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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 14 U 23/03
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG, HGB


Vorschriften:

GmbHG § 19 Abs. 1
GmbHG § 19 Abs. 2 Satz 2
GmbHG § 19 Abs. 2 Satz 1
GmbHG § 19 Abs. 5
AktG § 256 Abs. 1 Nr. 1
AktG § 253
HGB § 264 Abs. 1
HGB § 284
1. Fehlt dem Jahresabschluss einer GmbH der Anhang, so sind der Jahresabschluss und der darauf beruhende Gewinnverwendungsbeschluss nichtig. Eine danach rechtsgrundlos vorgenommene Ausschüttung an die Gesellschafter ist zurückzuzahlen.

2. Die Verpflichtung eines Gesellschafters, die restliche Stammeinlage zu bezahlen, wird nicht dadurch erfüllt, dass er Mittel der Gesellschaft zur Zahlung verwendet, die ihm rechtsgrundlos als Gewinnausschüttung ausgezahlt worden sind.

3. Der Rückzahlungsanspruch wird nicht dadurch erfüllt, dass der Gesellschafter eine Zahlung an die Gesellschaft mit der Bestimmung erbringt, damit auf die Verpflichtung zur Einzahlung der Stammeinlage leisten zu wollen.

4. Der Gesellschafter schuldet deshalb nicht nur die Rückzahlung der rechtsgrundlosen Ausschüttung; er bleibt daneben auch zur Zahlung der Stammeinlage verpflichtet, wenn er eine rechtsgrundlos vorgenommene Gewinnausschüttung zur Zahlung auf die Stammeinlagepflicht verwendet. Die Rückzahlung der Ausschüttung hat nicht zugleich Tilgungswirkung für die Stammeinlagepflicht.


Oberlandesgericht Stuttgart - 14. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 14 U 23/03

verkündet am 11.02.2004

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 21. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 20.03.2003 - 21 O 102/01 KfH - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Streitwert: € 29.527,10

Gründe:

I.

Der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der K GmbH verlangt vom Beklagten als einem der Gesellschafter Zahlung einer Restforderung auf die Stammeinlageforderung sowie Rückzahlung einer Netto-Gewinnausschüttung in Höhe von jeweils € 13.421,41 zuzüglich Zinsen. Außerdem nimmt er den Beklagten als Gesamtschuldner auf anteilige Zahlung einer rückständigen Stammeinlage des Mitgesellschafters S. in € 2.684,28 in Anspruch; der Beklagte hatte dessen Geschäftsanteil anteilig erworben.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und ihre in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen das am 03.04.2003 zugestellte Urteil die Berufung fristgerecht eingelegt und begründet.

Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, das Landgericht habe verkannt, dass mit der Einzahlung durch den Beklagten alle Stammeinlageverpflichtungen erbracht worden seien. Für die Annahme einer verdeckten Sacheinlage fehle es am zeitlichen und sachlichen Zusammenhang. Die Verpflichtung der Gesellschaft zur Gewinnauszahlung sei erst im Juli 1997 entstanden; sie habe nicht bei Gesellschaftsgründung 1994 schon als Sacheinlage erbracht werden können.

Wie schon in erster Instanz bringt er vor, die Netto-Dividende in Höhe von € 13.42,44 sei nicht ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Weder der Gewinnausschüttungsbeschluss noch der zugrunde liegende Jahresabschluss 1996 seien nicht. Der Jahresabschluss sei vom Steuerberater der Gesellschaft unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsvorschriften erstellt und den Gesellschaftern zur Beschlussfassung vorgelegt worden. Der Beklagte bestreitet, dass der Jahresabschluss wegen eines fehlenden Anhangs nichtig sei. Ein Mangel sei nicht dargelegt. Die formelle Berufung auf §§ 264, 284 HGB begründe keinen Mangel des Jahresabschlusses. Die kleine GmbH bedürfe eines Anhangs, über dessen Form sage das HGB nichts. Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit sei beachtet.

