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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 23.04.2003
Aktenzeichen: 14 U 42/02
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 4
BGB § 242
ZPO § 296a
ZPO § 533
1. Einem Fachingenieur kann es auch gegenüber einem sachkundigen Auftraggeber nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Unwirksamkeit einer Pauschalhonorarvereinbarung wegen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI zu berufen.

2. Eine Widerklage, die in erster Instanz nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, als unzulässig abgewiesen wurde und mit der Berufung weiterverfolgt wird, ist im Berufungsverfahren neu erhoben und nur zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat.


Oberlandesgericht Stuttgart - 14. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

In Sachen

verkündet am 23.04.2003

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

auf die mündliche Verhandlung vom 09. April 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. August 2002 - 13 O 142/01 - abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin/Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin 5.636,75 € zu bezahlen. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: Erste Instanz 6.632,48 €

Berufungsverfahren 12.400,63 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Abrechnung von Leistungen anlässlich des Baues eines Supermarktes.

Die Klägerin betreibt ein Planungsbüro für Elektrotechnik, die Beklagte ein Ingenieurbüro für haustechnische Anlagen, insbesondere Heizung-, Sanitär- und Lüftungstechnik. Sie arbeiteten bei Bauvorhaben der Firma B. zusammen, dem K-Lebensmittelmarkt in S.-M., dem K-Lebensmittelmarkt in G. und dem H. in C. Da die Firma B. nur einen Auftragnehmer wünschte, schloss die Beklagte jeweils einen Vertrag über die Planung für Heizung, Sanitärtechnik, Lüftungstechnik und Elektrotechnik mit der Firma B. zu einem Pauschalhonorar ab. Die Leistungen für Elektrotechnik erbrachte die Klägerin, die übrigen Leistungen die Beklagte. Die Klägerin und die Beklagte vereinbarten eine Teilung des Honorars im Verhältnis 1/3 zu 2/3. Entsprechend rechnete die Beklagte die Bauvorhaben auf der Grundlage des mit der Firma B. vereinbarten Pauschalhonorar ab.

Die Firma B. wollte bei einem weiteren Bauvorhaben in O. nicht in Erscheinung treten. Sie beauftragte deshalb die O. AG, die die Klägerin mit den Leistungen für Heizung, Sanitärtechnik, Lüftungstechnik und Elektrotechnik beauftragte. Die Klägerin vereinbarte ihrerseits mit der Beklagten, dass beide Parteien wie beim Bauvorhaben C. zusammenarbeiteten und das Bauvorhaben O. entsprechend abwickelten. Die Klägerin vereinbarte mit der O. AG zunächst einem Pauschalhonorar von 150.000 DM netto. Nach einer Änderung des Auftragsumfanges reduzierten die Klägerin und die O. AG das Honorar auf 130.000 DM netto. Damit war die Beklagte einverstanden. Die Klägerin erbrachte die Leistungen für Elektrotechnik, die Beklagte die Leistungen für Heizung, Sanitärtechnik und Lüftungstechnik. Die Klägerin zahlte an die Beklagte zwei Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 89.508,80 DM. Von der O. AG erhielt die Klägerin insgesamt 119.886 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen, nach einer weiteren Reduzierung des Auftragsumfanges sei das Honorar im Einverständnis mit der Beklagten auf insgesamt 101.000 DM netto herabgesetzt worden, so dass auf die Beklagte netto 67.300 DM entfielen, und außerdem sei mit der O. AG ein Skonto von 3% vereinbart worden. Zuzüglich 16% MwSt. und abzüglich eines Skontos von 1.531,20 DM habe die Beklagte damit 76.536,80 DM zu erhalten. Mit den 89.508,80 DM sei die Beklagte damit um 12.972,00 DM oder 6.632,48 € überzahlt. Die Zahlung dieses Betrages hat die Klägerin mit der Klage geltendgemacht.

Die Beklagte hat vorgetragen, die weitere Reduzierung sei mit ihr nicht abgestimmt worden. Sie habe die technische Oberbauleitung erbracht. Die Vereinbarung des Pauschalhonorar sei nach der HOAI nicht wirksam. Unter Berücksichtigung der Mindestsätze der HOAI stehe ihr ein Honoraranspruch von mindestens 76.185,32 € zu. Sie sei nicht überbezahlt.

