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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 19.09.2000
Aktenzeichen: 14 U 4/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711

Entscheidung wurde am 14.09.2001 korrigiert: Titel durch Stichworte ersetzt
1. Vor der Kürettage nach Ausstoßung ist über das Risiko einer Entfernung der Gebärmutter aufzuklären. Die Aufklärung über dieses Risiko unmittelbar vor der Einleitung der Behandlung durch die Gabe von Prostaglandin ist verspätet.

2. Auch bei einer verspäteten Aufklärung kann sich die Behandlungsseite darauf berufen, dass die Patientin auch bei rechtzeitiger Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte.


Geschäftsnummer: 14 U 4/00 6 O 73/99 LG Ulm

Oberlandesgericht Stuttgart - 14. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

In Sachen

verkündet am 19. September 2000

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2000 unter Mitwirkung

der Vors. Richterin am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 09.12.1999 (Az.: 6 O 73/99) wird

zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Klägerin: 70.000,-- DM.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten mit dem Vorwurf fehlerhafter Behandlung und unzureichender Aufklärung wegen einer aus Anlaß von Blutungskomplikationen nach abgestorbener Schwangerschaft und Kürettage durchgeführten Gebärmutterentfernung auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch.

Die Klägerin, eine junge Türkin, wurde ab ihrem 18. Lebensjahr in Deutschland vom Beklagten Ziffer 3 gynäkologisch betreut. Dieser leitete als Belegarzt des Kreiskrankenhauses Blaubeuren die Geburt ihrer beiden Söhnen, von denen der erste am 13.04.1994 durch primäre Sectio entbunden wurde, der zweite am 29.12.1996 spontan zur Welt kam. Im September 1998 war die damals 23-jährige Klägerin zum dritten Mal schwanger. Sie stellte sich in der 18. Schwangerschaftswoche am 03.12.1998 in der Praxis des Beklagten Ziffer 3 vor, wo sie auf die beiden angestellten Ärzte traf, den seit 1977 als Facharzt für Gynäkologie tätigen Beklagten Ziffer 1 und der Beklagten Ziffer 2, die sich noch in der Ausbildung zur Fachärztin befand. Die Beklagte Ziffer 2 stellte bei ihrer Untersuchung fest, daß die Frucht abgestorben war. Der hinzugezogene Beklagte Ziffer 1 bestätigte diesen Befund am Abend aufgrund eigener Ultraschalluntersuchung. Die Schwangerschaftsdokumentation enthält unter anderem folgende Eintragungen: "... keine Herzreaktion, keine Bewegungen, beginnende Mazeration, Befund, Diskussion - Erörterung, Vorgehen plus Komplikationen, morgen stationär, Cergem". Am 04.12.1998 wurde die Klägerin mit der Einweisungsdiagnose "Missed abortion" zur Einleitung der Totgeburt stationär in der Abteilung Geburtshilfe Gynäkologie des Kreiskrankenhauses Blaubeuren aufgenommen. Nach den Aufzeichnungen im stationären Behandlungsblatt erschien die Klägerin um 8.30 Uhr. Für 8.45 Uhr ist vermerkt "Braunüle, Labor, OP-Aufklärung, ein Cergem gelegt". Die Anästhesieaufklärung ist für 10.00 Uhr festgehalten. Im Rahmen des Aufklärungsgesprächs hat die Beklagte Ziffer 2 die für die Klägerin im Vordergrund stehende Frage, ob sie wieder schwanger werden könne, unstreitig bejaht. Im übrigen sind Inhalt und Umfang der von der Beklagten Ziffer 2 gegebenen und von der eigens zu diesem Zweck herbeigerufenen Sprechstundenhilfe F S übersetzten Aufklärung zum weiteren Vorgehen und zu den damit verbundenen Risiken streitig. Bei den Behandlungsunterlagen findet sich ein Perimed Aufklärungsbogen für eine Abrasio/Kürettage nach Ausstoßung, in welchem unter anderem darauf hingewiesen wird, daß sehr selten stärkere Blutungen auftreten können, außerst selten eine Bauchoperation zur Blutstillung und extrem selten die Entfernung der Gebärmutter erforderlich werde. Die Beklagte Ziffer 2 hat in dem dafür vorgesehenen Feld handschriftlich vermerkt: "Ausführliche Aufklärung über Notwendigkeit, Vorgehen, Risiken, Blutung, Bluttransfusion, Gebärmutterverletzung, Bauchschnitt". Die Klägerin bestreitet, daß die Unterschrift auf dem Perimedbogen aus ihrer Hand stammt.