Der Beklagte wiederholt seinen Vortrag dazu, dass der Jahresabschluss auch nicht wegen Überbewertungen nichtig sei und dass auch kein Rückzahlungsanspruch nach §§ 30, 31 GmbHG bestehe.

Aus denselben Gründen hafte der Beklagte auch nicht als Gesamtschuldner für derartige Ansprüche gegen den Gesellschafter S..

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 03.07.2003 Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch im Hinblick auf den Hinweis des Senats, dass anstelle von § 19 Abs. 5 GmbHG die Regelung des § 19 Abs. 2 GmbHG anwendbar sein könnte, trägt der Kläger vor, dass dies dahinstehen könne, weil eine Verrechnung nur zulässig sei, wenn eine liquide, fällige und vollwertige Forderung vorliege. Das sei bei dem vermeintlichen Gewinnanspruch des Beklagten nicht der Fall gewesen. Die wirksame Verrechnung setze voraus, dass überhaupt ein verteilungsfähiger Gewinn entstanden sei. Das sei nach dem berichtigten Jahresabschluss 1996 nicht der Fall gewesen und auch im Jahr 1997 sei kein zu verteilender Gewinn erzielt worden. Außerdem sei die Gewinnauszahlung nach § 30 GmbHG unzulässig gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 03.12.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1.

Aus zutreffenden Gründen hat das Landgericht entschieden, dass der Beklagte verpflichtet ist, den ausgeschütteten Gewinn jedenfalls in geltend gemachter Höhe von € 13.421,41 zurückzuzahlen. Der Beklagte ist ungerechtfertigt bereichert und muss den Gewinn zurückzahlen, weil der Gewinn ohne Rechtsgrund ausgeschüttet worden ist (§ 812 Abs. 1 BGB). Der Rechtsgrund fehlt, weil der Gewinnausschüttungsbeschluss nichtig ist. Er ist nichtig, weil der zugrunde liegende Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig ist (analog § 253 AktG). Dieser Beschluss ist nichtig, weil dem Jahresabschluss ein Anhang fehlt (analog § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG). Diese Vorschriften aus dem AktG sind bei der GmbH entsprechend anwendbar (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 47 Rdn. 24, 26). Für den Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft ist ein Anhang zwingend vorgeschrieben, § 264 Abs. 1, § 284 HGB. Er bildet als Teil des Jahresabschlusses mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche Einheit. Fehlt der Anhang ganz, so ist der Jahresabschluss nach einhelliger Ansicht gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG nichtig (zur GmbH: BGH, GmbHR 1999, 1299, 1300 = BGHZ 142, 382; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 42 a Rdn. 23; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 46 Rdn. 37; vgl. auch zur AG z.B. Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 256 Rdn. 8; Winnefeld, Bilanzhandbuch, 3. Aufl., I Rdn. 75). Nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist ein festgestellter Jahresabschluss nichtig, wenn er durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger gegeben sind. Der Anhang hat die Funktion, zusammen mit den anderen Teilen des Jahresabschlusses ein den tatsächlichen Verhältnissen der Gesellschaft entsprechendes Bild zu vermitteln (Winnefeld, a.a.O., J Rdn. 10 ff). Dass die Pflicht- und Wahlangaben im Anhang nach §§ 284 ff HGB und anderen Vorschriften (Überblick bei Baumbach/Hopt/Merkt, HGB 31. Aufl., § 284 Rdn. 3 ff) in den Anhang verwiesen werden, dient der Entlastung der Zahlenwerke und damit der Übersichtlichkeit. Ob die im Anhang vorgeschriebenen Angaben tatsächlich gemacht wurden, lässt sich auf verlässlicher Grundlage beurteilen, wenn der Anhang auch anhängt. Überlegungen dazu, welche Anforderungen an Form und Inhalt eines Anhangs zu stellen sind, sind obsolet, wenn es keinen Anhang gibt. Mit dem Vortrag des Klägers, dass es keinen Anhang gibt, ist deshalb ein Mangel des Jahresabschlusses schlüssig dargetan. Der Beklagte hat diesen Vortrag nicht bestritten, vielmehr ist auch er nach den tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts von einem Verstoß ausgegangen, den er - rechtlich unerheblich - als nur "formal" gewürdigt hat. Der Beklagte hat diese Feststellungen nach der Berufungsbegründung weder angegriffen noch ergibt sich aus seinem Berufungsvorbringen etwas anderes.

