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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 14 U 5/09
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 43 Abs. 2
GmbHG § 46 Nr. 5
GmbHG § 70
GmbHG § 71 Abs. 4
1. Im Fall einer masselosen Liquidation ist es einem Liquidator verwehrt, vorrangig eigene oder Ansprüche ihm besonders nahestehender Gläubiger oder Gesellschafter zum Nachteil der anderen Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen.

2. Ein Anerkenntnis und ein Verzicht auf die Verjährungseinrede durch einen GmbH-Geschäftsführer hinsichtlich seiner Vergütungsansprüche bedürfen als auf das Dienstverhältnis bezogene rechtsändernde Erklärungen eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Beklagte hat Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt (II ZR 178/09)


Oberlandesgericht Stuttgart 14. Zivilsenat Im Namen des Volkes Teil-Verzichts- und End-Urteil

Geschäftsnummer: 14 U 5/09

Verkündet am 24. Juni 2009

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2009 unter Mitwirkung von

Vizepräsident des Oberlandesgerichts Mayer Richter am Oberlandesgericht Kittel Richter am Oberlandesgericht Dr. Singer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil der 39. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 22.10.2008 (Aktenzeichen: 39 O 96/08 KfH) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 417.144,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2008 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die weiter gehende Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 30 %, der Beklagte 70 %. 5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 597.315,93 EUR

Gründe:

A.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückzahlung der von ihm als Liquidator der Klägerin veranlassten Auszahlungen an sich selbst in den Jahren 2007 und 2008.

1.

Bezüglich der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 76 ff. d.A.) Bezug genommen.

2.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich eines Teilbetrags von 539.897,38 € entsprochen und den darüber hinaus gehenden Klageantrag über weitere 57.418,55 € als unbegründet abgewiesen. Die vom Beklagten veranlassten Auszahlungen an sich selbst seien mit Ausnahme der Leistung auf die Garantietantiemen für die Jahre 1998 bis 2000 in Höhe von 57.418,55 € ohne Rechtsgrund erfolgt und daher gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB der Klägerin zurückzuerstatten. Die vom Beklagten am 26.02.2007 veranlasste Auszahlung von 352.051,38 € für rückständige Gehaltsansprüche aus den Jahren 2001 und 2002 sei zu Unrecht erfolgt. Die Vereinnahmung des Betrages auf seinem Konto stelle einen Verstoß des Beklagten gegen das Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB dar. Es habe sich dabei nicht nur um die Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt, da die Gehaltsansprüche des Beklagten aus den Jahren 2001 und 2002 nach §§ 195, 201 BGB bereits verjährt gewesen seien. Das Anerkenntnis und der ausdrücklich erklärte Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung in der Vereinbarung vom 30.12.2003 (Anl. B 5) seien ebenfalls wegen eines Verstoßes gegen § 181 BGB unwirksam. Die dem Beklagten als vormaligem Geschäftsführer der Klägerin erteilte Befreiung vom Verbot des § 181 BGB gelte nicht im Liquidationsstadium fort.

Aus den gleichen Gründen sei der Beklagte zur Rückzahlung der von ihm am 20.03.2007 veranlassten Auszahlung an sich selbst in Höhe von 43.398,29 € im Auftrag der X. verpflichtet. Wegen des Verstoßes gegen § 181 BGB könne sich der Beklagte nicht auf das Anerkenntnis und den ausdrücklich erklärten Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung vom 15.09.2004 (Anl. K 8, K 9) berufen. Die Klägerin könne auch die vom Beklagten am 31.07.2007 gewährte Auslagenerstattung für die von ihm bezahlten Rechnungen der S. in K. (Anl. B 9) verlangen. Der Beklagte habe weder substantiiert dargelegt noch bewiesen, inwiefern ihm ein Auslagenerstattungsanspruch gegen die Klägerin zustehe. Der Beklagte habe die von ihm am 15.08.2007, 30.08.2007 und 27.09.2007 veranlassten Abschlagszahlungen auf sein Liquidatorenhonorar in Höhe von insgesamt 95.000,00 € wegen ungerechtfertigter Bereicherung an die Klägerin zurückzuerstatten. Insoweit liege nicht nur ein Verstoß gegen das Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB vor, sondern es fehle auch an dem notwendigen Gesellschafterbeschluss gem. § 46 Nr. 5 GmbHG. Schließlich habe der Beklagte die am 17.01.2008 von der Deutschen Rentenversicherung auf sein Privatkonto gezahlten Arbeitgeberanteile in Höhe von 41.773,26 € zu Unrecht erhalten. Die von ihm im eigenen Namen und zugleich als Vertreter der Klägerin geschlossene Vereinbarung vom 19.01.2006 (Anl. B 12) sei wegen eines Verstoßes gegen das Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB unwirksam. Zu den Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage habe der Beklagte weder substantiiert vorgetragen noch Beweis angetreten. Den darüber hinausgehenden Klageantrag auf Rückzahlung der vom Beklagten am 04.05.2007 veranlassten Tantiemezahlungen an sich selbst für die Jahre 1998 bis 2000 in Höhe von 57.418,55 € hat das Landgericht als unbegründet abgewiesen. Dem Beklagten stehe nach der Ergänzung zum Geschäftsführervertrag (Anl. B 2) eine vom Gewinn oder Verlust unabhängige Garantietantieme zu. Durch die Vereinbarungen vom 24.05.2002 (Anl. K 10, K11), die der Beklagte noch vor dem Liquidationsstadium als vom Verbot des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer mit sich selbst geschlossen habe, seien die Tantiemeansprüche auch wirksam anerkannt und zugleich auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verzichtet worden.

