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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 14 U 24/08
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 119
HGB § 164
BGB § 141
1. Zwar vollzieht sich die interne Willensbildung einer Personengesellschaft durch Beschlüsse der Gesellschafter, welche die "Herren der Gesellschaft" sind. Daraus folgt aber jedenfalls in der Kommanditgesellschaft keine umfassende Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung. Soweit die Mitwirkungsrechte der Kommanditisten beschränkt sind, fehlt es grundsätzlich an einer Beschlusskompetenz der - auch die Kommanditisten umfassenden - Gesellschafterversammlung.

2. Beschlüsse, die nur eine bestehende Regelung bestätigen sollen, bedürfen grundsätzlich einer Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung. Auch der bloßen Bestätigung einer bereits bestehenden Regelung kommt ein Regelungsgehalt zu, da in der Bestätigung eines Rechtsgeschäfts zugleich seine erneute Vornahme liegt und ein entsprechender Regelungswille jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn Zweifel an der Wirksamkeit des bestätigten Rechtsgeschäfts bestanden.

Der Tatbestand des Urteils wurde durch Beschluss vom 02.04.2009 berichtigt. Die Berichtigung ist in der anonymisierten Fassung bereits berücksichtigt. Gegen die Entscheidung wurde unter dem Az. II ZR 76/09 Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof eingelegt.


Oberlandesgericht Stuttgart 14. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 14 U 24/08

Verkündet am 25.02.2009

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 04.02.2009 unter Mitwirkung von

Vizepräsident des Oberlandesgerichts Mayer Richter am Oberlandesgericht Kittel Richter am Landgericht Dr. Schwörer

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteils des Landgerichts Ellwangen vom 17.04.2008, Az. 10 O 138/07, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Der Streitwert der Berufung wird auf 100.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der M. B. KG ...fabrik mit Sitz in G. (im Folgenden "KG") am 14.07.2007.

I.

Die Parteien sind Gesellschafter der KG. An der KG waren am 14.07.2007 die Familienstämme B. und A. wie folgt beteiligt (Bl. 5):

 Familienstamm A.Festkapitalanteil in %in Euro
Komplementär  
J. A.2,525.000
Kommanditisten  
W. A.12,5125.000
Dr. A. A.15,0150.000
Klägerin15,0150.000
Gesamt45,0450.000
Familienstamm B.  
Komplementär  
Beklagter Ziffer 1)33,2332.000
Kommanditisten  
Beklagte Ziffer 2)6,565.000
Beklagte Ziffer 3)5,151.000
Beklagte Ziffer 4)5,151.000
Beklagte Ziffer 5)5,151.000
Gesamt55,0550.000

Die Beteiligungsverhältnisse zum 01.01.2003 ergeben sich aus § 4 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom 30.12.2002 (vgl. K2).

1.

Mit notariell beurkundetem Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 31.10.2007 (vgl. K1) übertrug der Komplementär des Familienstamms A. von seinem Kapitalanteil i.H.v. 25.000 Euro einen Teil-Kapitalanteil i.H.v. 10.000 Euro schenkweise auf die Klägerin. Außerdem wechselte er mit dem Vollzug der Schenkung von der Rechtsstellung eines Komplementärs mit einem Kapitalanteil i.H.v. 15.000 Euro in die Stellung eines Kommanditisten; die Klägerin wechselte im Gegenzug mit einem Kapitalanteil i.H.v. 160.000 Euro (150.000 + 10.000 Euro) in die Rechtsstellung eines Komplementärs.

2.

Der Gesellschaftsvertrag der KG in der Fassung vom 30.12.2002 (vgl. K2) bestimmt unter anderem:

"§ 9 Vertretung

Ist nur ein persönlich haftender Gesellschafter vorhanden, vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so vertreten diese die Gesellschaft gemeinsam mit einem anderen persönlich haftenden Gesellschafter oder mit einem Prokuristen.

§ 10 Geschäftsführung

(1) Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so steht ihnen die Geschäftsführung nach Maßgabe eines von ihnen aufzustellenden Geschäftsverteilungsplans gemeinsam zu.

(2) Die Geschäftsführer sind verpflichtet, den Gesellschaftern alljährlich einen Investitions- und Finanzierungsplan vorzulegen. Dieser bedarf der Genehmigung, wenn Investitionen über 10% der Abschreibungen des Vorjahres liegen.

(3) Für alle außergewöhnlichen und wichtigen Rechtsgeschäfte und sonstigen Geschäftsführungsmaßnahmen ist ein Gesellschafterbeschluss herbeizuführen. Dies gilt insbesondere für

a) die Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens im Ganzen oder eines Teilbereichs oder die Verlegung des Betriebs im Ganzen oder zu einem Teil;

b) zur Aufgabe des Geschäfts im Ganzen oder eines Teilbetriebs;

c) zur Aufnahme von Darlehen, sofern durch die Darlehensaufnahme die Gesamtverbindlichkeiten (ohne Darlehen der Gesellschafter) das halbe Umlaufvermögen übersteigen;

d) zur Übernahme von Bürgschaften der Gesellschaft;

e) zu Verträgen mit Familienangehörigen mit einer Dauerwirkung von mehr als 1 Jahr;

f) zum Erwerb, zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken;

g) zur wesentlichen Beteiligung an anderen Unternehmen (über 10%);

h) zur Errichtung oder Aufhebung von Zweiniederlassungen;

i) zur Erteilung von Prokuren. ...

§ 11 Tätigkeit der Gesellschafter, Wettbewerbsverbot

(1) Die persönlich haftenden Gesellschafter sind verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. ...

(5) Solange die Herren K.B. und J. A. Geschäftsführer sind, liegt es in ihrem freien Ermessen, inwieweit sie der Gesellschaft ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Entschließen sich die Herren K. B. und J. A. die Tätigkeit für die Gesellschaft einzustellen, so wird 70% der zuletzt bezogenen Tätigkeitsvergütung als Pension bis zum Tod weiter entrichtet. Werden diese persönlich haftenden Gesellschafter berufsunfähig, so erhalten sie eine Berufsunfähigkeitsrente nach Maßgabe der Alterspension. Bei Ableben der persönlich haftenden Gesellschafter K. B. und J. A. erhalten die Witwen eine Witwenpension in Höhe von 60% des Mannespension, welche der persönlich haftende Gesellschafter bezogen hat oder bezogen hätte, wenn er im Zeitpunkt seines Ablebens im Ruhestand gewesen wäre.

§ 13 Gesellschafterversammlung, Gesellschafterbeschlüsse

(1) Eine ordentliche Gesellschafterversammlung findet jährlich mindestens einmal statt. Sie wird durch einen persönlich haftenden Gesellschafter einberufen. Zulässig ist auch die Einberufung durch Kommanditisten, sofern diese mindestens ein Drittel des Gesellschaftskapitals vertreten.

(2) Die Gesellschafterversammlung findet am Sitz der Gesellschaft statt. Der Einberufende lädt alle Gesellschafter schriftlich zu der Versammlung, die Einberufungsfrist soll drei Wochen betragen. Tagungsort, Tageszeit und Tagesordnung sind in der Einladung mitzuteilen. Eine Vertretung in der Gesellschafterversammlung oder bei der Stimmabgabe ist durch einen anderen Gesellschafter zulässig.

(3) Beschlüsse können auch außerhalb einer Gesellschafterversammlung formlos gefasst werden, soweit sämtliche Gesellschafter mit dieser Art der Beschlussfassung einverstanden sind. Dies kann telegrafisch oder durch E-Mail, durch Telefax oder in anderer Form erfolgen. Über den Beschluss ist von den persönlich haftenden Gesellschaftern eine Niederschrift anzufertigen und den Gesellschaftern zuzustellen.

(4) Stimmberechtigt sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Festkapitalanteile. Jeweils € 1.000,00 eines Festkapitalanteils gewähren eine Stimme. Demgemäß sind die Stimmrechte wie folgt verteilt ...

