Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 06.11.2002
Aktenzeichen: 14 U 21/02
Rechtsgebiete: HGB, BGB, DÜG


Vorschriften:

HGB § 164
HGB § 232 Abs. 2
HGB § 235
KWG § 1
KWG § 32
KWG § 37
BGB § 123
BGB § 134
BGB § 139
BGB § 178
BGB § 326
BGB § 812
DÜG § 1
1.

Macht ein Anleger, der sich als atypisch stiller Gesellschafter an einer Aktiengesellschaft beteiligt hat, geltend, er könne Schadensersatz wegen fehlerhafter Aufklärung vor Vertragsschluss verlangen, so rechtfertigt dies keinen Zahlungsanspruch, der unmittelbar auf Rückzahlung der Einlage und des zusätzlich gezahlten Agios gerichtet ist. Nach den Grundsätzen über die Behandlung einer fehlerhaften Gesellschaft gibt ihm dies lediglich das Recht, fristlos zu kündigen, mit der Folge, dass er Auszahlung eines etwaigen Guthabens auf der Grundlage einer Auseinandersetzungsbilanz nach § 235 HGB verlangen kann.

2.

Entsprechendes gilt, wenn sich der stille Gesellschafter darauf beruft, der Vertrag sei wegen seiner fehlenden Eintragung ins Handelsregister als Teil-Gewinnabführungsvertrag schwebend unwirksam gewesen und von ihm wirksam widerrufen worden.


Oberlandesgericht Stuttgart -14. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Teil- und Teilanerkenntnisurteil

verkündet am 6. November 2002

Geschäftsnummer: 14 U 21/02

In Sachen

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 09. Oktober 2002 unter Mitwirkung

des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Mayer des Richters am Oberlandesgericht Vatter sowie der Richterin am Landgericht Aderhold

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 37. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03. April 2002 - 37 O 135/01 KfH - abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, Auseinandersetzungsbilanzen zum 31.12.2001 für sämtliche atypisch stillen Beteiligungen des Klägers - Vertragsnummern 129818 sowie 129819 - nach Maßgabe von § 12 der Beteiligungsverträge zu erstellen.

b) Die Klage wird mit dem Hauptantrag abgewiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrags verurteilt worden ist, der über € 920,33 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.12.2001 hinausgeht.

2. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der beklagten Aktiengesellschaft die Rückzahlung von Beträgen, die er an die Beklagte auf der Grundlage zweier Verträge über stille Beteiligungen geleistet hat.

Der Kläger zeichnete am 10.07.2000 eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter in Höhe von 20.000,- DM zuzüglich 7 % Agio (= 1.400,- DM); der Beteiligungsantrag wurde vom Vorstand der Beklagten am 13.07.2000 gegengezeichnet (Vertrags-Nr. 129818; Anl. K 3). Den Gesamtbetrag von 21.400,- DM hat der Kläger bezahlt.

Ebenfalls am 10.07.2000 unterschrieb der Kläger einen weiteren Zeichnungsschein über eine kombinierte Beteiligung als typisch und atypisch stiller Gesellschafter, der ebenfalls am 13.07.2000 vom Vorstand der Beklagten angenommen wurde (Anl. K 5). Danach sollte auf die atypisch stille Beteiligung (Vertrags-Nr. 129819) ein Betrag von 4.320,- DM geleistet werden. Auf die typisch stille Beteiligung (Vertrags-Nr. 129820) war für die Dauer von 180 Monaten ein Betrag von je DM 200,-, insgesamt also 36.000,- DM zu zahlen. Auf den Gesamtbetrag von DM 40.320,- schuldete der Kläger außerdem 7 % Agio, also DM 2.822,-. Gezahlt hat der Kläger den Betrag von 4.320,- DM auf die atypisch stille Beteiligung, ferner 1.000,- DM als Einmalbetrag auf die typisch stille Beteiligung und 9 mal 200,-- DM, insgesamt also 1.800,- DM auf das Agio zur typisch stillen Beteiligung.

Das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (künftig BAKred) hatte bereits Mitte 1999 die von der Beklagten angebotenen stillen Beteiligungen beanstandet. Mit Bescheid vom 11.07.2000 erließ das BAKred u.a. eine Abwicklungsanordnung nach § 37 KWG (auszugsweise vorgelegt Bl. 72 ff; Eingangsvermerk 12.07.2000). Im Frühjahr 2001 wurde vom BAKred ein Abwickler zur Rückabwicklung der stillen Beteiligungen eingesetzt (Schreiben vom 10.04.2001 an den Kläger, Bl. 49). Der Kläger erhielt im April 2001 seine Einzahlung von 1.000,-- DM zurückgezahlt.