3.

Gegen das Urteil des Landgerichts vom 22.10.2008 haben der Beklagte Berufung und die Klägerin Anschlussberufung eingelegt.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 24.10.2008 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 06.11.2008 (Bl. 85 f. d.A.), der am 07.11.2008 bei Gericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 23.01.2009 (Bl. 94 ff. d.A.), der am selben Tag, innerhalb der durch gerichtliche Verfügung vom 12.12.2008 (Bl. 93 d.A.) verlängerten Frist, bei Gericht eingegangen ist, begründet.

Der Beklagte behauptet, dass sämtliche von ihm veranlassten Auszahlungen an sich selbst mit Rechtsgrund erfolgt seien. Die Verurteilung durch das Landgericht zur Rückzahlung von 539.897,38 € an die Klägerin sei zu Unrecht erfolgt und die Klage stattdessen in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen. Eine Rückforderung der von ihm am 26.02.2007 veranlassten Auszahlung von 352.051,38 € an sich selbst für rückständige Gehaltsansprüche aus den Jahren 2001 und 2002 komme nicht in Betracht. Da ein Überweisungsvertrag mit der Bank und nicht mit dem Überweisungsempfänger abgeschlossen werde, fielen die einzelnen Auszahlungen nicht in den Anwendungsbereich des Verbots des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB. Im Übrigen sei die Auszahlung am 26.02.2007 nur in Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt. Die Vergütungsansprüche des Beklagten für den Zeitraum von Januar 2001 bis September 2002 seien im Auszahlungszeitpunkt fällig und nicht einredebehaftet gewesen. Das Anerkenntnis dieser Ansprüche und den Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung habe der Beklagte am 30.12.2003 wirksam als Vertreter der Klägerin mit sich selbst vereinbart (Anl. B 5). Die dem Beklagten bereits als Geschäftsführer erteilte Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB wirke im Liquidationsstadium fort. Dies sei in der notariellen Vereinbarung vom 04.10.2002 (Anl. K 2) im Abschnitt IV. § 1 auch ausdrücklich vereinbart worden. Ausweislich des Wortlauts des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 26.01.2008 (Anl. K 24) sei die Klägerin selbst davon ausgegangen, dass der Beklagte als Liquidator von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei. Der Beklagte sei auch nicht zur Rückzahlung der von ihm am 20.03.2007 veranlassten Auszahlung von 43.398,29 € im Auftrag der X. verpflichtet. Als einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der X., die sich nicht in Liquidation befinde, habe er die Klägerin als Schuldnerin wirksam zur Auszahlung an sich selbst anweisen können. Zum Zeitpunkt der Auszahlung hätten der X. fällige und nicht einredebehaftete Ansprüche gegen die Klägerin aus Warenlieferungen und anderen Leistungen wie z. B. Verauslagung von Zöllen und Durchführung von Transporten in Höhe von 54.243,82 € zugestanden. Die Forderungen der X. würden durch den von der Klägerin vorgelegten Ausdruck des Debitorenkontos zum 31.12.2003 (Anl. AB 6, letzte Seite) belegt. Ein Ausgleich der Forderungen sei entgegen des anderslautenden Inhalts der weiteren Ausdrucke des Debitorenkontos nicht erfolgt. Zum Beweis dafür, dass der X. entgegen der falschen Buchhaltung Forderungen gegen die Klägerin in Höhe von 54.243,82 € zugestanden hätten, beruft sich der Beklagte vorsorglich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der vom Beklagten am 31.07.2007 sich selbst gewährten Auslagenerstattung in Höhe von 7.674,45 €. Der Beklagte habe die ihm in den Jahren 2003 bis 2007 im Rahmen der Tätigkeit für die Klägerin entstandenen Auslagen durch die Abrechnung der S. (Anl. B 9) substantiiert dargelegt und bewiesen. Die einzelnen Auslagen für Kurierdienste, Lagerung und Mobiltelefon seien ausschließlich in Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beklagten für die Klägerin entstanden. Die vom Beklagten am 15.08.2007, 30.08.2007 und 27.09.2007 veranlassten Abschlagszahlungen auf sein Liquidatorenhonorar in Höhe von insgesamt 95.000,00 € seien ebenfalls mit Rechtsgrund erfolgt. Der Beklagte habe als einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Liquidator der Klägerin am 20.09.2004 mit sich selbst einen wirksamen Nachtrag/Änderung des Geschäftsführervertrags (Anl. K 6) vereinbart, wonach ihm ab 16.09.2004 ein monatliches Liquidatorenhonorar in Höhe von 3.500,00 € zzgl. Mehrwertsteuer zustehe. Ein Gesellschafterbeschluss gem. § 46 Nr. 5 GmbHG sei für den Abschluss dieses Vertrages nicht erforderlich gewesen, da es sich nicht um die Bestellung oder Abberufung eines Geschäftsführers handle. Im Übrigen stehe ihm für seine Liquidatorentätigkeit unabhängig von der vertraglichen Regelung ein gesetzlicher Vergütungsanspruch zu, der auf seinen Antrag vom Gericht festzusetzen sei und den Auszahlungsbetrag in Höhe von 95.000,00 € übersteige.

