknahme bereits gestellter Gesamtvollstreckungsanträge herbeizuführen, um die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens abzuwenden. Damit nahm die Schuldnerin zu Gunsten der Gläubiger, die einen Gesamtvollstreckungsantrag gestellt hatten, die Benachteiligung der übrigen Gläubiger bewusst in Kauf.

(2) Die Kenntnis des anderen Teiles vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wird gem. § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO dann vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Dies ist vorliegend der Fall.

Der Beklagten hat sich die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin daraus erschlossen, dass letztere noch nicht einmal in der Lage war, die - verhältnismäßig geringen -, für die Existenz des Betriebes notwendigen Betriebskosten wie die Sozialversicherungsbeiträge für den langen Zeitraum von 11 Monaten, nämlich von November 1997 bis September 1998, in Höhe von insgesamt 13.711,34 DM abzuführen, weswegen die Beklagte am 16. Oktober 1998 die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragte. Zudem lag für die Beklagte auf der Hand, dass die gewerblich tätige Schuldnerin nicht nur ihr als Sozialversicherungsträger gegenüber, sondern auch gegenüber anderen Gläubigern Verbindlichkeiten haben wird, zumal die für die Arbeitnehmer abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge wegen der Strafandrohung von § 266 a StGB üblicherweise vorrangig bedient werden. Dass die Beklagte selbst mit der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gerechnet hat, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass sie nicht versucht hat, ihre Forderung im Wege der Einzelzwangsvollstreckung zu realisieren, sondern einen Gesamtvollstreckungsantrag gestellt hat. Diese Maßnahme setzt voraus, dass der Gläubiger mit der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung seines Schuldners rechnet und gerade im Hinblick auf das Vorhandensein weiterer Gläubiger befürchten muss, dass eine Durchsetzung seiner Forderung im Wege der Einzelzwangsvollstreckung keinen Erfolg bzw. im Hinblick auf die Anfechtungstatbestände zumindest keinen Bestand haben wird.

Die Beklagte wusste auch, dass die Tilgung ihrer Forderung im Oktober 1998 andere Gläubiger benachteiligen würde. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, WM 2003, 1690 mit Hinweis auf BGHZ 149, 100, 113; 149, 178, 191) muss sich einem Sozialversicherungsträger aus dem Umstand der Strafbarkeit der vorsätzlichen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen gemäß § 266 a StGB die allgemeine Erfahrung aufdrängen, dass seine Ansprüche oft vorrangig vor anderen befriedigt werden, deren Nichterfüllung für den insolvenzreifen Schuldner weniger gefährlich ist.

Dieser allgemeinen Erfahrung steht insbesondere nicht entgegen, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin bei Abführung der Sozialversicherungsbeiträge an die Beklagte im Oktober 1998 selbst keinen Insolvenzantrag gestellt hatte, zu dem er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 GmbHG verpflichtet gewesen wäre. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob der Geschäftsführer einer GmbH auch dann zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet ist, wenn bereits ein Gläubiger einen solchen Antrag gestellt hat (bejahend: BGH, Urteil vom 5. Juli 1956 - 3 StR 140/56, BB 1957, 273; Nerlich in Michalski, GmbHG § 64 Rdn. 37 m.w.Nachw.; verneinend: Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rdn. 19), wobei der Senat zu der Ansicht tendiert, in diesem Fall eine Pflicht zur (erneuten) Antragstellung zu verneinen. Die Beklagte kann aus der unterbliebenen Antragstellung aber deswegen keine Rechte für sich ableiten, weil dem Geschäftsführer einer GmbH zur Stellung des Insolvenzantrages eine Überlegungsfrist von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit verbleibt. Daher kann aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer noch keinen Insolvenzantrag gestellt hatte, nicht der sichere Schluss darauf gezogen werden, es liege noch keine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vor.

Da der Beklagten der Beweis des Gegenteils nicht gelungen ist, verbleibt es gem. § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bei der Vermutung, dass die Beklagte Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte.