Mit Anwaltsschreiben vom 23.05.2001 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückzahlung auch der übrigen geleisteten Beträge auf. Er begründete dies damit, dass er über eine Erlaubnispflicht der Einlagengeschäfte nicht informiert und über das Verlustrisiko, das auch durch die Rückzahlungen infolge der Anordnung des BAKred gestiegen sei, unzureichend aufgeklärt worden sei, weshalb die Beklagte, die sich das Verschulden ihres Vertriebspartners zurechnen lassen müsse, schadensersatzpflichtig sei. Außerdem habe die Beklagte die Eintragung der Beteiligungen als Teil-Gewinnabführungsverträge in das Handelsregister nicht veranlasst, weshalb das Vertrauensverhältnis zur Beklagten gestört sei und die Beteiligung rückabzuwickeln sei. Vorsorglich setzte er der Beklagten eine Frist bis 20.06.2001 zur Eintragung ins Handelsregister und kündigte für den Fristablauf die Ablehnung dieser Leistung und die Geltendmachung von Schadensersatz an (Anl. K 9, Bl. 50ff). Die Beteiligungsverträge sind im Handelsregister nicht eingetragen.

Der Kläger hat im Dezember 2001 Klage erhoben und die Rückzahlung von zuletzt 27.520,- DM zuzüglich Zinsen verlangt.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen Vorbringens und der von den Parteien dargestellten Rechtsansichten wird auf das Urteil des Landgerichts vom 03. April 2002 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat im wesentlichen ausgeführt: Für das Agio zur typisch stillen Beteiligung folge das aus den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, nachdem diese Einlage infolge der Anordnungen des BAKred habe zurückgezahlt werden müssen. Auch die damit kombinierte atypisch stille Beteiligung sei zurückzuzahlen, weil sich die Unwirksamkeit der typisch stillen Beteiligung auf das einheitliche Rechtsgeschäft insgesamt erstrecke. Die weitere atypisch stille Beteiligung von 20.000,-- DM zuzüglich Agio werde davon nicht erfasst. Die Beklagte sei insoweit nach § 812 BGB zur Rückzahlung verpflichtet. Es fehle an einem Rechtsgrund für die Zahlungen des Klägers, weil die Beteiligungsverträge nicht als Gewinnabführungsverträge ins Handelsregister eingetragen und der Kläger die schwebend unwirksamen Beteiligungen entsprechend § 178 BGB widerrufen habe. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft seien nicht anzuwenden, weil die Beklagte die Eintragung hätte herbeiführen müssen und ihr deshalb die Unwirksamkeit zuzurechnen sei.

Gegen das ihr am 08. April 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. April 2002 Berufung eingelegt und diese am 11. Juni 2002 begründet.

Die Parteien halten jeweils an ihrem erstinstanzlichen Vortrag und den dazu vertretenen Rechtsauffassungen fest. Die Beklagte ist u.a. der Ansicht, der vom BAKred angenommene Verstoß gegen das KWG führe nicht gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit der typisch stillen Beteiligung. Jedenfalls werde die atypisch stille Beteiligung aus dem Kombi-Vertrag nicht gem. § 139 BGB davon erfasst, weil es sich nicht um ein einheitliches Rechtsgeschäft handele. Der Kläger könne seine Beteiligungen wegen der fehlenden Handelsregistereintragungen auch nicht entsprechend § 178 BGB widerrufen oder gem. § 326 BGB davon zurücktreten, da die aktienrechtliche Regelung über die Eintragungspflicht dem einzelnen Gesellschafter keinen Anspruch gebe und auch keine Hauptleistungspflicht begründe, bezüglich derer die Beklagte wirksam in Verzug gesetzt werden könne; im übrigen sei die gesetzte Frist zu kurz gewesen. Jedenfalls komme eine Rückabwicklung nur nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung, Bl. 147 ff, Bezug genommen.

Der Vorsitzende hat in der Terminsverfügung vom 09.07.2002 darauf hingewiesen, dass die Anwendung der Grundsätze über die Behandlung fehlerhafter Gesellschaften in Betracht kommen kann (Bl. 173 f).