Der Beklagte ist deshalb nach § 812 Abs. 1 BGB verpflichtet, den ausgeschütteten Gewinn in der geltend gemachten Höhe von € 13.421,41 zurückzuzahlen. Dieser Rückzahlungsanspruch ist nicht getilgt. Die Zahlung vom 30.07.1997 in Höhe von 37.500,-- DM ist zur Tilgung der in dieser Höhe noch offenen Stammeinlageverpflichtung erfolgt. Diese Tilgungsbestimmung schließt die Annahme aus, dass ein Teilbetrag der Zahlung stattdessen hätte auf den Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geleistet sein sollen (vgl. auch BGHZ 146, 105 = NJW 2001, 830).

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Vortrag des Klägers zu den angeblichen Fehlbewertungen im Jahresabschluss 1996, die dessen "Korrekturen" erfordert hätten, ausreichend wäre, um einen Rückzahlungsanspruch auch aus § 31 GmbHG zu begründen.

2.

Im Ergebnis hat das Landgericht den Beklagten auch zu Recht zur Zahlung der restlichen Stammeinlagepflicht in Höhe weiterer € 13.421,41 verurteilt, weil der Beklagte diese Verpflichtung noch nicht erfüllt hat. Die Zahlung vom 30.07.1997 hatte keine Erfüllungswirkung.

a)

Das folgt allerdings nicht aus der Anwendung der Grundsätze über die Behandlung verdeckter Sacheinlagen, die aus § 19 Abs. 5 GmbHG abgeleitet werden.

Eine Verrechnung des Bareinlageanspruchs der Gesellschaft mit einer Forderung des Gesellschafters ist nach dem in § 19 Abs. 5 Alt. 3 GmbHG zum Ausdruck kommenden Umgehungsverbot unwirksam, wenn die Forderung als Sacheinlage hätte eingebracht werden können und infolge der Verrechnung die strengen Sachgründungsvorschriften umgangen werden. Der Verrechnung steht es gleich, wenn solche Forderungen hin- und hergezahlt werden (vgl. BGH NJW 2002, 3774 = BGHZ 152, 37 m.w.N.). In welcher Reihenfolge hin und her gezahlt wird, ist unerheblich (BGHZ 113, 335, 345; vgl. auch Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 2 Rdn. 44). Ist die Einlagepflicht durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss begründet worden, so gelten diese Grundsätze auch für "Altforderungen" auf stehen gelassenen Gewinn, die vor der Beschlussfassung begründet worden sind (BGH NJW 2002, 3774). Handelt es sich dagegen um "Neuforderungen", die nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss entstanden sind, so erfasst das Umgehungsverbot deren Verrechnung oder das Hin- und Herzahlen nur, wenn diese Vorgehensweise bereits bei oder vor der Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses unter den Beteiligten vorabgesprochen worden ist (BGH a.a.O.). Das ist nicht ohne weiteres zu vermuten, wenn seit der Begründung der Einlagepflicht ein längere Zeitraum verstrichen ist (BGH a.a.O.: mehr als acht Monate).

Eine "Altforderung" liegt schon deshalb nicht vor, weil die Einlagepflicht des Beklagten nicht aus einem Kapitalerhöhungsbeschluss, sondern aus der Gründung der Gesellschaft im Jahr 1994 herrührt. Eine "Altforderung" auf Gewinnauszahlung kann es dabei naturgemäß nicht geben.

