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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 19.02.2003
Aktenzeichen: 13 U 190/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB n.F. § 536 b
BGB a.F. § 539
Die Rechtsprechung zu § 539 BGB a.F. zur vorbehaltslosen Zahlung des Mietzinses durch den Mieter trotz Kenntnis eines nach Übergabe aufgetretenen Mangels ist jedenfalls für gewerbliche Mietverhältnisse auch bei der Anwendung ds § 536 b BGB n.F. zu berücksichtigen.
Oberlandesgericht Stuttgart

- 13. Zivilsenat -

Beschluß

vom 19. Februar 2003

In Sachen

wegen Pachtzins

hier: Prozeßkostenhilfe

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten vom 27.12.2002 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird

zurückgewiesen.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten hat nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1.

Die vom Beklagten gerügte Rechtsverletzung durch unrichtige Anwendung des materiellen Rechts liegt nicht vor.

Dem Kläger steht der durch Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 25.10.2002 zuerkannte Anspruch gegen den Beklagten in Höhe von € 14.014,29 zuzüglich zugesprochener Zinsen aus Pachtvertrag zu.

a)

Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger rückständigen Pachtzins gemäß § 581 BGB für die Monate Februar 2002, April 2002 (teilweise) und Mai - September 2002 zu zahlen, der sich unstreitig insgesamt auf € 13.601,87 beläuft.

Zu Recht kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, daß dem Beklagten weder Gewährleistungsrechte auf Minderung (§§ 581, 536 BGB, § 536 b BGB analog i.V.m. Artikel 229 § 3 EGBGB) oder auf Schadensersatz (§§ 581, 536 a BGB, § 536 b BGB analog i.V.m. Artikel 229 § 3 EGBGB) zustehen, noch dass das Pachtverhältnis durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 30.4.2002 (§§ 581, 543 Abs. 2 BGB, § 536 b BGB analog i.V.m. Artikel 229 § 3 EGBGB) beendet worden ist. Deshalb steht dem Beklagten auch keine Forderung auf Ersatz von Sachverständigenkosten in Höhe von € 1.139,00 zu, mit denen er die Aufrechung gegen die Pachtzinsforderung erklärt hat.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die vom Beklagten mit Anwaltsschriftsatz vom 9.4.2002 behaupteten Umstände vorliegen und als Mängel zu bewerten sind.

Mit dem Landgericht kann auch dahingestellt bleiben, ob der Beklagte entsprechend dem Vortrag des Klägers bereits bei Vertragsschluß Kenntnis von diesen Umständen hatte oder ob er diese Kenntnis erst danach erlangt hat.

Im ersten Fall folgt der Ausschluß der Gewährleistungsrechte und des Kündigungsrechtes aus der unmittelbaren Anwendung des § 536 b BGB. Im zweiten Fall folgt dies aus dem Gesichtspunkt des Verzichts in analoger Anwendung des § 536 b BGB.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 539 BGB a.F. führt die vorbehaltslose Zahlung des Mietzinses über eine längere Zeit in Kenntnis eines nach Übergabe der Mietsache entstandenen Mangels zu einem Verlust des Gewährleistungsrechts und des Rechtes zur fristlosen Kündigung. Denn der Mieter gibt hierdurch zu erkennen, daß ihm die Mietsache trotz ihrer Mangelhaftigkeit den vereinbarten Preis wert ist und er die Gewährleistungsrechte in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH NJW 1997, Seite 2674).

Bei dieser Rechtsprechung hat es nach Auffassung des Senates auch nach der Reform des Mietrechtes zu verbleiben, wobei für die Zeit ab 1.9.2001 an die Stelle des § 539 BGB a.F. analog nunmehr § 536 b BGB analog getreten ist. Zum einen sind sich § 539 BGB a.F. und § 536 b BGB n.F. inhaltlich gleich. Zum anderen hat der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Rechtsprechung anläßlich der Reform des Mietrechts keine anderweitige Regelung getroffen (OLG Naumburg, NJW 2002, Seite 1132; OLG Celle, NJW 2002, Seite 657).