Schließlich habe die Deutsche Rentenversicherung am 17.01.2008 die von der Klägerin eingezahlten Arbeitgeberanteile in Höhe von 41.773,26 € zu Recht auf das Privatkonto des Beklagten überwiesen. Hätten die Parteien bei Abschluss des Anstellungsvertrages gewusst, dass der Beklagte nicht der Rentenversicherungspflicht unterliege, wäre ein entsprechend höheres Gehalt vereinbart worden, mit dem sich der Beklagte selbst eine angemessene Altersversorgung hätte aufbauen können. Der Beklagte habe am 19.01.2006 als einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Liquidator der Klägerin mit sich selbst vereinbart, dass im Fall einer Erstattung von Beiträgen zur Sozialversicherung die darin enthaltenen Arbeitgeberanteile an ihn auszubezahlen seien (Anl. B 12). Im Übrigen ergebe sich dieser Anspruch auch durch eine Anpassung des Anstellungsvertrages nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2009 hat der Senat den Parteien auf der Grundlage seiner vorläufigen Rechtsauffassung Hinweise gem. § 139 ZPO erteilt (Bl. 169 ff. d.A.).

Die Klägerin hat darauf hin den Verzicht erklärt auf die klageweise geltend gemachten Rückforderungsansprüche aus der:

Auszahlung des Beklagten an sich selbst in Höhe von 43.398,29 € im Auftrag der X. am 20.03.2007 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.03.2007,

Auszahlung des Beklagten eines Liquidatorenhonorars an sich selbst in Höhe von insgesamt 95.000,00 € (50.000,00 € am 15.08.2007, 25.000,00 € am 30.08.2007 und 20.000,00 € am 27.09.2007) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2007 aus einem Betrag von 50.000,00, seit dem 31.08.2007 aus einem Betrag von 25.000,00 € und seit dem 28.09.2007 aus einem Betrag von 20.000,00 €, Auszahlung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung an den Beklagten in Höhe von 41.773,26 € am 17.01.2008 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2008.

Nach der teilweisen Verzichtserklärung der Klägerin stellt der Beklagte folgende Berufungsanträge:

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22.10.2008 (Az. 39 O 96/08 KfH) wird ab- geändert und die Klage abgewiesen.

Soweit die Klägerin den Verzicht auf geltend gemachte Ansprüche erklärt hat, ergeht Verzichtsurteil.

Die Klägerin beantragt zuletzt: Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen, soweit die Klägerin nicht auf die Klageforderung verzichtet hat.

Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil, soweit es vom Beklagten mit der Berufung angegriffen wird, für zutreffend. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch zu, soweit sie nicht zwischenzeitlich auf die Klageforderung verzichtet habe.