(5) Die Gesellschafterbeschlüsse werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit in diesem Vertrag nicht eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist. Folgende Beschlüsse bedürfen einer Dreiviertel-Mehrheit:

a) Veräußerung und Verpachtung des Unternehmens im Ganzen oder eines Teilbetriebs;

b) Auflösung der Gesellschaft;

c) Beteiligung an anderen Unternehmen oder Kauf von Anteilen an anderen Unternehmen (§ 10 Abs. 3 Buchst. g);

d) Änderungen des Gesellschaftsvertrags bedürfen einer Mehrheit von 90% der Stimmen. Dies gilt auch für wesentliche Änderungen wie:

- Änderung des Rechtsform der Gesellschaft;

- Änderung des Gegenstands der Gesellschaft;

- Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung;

- Aufnahme neuer Gesellschafter;

- Bestimmungen über das Ausscheiden eines Gesellschafters und die Auseinandersetzung;

- § 21 (Tod eines Gesellschafters).

§ 14 Gesellschafterwechsel

Zu Lebzeiten kann ein Gesellschafter nur dann seine Beteiligung auf einen Nichtgesellschafter übertragen, wenn die übrigen Gesellschafter der erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags mit einer Mehrheit von 90% der Stimmen zustimmen. Die Übertragung auf einen anderen Gesellschafter ist zulässig. Überträgt ein persönlich haftender Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil ganz oder teilweise auf einen anderen Gesellschafter, so ist er berechtigt, in die Stellung eines Kommanditisten zu wechseln, wenn der Übertragungsempfänger in die Rechtsstellung des persönlich haftenden Gesellschafters übertritt. ...

§ 18 Kontrollrechte der Kommanditisten

Den Kommanditisten ist eine Ausfertigung des Jahresabschlusses sowie der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers auszuhändigen. Im Übrigen stehen den Kommanditisten die Kontrollrechte gemäß § 166 HGB zu.

§ 21 Tod eines Gesellschafters

...

(2) Nachfolgeberechtigte Erben oder Vermächtnisnehmer sind nur solche, die bereits Gesellschafter sind oder als leiblich Abkömmlinge der Gesellschafter K. B. und W. A., geb. B., in die Gesellschaft eintreten. .... Die Gesellschafter K. B. und J. A. können durch letztwillige Verfügung einen nachfolgeberechtigten Erben oder Vermächtnisnehmer ihres Stammes oder einen Gesellschafter bestimmen, welcher im Fall ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter eintritt. ..."

3.

In der Gesellschafterversammlung am 14.05.2006 war ein Organigramm für die Verteilung der Zuständigkeiten in der KG erstellt worden, insbesondere auf der Leitungsebene (vgl. Organigramme nach Bl. 46). Das Organigramm hing im Jahr 2006 am Schwarzen Brett aus.

Anfang 2007 hatten der Beklagte Ziffer 1) und der Gesellschafter J. A. Anfang 2007 ein für die Geschäftspartnern der KG bestimmtes Rundschreiben (vgl. B 1, Bl. 46) unterzeichnet, in dem die "Aufgabenverteilung im Hause B." wie folgt mitgeteilt wurde:

- Komplementär und Geschäftsführer J. A.

- Komplementär und Geschäftsführer J. B.: Entwicklung & Konstruktion, Qualitätssicherung, Beteiligungen

- Marketingleiterin und Prokuristin E. A.: Marketing, technische Dokumentation

- Vertriebsleiter und Prokurist J. K.: Vertrieb, Disposition & Logistik, Einkauf Handelswaren

- Kaufmännischer Leiter und Prokurist T. S.: Controlling, Buchhaltung, Personal, EDV

- Technischer Leiter und Prokurist K.-H. F.: Produktion Werke G. und B., Einkauf Technik, Haus & Hof

Das Rundschreiben war allerdings nicht versandt worden.

4.

Am 14.07.2007 fand eine Gesellschafterversammlung der KG statt, bei der sämtliche Gesellschafter entweder persönlich anwesend oder vertreten waren. Zu der Gesellschafterversammlung war per e-Mail (vgl. K3) eingeladen worden. Der Beklagte Ziffer 1) hat zu der Gesellschafterversammlung ein Protokoll erstellt (vgl. K4).

Nach dem Inhalt des Protokolls wurde der Beklagte Ziffer 1) einstimmig zum Vorsitzenden der Versammlung bestimmt; dieser bestimmte die Beklagte Ziffer 3) zur Protokollschreiberin. Das Protokoll ist von beiden Gesellschaftern unterschrieben.

Ausweislich des Protokolls wurden unter anderem folgende Beschlüsse gefasst:

Zu TOP 12 gegen die Stimmen des Stammes A.:

"Die Gesellschafter (Kommanditisten und Komplementäre) sind dazu angehalten, alle gebotenen Pflichten eines Gesellschafters, im Besonderen die unter TOP 12 hervorgehobenen Punkte einzuhalten. Die Geschäftsführung wird verpflichtet, die Einhaltung dieser Pflichten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Gleichzeitig wird die Geschäftsführung verpflichtet, die Rechte der Gesellschafter einzuhalten und ebenso diese mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Die Rechten und Pflichten werden von den Gesellschaftern jederzeit beachtet, insofern sie den Regelungen des HGB entsprechen."

Zu TOP 13 gegen die Stimmen des Stammes A.:

"Die Prokura von Frau E. A. wird gelöscht."

Zu TOP 14 gegen die Stimmen des Stammes A.:

"Der Geschäftsführer J. B. soll alternative Formen der Unternehmensfinanzierung untersuchen und der Gesellschafterversammlung ein tragfähiges Konzept zur möglichen Ausbezahlung aller Kapitalanteile und Gesellschafterkonten des Stammes A. sowie weiterer Wachstumsfinanzierungen vornehmen."

Zu TOP 15 mit den Stimmen von J. A. und W. A. bei Enthaltung von Dr. A. A. und die Klägerin:

"Die Gesellschafterversammlung bestätigt den bei der letzten Gesellschafterversammlung vorgestellten und seit August 2006 umgesetzten Geschäftsverteilungsplan. Aus dem Geschäftsverteilungsplan wurde das operative Organigramm abgeleitet. Es ist seit August 2006 veröffentlicht und wird seitdem auch so umgesetzt. Der Geschäftsverteilungsplan und das abgeleitete Organigramm hatte auf ausdrücklichen Wunsch der Gesellschafter die letzten 12 Monate Bestand und wird weiter Bestand haben, bis die jeweils aktiven Komplementäre eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans beschließen."

Zu TOP 15 gegen die Stimmen des Stammes A.:

"Im Falle der Uneinigkeit der Komplementäre bei der Änderung des bestehenden Geschäftsverteilungsplans muss die Gesellschafterversammlung die Änderung ersatzweise beschließen."

Weiter ist im Protokoll zu TOP 15 vermerkt:

"Frage von J. B. an J. A.:

'Können wir den bestehenden Geschäftsverteilungsplan derart ändern, dass ich (J. B.) ab Montag (16.07.07) den Bereich Marketing zusätzlich zu den bereits übernommenen Bereichen übernehme?'

Abstimmung

J. B. Ja (X) ...

J. A. ... Nein (X) ...

Der Vorsitzende stellt fest, dass die beiden Komplementäre sich nicht auf die Abänderung des bestehenden Geschäftsverteilungsplans einigen konnten."

Weiter wurden nach dem Inhalt des Protokolls zu TOP 15 folgende Beschlüsse gegen die Stimmen des Stammes A. gefasst:

"Die Gesellschafterversammlung bestimmt aufgrund der Uneinigkeit der Komplementäre ersatzweise die Änderung des bestehenden Geschäftsverteilungsplans derart, dass der Bereich Marketing ab sofort von Herrn J. B. betreut wird. Alle anderen Aufgabenverteilungen bleiben davon unberührt."