Das Landgericht hat durch Vernehmung des Zeugen F. Beweis erhoben. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 09.08.2002 hat die Beklagte beim Landgericht eine Widerklage eingereicht, mit der sie die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 7.500 € begehrte. Die Widerklage wurde der Klägerin am 23.08.2002 zugestellt.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 4.900,63 € und wies die Widerklage als unzulässig ab. Es teilte die von der O. AG bezahlten 119.886 DM im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zwischen den Parteien auf, so dass sich ein Anspruch der Beklagten von 79.924 DM ergab und sie mit 9584,80 DM überzahlt war. Die HOAI sei nicht anwendbar, weil zwischen den Parteien eine Innengesellschaft bestanden habe.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Sie ist der Ansicht, zwischen den Parteien habe ein Subunternehmerverhältnis bestanden, so dass sie ihren Anspruch auf Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI abrechnen könne. Daher stünden ihr mindestens noch 7.500,00 € zu.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. August 2002 - 13 O 142/01 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 7.500,00 € zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zu den weiteren Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

II.

Die Beklagte kann von der Klägerin noch 11.024,53 DM oder 5.636,75 € verlangen. Ihr stehen nach der getroffenen Honorarvereinbarung 100.533,33 DM zu, erhalten hat sie 89.508,80 DM. Die Parteien haben ein Honorar von 2/3 von 130.000 DM zzgl. 16% Umsatzsteuer, also 2/3 von 150.800 DM vereinbart.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch nach § 812 BGB wegen Überzahlung. Die Beklagte kann von der Klägerin insgesamt 100.533,33 DM, 2/3 von 150.800 DM, als Honorar nach § 632 BGB verlangen. Die Parteien haben als Werklohn für die Planungsleistungen der Beklagten 100.533,33 DM vereinbart.

a) Die Klägerin hat die Beklagte als ihre Nachunternehmerin mit den Leistungen für Heizung, Sanitärtechnik und Lüftung beauftragt.

Zwischen den Parteien bestand keine Innengesellschaft. Sie liegt vor, wenn die Parteien sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftliches Element in sich tragen (BGH NJW 1990, 573). Dagegen scheidet eine Innengesellschaft aus, wenn die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden.

A) Für das Bauvorhaben O. bestand danach keine Innengesellschaft. Dass beide Parteien Teile der Planung für den Supermarkt erbrachten und dabei zusammenarbeiteten, bedeutet noch nicht, dass sie einen gemeinsamen Zweck verfolgten. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Planern kann auch durch ein Nachunternehmerverhältnis gestaltet sein, wenn der Hauptauftraggeber wie hier selbst nur einen Planer einschalten will. Die konkreten Vereinbarungen zwischen den Parteien weisen keine gesellschaftlichen Elemente auf. Sie haben weder für das Bauvorhaben O. noch die vorangegangenen Bauvorhaben vereinbart, dass der Gewinn aus dem Bauvorhaben in einem bestimmten Verhältnis geteilt wird. Vielmehr wurde mit dem Hauptauftraggeber eine Pauschale vereinbart, die intern im Verhältnis 1 zu 2 aufgeteilt wurde. Damit stand für jede der Parteien vor dem jeweiligen Bauvorhaben fest, was sie in absoluten Beträgen für ihre Leistungen zu erwarten hatte. Auch vor dem Bauvorhaben O. vereinbarten die Parteien, dass das Honorar wie beim Bauvorhaben C. sein sollte und damit 150.000 DM netto im Verhältnis 1 zu 2 zwischen den Parteien geteilt werden sollten. Die Zusammenarbeit zwischen den Parteien bei der Planung und Ausführung ging nicht über das hinaus, was zwischen verschiedenen Fachplanern zur Koordination erforderlich ist. Auch dass die Klägerin das Verhältnis zur Beklagten rechtlich zunächst als normalen Ingenieurvertrag eingeordnet hat, ist ein Anhaltspunkt dafür, dass sie in der Zusammenarbeit nichts anderes als das in der Baubranche häufige Nachunternehmerverhältnis sah und keine darüber hinausgehende, engere Bindung wie in einer Innengesellschaft.

Die Berechnung der Umsatzsteuer durch die Parteien ist kein weiterer Anhaltspunkt für ein Nachunternehmerverhältnis. Auch in der Innengesellschaft werden keine nicht steuerbaren Leistungen an die Gesellschaft erbracht, sondern Leistungen an den nach außen auftretenden Gesellschafter, die umsatzsteuerpflichtig sind (BFHE 136, 315).