Der Beklagte habe gegen das Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB verstoßen, als er am 26.02.2007 eine Gehaltszahlung an sich selbst für die Jahre 2001/2002 in Höhe von 352.051,38 € veranlasste. Da es sich dabei nicht nur um die Erfüllung einer fälligen und einredefreien Verbindlichkeit gehandelt habe, könne sich der Beklagte nicht auf die Ausnahmevorschrift im letzten Halbsatz des § 181 BGB berufen. Im Liquidationsstadium der Klägerin sei der Beklagte auch nicht mehr von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Weder in der Satzung der Klägerin noch im Anstellungsvertrag vom 19.12.1979 oder der notariellen Vereinbarung vom 04.10.2002 sei eine Befreiung des Liquidators von den Beschränkungen des § 181 BGB vorgesehen gewesen. Folgerichtig sei im Handelsregister nach der Auflösung der Klägerin auch keine Befreiung des Beklagten von den Beschränkungen des § 181 BGB eingetragen worden. Darüber hinaus sei der Beklagte auch zur Rückerstattung der von ihm am 31.07.2007 sich selbst gewährten Auslagenerstattung für Rechnungen der S.. in Höhe von 7.674,45 € verpflichtet. Der Beklagte habe einen Auslagenerstattungsanspruch gegen die Klägerin nicht schlüssig darlegen können, da aus der von ihm vorgelegten Abrechnung (Anl. B 9) nicht ersichtlich sei für oder gegen wen diese gelten solle. Im Übrigen werde bestritten, dass die dort abgerechneten Aufwendungen durch die Klägerin verursacht worden seien. Die Klägerin hat nach der Zustellung der Terminsverfügung mit Fristsetzung zur Berufungserwiderung am 19.02.2009 (Bl. 112 d. A.) mit Schriftsatz vom 27.02.2009 (Bl. 113 ff. d. A.), der am 28.02.2009 bei Gericht eingegangen ist, Anschlussberufung eingelegt und begründet. Mit der Anschlussberufung wendet sich die Klägerin gegen die erstinstanzliche Klageabweisung hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 57.418,55 €.

Der Beklagte sei auch zur Rückerstattung der von ihm am 04.05.2007 veranlassten Tantiemezahlungen an sich selbst für die Jahre 1998 bis 2000 in Höhe von 57.418,55 € verpflichtet. Die von der Klägerin nach dem Geschäftsführervertrag ursprünglich geschuldete Garantietantieme sei durch eine Nachtragsvereinbarung vom 28.12.1995, in der die monatliche Vergütung angepasst worden sei, aufgehoben worden. Hinzu komme, dass die Tantieme seit dem Jahr 1992 aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der Klägerin nicht mehr ausbezahlt worden sei. Darüber hinaus hätten die Gesellschafter der Muttergesellschaft Y. in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 01.10.1988 (Anl. K 30) beschlossen, dass die Gesamtsumme der Bezüge aus Geschäftsführertätigkeiten ausgeglichen werden müssten, soweit es sich um Tätigkeiten bei Beteiligungsfirmen handle. Da seinem Bruder H. H. kein Garantietantiemeanspruch gegen die Klägerin zustehe, gelte dasselbe auch für den Beklagten. Die vom Beklagten behaupteten Tantiemeansprüche für die Geschäftsjahre 1998 bis 2000 seien spätestens am 31.12.2005 verjährt gewesen, weswegen die am 04.05.2007 veranlasste Auszahlung ein Verstoß gegen das Verbot des § 181 BGB darstelle. Der vom Beklagten am 24.05.2002 als Geschäftsführer der Klägerin mit sich selbst vereinbarte Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung (Anl. K 10, K 11) sei wegen des am 08.07.2002 gestellten Fremdantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar und mangels eines Gesellschafterbeschlusses unwirksam. Schließlich sei der Beklagte selbst nicht vom Bestehen rückständiger Tantiemeansprüche ausgegangen, da er sie in seiner Funktion als Geschäftsführer nicht in den Bilanzen der Klägerin als Verbindlichkeiten passiviert habe.

Die Klägerin beantragt: Auf die Anschlussberufung wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22.10.2008 (Az.: 39 O 96/08 KfH) abgeändert und der Beklagte zur Zahlung weiterer 57.418,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2007 verurteilt.