"Der neue Geschäftsverteilungsplan wird als Ergänzung zum Gesellschaftervertrag an alle Gesellschafter verteilt (siehe Anhang). Das daraus abgeleitete neue Organigramm wird innerhalb der nächsten 5 Werktage am Schwarzen Brett ausgehängt. Herr J. B. wird damit beauftragt, ein entsprechendes Rundschreiben an alle Geschäftspartner der M. B. KG und verbundenen Unternehmen zu schreiben. In diesem werden die Verantwortlichkeiten laut abgeleitetem Organigramm mitgeteilt. Herr B. ist autorisiert, das Schreiben im Namen der M. B. KG zu versenden."

5.

Mit Schreiben vom 02.11.2007 forderten die Gesellschafter des Stammes A. den Beklagten Ziffer 1) (vgl. K5) auf, für alle Gesellschafter des Stammes B. die Nichtigkeit der zu TOP 12 bis 15 gegen die Stimmen des Stammes A. gefassten Beschlüsse anzuerkennen. Dieser Forderung wurde nicht entsprochen. Zuvor hatten die Gesellschafter des Stammes A. bereits mit Schreiben vom 01.08.2007 (vgl. K6) und vom 09.08.2007 (vgl. K7) zum Ausdruck gebracht, dass sie die gegen ihre Stimmen gefassten Beschlüsse für unwirksam hielten.

II.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 27.12.2007 bei Gericht eingegangenen Klage die Feststellung der Nichtigkeit der in der Gesellschafterversammlung am 14.10.2007 gegen die Stimmen des Stammes A. gefassten Beschlüsse.

Dazu trägt sie vor:

Dem Protokoll komme kein Beweiswert zu, da der Gesellschaftsvertrag weder die Wahl eines Versammlungsleiters noch eines Protokollführers vorsehe; soweit Beschlüsse nicht im Umlaufverfahren gefasst werden, sehe der Gesellschaftsvertrag keine Niederschrift vor.

Der zu TOP 12 gefasste Beschluss sei nichtig. Die Rechte und Pflichten, auf die er Bezug nimmt, folgten bereits aus Gesetz und Gesellschaftsvertrag. Soweit demgegenüber durch den Beschluss eine Änderung der Rechtslage beabsichtigt gewesen sei, hätte er einer Mehrheit von 90% der Stimmen bedurft.

Der zu TOP 13 gefasste Beschluss sei nichtig. Die Gesellschafterversammlung sei für den Widerruf der Prokura nicht zuständig; § 10 Abs. 3 Buchst. e) des Gesellschaftsvertrages sehe nur einen Zustimmungsvorbehalt bei der Erteilung von Prokuren vor; daraus folge aber kein Initiativrecht der Gesellschafterversammlung.

Der nach dem Inhalt des Protokolls zu TOP 14 gegen die Stimmen des Stammes A. gefasste Beschluss sei nichtig, da Entscheidungen über die Unternehmensfinanzierung als Geschäftsführungsmaßnahme den Komplementären oblägen. In jedem Fall könne die Gesellschafterversammlung nur einer gemeinschaftlichen Untersuchung durch beide Komplementäre zustimmen, da der Gesellschaftsvertrag Gesamtgeschäftsführung vorsehe. Die Übertragung einer Geschäftsführungsmaßnahme an einen Komplementär zur alleinigen Erledigung stelle eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar und bedürfe deshalb einer Mehrheit von 90% der Stimmen.

Auch die zu TOP 15 gegen die Stimmen des Stammes A. gefassten Beschlüsse seien nichtig.

Der Beschluss zur Bestätigung des bisherigen Geschäftsverteilungsplans entfalte keine materielle Wirkung, da die Geschäftsführung nach Maßgabe eines von ihnen aufzustellenden Geschäftsverteilungsplans den Komplementären zustehe; eine Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung sei nicht eröffnet.

Der Beschluss zur Schaffung einer Ersatzzuständigkeit der Gesellschafterversammlung für den Fall der Uneinigkeit der Komplementäre über die Geschäftsverteilung enthalte eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, die nur mit 90% der Stimmen möglich sei. Bis dato habe der änderungswillige Komplementär den Unwilligen auf Zustimmung zur begehrten Änderung verklagen müssen.

Der Beschluss über die Änderung der Geschäftsverteilung entgegen dem zuvor ausdrücklich erklärten Widerspruch des Komplementärs J. A. zur Umverteilung des Bereichs Marketing sei mangels einer Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung nichtig.

Gleiches gelte für den Beschluss über die Veröffentlichung der Änderungen des Geschäftsverteilungsplans.

Nachdem die Parteivertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 10.03.2008 die Klaganträge betreffend die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung am 14.07.2097 zu TOP 12 und 13 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Klägerin in erster Instanz beantragt,

1. festzustellen, dass der folgende Beschluss der Gesellschafterversammlung der AWG M. B. KG vom 14.07.2007 unter TOP 14 des Protokolls der Gesellschafterversammlung nichtig ist:

"Der Geschäftsführer J. B. soll alternative Formen der Unternehmensfinanzierung untersuchen und der Gesellschafterversammlung ein tragfähiges Konzept zur möglichen Ausbezahlung aller Kapitalanteile und Gesellschafterkonten des Stammes A. sowie weiterer Wachtsumsfinanzierungen vornehmen."; 2. festzustellen, dass der folgende Beschluss der Gesellschafterversammlung der AWG M. B. KG vom 14.07.2007 unter TOP 15 des Protokolls nichtig ist:

"Die Gesellschafterversammlung bestätigt den bei der letzten Gesellschafterversammlung vorgestellten und seit August 2006 umgesetzten Geschäftsverteilungsplan. Aus dem Geschäftsverteilungsplan wurde das operative Organigramm abgeleitet. Es ist seit August 2006 veröffentlicht und wird seitdem auch so umgesetzt. Der Geschäftsverteilungsplan und das abgeleitete Organigramm hatte auf ausdrücklichen Wunsch der Gesellschafter die letzten 12 Monate Bestand und wird weiter Bestand haben, bis die jeweils aktiven Komplementäre eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans beschließen.";

3. festzustellen, dass der nachfolgende Beschluss der Gesellschafterversammlung der AWG M. B. KG vom 14.07.2007 unter TOP 15 des Protokolls der Gesellschafterversammlung nichtig ist:

"Im Fall der Uneinigkeit der Komplementäre bei der Änderung des Bestehenden Geschäftsverteilungsplans muss die Gesellschafterversammlung die Änderung ersatzweise beschließen.";

4. festzustellen, dass der nachfolgende Beschluss der Gesellschafterversammlung der AWG M. B. KG vom 14.07.2007 unter TOP 15 des Protokolls der Gesellschafterversammlung nichtig ist:

"Die Gesellschafterversammlung bestimmt aufgrund der Uneinigkeit der Komplementäre ersatzweise die Änderung des bestehenden Geschäftsverteilungsplans derart, dass der Bereich Marketing ab sofort von Herrn J. B. betreut wird. Alle anderen Aufgabenverteilungen bleiben davon unberührt.";

5. festzustellen, dass der nachfolgende Beschluss der Gesellschafterversammlung der AWG M. B. KG vom 14.07.2007 unter TOP 15 des Protokolls der Gesellschafterversammlung nichtig ist:

"Der neue Geschäftsverteilungsplan wird als Ergänzung zum Gesellschaftervertrag an alle Gesellschafter verteilt (siehe Anhang). Das daraus abgeleitete neue Organigramm wird innerhalb der nächsten 5 Werktage am Schwarzen Brett ausgehängt. Herr J. B. wird damit beauftragt, ein entsprechendes Rundschreiben an alle Geschäftspartner der M. B. KG und verbundenen Unternehmen zu schreiben. In diesem werden die Verantwortlichkeiten laut abgeleitetem Organigramm mitgeteilt. Herr B. ist autorisiert, das Schreiben im Namen der M. B. KG zu versenden."

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagten halten die angegriffenen Beschlüsse für rechtmäßig.