Der Beklagte hat vorbehaltslos über 7 Monate hinweg (Juli 2001 - Januar 2002) den Pachtzins bezahlt, obwohl er zumindest seit 6 Monaten, nämlich ab 1.8.2001 Kenntnis von den Mängeln hatte.

Soweit der Beklagte Mängel an der Kücheneinrichtung rügt, betrifft dies lediglich die Kapazität, nicht aber die Funktionsfähigkeit der einzelnen Geräte (Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 11.2.2003, dort Seite 3). Soweit der Beklagte die Kapazität in räumlicher Hinsicht sowie die Kücheneinrichtung insbesondere nach Art und Anzahl der einzelnen Geräte meint, kann nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werde, dass dies der Beklagte anlässlich der Besichtigungen vor Vertragsabschluß, der am 22.5.2001 stattfand, wahrgenommen hat, weil diese Umstände ohne weiteres erkennbar und für den Betreiber einer Gaststätte bei der Entscheidung zum Abschluss des Pachtvertrages von erheblicher Bedeutung sind. Von einem erfahrenen Gastwirt, der nach eigenem Vortrag hochwertige Gastronomie in den Pachträumen betreiben wollte, kann aber auch angenommen werden, dass er -wenn nicht schon bei Besichtigung anläßlich des Vertragsabschlusses- spätestens anläßlich der Vorbereitungen zur Eröffnung, die nach dem Vortrag des Beklagten am 1.8.2001 stattgefunden hat, die Leistungsfähigkeit der einzelnen Geräte in technischer Hinsicht wahrgenommen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte nach dem Inhalt des Parteigutachtens des Sachverständigen B., das er ausdrücklich zum Gegenstand seiner Berufungsbegründung gemacht hat, bereits seit Juni 2001 das Pachtobjekt genutzt hat.

Auch hinsichtlich der Feuchtigkeit im Kellerraum muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte diese spätestens im Zeitpunkt der Eröffnung gekannt hat. Dafür spricht, dass der Beklagte selbst vorträgt, dass das Wasser buchstäblich die Wände herunterrann (Seite 5 des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 11.2.2003). Zwar behauptet er, dass dies erst lange Zeit (wie lange?), nach dem das Objekt von ihm betrieben worden sei, eingetreten sei, während er anfangs lediglich einen leichten Feuchtigkeitsgeruch wahrgenommen habe. Das Vorbringen des Beklagten ist jedoch insoweit widersprüchlich. Ohne besondere Umstände, die zum Beispiel in baulichen Veränderungen im Gebäude oder an den Außenanlagen bestehen können, treten derart massive Feuchtigkeitseinwirkungen in einem alten Gewölbekeller nicht erst nach "langer Zeit" ein. Solche besonderen Umstände hat der Beklagte nicht dargelegt. Angesichts dieser Sachlage muss nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss gezogen werden, dass die Feuchtigkeitseinwirkungen im wesentlichen von Anfang bestanden.

Mit dem Landgericht muss auch davon ausgegangen werden, dass es dem Beklagten spätestens im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Lokals aufgefallen ist, dass für das Lokal kein separater Stromzähler vorhanden war.

Die behauptete Gefährdung des Betriebs der Gartenwirtschaft durch die Fachwerkwand des angrenzenden Nachbargebäudes war dem Beklagten spätestens seit Mitte Juli 2001 bekannt. Im Parteigutachten des Sachverständigen B., dessen Inhalt der Beklagte ausdrücklich zum Gegenstand seiner Berufungsbegründung gemacht hat, geht hervor (Bl. 80 d.A.), dass schon Mitte Juli 2001 ein Feld aus dem Fachwerk herausgebrochen war.

