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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: 13 U 145/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535 Abs. 2
BGB § 578 Abs. 2
Die Kosten einer Terrorversicherung, die der Vermieter während des bestehenden Mietverhältnisses für ein gewerbliches Mietobjekt abschließt, weil die Versicherung gegen Terrorgefahren nicht mehr von der Feuerversicherung mit umfasst wird, können, auch wenn es sich um kein besonders gefährdetes Objekt handelt, auf den Mieter umgelegt werden, sofern im Mietvertrag die Kosten von Sachversicherungen als umlagefähige Betriebskosten bezeichnet sind.
Oberlandesgericht Stuttgart 13. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 13 U 145/06

Verkündet am 15. Februar 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung und Feststellung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2007 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Eberle, Richter am Oberlandesgericht Wetzel Richterin am Oberlandesgericht Gaa

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 09.05.2006 in Tenor Ziff. 2 dahin abgeändert, dass festgestellt wird, dass die Beklagte ab Januar 2007 während der verbleibenden Laufzeit des Mietvertrages vom 16.08./12.09.2001 verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Bruttoversicherungsprämien für die Terrorversicherung des Objektes xxx in xxx zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer zu erstatten.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: bis 95.000,-- €

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts wird Bezug genommen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, das Landgericht sei zu Unrecht von einem Erstattungsanspruch der Klägerin ausgegangen. Nach dem Mietvertrag bestehe ein solcher nicht. Die mietvertraglichen Regelungen zu den Nebenkosten seien so unklar, dass die nachträglich abgeschlossene Terrorversicherung nicht erfasst werde. Jedenfalls verstießen die Regelungen gegen das AGB-Recht und seien daher unwirksam, insbesondere die allenfalls einschlägige Bestimmung über neu hinzutretende Kosten. Der Mietvertrag unterfalle schon nach dem äußeren Anschein dem AGB-Recht. Die Klägerin müsse das Gegenteil beweisen. Die vom Landgericht angenommene Gesamtnebenkostenregelung im Vertrag gebe es nicht. Die Klausel über Versicherungen meine nur bereits bestehende. Die Aufzählung sei abschließend. Sie habe nicht lediglich exemplarischen Charakter. Der Abschluss einer Terrorversicherung für das Objekt in xxx sei nicht wirtschaftlich und im Rahmen einer ordentlichen Geschäftsführung auch nicht notwendig. Die dem Vertrag zu Grunde liegende Versicherungssumme von über 25 Mio. € habe das Landgericht lediglich aufgrund der Aussage des Zeugen xxx von der xxx angenommen und nicht überprüft, wie hoch andere Versicherungen den Verkehrswert des Objekts ansetzen würden bzw. ob es eine günstigere Versicherungsmöglichkeit gebe. Das müsse nicht die Beklagte nachweisen. Ebenso sei nicht geklärt worden, ob und weshalb die xxx berechtigt gewesen sei, das Terrorrisiko einseitig aus der Feuerversicherung herauszunehmen. Jedenfalls der Feststellungsausspruch sei zu korrigieren. Da der Versicherungsvertrag jährlich erneuert werde, hätte nicht festgestellt werden dürfen, dass die Beklagte die Versicherungsprämie bei der xxx für die gesamte Laufzeit des Mietverhältnisses ersetzen müsse. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der abgeschlossenen Versicherung, aber auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Terrorversicherung. Selbst wenn man sie jetzt bejahe, könnten sich die Grundlagen der Beurteilung zukünftig ändern. Schließlich habe das Landgericht, da das Mietausfallrisiko mitversichert sei, die Terrorversicherung zu Unrecht als Sachversicherung angesehen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Tübingen vom 09.05.2006 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise zu Ziff. 2 des Tenors festzustellen, dass die Beklagte während der gesamten verbleibenden Laufzeit des Mietvertrages vom 16.08./12.09.2001 verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Bruttoversicherungsprämien für den Versicherungsschutz gegen Terrorgefahren zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer betreffend das Objekt xxx in xxx zu ersetzen, beginnend mit dem Mietzeitraum ab dem 01.01.2007.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache weit gehend keinen Erfolg. Die Klägerin hat lediglich nicht den Anspruch, sich unabhängig von der Marktlage auf Dauer die Prämie einer bestimmten Versicherungsgesellschaft erstatten zu lassen. Insoweit war das Urteil abzuändern. Im Übrigen ist es richtig. Auf seine Begründung wird verwiesen. Das Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Entscheidung. Das Landgericht hat alle Aspekte berücksichtigt und zutreffend bewertet.

Der Anspruch auf Erstattung der Terrorversicherungsprämie ergibt sich aus dem von den Parteien geschlossenen Mietvertrag.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.09.2006 - VIII ZR 80/06, NJW 2006, 3558) können die Kosten einer Sach- und Haftpflichtversicherung, die der Vermieter während des bestehenden Mietverhältnisses für das Mietobjekt abschließt, anteilig auf die Mieter umgelegt werden, wenn im Mietvertrag die Kosten einer derartigen Versicherung als umlagefähige Betriebskosten bezeichnet sind und dem Vermieter das Recht eingeräumt ist, auch neu entstehende Betriebskosten auf die Mieter umzulegen. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Ziff. 6 in Teil I des Mietvertrages vom 16.08./12.09.2001 regelt allgemein, dass der Mieter alle Nebenkosten aus dem Betrieb und der Bewirtschaftung des Mietobjekts nach Anlage 2 zum Vertrag vollständig trägt.