Selbst wenn sie fehlerhaft sein sollten, seien sie jedenfalls nicht nichtig, sondern nur rechtswidrig. Da die Beschlüsse nicht rechtzeitig angefochten worden seien, seien sie für die Beteiligten bindend.

Das Protokoll der Gesellschafterversammlung halte deren Verlauf zutreffend fest. Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) verweisen zudem darauf, dass bereits seit 2004 Protokolle der Gesellschafterversammlungen erstellt werden und der Beklagte Ziffer 1) mit den Stimmen aller Gesellschafter zum Versammlungsleiter gewählt wurde.

Der Beklagten sind der Auffassung, die angegriffenen Beschlüsse verletzten keine Sonderrechte der Gesellschafter des Stammes A. und konnten ohne deren Stimmen gefasst werden.

Sie meinen, dass grundsätzlich jede Gesellschaftsangelegenheit Gegenstand der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung sein könne, da sich die interne Willensbildung einer Personengesellschaft durch Gesellschafterbeschlüsse vollziehe. Die Gesellschafterversammlung könne daher - auf Antrag eines Komplementärs - auch über Fragen entscheiden, die nicht ihrer Zuständigkeit unterlägen; der Beklagte Ziffer 1) beruft sich insoweit auf die Holzmüller-Entscheidung.

Der Beschluss zu TOP 12 ändere nicht den Gesellschaftsvertrag, sondern halte die Gesellschafter nur zur Beachtung ihrer bestehenden Pflichten an. Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) bestreiten insoweit bereits ein Feststellungsinteresse der Klägerin.

Der Beschluss zu TOP 13 sei nicht deshalb fehlerhaft, weil der Gesellschaftsvertrag der Gesellschafterversammlung keine Zuständigkeit für den Widerruf einer Prokura zuweise. Die Beklagten tragen vor, wegen des Dissens zwischen der Klägerin und dem Beklagten Ziffer 1) sei eine Grundentscheidung zu treffen gewesen, ob die Klägerin weiterhin Prokura haben solle. Angesichts der Struktur der KG als Familienunternehmen zweier nur weitläufig verwandter Stämme liege es nahe, die Entscheidung über die Führungsverantwortung der Mitglieder der Stämme nicht auf der Ebene der Geschäftsführung, sondern in der Gesellschafterversammlung zu treffen. Es handele sich dabei aber um eine bloße Meinungsbildung der Gesellschafter, die keine Rechtswirkungen entfalte. Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) bestreiten insoweit bereits ein Feststellungsinteresse der Klägerin. Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) verweisen darauf, dass gemäß § 116 Abs. 2 Satz 3 HGB die Prokura der Klägerin von jedem Komplementär allein widerrufen werden konnte.

Auch der angegriffene Beschluss zu TOP 14 habe von der Gesellschafterversammlung als höchstem Organ der Gesellschaft gefasst werden dürfen, um eine Stellungnahme der Eigentümer zu den mit dem Beschlussgegenstand aufgeworfenen Fragen und Zielsetzungen abzugeben. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Gesellschafter nicht mehr oder nur unter Mühen zur sachlichen Führung des Unternehmens verständigen konnten. Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) sind der Auffassung, die Untersuchung alternativer Finanzierungsformen stelle eine außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme dar, für die ein Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden müsse. Die Alleinzuständigkeit des Beklagten Ziffer 1) für die Untersuchung folge aus seiner Verantwortung für die kaufmännische Leitung nach der bisherigen Geschäftsverteilung.

Auch die zu TOP 15 angegriffenen Beschlüsse seien wirksam.

Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) bestreiten hinsichtlich des aus ihrer Sicht lediglich deklaratorischen Beschlusses zur Bestätigung der bisherigen Geschäftsverteilung bereits das Feststellungsinteresse der Klägerin, zumal sich diese bei der Beschlussfassung enthalten habe. Der Bestätigungsbeschluss sei durch das Recht der Gesellschafterversammlung zur freien Meinungsbildung und -äußerung gedeckt.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, die Gesellschafterversammlung sei für die Entscheidung über den Geschäftsverteilungsplan zuständig, der die Zuständigkeiten der Komplementäre regelt. Zwar stehe die Entscheidung über die Geschäftsverteilung im Ausgangspunkt den Komplementären zu. Können diese sich aber nicht einigen, müssten die Streitigkeiten zwischen ihnen nicht gerichtlich ausgetragen werden; diese Lösung sei nicht nur aufwändig, sondern auch auf Einzelfragen beschränkt. Statt dessen wachse dann die Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung als höchstem Gesellschaftsorgan zu. Dies folge jedenfalls aus einer ergänzenden Auslegung des Gesellschaftsvertrages, der durch eine abstrakte Zuständigkeitsregelung Streitigkeiten bzw. die Entscheidung durch fremde Dritte (Gerichte) vermeiden wolle. Die Entscheidung der Gesellschafterversammlung stelle keine Geschäftsführungsentscheidung, sondern einen Organisationsakt dar; die Schlichtung von Meinungsstreitigkeiten unter den Komplementären sei jedenfalls eine außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme i.S.v. § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages.

Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) meinen, die Klägerin sei kraft ihrer Treuepflicht gehalten, dem Beschluss über die Ersatzkompetenz der Gesellschafterversammlung zuzustimmen, da diese Regelung zur Vermeidung der Handlungsunfähigkeit der KG bei Uneinigkeit der Komplementäre die einzig sachgerechte Lösung darstelle. Aus diesem Grund fehle ihr auch insoweit ein Feststellungsinteresse bzw. ein Rechtsschutzbedürfnis.

Die Änderung des bestehenden Geschäftsverteilung sei zur Vermeidung der Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft geboten und rechtmäßig gewesen; gleiches gelte für ihre Kundgabe.

Der Beklagte Ziffer 1) meint, im Fall der Stattgabe der Klaganträge betreffend die Beschlüsse zu TOP 15 müsse auf den zuvor geltenden Zustand zurückgegriffen werden. Dazu verweist er auf das in der Gesellschafterversammlung am 14.05.2006 erstellte Organigramm und den Beschluss der Gesellschafterversammlung am 14.07.2007 zu TOP 15 über die Bestätigung des bestehenden Geschäftsverteilungsplans.

Der Beklagte Ziffer 1) hat für den Fall, dass den Anträgen der Klägerin in Bezug auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung am 14.07.2007 zu TOP 15 stattgegeben werde, in erster Instanz beantragt,

festzustellen,

a) dass die Zuständigkeit der Komplementäre sich nach dem Geschäftsverteilungsplan richte, der im Verhältnis der Komplementäre in der Zeit vor dem 14.07.2007 in Kraft gewesen sei;

b) dass dieser Geschäftsverteilungsplan dem mit Beschluss vom 14.05.2006 der Gesellschafterversammlung beschlossenen Organigramm entspreche, das seinem Schriftsatz vom 15.02.2008 unter Ziffer V. als Anlage B1 (nach Bl. 46) beigefügt war.

Die Klägerin hat beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Hilfswiderklage sei bereits unzulässig, weil sie sich gegen alle Gesellschafter des Stammes A. richten müsse.

Sie meint, die Hilfswiderklage sei auch unbegründet, da ein Geschäftsverteilungsplan nur solange Rechtswirkungen entfalten könne, wie die Komplementäre daran gebunden sein wollen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 10.03.2008 haben die Beklagten erklärt, der Beschluss zu TOP 12 wiederhole nur die Regelungen des Gesetzes und des Gesellschaftsvertrages.

III.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 17.04.2008 der Klage statt gegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen.

Das Landgericht hat ein Feststellungsinteresse der Klägerin für alle angegriffenen Beschlüsse bejaht. Hinsichtlich des ersten Beschlusses zu TOP 15 folge das Feststellungsinteresse jedenfalls aus dem Umstand, dass der Beklagte Ziffer 1) ein Recht der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung der Komplementäre behaupte.

Die mit den Klaganträgen angegriffenen Beschlüsse seien nichtig, so dass keine Klagefrist zu beachten gewesen sei.

Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 14 folge die Nichtigkeit jedenfalls aus dem Umstand, dass in die Geschäftsverteilung der Komplementäre eingegriffen wurde, wozu eine vertragsändernde Mehrheit erforderlich gewesen wäre. Eine unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gesellschafterversammlung stehende außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme liege nicht vor; die entsprechende Regelung des Gesellschaftsvertrages begegne im Übrigen Bedenken im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz.

Hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 15 nahm das Landgericht ebenfalls einen Eingriff in die Geschäftsverteilung der Komplementäre an. Die Annahme einer aus der Treuepflicht folgenden Zustimmungspflicht der Klägerin lehnte das Landgericht ab, da der Gesellschaft kein schwerer Schaden drohe.

Die Hilfswiderklage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Angesichts des Wechsels in der Person des Komplementärs des Stammes der Klägerin sei die Neuaufstellung eines Geschäftsverteilungsplans geboten, zumal das Organigramm, in dem die Klägerin noch als Prokuristin aufgeführt sei, ihrer aktuellen Stellung nicht mehr entspreche.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts beruhte auf §§ 91, 91a ZPO, wobei das Landgericht annahm, dass die Klägerin auch in Bezug auf die übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge betreffend die Beschlüsse zu TOP 12 und 13 obsiegt hätte; hinsichtlich des Beklagten Ziffer 1) wurde das Unterliegen mit der Hilfswiderklage berücksichtigt.

IV.

Der Beklagte Ziffer 1) hat gegen das ihm am 25.04.2008 zugestellte Urteil am 20.05.2008 Berufung eingelegt und diese am 29.08.2008 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.08.2008 verlängert worden war. Die Beklagten Ziffer 2) bis 5) haben gegen das ihnen am 28.04.2008 zugestellte Urteil am 21.05.2008 Berufung eingelegt und diese am 31.08.2008 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.08.2008 verlängert worden war.

Mit ihrer Berufung begehren die Beklagten die Abweisung der Klage. Die Hilfswiderklage wird vom Beklagten Ziffer 1) nicht weiter verfolgt.

Die Beklagten wiederholen in ihren Berufungsbegründungen im Wesentlichen ihre bereits in erster Instanz vertretenen Rechtsauffassungen. Sie meinen, dass die Kommanditisten jedenfalls in wichtigen Fragen der Gesellschaft mit den Komplementären gleichberechtigt zu behandeln seien. Die in den Beschlüssen enthaltenen deklaratorischen Meinungsäußerungen der Gesellschafterversammlung könnten in die Zuständigkeit der Komplementäre nicht eingreifen. Die von der Gesellschafterversammlung getroffene Geschäftsverteilungsregelung weiche nicht vom Gesellschaftsvertrag ab, sondern fülle ihn aus. Sie rügen, dass das Landgericht § 10 des Gesellschaftsvertrages nicht darauf hin ausgelegt habe, was bei einer Blockadesituation gelten solle. Der Beklagte Ziffer 1) trägt vor, die Klägerin habe nach Erwerb der Komplementärsstellung Maßnahmen ihres Mitkomplementärs aus sachfremden Motiven widersprochen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 17.04.2008, Az. 10 O 138/07, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt ebenfalls ihre bereits in erster Instanz vertretenen Rechtsauffassungen. Sie meint, dass die Gesellschafterversammlung bei außergewöhnlichen Geschäften i.S.v. § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages erst dann zur Entscheidung berufen sei, wenn sich die Komplementäre untereinander auf eine Geschäftsführungsmaßnahme verständigt haben. Andernfalls könnten die Gesellschafter den Komplementären Weisungen erteilen, was mit ihrer persönlichen Haftung unvereinbar wäre. Dass das Fehlen einer ausdrücklichen Geschäftsverteilungsregelung zwischen den Komplementären die KG in keine Notlage gebracht habe, belege der Umstand, dass die Komplementäre in den vergangenen Jahren jeweils im Einzelfall eine Verständigung erzielt hätten. Soweit die Klägerin Geschäftsführungsmaßnahmen widersprochen habe, sei dies zur Abwendung von Schaden für die KG geschehen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze des Beklagten Ziffer 1) vom 29.08.2008 sowie vom 27.01.2009 und der Beklagten Ziffer 2) bis 5) vom 31.08.2008 sowie der Klägerin vom 19.01.2009 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 04.02.2009 Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet, da die Klage zulässig und begründet ist.

I.

Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage zulässig.

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse zu TOP 14 und 15 der Gesellschafterversammlung der KG am 14.07.2007.

Die Gesellschafter einer Personengesellschaft haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen, die ihre mitgliedschaftlichen Rechte unmittelbar berühren (vgl. BGH, WM 1991, 509 [juris Rn. 5]; BGH, NJW 1999, 3113 [juris Rn. 4]). Dies trifft auf die vorgenannten Beschlüsse schon deshalb zu, weil sie eine Zuständigkeit der Gesellschaftsversammlung im Bereich der Geschäftsführung in Anspruch nehmen, die grundsätzlich den Komplementären obliegt, zu denen die Klägerin zählt.

Das Feststellungsinteresse entfällt nicht wegen der von den Beklagten behaupteten bloß "deklaratorischen" Wirkung einzelner Beschlüsse oder für den Fall einer von ihnen angenommenen Zustimmungspflicht der Klägerin kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Diese Umstände mögen die Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Beschlüsse begründen. Dies ist aber im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu klären, da die Zulässigkeit der Klage nicht von ihrer Begründetheit abhängen kann (vgl. BGH, BB 2003, 171 [juris Rn. 16]).

II.

Die Klage ist auch begründet.

1.

a) Das Klagerecht der Klägerin ist nicht wegen Versäumung einer Klagefrist ausgeschlossen.

Das Personengesellschaftsrecht kennt für die Geltendmachung von Beschlussmängeln anders als das Recht der Kapitalgesellschaften keine gesetzlichen oder am Leitbild des § 246 Abs. 1 AktG orientierten Klagefristen (BGH NJW 1999, 3113 [juris Rn. 4 m.w.N.]). Zwar kann der Gesellschaftsvertrag die Einhaltung von Klagfristen anordnen. Eine solche Anordnung ist dem Gesellschaftsvertrag der KG aber nicht zu entnehmen. Ein entsprechender Wille ergibt sich auch nicht aus einer Zusammenschau der Regelungen über Gesellschafterbeschlüsse.

b) Die Klägerin hat ihr Klagerecht auch nicht verwirkt.

Da die Gesellschafter des Stammes des Klägerin bereits unmittelbar nach der Gesellschafterversammlung am 14.07.2007 im August 2007 die Wirksamkeit der Beschlüsse bestritten haben, konnten die Beklagten nicht darauf vertrauen, die Klägerin werde die Nichtigkeit nicht klageweise geltend machen.

2.

Die angegriffenen Beschlüsse zu TOP 14 und 15 sind nichtig.

a) Der angegriffene Beschluss zu TOP 14 ist nichtig, weil er in unzulässiger Weise in die Geschäftsführungsbefugnis der Komplementäre eingreift.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht keine umfassende Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung der KG.

Zwar vollzieht sich die interne Willensbildung einer Personengesellschaft durch Beschlüsse der Gesellschafter, welche die "Herren der Gesellschaft" sind (vgl. Schulte in Sudhoff, Personengesellschaften, 8. Aufl., § 12 Rn. 1 und 11; ähnlich Ulmer in Staub, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 10). Daraus folgt aber jedenfalls in der Kommanditgesellschaft keine umfassende Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung.

Die Kommanditisten sind nach § 164 Satz 1 1. Halbsatz HGB von der Geschäftsführung grundsätzlich ausgeschlossen; die Komplementäre unterliegen nicht den Weisungen der Kommanditisten (vgl. Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 14). Können demnach nur die geschäftsführenden Gesellschafter, nicht aber die Kommanditisten über Geschäftsführungsmaßnahmen beschließen, kann auch eine aus geschäftsführenden Gesellschaftern und nicht geschäftsführungsbefugten Kommanditisten bestehende Gesellschafterversammlung keine Beschlüsse fassen.