3. Die weiteren, von der Beklagten gegen eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung vorgebrachten Gründe führen zu keinem anderen Ergebnis.

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert die Insolvenzanfechtung nicht daran, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass der entrichtete Betrag aus dem freien und pfändbaren Vermögen der Schuldnerin erfolgt ist. Es ist davon auszugehen, dass ein Schuldner seine Gläubiger regelmäßig aus dem der Pfändung unterliegenden Anteil seines Vermögens befriedigt. Daher erweist sich der Einwand der Zugehörigkeit zum unpfändbaren Teil des Vermögens als ein Ausnahmesachverhalt, den derjenige vorzutragen und zu beweisen hat, der aus diesem eine für ihn günstige Rechtsfolge ableiten möchte. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte. Der Umstand des Fehlens eines dahingehenden Vortrages führt somit nicht dazu, dass die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung nicht schlüssig dargelegt wären.

b) Die Beklagte hält einer Insolvenzanfechtung bzgl. der an einen Sozialversicherungsträger als Einzugsstelle abgeführten Gesamtsozialversicherungsbeiträge im Ergebnis ebenso ohne Erfolg entgegen, hierbei handele es sich um unter dem besonderen Schutz der Verfassung stehende Zwangsbeiträge, die ab dem Zeitpunkt des Eingangs beim Sozialversicherungsträger einer Zweckbindung unterliegen, was dazu führe, dass die Beiträge nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben verwendet werden dürften. Die Beitragsauskehrung nach erfolgreicher Insolvenzanfechtung stelle dagegen eine zweckwidrige, weil nicht beitragskonforme Mittelverwendung dar, für die die Insolvenzordnung keine ausreichende verfassungsrechtliche Eingriffsgrundlage darstelle.

Diese Gesichtspunkte gehen nach Ansicht des Senates von der unzutreffenden Sichtweise aus, dass der Sozialversicherungsträger die Beiträge in gesetzmäßiger Art und Weise erlangt hat. Gerade dies ist bei Vorliegen eines Anfechtungstatbestandes nach der Insolvenzordnung nicht der Fall. Um in der Krise eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zu gewährleisten, führt die Insolvenzanfechtung zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Schuldner davon abgesehen hätte, die Gläubigergesamtheit zu Gunsten einzelner Gläubiger zu benachteiligen. Da vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der Einschaltung eines vorläufigen Insolvenzverwalters die Verfügungsbefugnis des Schuldners nicht beschränkt ist, kann diese Rechtsfolge nur dadurch herbeigeführt werden, dass derjenige Gläubiger, der eine Leistung unter Verstoß gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung erlangt hat, diese zur Insolvenzmasse zurückzugewähren hat. Hierdurch wird einem Gläubiger, und damit auch einem Sozialversicherungsträger, lediglich dasjenige wieder genommen, was ihm nicht hätte zukommen dürfen (vgl. BGHZ 90, 207, 211 f; 104, 355, 357; 116, 222, 224). Die §§ 133 ff. InsO stellen nach Ansicht des Senats insoweit eine ausreichende Anspruchs- bzw. Ermächtigungsgrundlage dar, um diese Beträge zurückzufordern.

c) Ferner beruft sich die Beklagte ebenso erfolglos darauf, die Insolvenzanfechtung bzgl. abgeführter Sozialversicherungsbeiträge führe zu einem Widerspruch gegenüber der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 134, 304 ff.), nach der eine Pflicht bestehe, die Arbeitnehmerbeiträge vorrangig gegenüber anderen Forderungen abzuführen. Einen solchen Widerspruch vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine Pflicht zur vorrangigen Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen gegenüber anderen Forderungen gilt nur außerhalb der "kritischen Zeit". Kommt ein Schuldner dagegen in eine "Krise", gilt der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung, dessen Durchsetzung die Tatbestände der Insolvenzanfechtung dienen. Hierbei spielt auch keine Rolle, ob der Schuldner in der Krise eine privatrechtliche Forderung oder einen öffentlich-rechtlichen bzw. sozialversicherungsrechtlichen Anspruch erfüllt hat. Anknüpfungspunkt im einen wie im anderen Fall ist eine Verfügung über das Vermögen des Schuldners, die zu diesem Zeitpunkt so nicht mehr hätte getroffen werden dürfen.