Bereits um 11.15 Uhr zeigten sich stärkere Wehen; um 11.30 Uhr wurde der Fötus tot geboren. Wegen Nachblutung bei festsitzender Plazenta wurde die Klägerin auf Anordnung des Beklagten Ziffer 1 um 12.10 Uhr zur Ausräumung der Gebärmutter in den Operationssaal verlegt. Die Narkose wurde gegen 12.15 Uhr eingeleitet. Ausweislich des Operationsberichts vom 04.12.1998 gelang es dem Beklagten nicht, die Plazenta manuell zu lösen. Auch nach Zuhilfenahme der großen stumpfen Kürette wird die Entfernung der Plazenta von der Vorderwand als sehr schwierig beschrieben. Weiterhin heißt es im Operationsbericht:

"Nachdem die Plazenta insgesamt entfernt scheint, besteht eine sehr starke sprudelnde Blutung aus dem CK (Cervikalkanal). Es wird deshalb nochmals nachkürettiert, die Patientin erhält drei VE Orasthin i.v. und 10 Einheiten Orasthin in die Infusion. Nach dieser Maßnahme steht die Blutung keineswegs, so daß nochmals nachkürettiert werden muß, dabei kann kein Gewebe mehr gewonnen werden, die Blutung besteht weiterhin. Bei der nochmaligen Nachkürettage springt die Kürette an der Vorderwand des Uterus, eine manuelle Nachtastung ergibt eine Lücke von ungefähr 3 cm Breite an der Uterusvorderwand an der Zervix-Corpus-Grenze (? alte Sektionsnarbe?) die Blutung besteht weiter".

Der Beklagte Ziffer 1 entschloß sich daraufhin zur Laparotomie. Im Operationsbericht beschreibt er folgendes Bild und Vorgehen: "Die Uterusvorderwand ist in der alten Sektionarbe, direkt oberhalb der Blase in einer Breite von 3,5 cm eröffnet, die Wand ist ausgefranst, brüchig und dünn, nicht ganz 5 mm dick, es bestehen Einrisse bis unterhalb der Blase, es besteht weiterhin eine flächige Blutung aus der Uteruswand, im gesamten Corpusbereich soweit durch den Wanddefekt einsehbar. Die starke Blutung besteht weiter. Inzwischen ist das Myometrium stark hämorrhagisch infiltriert, weich (schwammig), eine Blutungsquelle läßt sich nicht ausmachen. Das Gewebe bricht beim Versuch, weitere Umstechungen zu setzen, durch. Nach Aussage des Anästhesisten ist der systolische Blutdruck inzwischen auf 70 mm/hg abgesunken, kompensatorisch besteht eine Pulsbeschleunigung auf 140 Schläge/min., seitens der Anästhesisten wird Blut angefordert (später bestätigt sich der starke Blutverlust durch die Laborwerte, anfangs Hb-Wert 14,0 g/%, postoperativ 6,0 g/%). Wegen der lebensbedrohlichen, durch die Kürettage nicht stillbaren Blutung, ist der Entschluß zur Hysterektomie als lebenserhaltender Maßnahme unausweichlich".

Der histologische Befund vom 11.12.1998 beschreibt einen im Zervikalbereich abgesetzten Uterus mit Blutungen und frischerem Wanddefekt, "offenbar im Bereich einer alten Sektionarbe und vermutet im Zusammenhang mit der mangelhaften Plazentalösung bei intrauterinem Fruchttod im Bereich eines "locus minoris resistentiae" eine spontane Wandperforation, wie sie als Komplikation nach vorausgegangener Sektio vorkommen kann".

Nach der Hysterektomie wurde die Klägerin auf die Intensivstation verlegt und am 10.12.1998 aus der gynäkologischen Abteilung entlassen. Unter dem 21.12.1998 enthält die Patientenkarte des Beklagten Ziffer 3 den Eintrag: "Patientin hat weiterhin zu uns volles Vertrauen, nimmt hin als Schicksal".

Die Klägerin hat vorgetragen,

wegen der vorausgegangenen Sektioentbindung im Jahr 1994 sei die geplante Geburtseinleitung und nachfolgende Ausschabung bei ihr mit einem erhöhten Verletzungs- und Blutungsrisiko verbunden gewesen. Vor dem Eingriff habe deshalb noch zugewartet werden müssen, ob nicht die Spontanausstoßung erfolge. Auf diese Behandlungsalternative sei sie nicht hingewiesen worden.