Die gesetzliche Regelung ist allerdings nicht zwingend. Durch den Gesellschaftsvertrag kann hiervon zugunsten der Kommanditisten abgewichen werden, bis hin zur Begründung eines Weisungsrechts der Kommanditisten in Fragen der gewöhnlichen Geschäftsführung (vgl. Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 8 und 12; Hopt in Baumbach, HGB,. 33. Aufl., § 164 Rn. 7 m.w.N.).

Der Gesellschaftsvertrag der KG weicht indessen von der gesetzlichen Regelung nicht zugunsten der Kommanditisten ab. § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages konkretisiert lediglich die den Kommanditisten schon nach dem gesetzlichen Regelfall bei außergewöhnlichen Geschäften zustehende Befugnis zur Mitwirkung an der Geschäftsführung (vgl. § 164 Satz 1 2. Halbsatz HGB). § 18 des Gesellschaftsvertrages verweist hinsichtlich der Kontrollrechte der Kommanditisten im Wesentlichen auf die gesetzliche Regelung (§ 166 HGB).

Der Unterscheidung zwischen den Rechten der Komplementäre und denen der Kommanditisten kommt hier eine besondere Bedeutung für die Machtverhältnisse zwischen den Gesellschafterstämmen zu.

Durch die Orientierung des Stimmrechts an den Festkapitalanteilen und das allgemeine Quorum der einfachen Mehrheit in § 13 Abs. 4 und 5 des Gesellschaftsvertrages kann der Stamm der Beklagten kraft seiner Stimmenmehrheit von 55 zu 45 das Zustandekommen von Gesellschafterbeschlüssen bestimmen, soweit der Beschluss keine Änderung des Gesellschaftsvertrags oder eine andere Maßnahme enthält, für die § 13 Abs. 5 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags eine qualifizierte Mehrheit verlangt.

§ 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ordnet dagegen für die Komplementäre - in Abkehr von §§ 161 Abs. 2 i.V.m. 115 Abs. 1 HGB - Gesamtgeschäftsführung an. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung ("gemeinsam"), sondern entspricht auch der in der mündlichen Verhandlung am 04.02.2009 geäußerten übereinstimmenden Auffassung der Parteien. Der Bezugnahme auf einen von den Komplementären aufzustellenden Geschäftsverteilungsplan ist nicht zu entnehmen, dass eine ressortbezogene Einzelgeschäftsführungsbefugnis entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan gewollt war. Zum einen stünde dies in gewissem Widerspruch zu der in § 9 des Gesellschaftsvertrages angeordneten Gesamtvertretung; zum anderen wäre der Umfang der Einzelgeschäftsführungsbefugnis der Komplementäre bis zur Aufstellung eines Geschäftsverteilungsplans nicht bestimmbar.

Durch die Anordnung der Gesamtgeschäftsführung herrscht im Gegensatz zu der Situation in der Gesellschafterversammlung im Bereich der Geschäftsführung grundsätzlich eine Gleichordnung zwischen den Stämmen, da jeder Stamm einen Komplementär stellt (vgl. § 4 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags). Durch § 14 Satz 2 und 3 des Gesellschaftsvertrags ist sichergestellt, dass jeder Stamm die Komplementärseigenschaft innerhalb der Stammesmitglieder ohne die Mitwirkung des anderen Stammes übertragen kann. Die Gleichordnung der Komplementäre beider Stämme wird zudem durch gleichlautende Sonderregelungen zugunsten der ursprünglichen Komplementäre K. B. und J. A. belegt, etwa in § 11 Abs. 5 oder § 21 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags.

bb) Eine Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt des außergewöhnlichen Geschäfts.

Zwar sind die Kommanditisten nach dem gesetzlichen Regelfall bei außergewöhnlichen Geschäften zur Mitwirkung an der Geschäftsführung berechtigt (§ 164 Satz 1 2. Halbsatz HGB). Die Untersuchung alternativer Formen der Unternehmensfinanzierung stellt aber keine außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme dar.

Außergewöhnliche Geschäfte sind solche, die den bisher vorgegebenen Rahmen des Geschäftsbetriebs übersteigen oder außerhalb des Unternehmensgegenstands liegen oder nach Umfang oder Risiko ungewöhnlich oder ihrer Art nach dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb fremd sind; entscheidend sind jeweils die individuellen Verhältnisse der Gesellschaft (vgl. Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 3; ähnlich Grunewald in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 9; Wirth in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 2. Band, 2. Aufl., § 7 Rn. 51).

Offen bleiben kann, ob die tatsächliche Umstellung der Finanzierung der Gesellschaft auf "alternative Formen" ein außergewöhnliches Geschäft darstellte. Allein die Vorbereitung einer solchen Maßnahme durch die tatsächliche Ermittlung von Gestaltungsmöglichkeiten verlässt den Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung noch nicht.

Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass - die Einordnung der tatsächlichen Umstellung der Finanzierung als außergewöhnliches Geschäft unterstellt - die Ermittlung der Gestaltungsmöglichkeiten Voraussetzung für eine Willensbildung der Gesellschafter wäre. Soweit die Komplementäre keinem Weisungsrecht der Kommanditisten unterliegen, sind sie nicht zur Vorbereitung von Beschlussanträgen der Kommanditisten verpflichtet; die Verpflichtung des Vorstands zur Aufbereitung von Beschlussgegenständen gemäß § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG hat im Recht der Kommanditgesellschaft keine Entsprechung.

Dahin gestellt bleiben kann, ob die von der Rechtsprechung im Bereich der Aktiengesellschaft entwickelten Grundsätze zur Mitwirkung der Hauptversammlung an Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands (Vgl. BGHZ 83, 122 [juris Rn. 27]) auf das Personengesellschaftsrecht übertragbar sind. Zwar hat die Rechtsprechung angenommen, dass der Rechtsgedanke des § 361 AktG auch auf das Personengesellschaftsrecht zutrifft und der Komplementär deshalb zur Veräußerung des von der Gesellschaft betriebenen, im Wesentlichen ihr ganzes Vermögen darstellenden Unternehmens eines Gesellschafterbeschlusses bedarf (BGH, NJW 1995, 596 [juris Rn. 7] "Nightclub II"). Da der Gesellschaftsvertrag der KG die Mitwirkungsrechte bei außergewöhnlichen Geschäften nicht beschränkt, sondern in § 10 Abs. 3 Satz 2 eine Reihe von Geschäftsführungsmaßnahmen ausdrücklich als außergewöhnlich definiert, bedarf es dieser Konstruktion hier aber nicht. Maßnahmen, die dem Rechtsgedanken des § 361 AktG unterfallen, wären im Zweifel als außergewöhnliche Geschäfte anzusehen.

cc) Selbst wenn man die Gesellschafterversammlung für befugt hielte, die Komplementäre zur Vorbereitung von Beschlussanträgen anzuweisen, wäre der Beschluss jedenfalls insoweit nichtig, als er allein den Beklagten Ziffer 1) anweist.

§ 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ordnet Gesamtgeschäftsführung an (vgl. oben aa)). Zu Geschäftsführungsmaßnahmen sind daher stets die Komplementäre beider Stämme berechtigt und verpflichtet.