d) Gegen die vorliegende Insolvenzanfechtung kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg einwenden, sie sei nicht die richtige Adressatin des Rückgewähranspruches, weil sie die eingezogenen Beträge nach § 28 k SGB IV am jeweiligen Folgetag weiterleiten müsse und sich damit die jeweils eingezogenen Beträge zum Zeitpunkt der Insolvenzanfechtung gar nicht mehr in ihrem Vermögen befänden. Soweit die Beklagte damit einen Entreicherungseinwand erhebt, ist dieser zum einen nach der Gesetzessystematik der Regelungen über die Insolvenzanfechtung unbeachtlich. Zum anderen steht die Unbeachtlichkeit dieses Einwandes aber auch in Einklang mit der gesetzlichen Wertung von § 819 Abs. 1 BGB. Danach haftet der Empfänger einer Leistung unter anderem dann verschärft mit der Folge, dass er sich nicht mehr auf den Entreicherungseinwand stützen kann, wenn er beim Empfang der Leistung den Mangel des rechtlichen Grundes kennt (vgl. Sprau in Palandt, BGB 62. Aufl. § 819 Rdn. 8). Die Absichtsanfechtung nach § 133 InsO setzt gerade die Kenntnis beim Gläubiger voraus, dass die Befriedigung seines Anspruches die Benachteiligung der übrigen Gläubiger zur Folge hat. Damit waren der Beklagten beim Empfang der Leistung die für eine Rückgewähr maßgebenden Gesichtspunkte bekannt.

e) Die Beklagte macht ebenfalls erfolglos geltend, als Sozialversicherungsträger müsse sie notfalls die einzuziehenden Beiträge vollstrecken, deswegen habe sie angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keine Möglichkeit, sich innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren anfechtungsrechtlich korrekt zu verhalten. Auch dieser Einwand trifft nicht zu. Die Beklagte ist einer Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung gem. § 133 InsO schon dann nicht ausgesetzt, wenn sie im Besitz von Erkenntnissen ist, die gegen das Vorhandensein eines Benachteiligungsvorsatzes auf Seiten der Schuldnerin sprechen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn sie der einzige Gläubiger wäre oder aber Anhaltspunkte dafür vorhanden wären, aus denen sich ergibt, dass das Schuldnervermögen für eine gleichmäßige Befriedigung aller vorhandener Gläubiger ausgereicht hätte.

f) Die Beklagte beruft sich schließlich ohne Erfolg darauf, dass Erwägungen des Vertrauensschutzes geböten, die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung erst auf künftige Rechtshandlungen anzuwenden. Anders als in dem von der Beklagten genannten Fall der Haftung eines neu in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eintretenden für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 56/02, NJW 2003, 1803) bestand vorliegend kein vergleichbarer Vertrauenstatbestand. Insbesondere bestand keine ständige Rechtsprechung, auf die sich ein Sozialversicherungsträger mit der Folge hätte berufen können, dass er davon ausgehen durfte, wegen der Einziehung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht gemäß § 133 InsO in Anspruch genommen werden zu können.

II. Auf die Berufung des Klägers war daher das Urteil abzuändern und die Beklagte mit der Kostenfolge von § 91 Abs. 1 ZPO antragsgemäß zu verurteilen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung des Senats steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes zur Insolvenzanfechtung. Dass die Beklagte den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden dogmatischen Ansatz in Zweifel zieht, ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen einer insolvenzrechtlichen Absichtsanfechtung bezüglich Zahlungen an Krankenkassen als Einzugsstellen erst jüngst höchstrichterlich geklärt worden sind.

Ende der Entscheidung

Zurück