Der Kläger hat in der Berufungserwiderung vom 20.08.2002 (Bl. 180 ff) die Auffassung vertreten, dass der Kombi-Vertrag im Hinblick auf einzelne Vertragsbestimmungen und auf die Ausführungen der Beklagten in ihrem Prospekt zu den Vorteilen des "Kombi-Sachwert-Sparplans" ein einheitliches Rechtsgeschäft darstelle und dass deshalb schon mit der angeordneten Rückabwicklung der typisch stillen Beteiligung die Geschäftsgrundlage insgesamt entfallen sei. Die fehlende Eintragung der Verträge ins Handelsregister rechtfertige zudem den Widerruf analog § 178 BGB, sowie das hilfsweise geltend gemachte Rücktrittsrecht aus § 326 BGB. Hierauf und auf die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zum Schütze der Beklagten nicht anwendbar, in deren Sphäre es liege, dass die Verträge nicht wirksam zustande gekommen seien. Würde der Kläger auf eine Auseinandersetzungsbilanz mit negativem Ergebnis verwiesen, so bliebe dabei außer Betracht, dass sich die Beklagte das Verhalten ihres Vorstands zurechnen lassen müsse, das zu diesem Schaden geführt habe. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den genannten Schriftsatz Bezug genommen, in dem der Kläger auch den Hilfsantrag auf Erstellung von Auseinandersetzungsbilanzen und Auszahlung des daraus resultierenden Guthabens angekündigt hat.

Die Beklagte hat die Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 09. Oktober 2002 zurückgenommen, soweit sie zur Rückzahlung eines Agios von 1.800,- DM auf die typisch stille Beteiligung verurteilt worden ist.

Im übrigen beantragt die Beklagte,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 03.04.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt der Kläger im Wege der Stufenklage, die Beklagte zu verurteilen, Auseinandersetzungsbilanzen für sämtliche a-typisch stillen Beteiligungen des Klägers - Vertragsnummern 129818 sowie 129819 - nach Maßgabe von § 12 der Beteiligungsverträge zum 31.12.2001 zu erstellen und sodann auf deren Grundlage das Auseinandersetzungsguthaben gemäß § 235 HGB an den Kläger zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basisleitzinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungsgesetzes seit dem 20.06.2001.

Die Beklagte hat den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Anspruch auf Erstellung der Auseinandersetzungsbilanzen zum 31.12.2001 für die atypisch stillen Beteiligungen gem. Vertragsnummern 129818 und 129819 in der mündlichen Verhandlung unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt.

II.

Die - nach Teilrücknahme in Höhe von 1.800,-- DM - noch anhängige Berufung der Beklagten hat insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Verurteilung zur Rückzahlung ohne Rücksicht auf eine Auseinandersetzungsbilanz wendet. Auch wenn man unterstellt, dass der Kläger zu Recht Schadensersatzansprüche wegen unzureichender Aufklärung, eine Vertragsbeendigung - oder -auflösung wegen der fehlenden Handelsregistereintragung oder sonstige Unwirksamkeitsgründe geltend macht, so kann er doch nach allen in Betracht kommenden Varianten keine Rückzahlung der geleisteten Einlagen sowie des Agios verlangen. Vielmehr kommen die Grundsätze über die Behandlung fehlerhafter Gesellschaften zur Anwendung. Danach berechtigen die geltend gemachten Pflichtverletzungen oder Unwirksamkeitsgründe den Kläger gegebenenfalls zur fristlosen Kündigung, die einen Anspruch auf Auseinandersetzung nach Maßgabe des § 235 HGB und der ergänzenden vertraglichen Regelungen zur Folge hat.

1.

Nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft wird eine fehlerhaft gegründete Gesellschaft nach außen und innen als wirksam behandelt, wenn sie in Vollzug gesetzt worden ist und wenn keine vorrangigen Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen entgegenstehen (vgl. z.B. Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §105 Rdn. 75 ff; Goette DStR 1996, 266 ff sowie die nachfolgend unter 2. genannten Entscheidungen). Die Anwendung dieser Grundsätze hat zur Folge, dass ein in Vollzug gesetzter Gesellschaftsvertrag nicht als von Anfang an nichtig angesehen oder rückwirkend vernichtet und auf dieser Basis rückabgewickelt werden kann. Vielmehr kann die Gesellschaft nur nach den jeweils für sie geltenden Regeln mit Wirkung für die Zukunft beendet werden, bei der stillen Gesellschaft also durch fristlose Kündigung (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 Abs. 1 und 3 BGB). Der wichtige Grund für die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses liegt regelmäßig in dem Mangel, der die Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft begründet. Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze stellen ein Instrument zur sachgerechten Abwicklung bewusst durchgeführter Leistungs- und Risikogemeinschaften dar (OLG Stuttgart OLGR 1999, 286, 287). Damit wird bei in Vollzug gesetzten Gesellschaftsverhältnissen ein Verkehrs- und Bestandsschutz erreicht. Es ist nicht nur der Schutz außenstehender Gläubiger beabsichtigt, sondern es wird auch sichergestellt, dass Mitgesellschafter gegenüber dem Gesellschafter, der sich auf die Nichtigkeit oder sonst einen Grund für die Lösung von der Gesellschaft beruft, infolge der Abwicklung nicht schlechter als er selbst behandelt werden (vgl. BGH JZ 2002, 247, 249). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt neben anderen Umständen insbesondere bei Publikumsgesellschaften die Abwicklung fehlerhafter Beitritte nach diesen Grundsätzen (vgl. auch Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 7 Rdn. 103), deren Anwendung auch nicht der Gedanke des Verbraucherschutzes entgegen steht (BGH a.a.O. zum Widerruf nach HWiG bei einer Publikums-GbR; vgl. auch OLG Stuttgart ZIP 2002, 1885; OLG Dresden ZIP 2002, 1293, 1396).

2.

Diese Grundsätze sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und ihm folgend der Oberlandesgerichte auch bei allen Formen der stillen Gesellschaft und anderen Innengesellschaften anwendbar (BGHZ 8, 157, 167 f; BGHZ 55, 5; BGH NJW-RR 1991, 613; BGH NJW 1992, 2696, 2698 - atypisch stille Gesellschaft; BGH NJW 1993, 2107 f; zur atypisch stillen Gesellschaft auch OLG Stuttgart OLGR 1999, 285, 286 f; OLG München NJW-RR 2000, 624, 625; OLG Celle NZG 2000, 85, 86; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.03.1995 - 6 U 275/93, dok. in Juris; zustimmend in der Literatur etwa Staub-Zutt, HGB, 4. Aufl., § 230 Rdn. 69; Ebenroth/Boujong/Joost/Gehrlein, HGB, § 230 Rdn. 31; Röhricht/v.Westphalen/v. Gerkan, HGB, 2. Aufl., § 230 Rdn. 14).

Der Gegenansicht (z.B. MünchKomm-Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 705 Rdn. 275 f) kann insbesondere für eine atypisch stille Gesellschaft nicht gefolgt werden, bei der der stille Gesellschafter am Unternehmensvermögen schuldrechtlich beteiligt ist und bei der ihm mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte eingeräumt sind, etwa in Gestalt eines Widerspruchsrechts entsprechend § 164 HGB. In solchen Fällen weist ein stilles Gesellschaftsverhältnis hinreichende organisatorische Elemente auf, um den Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen zu verdienen, der nach der Rechtsprechung neben dem Verkehrsschutz die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft rechtfertigt (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 151 ff; ders. in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 335 [§ 230 n.F.] Rdn. 106 ff). So liegt es hier. Die Rechtsstellung des Klägers als stiller Gesellschafter ist nach den Bedingungen des Gesellschaftsvertrags der eines Kommanditisten zu einem gewissen Teil angenähert: Er ist schuldrechtlich am Vermögen beteiligt (§ 3 der Vertragsbedingungen) und nimmt deshalb beim Ausscheiden am Wertzuwachs des Unternehmens teil (§ 12 zur Auseinandersetzungsbilanz unter Berücksichtigung stiller Reserven), ebenso ist er am Gewinn und teilweise am Verlust beteiligt (§ 7), und bestimmte Geschäfte unterliegen einem jeweils mit einfacher Mehrheit auszuübenden Zustimmungs- oder Widerspruchsrecht der stillen Gesellschafter (§ 4 Nr. 2 bis 4; Bezug genommen ist jeweils auf den Vertrag Nr. 129818, Anl. K 3; der Vertrag über die kombinierte Beteiligung mit der Nr. 129819, Anl. K 5, enthält für die atypisch stille Beteiligung vergleichbare Regelungen). Nach § 7 Abs. 2 ist der Gesellschafter am Unternehmensverlust entsprechend § 232 Abs. 2 HGB anteilig beteiligt, höchstens bis zum Nennbetrag seiner Einlage. Der stille Gesellschafter, der sich bei fehlerhaftem Gesellschaftsvertrag auf eine Unwirksamkeit ex tunc berufen und die Einlage zurückfordern könnte, würde sich damit der Beteiligung an etwaigen Verlusten des geschäftsführenden Unternehmens entziehen. Auf die verbleibenden stillen Gesellschafter, deren Vertragsgrundlage möglicherweise ähnlich fehlerhaft ist, würde damit ein höherer Verlustanteil entfallen, jedenfalls dann, wenn der Gesamtverlust nicht so hoch wäre, dass ohnehin der Nennbetrag der Einlagen erreicht wäre. Auch wenn die stillen Beteiligungen jeweils eigene gesellschaftsrechtliche Rechtsverhältnisse darstellen, so führen diese Zusammenhänge neben der o.g. Zustimmungsregelung zu einer organisatorischen Verbindung und Risikogemeinschaft der stillen Gesellschafter mit der Beklagten und untereinander, die eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft rechtfertigt.