Dahin gestellt bleiben kann, welchem Komplementär nach den zwischen ihnen bestehenden Abreden die Zuständigkeit für Fragen der Unternehmensfinanzierung zukam. Zwar kann die Geschäftsführungsbefugnis eines geschäftsführenden Gesellschafters durch eine Geschäfts- oder Ressortverteilung begrenzt werden. Dies gilt aber nur, wenn diese Verteilung von den Gesellschaftern selbst - etwa im Gesellschaftsvertrag - vorgenommen wird; Absprachen unter den Geschäftsführern - etwa durch eine von ihnen aufgestellte Geschäftsverteilung - begrenzen die Geschäftsführungsbefugnis dagegen nicht (vgl. Rawert in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 115 Rn. 12; Ulmer in Staub, HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 80). Der Gesellschaftsvertrag der KG verzichtet indessen auf eine Regelung der Geschäftsverteilung. Zwar nimmt § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ausdrücklich auf die Geschäftsverteilungsregelung der Komplementäre Bezug; dem lässt sich aber nicht entnehmen, dass die Geschäftsführungsbefugnis der Komplementäre nach Maßgabe dieser Geschäftsverteilung auf eine ressortbezogene Einzelgeschäftsführungskompetenz begrenzt werden soll (vgl. oben aa)).

dd) Die Beklagten können sich schließlich nicht darauf berufen, dass der Beschluss eine bloße Stellungnahme der Gesellschafter zu den mit dem Beschlussgegenstand aufgeworfenen Fragen und Zielsetzungen sei.

Nicht zu entscheiden ist, ob die Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft unverbindliche Stellungnahmen auch außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs abgeben kann.

Der angegriffene Beschluss stellt jedenfalls keine bloße Meinungsäußerung dar. Gegen eine bloße Meinungsäußerung spricht schon, dass die Gesellschafter einen förmlichen Gesellschafterbeschluss gefasst haben, der vom Versammlungsleiter festgestellt wurde (vgl. BGH, BB 2003, 171 [juris Rn. 18]). Im Übrigen geht der Wortlaut des Beschlusses über eine bloße Meinungsäußerung i.S.v. "alternative Formen der Unternehmensfinanzierung sollten geprüft werden" hinaus, indem er einen Komplementär ausdrücklich zu bestimmten Maßnahmen anweist.

Unerheblich ist, ob es dem Beklagten Ziffer 1) möglich wäre, unabhängig von einem Beschluss der Gesellschafterversammlung die in dem Beschluss angewiesene Maßnahme tatsächlich durchzuführen.

b) Auch der Beschluss zur Bestätigung der bisherigen Geschäftsverteilung der Komplementäre zu TOP 15 ist mangels einer Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung nichtig.

aa) Die Regelung der Geschäftsverteilung unter den Komplementären i.S.v. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ist ihrerseits eine Geschäftsführungsmaßnahme, für welche die Kommanditisten nicht zuständig sind; von der Möglichkeit der Regelung einer Ressortverteilung durch die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag wurde kein Gebrauch gemacht (vgl. oben a) cc)).

Soweit sich der Beschluss auf die Organigramme nach Bl. 46 und das vom Beklagten Ziffer 1) sowie dem Komplementär des Stamms der Klägerin Anfang 2007 unterzeichnete, aber nicht versandte Rundschreiben (Bl. 46, B1) bezieht, liegt zudem keine Geschäftsverteilung i.S.v. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags vor. Das Rundschreiben und die Organigramme verteilen die Geschäftsführungsaufgaben nicht nur zwischen den beiden Komplementären, sondern innerhalb der Unternehmensführung insgesamt, zu der auch im Unternehmen tätige Kommanditisten und leitende Angestellte gehören. So ist der Vertrieb beispielsweise keinem Gesellschafter, sondern einem Angestellten zugeordnet; der Bereich Marketing ist keinem der Komplementäre, sondern der zu diesem Zeitpunkt noch als Kommanditistin tätigen Klägerin zugewiesen.

bb) Die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses entfällt nicht dadurch, dass er lediglich eine bestehende Regelung bestätigen sollte.

Nicht zu entscheiden ist, ob ein Beschluss ohne Regelungsgehalt per se unwirksam ist, weil ein Gesellschafterbeschluss grundsätzlich der innergesellschaftlichen Willensbildung durch Stimmabgabe zur Herbeiführung bestimmter, den Beschlussgegenstand bildender Rechtsfolgen dient (vgl. zur Rechtsnatur des Gesellschafterbeschlusses Ulmer in Staub, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 7).

Auch der bloßen Bestätigung einer bereits bestehenden Regelung kommt ein Regelungsgehalt zu, da in der Bestätigung eines Rechtsgeschäfts grundsätzlich zugleich seine erneute Vornahme liegt (vgl. § 141 Abs. 1 BGB). Ein entsprechender Regelungswille ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn Zweifel an der Wirksamkeit des bestätigten Rechtsgeschäfts bestanden. Auf das Bestehen solcher Zweifel ist hier schon deshalb zu schließen, weil die Gesellschafter einen förmlichen Gesellschafterbeschluss gefasst haben, der vom Versammlungsleiter förmlich festgestellt wurde. Ein solches Vorgehen spricht gegen eine bloße Meinungsäußerung (vgl. BGH, BB 2003, 171 [juris Rn. 18]). Unterstellt man eine Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung, wären die Gesellschafter an den Beschlussinhalt auch dann gebunden, wenn er eine Änderung der bisherigen Geschäftsverteilung enthielte.

c) Mangels Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung nichtig ist auch der zu TOP 15 gefasste Beschluss über die Begründung einer Kompetenz der Gesellschafterversammlung zur Änderung der Geschäftsverteilung der Komplementäre.

Zwar können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich eine Aufteilung der Geschäftsführungsbefugnis der geschäftsführenden Gesellschafter nach Ressorts vornehmen (vgl. Rawert in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 115 Rn. 12). Der Gesellschaftsvertrag der KG aus dem Jahr 2002 enthält aber keine solche Regelung (vgl. oben a) cc)).

Wird nachträglich eine Regelung zur Ressortverteilung getroffen oder eine entsprechende Regelungsbefugnis geschaffen, liegt eine Änderung des Gesellschaftsvertrags vor. Dahin gestellt bleiben kann, ob eine solche Vertragsänderung durch Mehrheitsbeschluss möglich wäre; selbst das in § 13 Abs. 5 Satz 2 Buchst. d) vorgesehene Quorum von 90% wurde nicht erreicht. Zwar stellt die Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans durch die Komplementäre eine bloße Geschäftsführungsmaßnahme dar. Dies gilt aber nicht in gleicher Weise, wenn die Gesellschafterversammlung das Recht zur Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans anstelle der Komplementäre für sich in Anspruch nimmt.

Ohne eine Vertragsänderung kann die beschlossene Regelungsbefugnis indessen nicht erreicht werden. Sie folgt weder aus der allgemeinen Beschlusszuständigkeit der Gesellschafterversammlung bei Personengesellschaften noch aus einer ergänzenden Auslegung des Gesellschaftsvertrags. Die Klägerin ist auch nicht kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten, der Schaffung einer entsprechenden Kompetenz zuzustimmen.

aa) Der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft kommt grundsätzlich keine umfassende Entscheidungskompetenz zu (vgl. dazu oben a) aa)). Sie kann deshalb die Zuständigkeiten der Geschäftsführer - hier zur Regelung der Geschäftsverteilung i.S.v. § 10 des Gesellschaftsvertrages - nicht an sich ziehen, sofern nicht die Voraussetzungen für eine Vertragsänderung vorliegen.

Aus der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft für Grundlagengeschäfte bzw. Organisationsakte (vgl. zu dieser Terminologie Weipert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 2. Band, 2. Aufl., § 14 Rn. 44) folgt nichts anderes.

Grundlagengeschäfte sind Maßnahmen, die zwar nicht zur Geschäftsführung gehören, die aber - ohne formelle Änderung des Gesellschaftsvertrages - die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses und der Beziehungen der Gesellschafter untereinander betreffen und den Gesellschaftern durch Gesetz (z.B. die Wahl des Abschlussprüfers, § 318 Abs. 1 Satz 1 HGB; Freistellung eines Komplementärs vom Wettbewerbsverbot, § 112 Abs. 1 HGB) oder durch die Rechtsprechung (z.B. Gewinnverwendungsbeschluss) zur Entscheidung zugewiesen sind (vgl. Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 5; Grunewald in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 15; Wirth in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 2. Band, 2. Aufl., § 7 Rn. 5 und 53).