Die Ansprüche auf Gewinnauszahlung auf der Grundlage der 1997 beschlossenen Gewinnausschüttung sind "Neuforderungen". Der Kläger trägt nicht vor, dass die Vorgehensweise im Jahr 1997 bereits bei Gründung im Jahr 1994 vorabgesprochen war. Dafür bestehen nach dem beiderseitigen Vorbringen auch sonst keine Anhaltspunkte, da nicht angenommen werden kann, das Jahresergebnis 1996 sei bei Gesellschaftsgründung im Jahr 1994 schon absehbar gewesen oder es sei fest geplant gewesen, die weiteren Einlageverpflichtungen nur aus Gesellschaftsmitteln zu erfüllen (vgl. zur Kapitalerhöhung BGH a.a.O.). Eine Vermutung spricht angesichts des dazwischen liegenden Zeitraums von 2 bis 3 Jahren nicht dafür.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer verdeckten Sachanlage nur dann gerechtfertigt ist, wenn der verdeckt eingebrachte Gegenstand sacheinlagefähig ist, was bei einer nicht bestehenden Forderung auf Gewinnausschüttung nicht der Fall ist.

b)

Gleichwohl war die Auszahlung nicht geeignet, den Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Bareinlage zu erfüllen.

Auch wenn der Tatbestand der verdeckten Sacheinlagepflicht nicht gegeben ist, kann die Leistung aus Gesellschaftsmitteln im Falle des Hin- und Herzahlens den Beschränkungen des § 19 Abs. 2 GmbHG unterliegen (BGH NJW 2002, 3774). Diese Vorschrift regelt den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung und stellt über § 362 BGB hinaus erhöhte Anforderungen an die Erfüllung der Bareinlagepflicht.

Wird eine Gewinnausschüttung aufgrund einer einseitigen Entscheidung des Gesellschafters alsbald zur Zahlung auf eine Stammeinlage verwendet, so wird dadurch die Stammeinlagepflicht nicht erfüllt, weil das in § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG geregelte Aufrechnungsverbot nicht durch ein solches Hin- und Herzahlen umgangen werden darf (vgl. BGH a.a.O.). Zulässig kann eine Verrechnung sein, die im Einvernehmen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter erfolgt, sofern dessen Forderung liquide, fällig und vollwertig ist (BGH a.a.O.). Beruht wie hier die Gewinnauszahlung oder auch die Übereinstimmung der Gesellschafter über ein solches Vorgehen auf einem Gesellschafterbeschluss, so entspricht das freilich keiner einvernehmlichen Verrechnung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, sondern einer einseitigen Aufrechnung durch den Gesellschafter (Hans. OLG Hamburg, WM 1990, 636; OLG Düsseldorf, OLGR 1993, 276; OLG Hamm, ZIP 1988, 1057; Scholz-Schneider, a.a.O. § 19 Rdn. 83; Baumbach/Hueck/Fastricht, a.a.O. § 19 Rdn. 21; vgl. auch BGH NJW 2002, 3774 unter 2. c) aa)). Auf die an sich richtige Überlegung des Klägers, eine einvernehmliche Verrechnung sei deswegen nicht möglich gewesen, weil es sich nur um einen vermeintlichen Gewinnauszahlungsanspruch gehandelt habe und weil kein auszahlungsfähiger Gewinn entstanden sei, kommt es deshalb nicht an.