Die erwähnte Anlage 2 zum Mietvertrag ist überschrieben mit "AUFSTELLUNG DER BETRIEBS- UND BEWIRTSCHAFTUNGSKOSTEN" und enthält unter Ziff. 20: "Die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung sowie der Versicherung aller maschinen-, gebäude- und grundstücksbezogenen Risiken auch Glasversicherung sowie die jeweiligen Erhöhungsbeträge." Diese Regelung umfasst die Terrorversicherung, selbst wenn diese erst nach Mietvertragsschluss als separate Versicherung abgeschlossen wurde. Zuvor war sie Teil der bestehenden Feuerversicherung.

Darüber hinaus enthält der Mietvertrag eine ausdrückliche Regelung für neue Betriebskosten. Teil II § 5 Ziff. 2.1 bestimmt, dass die Nebenkosten, die der Mieter trägt, alle im Vertrag erwähnten Kostenpositionen umfassen sowie alle während der Mietzeit neu hinzutretenden Kosten.

Diese Regelung ist nicht wegen Verstoßes gegen den zur Zeit des Vertragsschlusses maßgeblichen § 9 AGBG unwirksam, und das unabhängig davon, ob das AGBG überhaupt anzuwenden ist. Die beanstandete Formulierung "neu hinzutretende Kosten" ist unbedenklich, weil sie so zu verstehen ist, dass neu anfallende Betriebskosten im Sinne der Vertragsbestimmungen (wie Ziff. 20 der Anlage 2 zum Mietvertrag) gemeint sind.

Als eine Sachversicherung unterfällt die Terrorversicherung diesen Bestimmungen. Sie ist eine Sachversicherung, weil durch sie in erster Linie die Gebäudesubstanz versichert wird. Die Mitversicherung des Mietausfallrisikos ändert nichts. Dieses war auch mitversichert, solange die Terrorversicherung in der Feuerversicherung enthalten war, die unstreitig als Sachversicherung angesehen wird.

Die Erforderlichkeit einer Terrorversicherung ist nicht generell von der Hand zu weisen, auch wenn es sich um kein besonders gefährdetes Objekt handelt und das Risiko gering ist. Dem trägt aber die Höhe der Prämie Rechnung.

Die Beklagte hat diese in vollem Umfang zu erstatten. Ein Abzug im Hinblick auf das mitversicherte Mietausfallrisiko ist nicht zu machen. Die Klägerin bezahlt bisher nur die Mindestversicherungsprämie, weshalb sich für den Zahlungsantrag die Frage, ob der der Bewertung des Mietausfallrisikos entsprechende Prämienanteil von der Klägerin selbst getragen werden muss, nicht stellt. Doch auch für die Zukunft bzw. die Feststellung gilt, solange das Mietausfallrisiko automatisch kostenlos mitversichert ist, nichts anderes, selbst wenn die Prämie wegen einer Erhöhung der Versicherungssumme über den Mindestbetrag steigen sollte. Eine günstigere Versicherung der Gebäudesubstanz wäre gleichwohl nicht möglich. Das Mietausfallrisiko war zudem, solange die Terrorversicherung zur Feuerversicherung gehörte, mit umfasst. Insofern hat sich gegenüber der Zeit des Mietvertragsschlusses außer der Risikoeinschätzung durch die Versicherer nichts geändert.

Die vorliegende zusätzliche Versicherung ist notwendig. Insoweit ist von den Aussagen des Zeugen xxx auszugehen, dass die xxx nach dem 11.09.2001 nicht mehr bereit war, das Gebäude in der Feuerversicherung gegen einen Zuschlag gegen Terror mitzuversichern. Aus den vorliegenden Rechnungen ergibt sich zwar, dass der Gebäudewert bei der xxx bis auf 2004 unter 25 Mio. € lag. Dies ändert aber nichts an der vom Zeugen wiedergegebenen Einschätzung der xxx, die das Gebäude höher ansetzte und die Mitversicherung ablehnte.

Dass die Klägerin die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit verletzt hätte, ist nicht erkennbar. Die Beklagte müsste konkreter vortragen, wo und zu welchen Bedingungen eine günstigere Versicherung zu haben wäre. Ihr Bestreiten genügt nicht. Es gibt keinen Anlass, dem Zeugen nicht zu glauben und ein Gutachten zur Erforschung des Marktes einzuholen.

Ebenso ist der Klägerin kein Vorwurf zu machen, weil sie die Herausnahme der Terrorversicherung aus der Feuerversicherung akzeptierte. Sie hat dazu substantiiert vorgetragen, dass dies bei dem jeweils für ein Jahr geltenden Gebäudeversicherungsvertrag durch die xxx in zulässiger Weise geschah. Dafür spricht auch, dass es mittlerweile die Terrorversicherung und allgemeine Bedingungen hierzu (ATB) gibt. Das Bestreiten der Beklagten ist nicht ausreichend und veranlasst zu keiner weiteren Überprüfung.

Die Klägerin hat lediglich keinen Anspruch auf Feststellung des Erstattungsanspruchs bezogen auf die xxx. Es kann sich bei geänderter Marktlage die Verpflichtung zum Abschluss einer günstigeren Versicherung ergeben. Die Feststellung ist jedoch aus den für die Verurteilung zur Zahlung geltenden Gründen allgemein für die Versicherung gegen Terrorgefahren und für die gesamte noch ausstehende Mietvertragslaufzeit zu treffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wurde zugelassen, nachdem es eine höchstrichterliche Entscheidung zur Angemessenheit bzw. Umlagefähigkeit einer Terrorversicherung bisher nicht gibt.

Ende der Entscheidung

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