Jedenfalls habe der Eingriff besonderer Erfahrung bedurft; der Beklagte Ziffer 1 sei dafür nicht ausreichend qualifiziert gewesen. Intraoperativ sei der Beklagte nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen. Daß die Kürette nach dem Operationsbericht gesprungen sei, belege, daß sie sich im Bereich der Kaiserschnittnarbe am Uterus verhakt habe. Die dabei entstandene Verletzung sei vorwerfbar. Auch habe der Beklagte Ziffer 1 die Indikation zur Laparotomie und Hysterektomie zu früh gestellt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte Ziffer 1 die Blutung nicht trotz des problematischen Gewebes durch weitere Umstechungsnähte zum Stillstand gebracht habe. Vor der Entfernung des Uterus habe er angesichts des klaren Kinderwunsches der Klägerin den Versuch unternehmen müssen, die Blutung durch Unterbindung der Arteria iliaca interna zu stillen.

Das Vorgehen des Beklagten Ziffer 1 sei auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Klägerin über die mit der Geburtseinleitung und nachfolgenden Kürettage verbundenen Risiken nicht aufgeklärt worden sei. Bei dem in Anwesenheit der Zeugin F S als Dolmetscherin geführten Gespräch sei sie nicht darauf hingewiesen worden, daß es zu einer Bauchoperation oder gar zu einer Entfernung der Gebärmutter kommen könne. Die von der Beklagten Ziffer 2 völlig unzureichend erteilte Aufklärung sei nicht ordnungsgemäß und vollständig übersetzt worden und ohnehin viel zu spät erfolgt. Sie habe schließlich nur die Narkoseaufklärung unterschrieben, nicht aber den Perimed-Aufklärungsbogen zur Kürettage. Für die Klägerin sei die Erhaltung der Gebärfähigkeit bei ausgeprägtem Kinderwunsch besonders wichtig gewesen. Bei einem Hinweis auf die Gefahr der Gebärmutterentfernung hätte sie sich in jedem Fall in die Behandlung einer Universitätsklinik begeben.

Angesichts des Alters der Klägerin, des weiter bestehenden Kinderwunsches und der Bedeutung der Großfamilie im türkischen Kulturkreis sei die Klägerin unvorbereitet von einem schweren Makel getroffen. Sie leide seit dem Eingriff an schweren Depressionen und Weinkrämpfen und sei tagelang nicht ansprechbar. Insgesamt erscheine deshalb ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000,- DM angemessen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin wegen der ärztlichen Behandlung vom 04.12.1998 ein angemessenes Schmerzensgeld und 4 % Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, die Geburtseinleitung sei eindeutig indiziert gewesen, ebenso die nachfolgende Kürettage, die der Beklagte Ziffer 1 kunstgerecht durchgeführt habe. Das Aufbrechen der alten Sektionarbe habe er nicht vorhersehen oder vermeiden können, bedauerlicherweise auch nicht beheben können, weil die Naht in dem brüchigem Gewebe nicht gehalten habe. Da die Blutungsquelle nicht eindeutig habe lokalisiert werden können und alle Bemühungen, die Blutung zum Stillstand zu bringen, versagt hätten, sei die Hysterektomie in der im Operationsbericht beschriebenen Situation als lebensrettende Maßnahme unausweichlich gewesen. Mit der Geburtseinleitung und nachfolgenden Kürettage habe sich die Klägerin nach ausführlicher und vollständiger Aufklärung einverstanden erklärt. Zwar seien der Klägerin mit Rücksicht auf die besondere Situation am Vorabend des Eingriffs das weitere Vorgehen und die damit verbundenen Risiken nur kurz dargestellt worden. Am 04.12.1998 seien aber gegen 8.45 Uhr in einem ausführlichen 30 minütigen Aufklärungsgespräch auch die selteneren Gefahren angesprochen worden, insbesondere daß es zu einer Entfernung der Gebärmutter kommen könne.

Das Landgericht hat die Parteien gehört und Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen F S und M G (Bl. 48 - 57 d.A.). Zum operativen Vorgehen, zur Dringlichkeit des Eingriffs und zu den damit verbundenen Risiken hat es ein schriftliches Gutachten des Chefarztes der Städtischen Frauenklinik E Prof. M , eingeholt (Bl. 75 - 89 d.A.), das dieser im Termin vom 18.11.1999 mündlich erläutert hat (Bl. 101 - 109 d.A.). Auf dieser Grundlage hat das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, ein Behandlungsfehler könne nicht festgestellt werden. Es war von einer ausreichenden Aufklärung der Klägerin überzeugt und hat die Einwilligung der Klägerin trotz vollständiger Risikoaufklärung erst am Operationstag in der besonderen Situation deshalb als wirksam angesehen, weil Eile geboten gewesen sei. Da der Zeitpunkt des Kindstodes unklar geblieben sei und die Mazeration (Auflösung des kindlichen Gewebes) bereits begonnen habe, sei es geboten gewesen, der Gefahr einer Gerinnungsstörung der Mutter zuvorzukommen und den Eingriff, zu dem es ohnehin keine Alternative gegeben habe, beschleunigt einzuleiten.