B) Zwischen den Parteien bestand auch keine Innengesellschaft, deren Zweck es war, verschiedene Supermärkte für B., darunter auch das Bauvorhaben O. zu planen. Dafür spricht zwar der Grund der Zusammenarbeit zwischen den Parteien. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte für die H-Lebensmittelmärkte die allgemeinen elektrotechnischen Anforderungen entworfen. Die allgemeinen Anforderungen für Heizung, Lüftung und Sanitärtechnik stammten von einer Firma, die die Fachplanung nicht übernehmen konnte. Die Zusammenarbeit der Parteien wurde erforderlich, weil B. nur einen einzigen Auftragnehmer für alle haustechnischen Anlagen wünschte. Da die Klägerin die Fachplanung für Heizung, Lüftung und Sanitärtechnik nicht übernehmen konnte, kam sie auf die Beklagte zu. Bei den ersten drei Projekten trat daraufhin die Beklagte gegenüber B. als Auftragnehmerin auf. Das spricht für eine stärkere Zusammenarbeit als sie üblicherweise im Verhältnis zwischen Haupt- und Nachunternehmer vorliegt. Dass Auftraggeberin der Klägerin beim Bauvorhaben O. nicht B., sondern die O. AG war, lag nur an Zufälligkeiten. Der Nachunternehmer war bei den Vorhaben der Parteien vor der Auftragsvergabe durch die Hauptauftraggeberin auch bereits in die Verhandlungen, auch zur Preisgestaltung eingeschaltet, wie der Zeuge F. bestätigte. Gegen eine Innengesellschaft für mehrere Bauvorhaben spricht aber schon, dass die Parteien bei weiteren Bauvorhaben - M. in P., Einkaufszentrum R. in L. - anders, nämlich mit einem Subunternehmervertrag mit einer Pauschalsumme oder mit direkten Verträgen gegenüber dem Auftraggeber zusammenarbeiteten. Gegen eine Innengesellschaft nur für die Planung der Supermärkte von B. spricht, dass die Abrechnung jeweils auf die einzelnen Bauvorhaben beschränkt blieb. Eine Absprache der Parteien, bei Bauvorhaben von B. in einer bestimmten Art und Weise zusammenarbeiten, gab es nicht. Der Hauptauftragnehmer wandte sich vielmehr vor jedem Bauvorhaben an die jeweils andere Partei und erfragte, ob eine Zusammenarbeit erfolgen könne. Dabei wurde auch jeweils neu über das Honorar verhandelt, auch wenn sich die Parteien immer wieder zu einer Teilung im Verhältnis 1 zu 2 bereit fanden.

C) Es kann damit offen bleiben, ob bei Vereinbarung einer Innengesellschaft überhaupt anders abzurechnen wäre. Auch für die Auseinandersetzung der Innengesellschaft sind die zwischen den Parteien getroffenen Absprachen maßgeblich. Auch die Anwendbarkeit der HOAI hängt nicht von der Einordnung in einen bestimmten Vertragstypus des BGB ab (BGH NZBau 2000, 473).

b) Nach § 632 BGB kann die Beklagte das vereinbarte Honorar verlangen. Es war vereinbart, dass die Beklagte 2/3 von 130.000 DM netto erhalten sollte, also 86.666,67 DM netto oder 100.533,33 DM brutto. Ursprünglich war als Honorar 2/3 von 150.000 DM netto vereinbart. Durch eine nachträgliche Vereinbarung haben die Parteien das Honorar auf 2/3 von 130.000 DM verringert. Die Reduzierung auf 130.000 DM im Verhältnis zur Hauptauftraggeberin war nach den Angaben des Zeugen F. zwar mit der Beklagten nicht abgesprochen. Sie wurde ihr aber nachträglich mitgeteilt und ihr Inhaber war damit einverstanden. Eine Vereinbarung über eine weitere Reduzierung von 130.000 DM auf 101.000 DM oder einen Skontoabzug hat der Zeuge F. nicht bestätigt. Sie ergibt sich nicht aus der vorgelegten Anlage B3. Daraus ergibt sich nur die Verringerung auf 130.000 DM. Für eine Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin als Partei nach § 448 ZPO von Amts wegen bestand kein Anlass. Sie setzt voraus, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Vortrag der Partei besteht. Das ist nicht der Fall. Der Geschäftsführer der Klägerin konnte bei seiner Anhörung vor dem Senat nicht angeben, wann und wie es zu einer Vereinbarung mit dem Inhaber der Beklagten oder dem Zeugen F. über eine weitere Verringerung des Honorars gekommen sein soll. Er hat sie damit begründet, dass die Bauüberwachung gegenüber der O. AG nicht geleistet werden musste. Für eine Vereinbarung mit der Beklagten über eine Reduzierung des Auftragsumfangs ergibt sich daraus aber nichts. Die Reduzierung der Bauüberwachung war im übrigen nach den Angaben des Zeugen F. bereits der Grund für die Verringerung des Honorars von 150.000 DM auf 130.000 DM. Dafür sprechen auch die Auftragsschreiben der O. AG. Die Klägerin wurde von ihr zunächst am 14.01.2000 für 50.000 DM netto pauschal mit der Vor- und Entwurfsplanung beauftragt (Anlage B2). Soweit ihr nach diesem Schreiben auch die Objektüberwachung übertragen wurde, ist dies nicht richtig (Schriftsatz der Klägerin vom 06. Mai 2002, S. 5). Danach wurde sie am 03.02.2000 mit der Ausführungsplanung für 80.000 DM netto pauschal beauftragt. In der Auftragssumme von 130.000 DM war danach die Objektüberwachung nicht enthalten.