Dass dem Beklagten die Mietsache trotz der behaupteten Mängel den vereinbarten Preis wert ist und er keine Gewährleistungsrechte geltend machen will, wird im übrigen auch daran deutlich, dass er sich zur Begründung seiner Zahlungsverweigerung für den Monat Februar nicht auf die Mängel bezogen hat (vgl. Schreiben des Beklagten vom 24.1.2002 in Anlage K 2). Vielmehr hat der Beklagte erstmals durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 9.4.2002 Mängel geltend gemacht. Der aus den Akten deutlich gewordene Verlauf des Pachtverhältnisses, insbesondere das Schreiben des Beklagten vom 24.1.2002 lässt den Schluss zu, dass die geschäftlichen Erwartungen des Beklagten enttäuscht worden sind und er nach dem vergeblichen Versuch, im Einvernehmen mit dem Kläger aus dem Pachtverhältnis auszuscheiden, ihm bekannte Mängel herangezogen hat, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass der Beklagte im Schreiben seines Prozessbevollmächtigten eine so kurze Frist zur Mängelbeseitigung setzen ließ, die keinesfalls vom Kläger hätte erfüllt werden können, dass nicht von einem ernsthaften Interesse des Beklagten an der Mängelbeseitigung ausgegangen werden kann, zumal er zu diesem Zeitpunkt (9.4.2002) nach seinem eigenen Vortrag die Gaststätte schon geschlossen hatte.

b)

Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger Nebenkosten für Wasser in Höhe von € 412,45 zu zahlen.

Der Beklagte hat sich in § 5 des Pachtvertrages verpflichtet, an den Kläger die Betriebskosten für Wasser zu bezahlen.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 24.10.2001, vom 14.2.2002 und 10.6.2002 (Anlagen K 7-9) entsprechende Abrechnungen erteilt, die zusammen den Betrag vom € 412,45 ergeben und bisher vom Beklagten nicht bezahlt worden sind.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die geltendgemachten Nebenkosten fällig. Zu Unrecht beruft sich der Beklagte darauf, dass die Abrechnungen nicht prüfbar und nicht nachvollziehbar seien.

Die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an Nebenkostenabrechnungen (beispielsweise KG NJW-RR 1998, Seite 1305), die auf der Anwendung von § 259 BGB beruhen, sind erfüllt. Aus den Abrechnungen geht der Abrechnungszeitraum, der Verbrauch, der Einzelpreis und die zu zahlende Summe hervor. Die Abrechnungen sind in sich prüfbar und nachvollziehbar. Dass die jeweils abgelesenen Wasserzählerstände, aus denen der Kläger den Verbrauch errechnet hat, falsch seien, hat der Beklagte nicht behauptet. Soweit sich seine Rüge auf den Einzelpreis für den verbrauchten Kubikmeter Wasser oder die monatliche Grundgebühr bezieht, hat er keinen Anspruch auf Übersendung der dem Kläger vom Versorger übersandten Rechnung. Er kann allenfalls auf seine Kosten die Anfertigung von Fotokopien verlangen (Bub/Treier, Hb. der Wohnraum- und Geschäftsraummiete, 2.Aufl., III Rdnr. 50). Ein entsprechendes Verlangen hat der Beklagte nicht behauptet.

2.

Soweit der Beklagte eine Rechtsverletzung wegen eines Verfahrensfehlers rügt, kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte in seinem rechtlichen Gehör dadurch verletzt worden ist, dass das Landgericht mit dem angegriffenen Urteil eine überraschende Entscheidung erlassen hat.

Selbst im Falle des vom Beklagten vorgetragenen Verfahrensfehlers hätte dieser nicht zu einer inhaltlichen Unrichtigkeit des Urteiles des Landgerichts geführt. Auch wenn der Beklagte den Vortrag in seiner Berufungsbegründung auf einen entsprechenden Hinweis des Landgerichts bereits in erster Instanz vorgebracht hätte, hätte dies nicht zu einer anderen als der vom Landgericht vorgenommenen Bewertung der Rechtslage geführt.

Ende der Entscheidung

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