Gegen dieses ihr am 14.12.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.01.2000 Berufung eingelegt und diese am 10.03.2000 - innerhalb verlängerter Frist - begründet.

Die Klägerin macht unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin Fehler im Behandlungsgang geltend und beruft sich auf eine unzureichende Aufklärung. Um das Risiko einer Schädigung der Gebärmutter zu vermeiden, hätten die Beklagten vor Einleitung der Totgeburt wenigstens noch ein oder zwei Tage auf eine spontane Ausstoßung warten müssen. In diesem Fall wäre auch die Kürettage, bei der die Gebärmutter fehlerhaft verletzt worden sei, nicht notwendig geworden. Trotz der Blutungskomplikationen habe der Beklagte Ziffer 1 die Gebärmutter nicht entfernen dürfen, sondern wegen des bekannten Kinderwunsches zur Blutstillung der alternativen Möglichkeit einer Unterbindung der arteria iliaca interna den Vorzug geben müssen.

Den ihnen obliegenden Nachweis einer rechtzeitigen und vollständigen Aufklärung hätten die Beklagten nicht geführt. Der Klägerin sei insbesondere das Risiko, daß bei Blutungskomplikationen die Gebärmutter entfernt werden müsse, verschwiegen worden. Zumindest habe sie einen etwaigen Hinweis in der desolaten psychischen Verfassung, in der sie sich befunden habe, nicht aufnehmen können und könne sich auch nicht erinnern, den Perimedbogen zur Kürettage unterzeichnet zu haben. Dies belege, daß eine etwaige Aufklärung zur Unzeit erfolgt sei. Der Klägerin sei keinerlei Überlegungsfreiheit geblieben, da das weitere Geschehen praktisch sofort nach der behaupteten Aufklärung durch Gabe des wehenauslösenden Medikamentes Cergem unaufhaltbar in Gang gesetzt worden sei. Diese Eile sei durch nichts gerechtfertigt gewesen; insbesondere hätten klinische Anzeichen für eine fortgeschrittene Mazeration und deshalb drohende Gerinnungsstörung nicht vorgelegen. Der Klägerin hätte zwangslos eine gewisse Überlegungsfrist etwa bis zum darauffolgenden Tag oder jedenfalls von einigen Stunden zugebilligt werden können. Die Klägerin hätte dann zur Vermeidung eines Gebärmutterverlustes alles daran gesetzt, sozusagen auf der "sicheren Seite" zu sein und sich wegen der besseren qualifikativen und apparativen Voraussetzungen in die Behandlung der gynäkologischen Fachabteilung einer Universitätsklinik begeben.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach dem erstinstanzlichen Antrag zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das landgerichtliche Urteil für richtig und betonen, daß es zu der vorgenommenen Kürettage nach Totgeburt keine Alternative gegeben habe. Dabei handele es sich um einen Routineeingriff, der nicht der besonderen Sachkunde oder Ausrüstung einer Universitätsklinik bedürfe. Die Klägerin könne deshalb nicht plausibel machen, daß sie sich bei früherer Aufklärung an eine Spezialklinik gewandt hätte, dies umso weniger, als sie ausweislich der Behandlungsunterlagen den behandelnden Ärzten auch noch nach dem Eingriff am 21.12.1998 ihr volles Vertrauen bekundet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Klägerin informatorisch gehört und ein mündliches Gutachten des erstinstanzlichen Sachverständigen Prof. Dr. M erhoben. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2000 (Bl. 200 - 207 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Ein für den Verlust der Gebärmutter ursächlicher Behandlungsfehler läßt sich nicht feststellen. Die Beklagten haben für diese Folge auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung einzustehen.