3.

Diese Grundsätze greifen bei allen vom Kläger zur Anspruchsbegründung geltend gemachten Rechtsgrundlagen ein.

a)

Es kann offen bleiben, ob die Beteiligungsverträge als Teil-Gewinnabführungsverträge zu qualifizieren sind (vgl. dazu etwa OLG Stuttgart OLGR Stuttgart 1999, 285, 286 = NZG 2000, 93, 94) und ob gegebenenfalls der Kläger wegen der fehlenden Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten (§ 293 AktG) oder wegen der fehlenden Handelsregistereintragung (§ 294 AktG) seine Zeichnungen wirksam entsprechend § 178 BGB widerrufen hat oder ob er gem. § 326 BGB von den Verträgen wirksam zurückgetreten ist. Wenn ein Unternehmensvertrag aus diesen Gründen schwebend unwirksam ist, greifen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft ein, (BGH NJW 2002, 822; BGHZ 103, 1; BGHZ 116, 37). Der Vertrag ist nach dieser Rechtsprechung solange als wirksam zu behandeln, bis sich eine Seite auf die Unwirksamkeit beruft. Das führt dazu, dass der Kläger im Falle einer wirksamen Beendigung des Schwebezustands lediglich die Zahlung eines Guthabens verlangen kann, das auf der Grundlage einer Auseinandersetzungsbilanz ermittelt worden ist. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, es gehe nicht wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen um den Schutz der abhängigen Gesellschaft, sondern darum, dass die Beklagte die Unwirksamkeit zu vertreten habe und deshalb nicht schutzwürdig sei. Dieser Gesichtspunkt spielt für die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft keine entscheidende Rolle. Hat der Vertragspartner die Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsvertrags zu vertreten, so ist der Gesellschafter hinreichend dadurch geschützt, dass dieser Umstand einen wichtigen Grund für die Kündigung oder Auflösung der Gesellschaft hergibt. Das hat der Bundesgerichtshof für die Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung entschieden (z.B. BGHZ 55, 5, 9 f). Davon oder auch von dem Fall der Widerrufbarkeit nach verbraucherrechtlichen Regelungen (s.o.) unterscheidet sich die schwebende Unwirksamkeit einer stillen Beteiligung eines Kapitalanlegers wegen fehlender Handelsregistereintragung nicht.

b)

Nichts anderes gilt für den Schadensersatzanspruch wegen unzureichender Aufklärung vor Vertragsabschluss. Damit begehrt der Kläger, so gestellt zu werden, wie er ohne die Zeichnung der Beteiligungen gestanden hätte. Insbesondere begehrt er im Wege des Schadensersatzes die Rückzahlung der als Einlage und Agio gezahlten Beträge. Auch hier kann er seine Einlage nur als Teil des Abfindungsanspruchs nach § 235 HGB verlangen.

Eine unterschiedliche Behandlung der Rückabwicklung einerseits infolge Nichtigkeit oder sonstiger Unwirksamkeit des Vertrags und andererseits im Wege des Schadensersatzes wegen Aufklärungsmängeln ist nicht gerechtfertigt.