Zwar wird in der Literatur auch die Aufteilung der Geschäftsführung zwischen mehreren Komplementären als Grundlagengeschäft bezeichnet, das in die Kompetenz aller Gesellschafter fällt (Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 5). Dies kann aber nur für den Fall gelten, dass der Gesellschaftsvertrag selbst zur Ressortverteilung keine Regelung enthält; hier hat der Gesellschaftsvertrag die Geschäftsverteilung dagegen in § 10 Abs. 1 ausdrücklich den Komplementären überlassen.

Unabhängig davon verlangt die vorgenannte Literatur für eine Geschäftsverteilungsregelung durch Gesellschafterbeschluss jedenfalls eine - hier nicht gegebene - Einstimmigkeit, weil eine Abweichung vom Einstimmigkeitsprinzip bei außergewöhnlichen Grundlagengeschäften dem Bestimmtheitsgrundsatz unterläge (Schilling in Staub, HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 5). Die vom Einstimmigkeitserfordernis abweichende Regelung zu den Beschlussmehrheiten in § 13 Abs. 5 Satz 2 Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags erwähnt indessen weder die Geschäftsverteilung unter den Komplementären noch eine Ersatzzuständigkeit der Gesellschafterversammlung bei Uneinigkeit der Komplementäre noch außergewöhnliche Grundlagengeschäfte im Allgemeinen, sondern allenfalls Änderungen des Gesellschaftsvertrages. Ihre Auslegung ergibt damit nicht mit der von der Rechtsprechung geforderten Eindeutigkeit (vgl. BGH, ZIP 2007, 475 [juris Rn. 9]), dass diese Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden sollen.

Ihr ist aber jedenfalls zu entnehmen, dass für besonders bedeutsame Geschäfte (Veräußerung und Verpachtung des Unternehmens im Ganzen, Beteiligung an anderen Unternehmen), für Vertragsänderungen, Kapitalmaßnahmen sowie Änderungen der Firma und des Unternehmensgegenstandes gerade keine einfache Mehrheit ausreichen soll, die der Stamm der Beklagten allein erreichen könnte, sondern eine Mehrheit von 75% bzw. 90% verlangt wird, die gegen den Stamm der Klägerin nicht zu erreichen ist. Selbst wenn man annähme, die Gesellschafterversammlung könne unter dem Aspekt des Grundlagengeschäfts eine Ersatzzuständigkeit beschließen, genügte dafür also die erreichte einfache Mehrheit nicht.

bb) Eine Befugnis der Gesellschafterversammlung zur Regelung der Geschäftsverteilung i.S.v. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags anstelle der Komplementäre für den Fall, dass diese sich nicht auf eine Regelung einigen können, ist auch nicht durch eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrags zu begründen.

Es mangelt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Fehl geht die Auffassung der Beklagten, die KG sei ohne eine Geschäftsverteilungsregelung i.S.v. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags handlungsunfähig.

Sind zwei Komplementäre gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugt, dürfen sie zwar nur zusammen oder mit Zustimmung des anderen handeln (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 HGB). Bedenkt man, dass im Fall der Einzelgeschäftsführungsbefugnis nach § 115 Abs. 1 HGB die Ausübung des dem anderen Komplementärs grundsätzlich zustehenden Widerspruchsrechts dazu führt, dass das beabsichtigte Handeln zu unterlassen ist, sind die Unterschiede zwischen Einzel- und Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aber nicht grundlegend, sondern eher graduell (vgl. Ulmer in Staub, HGB, 4. Aufl., § 115 Rn. 28; ähnlich Rawert in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 115 Rn. 47).

Selbst wenn eine Regelung zur Geschäftsverteilung i.S.v. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages wirksam getroffen wäre, würde sich am Erfordernis der Zustimmung des anderen Komplementärs nichts Wesentliches ändern. Absprachen unter den Geschäftsführern begrenzen die Geschäftsführungsbefugnis grundsätzlich nicht (vgl. Rawert in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 115 Rn. 12). Zwar kann die Geschäftsführungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag begrenzt werden. Der Bezugnahme in § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags auf die Geschäftsverteilungsregelung der Komplementäre lässt sich aber nicht entnehmen, dass die Geschäftsführungsbefugnis der Komplementäre nach Maßgabe dieser Geschäftsverteilung begrenzt werden soll, etwa durch Umwandlung der grundsätzlich angeordneten Gesamtgeschäftsführungsbefugnis in eine ressortbezogene Einzelgeschäftsführungsbefugnis (vgl. dazu oben a) aa)).

Schließlich ist festzustellen, dass der KG trotz des bereits seit fast eineinhalb Jahren andauernden Streits der Komplementäre über die Geschäftsverteilung bislang keine konkreten Schäden entstanden sind; zumindest haben die Parteien dazu nichts vorgetragen.

Die Befugnis der Gesellschafterversammlung, bei Uneinigkeit der Komplementäre die Geschäftsverteilung i.S.v. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags zu regeln, widerspräche jedenfalls dem hypothetischen Parteiwillen.

Die aus Sicht der Beklagten nachteilige "Blockadewirkung" der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis stellt aus Sicht des Stammes der Klägerin ein Gegengewicht zu der Kapitalmehrheit des Stammes der Beklagten dar, die diesem in Verbindung mit dem in § 13 Abs. 4 und 5 des Gesellschaftsvertrages als Regelfall vorgesehenen Quorum der einfachen Mehrheit eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung sichert (vgl. oben a) aa)). Da dieses Gegengewicht für die Architektur des Gesellschaftsvertrages bedeutsam ist, ist nicht anzunehmen, dass sich die Gesellschafter des Stammes der Klägerin auf eine Ersatzzuständigkeit der Gesellschafterversammlung bei Uneinigkeit der Komplementäre einverstanden erklärten.

cc) Die Klägerin ist auch nicht durch ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gehalten, der Schaffung einer solchen Ersatzzuständigkeit zuzustimmen.

Zwar kann aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht auch eine Verpflichtung folgen, einer Vertragsänderung zuzustimmen, wenn dies dem Gesellschafter zumutbar und mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis, etwa zur Erhaltung wesentlicher gemeinsam geschaffener Werte oder zur Vermeidung nachhaltiger Verluste erforderlich ist (vgl. Ulmer in Staub, HGB, 4. Aufl., § 105 Rn. 246 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber aus den unter bb) angeführten Gründen nicht vor. Zu überlegen ist allenfalls, ob die Klägerin kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten ist, einzelnen Geschäftsführungsmaßnahmen des Beklagten Ziffer 1) zuzustimmen.

d) Da der Gesellschafterversammlung der KG grundsätzlich keine Befugnis zur Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung der Komplementäre nach § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages zukommt (vgl. oben a) und b)) und der Beschluss zu TOP 15 über die Schaffung einer Beschlusskompetenz nichtig ist (vgl. oben c)), konnte die bestehende Geschäftsverteilung nicht wirksam durch Gesellschafterbeschluss geändert werden.

e) Die Nichtigkeit des Beschlusses zu TOP 15 über die Änderung der Geschäftsverteilung im Bereich Marketing (vgl. oben d)) schlägt auf den Beschluss zu TOP 15 über die Kundgabe dieses Beschlusses durch, da beide Beschlüsse eine Einheit bilden.

III.

Über die Wirksamkeit der Beschlüsse zu TOP 12 und 13 ist nicht zu entscheiden, da die Parteien den Rechtsstreit insoweit bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt haben und die vom Landgericht im Urteil zu Lasten der Beklagten getroffene Kostenentscheidung mit den Berufungen der Beklagten nicht angefochten wird.

IV.

1. Den Beklagten sind die Kosten der Berufung aufzuerlegen (§§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO).

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Zurückweisung der Berufung nicht auf Rechtsfragen beruht, die höchstrichterlich noch nicht geklärt wären, sondern auf der Auslegung des konkreten Gesellschaftsvertrages.

4. Der Streitwert ist entsprechend dem in erster Instanz für die Klage angenommenen Streitwert auf 100.000 Euro festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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