I. Die Klägerin vermag nicht zu beweisen, daß den Beklagten ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.

1. Die vom Beklagten Ziffer 1 vorgenommene Kürettage war ebenso wie die vorbereitende Gabe des Prostaglandinpräparates Cergem medizinisch eindeutig indiziert. Der Sachverständige hat für den Senat überzeugend erläutert, daß nach jedem Abort - bei spontaner Ausstoßung der Totgeburt ebenso wie bei verhaltenem Abort - die Gebärmutter operativ durch Kürettage entleert werden muß. Im vorliegenden Fall eines Spätaborts entspricht es dabei - so der Sachverständige - gutem medizinischen Standard vorbereitend Prostaglandine einzusetzen. Dieses Vorgehen habe die Zahl der Komplikationen bei der Kürettage nachweisbar verringert. Vor diesem Hintergrund ist der Senat mit dem Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt, daß ein Zuwarten auf die Spontanausstoßung keine gleichwertige Behandlungsalternative begründet, über die aufgeklärt werden müßte. Ganz abgesehen von den psychischen Belastungen, die das Warten für die Mutter mit sich bringt, ist das Zuwarten auf die Spontanausstoßung mit einem deutlich höheren Komplikationsrisiko belastet. Dies ergibt nach dem Sachverständigen der Vergleich der heutigen Komplikationsrate mit derjenigen aus der Zeit vor Einsatz der Prostaglandine. Dies findet seine Erklärung nicht allein in der vom Sachverständigen als segensreich beschriebenen Wirkung des Medikaments, sondern auch darin, daß im Falle der Spontanausstoßung mögliche (Blutungs-) Komplikationen die Mutter regelmäßig in einer nicht betreuten Situation treffen und dann unter Notfallbedingungen schlechter beherrscht werden können.

2. Der von der Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Vorwurf, die Operation sei verspätet eingeleitet worden, ist unbegründet. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die sich der Senat zu eigen macht, war der Eingriff zwar zweifelsfrei medizinisch indiziert. Nachdem weder Blutungen noch Hinweise auf Blutgerinnungsstörungen vorlagen, war er jedoch nicht so eilbedürftig, daß er notfallmäßig noch am Abend des 03.12.1998 hätte durchgeführt werden müssen. Im Blick auf die vom Sachverständigen genannten, mit einer unvorbereiteten Spontanausstoßung verbundenen erhöhten Risiken entsprach es den allgemein anerkannten Regeln, den Eingriff erst für den Folgetag zu empfehlen, mithin möglichst rasch, aber unter kontrollierten Bedingungen.

3. Daß dem Beklagten Ziffer 1 bei der Durchführung der Kürettage Fehler unterlaufen sind, hat die Klägerin nicht nachweisen können.

Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, daß das Vorgehen des Beklagten, wie es im Operationsbericht niedergelegt ist, der Regel entsprach und keine Fehler erkennen läßt. Dies gilt nicht nur für den anfänglichen Versuch einer manuellen Lösung, als der schonenderen Variante, sondern auch für die eingesetzten Instrumente (stumpfe Kürette) und Medikamente (Orasthin). Entgegen der Vermutung der Klägerin gibt die Schilderung des Beklagten Ziffer 1 im OP-Bericht, die Kürette sei bei der nochmaligen Nachkürettage an der Vorderwand des Uterus gesprungen, keinen Hinweis auf eine regelwidrige Handhabung des Instruments. Der Beklagte selbst hat - dies hat er in der mündlichen Anhörung vor dem Senat plausibel erläutert - damit lediglich ausdrücken wollen, daß er eine Unebenheit der Uteruswand gespürt habe. Diese Interpretation lag auch dem Sachverständigen nahe, dem aus der eigenen Praxis vergleichbare Beschreibungen, wenngleich mit Modifikationen in der Terminologie ("die Kürette stolpert") geläufig waren. Im übrigen spricht auch der äußere Anschein des Defekts gegen den von der Klägerin vermuteten Verletzungsmodus. Im OP-Bericht ist insoweit von einer ausgefranzten Öffnung mit Einrissen bis unterhalb der Blase die Rede und auch der histologische Befund vom 11.12.1998 geht davon aus, daß es "offenbar im Bereich eines Locus minoris resistentiae zu einer spontanen Wandperforation gekommen (ist), wie dies als Komplikation nach vorausgegangener Sektio vorkommen kann". Daß solche Einrisse des Uterus, insbesondere Narbenrupturen, im Einzelfall insbesondere unter Wehen, aber auch ohne erkennbaren Anlaß spontan entstehen können, hat der Sachverständige bei der Erörterung vor dem Senat erneut bekräftigt. Das Auftreten des Defekts läßt deshalb keine Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Handhabung des Instruments durch den Operateur zu.

4. Nachdem der Beklagte Ziffer 1 anläßlich der Nachkürettage den Riß in der Gebärmutterwand getastet hatte, war der Entschluß zur Laparotomie zwingend. Die Blutung aus einem solchen Wanddefekt kann - so der Sachverständige überzeugend - nicht allein durch die Gabe von Kontraktionsmitteln gestillt werden; sie erfordert Umstechungsnähte. Daß seine Umstechungsversuche ohne Erfolg geblieben sind, kann dem Beklagten Ziffer 1 nicht als Verschulden vorgeworfen werden, da die Nähte in dem vorgefundenen Gewebe nicht gehalten haben. Dieses wird nicht nur im Operationsbericht als sehr zundrig und schwammig ausgefranzt beschrieben, sondern auch im histologischen Untersuchungsbericht als hypertroph und ödematös aufgelockert.