c) Die Beklagte kann nur die vereinbarte Pauschale und kein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI verlangen.

A) Nach § 4 Abs. 1 HOAI ist nach den Mindestsätzen der HOAI abzurechnen. Die Mindestsätze darf eine anderweitige Vereinbarung der Vertragsparteien nach § 4 Abs. 2 HOAI nur ausnahmsweise unterschreiten, wenn dies schriftlich vereinbart ist. Eine schriftliche Honorarvereinbarung ist zwischen den Parteien nicht getroffen.

B) Der Beklagten ist es aber nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Nichtigkeit der Pauschalhonorarvereinbarung zu berufen. Vereinbaren die Parteien eines Ingenieurvertrages ein Honorar, das die Mindestsätze in unzulässiger Weise unterschreitet, so verhält sich der Fachingenieur, der später nach den Mindestsätzen abrechnen will, widersprüchlich. Dieses widersprüchliche Verhalten steht nach Treu und Glauben einem Geltendmachen der Mindestsätze entgegen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte sowie wenn er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH NJW 1997, 2329). Die Klägerin hat auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung vertraut. Sie hat sich auch auf ihre Wirksamkeit eingerichtet, nämlich mit der Hauptauftraggeberin auch nur ein entsprechendes Pauschalhonorar vereinbart. Mit der O. AG ist entsprechend abgerechnet, so dass die Klägerin dort keine Nachforderungen mehr geltend machen kann.

Die Klägerin durfte auch auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung vertrauen, obwohl sie selbst als Fachingenieurin die Voraussetzungen der HOAI für eine Honorarvereinbarung kannte. Dem sachkundigen Auftraggeber wird teilweise die Berufung darauf verwehrt (OLG Köln IBR 2000,83; OLG Köln IBR 2000, 439; KGR 2001, 210). Zur Begründung wird angeführt, dass der sachkundige Auftraggeber weiß oder wissen kann, dass die Pauschalhonorarvereinbarung unwirksam ist. Er könne damit kein schutzwürdiges Vertrauen auf ihre Wirksamkeit ausbilden. Außerdem dürfe es nicht ermöglicht werden, dass sachkundige Beteiligte auf diesem Umweg den Mindestpreischarakter der HOAI unterlaufen. Andere Entscheidungen lassen auch dem sachkundigen Auftraggeber die Berufung auf Treu und Glauben (OLG Zweibrücken IBR 1998, 259; OLG Köln OLGR 2002, 190; OLG Nürnberg IBR 2001, 495 mit ablehnender Anmerkung Eich, ablehnend auch Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., Einleitung Rdnr. 266). Dem sachkundigen Auftraggeber kann nicht von vorneherein die Berufung auf sein Vertrauen in die Wirksamkeit einer getroffenen Pauschalhonorarvereinbarung verwehrt werden. Auch wer ihre rechtliche Unwirksamkeit kennt, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in die Wirksamkeit haben. Geschützt wird nicht das Vertrauen des Auftraggebers in die rechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung, sondern darin, dass der Auftragnehmer sie als wirksam behandelt und sich an sie hält. Der Schutz des Vertrauens in die Wirksamkeit einer Pauschalhonorarvereinbarung beruht auf dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Widersprüchliches Verhalten ist dann verboten, wenn ein besonderer Vertrauenstatbestand verlegt, nach dem der eine Teil dahingehend vertrauen kann, dass sich der andere nicht widersprüchlich verhält. Ein solches Vertrauen kann auch dann schützenswert gebildet werden, wenn bekannt ist, dass sich der andere Vertragsteil wegen der Nichtigkeit und Unwirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung davon lösen kann. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits in einem Fall ein schutzwürdiges Vertrauen für nahe liegend erachtet, obwohl mit einer Baubetreuerin Auftraggeber eine Person war, bei der Sachkunde anzunehmen ist (BGH NJW 1997, 2329).

Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Die Umgehung der Vorschriften der HOAI wird dadurch nicht generell für sachkundige Auftraggeber ermöglicht. Bei der Einzelfallprüfung ist zu berücksichtigen, dass ein Auftraggeber, der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit weiß, dass eine Pauschalhonorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze unwirksam ist, in der Regel nicht schutzwürdig ist und weniger als ein Auftraggeber, der die Regelungen der HOAI nicht kennt, darauf vertrauen darf, dass die Vereinbarung eingehalten wird.

Im vorliegenden Fall bestehen jedoch Besonderheiten. Bei vorangehenden Bauvorhaben, nicht nur für B., hat die Beklagte Subunternehmerverträge mit der Klägerin geschlossen, die ebenfalls eine Abrechnung mit einem Pauschalhonorar vorsahen. Daran haben sich sowohl die Beklagte wie auch die Klägerin bei der Abwicklung dieser Vorhaben gehalten. Wenn die Klägerin deshalb bei einem weiteren Vorhaben bei der Beklagten nachfragte, ob die Abrechnung wie bei den beiden vorangegangenen Vorhaben erfolgen könne und die Beklagte dies bestätigte, konnte sie ausnahmsweise darauf vertrauen, das die Beklagte wie auch im umgekehrten Fall entsprechend der unwirksamen Pauschalhonorarabrede abrechnen würde. Die Beklagte verhält sich in einem hohen Maße widersprüchlich, weil sie trotz Streitigkeiten zwischen den Parteien bei früheren Bauvorhaben auf einer Abrechnung nach den vereinbarten Pauschalhonoraren bestanden hat, auf dieser Grundlage sich mit der Klägerin verglichen hat und sich beim letzten abzurechnenden Bauvorhaben auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung beruft.

2. Die zulässige Widerklage ist teilweise begründet. Die Beklagte kann von der Klägerin noch 11.024,53 DM oder 5.636,75 € verlangen (oben 1.).

a) Das Landgericht hat die Widerklage zurecht als unzulässig abgewiesen. Die in der ersten Instanz nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Widerklage muss grundsätzlich nicht mehr zugestellt werden (Zöller-Greger, ZPO, 23 Aufl., § 296a Rdnr. 2a). Eine ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vorgenommene Zustellung begründet keine Rechtshängigkeit (BGH NJW-RR 1997, 1486; NJW-RR 1992, 1085). Das Landgericht musste über die Widerklage daher überhaupt nicht entscheiden (Fischer NJW 1994, 1316). Es konnte die Widerklage aber auch ohne mündliche Verhandlung als unzulässig abweisen (BGH NJW 2000, 2512).

b) Die Widerklage ist dennoch in der Berufungsinstanz zulässig. In der Wiederholung des Widerklageantrags in der Berufung liegt die Erhebung einer neuen Widerklage. Neu ist eine Widerklage, die in erster Instanz noch nicht rechtshängig war (Zöller-Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 533 Rdnr. 8). Die Widerklage ist daher nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen. Neben der Einwilligung des Gegners oder der Sachdienlichkeit muss sie auf Tatsachen gestützt werden können, die der Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen sind. Dies kann die Widerklage nicht, soweit sie auf eine Abrechnung nach der HOAI gestützt ist. Die dazu erforderlichen Tatsachen werden für die Entscheidung über die Klage nicht benötigt. Die Beklagte hat die Widerklage aber auch auf einen Restanspruch aus der Pauschalhonorarvereinbarung gestützt. Dazu kann sie sich auf Tatsachen stützten, die der Entscheidung über die Berufung bereits hinsichtlich der Klage zugrunde zu legen sind.

Da der Streit der Parteien über die Abrechnung des Bauvorhabens damit endgültig erledigt werden kann und ein weiterer Rechtsstreit über den Resthonoraranspruch der Beklagten vermieden wird, ist die Widerklage auch sachdienlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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