Für den Fall der arglistigen Täuschung des Gesellschafters einer stillen Beteiligung ist anerkannt, dass eine Anfechtung gem. § 123 BGB mit der Folge anfänglicher Nichtigkeit ausgeschlossen ist und nur eine Kündigung ex nunc mit der Folge in Betracht kommt, dass dem Getäuschten eine nach § 235 HGB zu ermittelnde Abfindung zusteht (BGHZ 55, 5, 9 f; vgl. auch Goette a.a.O. S. 270 f). Nichts anderes kann gelten, wenn der getäuschte Anleger nicht über die Anfechtung, sondern im Wege eines auf die Täuschung gestützten Schadensersatzanspruchs den Gesellschaftsvertrag abwickeln will (vgl. auch HansOLG Hamburg NZG 2000, 536, 538; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.03.1995, a.a.O.; Kubier, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., S. 402). Der Schadensersatzanspruch kann dann auch dem nur fahrlässig irregeführten Anleger keine weiterreichenden Rechte einräumen als dem vorsätzlich getäuschten Anleger. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs auf Rückzahlung der Einlage wegen Verschuldens beim Vertragsschluss (c.i.c.) eine rückwirkende Auflösung der Gesellschaft hindern und nur eine Abwicklung nach Kündigung im Rahmen des Anspruchs nach § 235 HGB ermöglichen (BGH NJW 1993, 2107 f; in dem Fall war der Anspruch in Höhe der Einlage dann begründet, weil ein entsprechendes Auseinandersetzungsguthaben feststand; vgl. auch BGHZ 55, 5, 10 zur Berücksichtigung eines Schadensersatzanspruchs bei der Auseinandersetzung).

c)

Es kann auch offen bleiben, ob eine fehlende Erlaubnis nach § 1, § 32 Kreditwesengesetz zur Nichtigkeit der typisch stillen Beteiligung aus dem Vertrag mit der Nr. 129819 gem. § 134 BGB geführt hat (für Einlagengeschäfte offen gelassen von BGHZ 129, 90, 92; verneinend mit zweifelhafter Begründung KG KGR 2002, 60; bejahend KreisG Potsdam BuW 1993, 853; Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., 2. Bearb., Rdn. 1174). Gegebenenfalls führt das nicht dazu, dass auch die Rückabwicklung der atypisch stillen Beteiligung aus dem selben Vertrag nicht nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft vorzunehmen wäre. Nach überwiegender Ansicht sind diese in Fällen nicht anzuwenden, in denen der Gesellschaftsvertrag wegen eines Gesetzesverstoßes nichtig ist, weil dies mit dem übergeordneten Allgemeininteresse, wie es in der gesetzlichen Sanktion des verbotenen Geschäfts zum Ausdruck kommt, nicht zu vereinbaren ist (vgl. nur Goette a.a.O. S. 270 m.w.N.). Dieser Gedanke trägt nicht, da die alleine im Streit befindliche atypisch stille Beteiligung von dem gesetzlichen Verbot nicht selbst erfasst ist, sondern allenfalls über § 139 BGB die Nichtigkeitsfolge des Verbots der typisch stillen Beteiligung teilt, die ihrerseits aufgrund der Anordnungen des BAKred vollständig abgewickelt ist. Ein übergeordnetes Allgemeininteresse ist deshalb nicht berührt, wenn die verbliebene Beteiligung nur im Rahmen einer Auseinandersetzung nach § 235 HGB abgewickelt wird.

4.

Beide stillen Beteiligungen sind in Vollzug gesetzt worden. Das ist u.a. der Fall, wenn die Einlage gezahlt ist (vgl. BGH NJW 1993, 1501). Der Kläger hat auf den Vertrag Nr. 129818 die gesamte Einlage zuzüglich Agio bezahlt und auch auf den Vertrag mit der Nr. 129819 seine Einlage auf die atypisch stille Beteiligung erbracht.

5.