In dieser Situation war die Entfernung der Gebärmutter bei fortbestehendem massiven Blutverlust als lebensrettende Maßnahme absolut indiziert, nachdem die Klägerin trotz der Infusionsmaßnahmen in einen Schockzustand geraten war.

Die im schriftlichen Gutachten vom 11.09.1999 angesprochene Möglichkeit, die Blutung durch Unterbindung der Hauptversorgungsadern beideits zum Stehen zu bringen, hat der Sachverständige in der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor dem Senat überzeugend als nachrangig qualifiziert. Sie kommt, weil sie mit höheren Risiken für die Mutter belastet ist, nur dort zur Anwendung, wo der Entfernung der Gebärmutter zwingende Gründe entgegenstehen oder die Blutung trotz Entfernung nicht zum Stillstand gebracht werden konnte.

II. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung auch die Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt unzureichender Aufklärung verneint. Zwar ist die Aufklärung der Klägerin über das geringe, für sie aber erkennbar bedeutsame Risiko des Verlustes der Gebärmutter nach der Beurteilung des Senats nicht zeitgerecht erfolgt. Der Fehler bleibt indessen haftungsrechtlich ohne Folgen, weil die Klägerin keine plausiblen Gründe dafür darlegen konnte, daß sie sich in der damaligen Situation bei rechtzeitiger und richtiger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte.

1. Das Landgericht stellt zutreffend fest, daß die Beklagte Ziffer 2 die Klägerin zur Indikation, zum Vorgehen und zu den Risiken der geplanten Kürettage inhaltlich korrekt aufgeklärt hat. Dies folgt aus den in sich widerspruchsfreien Angaben der Beklagten Ziffer 2 selbst, die durch ihre Eintragungen im Krankenblatt gestützt werden, sowie insbesondere auch aus der Aussage der Zeugin F S . Die Aussage des Ehemanns der Klägerin vermag die Angaben der Zeugin nicht zu erschütten.

Die Beklagte Ziffer 2 hat - trotz der weitergehenden Dokumentation im Krankenblatt, in dem allgemein von der Erörterung der Komplikationen die Rede ist - vorbehaltlos eingeräumt, daß sie die Klägerin mit Rücksicht auf die starke seelische Belastung durch die Nachricht vom Tod des Feten am Abend des 03.12.1998 zunächst nur kursorisch aufgeklärt hat, nämlich über die Notwendigkeit der Entfernung der toten Leibesfrucht, der anschließenden Ausschabung und darüber, daß es dabei zu Blutungen und zu einer Verletzung der Gebärmutter kommen könne. Sie hat aber in sich widerspruchsfrei und mit Bestimmtheit erklärt, daß sie die Klägerin am Morgen des Eingriffs nach Maßgabe des Perimedbogens, wenngleich in eigenen Worten über alle darin angesprochenen Risiken informiert hat, insbesondere auch über die eventuelle Notwendigkeit eines Bauchschnitts und einer Entfernung der Gebärmutter. Dies ist im Krankenblatt durch den Eintrag "OP-Aufklärung" dokumentiert. Der Umstand, daß der Hinweis auf das Risiko einer Entfernung der Gebärmutter nicht ebenso wie die anderen angesprochenen Risiken: "Blutung, Bluttransfusion, Gebärmutterverletzung, Bauchschnitt" ausdrücklich handschriftlich im Perimedbogen vermerkt wurde, schwächt die Überzeugungskraft der Angaben der Beklagten Ziffer 2 nicht, die im vollen Umfang durch die Aussage der Zeugin F S bestätigt wurden.