Dass hier eine zur Aufrechnung geeignete Forderung des Beklagten nicht bestanden hat und deshalb mit dem Hin- und Herzahlen auch nicht das Aufrechnungsverbot umgangen werden konnte, ändert nichts. Das Aufrechnungsverbot nach § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG ist nur eine Ausprägung des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung, der auch in § 19 Abs. 1 Satz 1 GmbHG geregelt ist. Danach darf der Gesellschafter nicht von der Stammeinlagepflicht befreit werden. Das schließt nicht nur einen Erlass der Verbindlichkeit aus. Unzulässig ist auch eine Novation, mit der der Stammeinlageanspruch gegen eine andere Forderung ausgewechselt wird, die den strengen Regelungen des GmbHG z.B. über die Kaduzierung (§ 21), über die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter (§ 24) oder auch über das Verzichts- und Aufrechnungsverbot (§ 19 Abs. 2 GmbHG) nicht unterliegt (vgl. Scholz-Schneider, GmbH, 9. Aufl. § 19 Rdn 39; Michalski-Ebbing, GmbHG, § 19 Rdn. 40). Ebenso wenig führt es zur Schuldbefreiung, wenn die Stammeinlage in vergleichbarer Weise aus Mitteln der Gesellschaft bezahlt wird, indem etwa die Gesellschaft dem Gesellschafter zur Finanzierung der Einlage ein Darlehen gewährt (BGHZ 28, 77; Scholz-Schneider, a.a.O. § 19 Rdn 40; Michalski-Ebbing, a.a.O. § 19 Rdn. 41). Das kommt dem Austausch der Stammeinlagepflicht gegen den schwächeren, weil beispielsweise verzichtbaren Darlehensrückzahlungsanspruch gleich (vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 II c. S. 1157). In einem solchen Hin- und Herzahlen liegt grundsätzlich keine unbeschränkte und endgültige Vermögenszuführung, wie sie für die Erbringung der Stammeinlage erforderlich ist (Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl. § 19 Rdn. 9 und 13).

Erst recht hat es keine Tilgungswirkung, wenn der Gesellschafter dem Gesellschaftsvermögen ohne wirksame Rechtsgrundlage die Mittel entnimmt, die er anschließend zur Tilgung der Bareinlagepflicht wieder einlegen will. Der Gesellschafter kann von seiner Pflicht zur Bareinlagezahlung (§ 19 Abs. 1 GmbHG) nicht durch einen Vorgang befreit werden (§ 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), bei dem im Ergebnis an die Stelle des Einlagenanspruchs der schwächere Bereicherungsanspruch tritt.

Mangels Tilgung ist der Bareinlagenanspruch deshalb weiterhin offen; er wird vom Kläger zu Recht geltend gemacht.

Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht, dass der Beklagte nun sowohl die Bareinlage erbringen als auch die Gewinnausschüttung zurückzahlen, den Betrag also doppelt leisten muss. Die Belastung des Beklagten mit dem letztgenannten Bereicherungsanspruch ändert nichts daran, dass er die Bareinlage nicht getilgt hat. Sollte der Beklagte auf den Bereicherungsanspruch zahlen, so wird auch damit nicht zugleich der Anspruch auf die Bareinlage getilgt werden. Die Zahlung auf den Bereicherungsanspruch heilt den Mangel der Tilgung der Bareinlage nicht (vgl. zur Zahlung auf einen Darlehensanspruch OLG Schleswig NZG 2001, 84; Michalski-Ebbing a.a.O. § 19 Rdn. 41; a.A. Scholz/Schneider a.a.O. § 19 Rdn. 41; Keil EwiR 2000, 1057). Die nicht erfüllungstaugliche Einzahlung auf die Bareinlage hat einen Anspruch des Beklagten gegen die Gesellschaft wegen ungerechtfertigter Bereicherung begründet (vgl. z.B. BGHZ 146, 105). Würde die Rückzahlung der unberechtigten Gewinnausschüttung zu einer Heilung der unwirksamen Tilgung der Bareinlagepflicht führen, so würde damit auch der Bereicherungsanspruch des Beklagten wegen der nicht erfüllungstauglichen Einzahlung wegfallen. Dieser Vorgang würde einer Aufrechnung beider Ansprüche gleichstehen, die durch § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG untersagt ist. Die doppelte Inanspruchnahme des Beklagten ist im Grundsatz dadurch ausgeglichen, dass er seinerseits den Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft geltend machen kann, infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens freilich nur nach Maßgabe der InsO.

3.

Aus den zu 2 genannten Gründen haftet der Beklagte als Anteilserwerber nach § 16 Abs. 3 GmbHG im Verhältnis des erworbenen Teil-Geschäftsanteils auch für die offene Stammeinlage des früheren Gesellschafters S.; der Betrag beläuft sich unstreitig auf € 2.684,28.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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