Ohne vorherige Auseinandersetzung (§ 235 HGB) könnte der Kläger unter diesen Umständen seine Einlage nur dann zurückverlangen, wenn schon vor Beendigung der Auseinandersetzung feststehen würde, dass er jedenfalls diesen Betrag zu bekommen hat. Das kann insbesondere dann angenommen werden, wenn gesellschaftsvertraglich eine Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist (§ 231 Abs. 2 HGB), weil dem Ausgeschiedenen dann mindestens die geleistete Einlage als Teil der Abfindung zusteht (BGH NJW 1992, 2696, 2697). Der Kläger ist aber nach der vertraglichen Regelung am Verlust beteiligt (s.o.). In diesem Fall stellt die Einlage lediglich einen unselbständigen Rechnungsposten bei der Auseinandersetzung dar (vgl. BGH NW-RR 1991, 613, 614 zur Innengesellschaft), die bei der atypisch stillen Gesellschaft zudem in einer Vermögensbilanz unter Berücksichtigung der wirklichen Vermögenswerte, der stillen Reserven und des Geschäftswerts vorzunehmen ist (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1061). Dass eine solche Bilanz für den Kläger ein Guthaben mindestens in Höhe der noch streitigen Klageforderung ergeben wird, lässt sich derzeit nicht feststellen.

Das gilt auch für die geltend gemachte Rückzahlung des zum Vertrag Nr. 129818 gezahlten Agios in Höhe von 1.400,- DM. Auch dieser Betrag kann nur im Rahmen der Gesamtauseinandersetzungsrechnung berücksichtigt werden. Nach der vertraglichen Regelung war er nicht als Einlage zu leisten und auch nicht als solcher rückzahlbar. Gleichwohl handelte es sich nicht bloß um einen für die Gesellschaftszwecke nicht zur Verfügung stehenden Betrag, sondern um einen Beitrag, den der Kläger auf der Grundlage des eingegangenen Gesellschaftsverhältnisses schuldete. Nach der Darstellung der Beklagten in ihrer "Präsentation", die nach Klägervortrag bei den Vertragsverhandlungen verwendet wurde, stellte das ins Unternehmensvermögen übergehende Agio einen Ausgleich für den Unternehmenswert dar, der anteilig den Nennwert der Beteiligung überstieg (Anl. K 2, S. 8 mittlere Spalte, S. 9 rechte Spalte). Über die vertraglich vereinbarte Beteiligung am Vermögen der Beklagten wirkt es sich auf das Ergebnis aller atypisch stillen Gesellschafter aus. Eine unterschiedliche Behandlung von Agio und Einlage im Rahmen der Abwicklung der fehlerhaften Gesellschaft ist deshalb nicht gerechtfertigt.

Mit dem in erster Linie geltend gemachten Zahlungsantrag hat der Kläger nach alledem keinen Erfolg.

III.

1.

Stattzugeben ist dagegen der ersten Stufe des in der Berufung zulässigerweise (§ 533 ZPO) ergänzten Hilfsantrags, mit dem die Erstellung von Auseinandersetzungsbilanzen bezüglich der atypisch stillen Beteiligungen begehrt wird. Diese Stufe des Antrags hat die Beklagte anerkannt, so dass sie antragsgemäß zu verurteilen ist.

2.

Hinsichtlich des mit der Stufenklage angekündigten Zahlungsantrags, der erst gestellt werden kann, wenn die Auseinandersetzungsbilanz erstellt und dem Kläger durch ihre Übermittlung Auskunft erteilt ist, bleibt der Rechtsstreit beim Senat anhängig. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreit an das Landgericht zur Entscheidung über die Zahlungsstufe kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie in der mündlichen Verhandlung nicht beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 ZPO). Unabhängig davon gilt: Wird die Stufenklage erst hilfsweise in der Berufungsinstanz geltend gemacht, so ist für eine Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO kein Raum (vgl. BGH WM 1973, 296, 298 zu § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F.). Die Anwendung dieser Vorschrift setzt jedenfalls voraus, dass Grund und Höhe des fraglichen Anspruchs schon Gegenstand des Rechtsstreit in erster Instanz waren (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 538 Rdn. 19; MünchKomm-Rimmelspacher, ZPO, 2. Aufl., § 538 Rdn. 16). Daran fehlt es. Der mit der hilfsweisen Stufenklage verfolgte Auseinandersetzungsanspruch stellt einen anderen Streitgegenstand dar als der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage, der Gegenstand des Hauptantrags ist.

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 1 ZPO. Eine Kostenentscheidung muss dem Schlussurteil vorbehalten bleiben.

Ende der Entscheidung

Zurück