Die Zeugin konnte sich an die Einzelheiten der Aufklärung deshalb gut erinnern, weil sie sich als Übersetzungshilfe angeboten hatte und eigens zu diesem Zweck am Morgen in die Klinik gekommen war. Anhaltspunkte, die die Glaubwürdigkeit ihrer Angaben in Frage stellen könnten, hat die Klägerin nicht aufzeigen können. Ihr Vorwurf, die Zeugin habe die Aufklärung durch ihre Übersetzung nach eigenem Gutdünken gesteuert, läßt sich aus den angeführten Zitaten nicht belegen. Danach hatte die Klägerin die anhand des Perimedbogens abgehandelten Fragen und Erklärungen teilweise selbst beantwortet, bzw. durch eigene Äußerungen zu verstehen gegeben, daß sie ohne Übersetzung verstanden habe. Insoweit war eine Übersetzung nicht geboten. Alles andere hat die Zeugin nach ihren widerspruchsfreien Bekundungen übersetzt und erläutert. Allein der Umstand, daß die Zeugin als Sprechstundenhilfe in der Praxis des Beklagten Ziffer 3 beschäftigt ist, macht ihre Angaben nicht unglaubwürdig. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, daß sie versucht hätte, das Aufklärungsgespräch inhaltlich einseitig darzustellen oder die Situation zu beschönigen. So hat sie von sich aus darauf hingewiesen, daß die Klägerin gleich zu Beginn des Gesprächs wissen wollte, ob sie wieder schwanger werden könne und die Beklagte dies bejaht habe, ebenso, daß die Klägerin, die unter ihrer Situation nachvollziehbar sehr gelitten hat, während der Aufklärung immer wieder geweint hat. Die - auch vom Ehemann der Klägerin, dem Zeugen M G - in den Vordergrund gestellte Antwort der Beklagten Ziffer 2, eine erneute Schwangerschaft sei - vielleicht nach sechs Monaten - wieder möglich, entwertet ihre nachfolgende Aufklärung über das seltene Risiko einer Gebärmutterverletzung und die eventuelle Notwendigkeit ihrer Entfernung nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gab auch die seelische Betroffenheit der Klägerin den Beklagten weder Anlaß noch Rechtfertigung, die gebotene Behandlungs- und Risikoaufklärung zu verschieben.

Darauf, ob die Klägerin die im Perimedbogen vorgedruckte Einwilligungserklärung unterzeichnet hat, kommt es nicht entscheidend an, da das Einverständnis auch mündlich erklärt werden kann. Demzufolge bestand auch kein Anlaß, die Frage der Echtheit der Unterschrift durch das von der Klägerin beantragte graphologische Sachverständigengutachten klären zu lassen.

2. Zurecht beanstandet die Klägerin indessen die zeitliche Nähe zwischen der am Morgen des Eingriffs erteilten Risikoaufklärung und der die Kürettage vorbereitenden Gabe des Prostaglandinzäpfchens Cergem. Die der Klägerin erteilte Aufklärung war verspätet, weil ihr das seltene, für ihre Entschließung aber erkennbar wichtige Risiko der Gebärmutterentfernung erst unmittelbar vor Beginn der Behandlung mitgeteilt wurde. Die von ihr erteilte Einwilligung ist daher unwirksam.

Die Freiheit eines Patienten zur Entscheidung über Zustimmung oder Ablehnung eines ärztlichen Eingriffs ist nur dann gewahrt, wenn die Aufklärung nicht nur inhaltlich korrekt, sondern auch rechtzeitig stattfindet. Dies ist grundsätzlich nur der Fall, wenn dem Patienten Gelegenheit bleibt, die für und wider den Eingriff sprechenden Gründe ohne vermeidbaren Zeitdruck gegeneinander abzuwägen. Außer bei ganz einfachen Eingriffen oder bei Notfällen soll die Aufklärung deshalb spätestens am Vortrag des Eingriffs erfolgen, unter Umständen auch schon früher (vgl. BGH vom 07.04.1992 - VersR 1992, 960, vom 14.06.1994 - VersR 94, 1235 und 1302, vom 04.04.1995 - VersR 95, 1055, vom 14.11.1995 - VersR 96, 195 (197) und vom 17.03.1998 VersR 98, 766).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gewahrt. Wenngleich der Klägerin das Vorgehen und die damit verbundenen Risiken teilweise kursorisch schon am Vorabend dargestellt wurden, blieb ihr nach der am 04.12.1998 erfolgten Aufklärung, in der erstmals das Risiko der Gebärmutterentfernung angesprochen wurde, keine Zeit für eine ruhige Abwägung und Entscheidung. Vielmehr wurde ihr unmittelbar im Anschluß an die Aufklärung das Prostaglandinzäpfchen verabreicht. Damit war der weitere Ablauf vorgegeben, den die Klägerin selbst nicht mehr aufhalten konnte. Die Kürettage zählt zwar zu den häufigen, unbestritten aber nicht zu den ganz einfachen, gefahrlosen Eingriffen, bei denen dem Patienten eine sofortige Entscheidung im Anschluß an die Aufklärung zugemutet werden kann. Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Verkürzung des Selbstbestimmungsrechts der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Sonderlage oder gar des Notfalls zu rechtfertigen. Der berechtigte Hinweis darauf, daß der Klägerin die volle Risikoaufklärung am Vorabend nicht zugemutet werden konnte, entband die Beklagte Ziffer 2 nicht von der Verpflichtung, der Klägerin nach vollständiger Aufklärung am 04.11.1998 eine gewisse Zeit der Überlegung einzuräumen oder wenigstens ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß sie nicht unter Zeitdruck stehe und ihre Lage nochmals überdenken könne. Beides ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht war der Eingriff selbst auch nicht eilbedürftig in dem Sinne, daß er nicht einen gewissen zeitlichen Aufschub erlaubt hätte. Der Sachverständige hat zwar darauf hingewiesen, daß unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Sicherheit für die Mutter die Kürettage in der Regel rasch angestrebt wird. Er hat aber konkret auch in den Krankenakten keinerlei Hinweise gefunden, die ein sofortiges Handeln erfordert hätten und eingeräumt, daß man auf Wunsch der Mutter mit dem Eingriff noch eine gewisse Zeit hätte zuwarten können.

3. Gegenüber dem Haftungsanspruch aus verspäteter Aufklärung haben sich die Beklagten aber mit Erfolg auf den Einwand der sogenannten hypothetischen Einwilligung berufen. Die Klägerin kann nämlich nicht plausibel machen, daß sie sich bei rechtzeitiger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hätte, ob sie den Eingriff - wie tatsächlich durchgeführt - vornehmen lassen solle oder nicht.

Nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen wird der Arzt mit dem grundsätzlich ihm obliegenden Beweis für die Behauptung, der Patient würde auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt haben, dann belastet, wenn der Patient plausibel macht, daß er, wären ihm die Risiken der Operation rechtzeitig verdeutlicht worden, vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte (vgl. BGH vom 07.04.1992 = VersR 92, 962 und vom 17.03.1998 = VersR 98, 767). Eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit kann bei verspäteter Aufklärung sich schon aus den besonderen Umständen des Einzelfalls nach der Lebenserfahrung ergeben (vgl. BGH v. 14.06.94, a.a.O., S. 1237 und vom 04.04.95, a.a.O., S. 1057). Solche besonderen Umstände lagen hier nicht vor, weshalb auf die Darlegungen der Klägerin abzustellen war. Insoweit sind zwar von der Klägerin keine genauen Angaben darüber zu verlangen, wie sie sich wirklich entschieden hätte. Auch kommt es nicht darauf an, wie sich ein "vernünftiger Patient" verhalten hätte. Der Patient kann und soll aber aus seiner persönlichen Situation heraus einsichtig machen, daß ihn die rechtzeitige Aufklärung über das Für und Wider des ärztlichen Eingriffs ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er ihm zustimmen solle, oder nicht (BGH a.a.O.).

Das ist der Klägerin nicht gelungen. Die Klägerin hat nicht behauptet, daß sie bei Einräumung einer weiteren Bedenkzeit in Zweifel darüber geraten wäre, ob sie dem eindeutig indizierten und mit Sicherheitsvorteilen verbundenen Eingriff zustimmen solle oder nicht. Das wäre auch in der Situation der Klägerin nicht nachvollziehbar gewesen. Sie hat einen möglichen Entscheidungskonflikt allein damit begründet, daß sie bei rechtzeiger Aufklärung erwogen hätte, dieselbe Behandlung in einer Universitätsklinik durchführen zu lassen. Vor dem Hintergrund der persönlichen Entscheidungssituation in der - auch zeitlich dringlichen - Bewältigung des tragischen Ergeignisses ist nicht plausibel, daß die Klägerin bei Einräumung einer längeren Überlegungsfrist in der Entscheidung unsicher geworden wäre. Die Klägerin hatte zuvor wegen der Entbindung ihrer beiden ersten Kinder ebenfalls die Hilfe des Kreiskrankenhauses Blaubeuren in Anspruch genommen und dort sogar eine mit höheren Risiken verbundene primäre Sektio durchführen lassen. Sie hatte dort gute Erfahrung gemacht und hatte keinen Grund, an der fachlichen Kompetenz der behandelnden Ärzte zu zweifeln. Bei der vorgesehenen Kürettage handelte es sich um einen häufigen Routineeingriff, der erkennbar und vom Sachverständigen bestätigt nicht der besonderen Fachkunde und Ausrüstung einer Universitätsklinik bedarf. Vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen gab es deshalb für die Klägerin keinen Anlaß, den behandelnden Ärzten nicht zu vertrauen, und sich in die Behandlung ihr unbekannter Ärzte zu begeben und die damit verbundenen Erschwernisse in Kauf zu nehmen.

III. Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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