Der Beklagte beantragt:

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil, soweit darin die Klage abgewiesen wurde, für zutreffend. Der Beklagte sei nicht zur Rückzahlung der von ihm am 04.05.2007 an sich selbst veranlassten Tantiemezahlung für die Jahre 1998 bis 2000 in Höhe von 57.418,55 € verpflichtet. Der Anspruch des Beklagten auf Zahlung einer vom Gewinn oder Verlust unabhängigen Garantietantieme in Höhe von jährlich 15.338,76 € ergebe sich aus der Ergänzung zum Geschäftsführervertrag (Anl. B 2). Die Entstehung des Tantiemeanspruchs, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Klägerin, folge aus dem eindeutigen Wortlaut der Ergänzungsvereinbarung sowie der dort vorgesehenen weiteren umsatzbezogenen Tantieme.

Die vertragliche Regelung sei nicht durch den Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft Y. vom 01.10.1988 (Anl. K 30) aufgehoben worden. Es habe sich um einen Vorratsbeschluss gehandelt, der erst im Jahr 1991 umgesetzt worden sei. Ein Ausgleich der Bezüge aus Geschäftsführertätigkeiten nach Ziff. 2 des Gesellschafterbeschlusses habe zu keiner Zeit stattgefunden.

Die Anpassung der monatlichen Geschäftsführervergütung durch den Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 28.12.1995 (Anl. B 3) habe sich ausschließlich auf die Regelung zu den festen Bezügen des Beklagten in § 2 des Geschäftsführervertrages vom 19.12.1979 (Anl. B 1) bezogen. Die regelmäßig stattfindenden Anpassungen der festen Bezüge hätten keinen Einfluss auf die gesondert vereinbarten und geschuldeten Zahlungsansprüche des Beklagten auf eine Garantietantieme gehabt. Durch die Vereinbarungen vom 24.05.2002 (Anl. K 10, K 11) habe der Beklagte als von § 181 BGB befreiter Geschäftsführer auch ohne Gesellschafterbeschluss wirksam die Ansprüche auf Garantietantieme anerkannt und auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Die vom Beklagten am 04.05.2007 an sich selbst veranlasste Auszahlung in Höhe von 57.418,55 € sei daher nicht auf bereits verjährte Ansprüche erfolgt.

4.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 23.01.2009 (Bl. 94 ff. d.A.) und 28.04.2009 (Bl. 161 ff. d.A.) sowie des Klägervertreters vom 27.02.2009 (Bl. 113 ff. d.A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2009 (Bl. 168 ff. d.A.) verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet, soweit die Klägerin zwischenzeitlich auf die Klageforderung verzichtet hat. Im übrigen ist sie unbegründet (I.).

Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist - mit Ausnahme eines Teils der beanspruchten Zinsen - begründet (II.).

I.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist zum Teil begründet.

1.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2009 den Verzicht erklärt auf die klageweise geltend gemachten Rückforderungsansprüche aus der:

Auszahlung des Beklagten an sich selbst in Höhe von 43.398,29 € im Auftrag der X. am 20.03.2007 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.03.2007,

Auszahlung des Beklagten eines Liquidatorenhonorars an sich selbst in Höhe von insgesamt 95.000,00 € (50.000,00 € am 15.08.2007, 25.000,00 € am 30.08.2007 und 20.000,00 € am 27.09.2007) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2007 aus einem Betrag von 50.000,00, seit dem 31.08.2007 aus einem Betrag von 25.000,00 € und seit dem 28.09.2007 aus einem Betrag von 20.000,00 €, Auszahlung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung an den Beklagten in Höhe von 41.773,26 € am 17.01.2008 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2008.

Im Umfang dieses teilweisen Verzichts war auf die Berufung des Beklagten der Anspruch der Klägerin in einem Verzichtsurteil gem. § 306 ZPO abzuweisen. Insoweit wird das Urteil gem. § 313 b Abs. 1 ZPO abgekürzt.

2.

Die weiter gehende Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Der Beklagte ist zur Rückerstattung der von ihm als Liquidator der Klägerin am 26.02.2007 veranlassten Gehaltszahlung an sich selbst für die Jahre 2001/2002 in Höhe von 352.051,38 € (a) und der am 31.07.2007 gewährten Auslagenerstattung für Rechnungen der S. in K. in Höhe von 7.674,45 € (b) verpflichtet.

Die Klägerin wurde mit der Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts vom 10.07.2003 (Az.: 3 IN 712/02; Anl. K 3), in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse abgewiesen wurde, gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst. Sie besteht als Gesellschaft mit dem gewandelten Zweck der Abwicklung fort und bleibt rechts- und parteifähig.

Die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft im Liquidationsstadium gegen einen früheren Geschäftsführer und Liquidator, der nicht Gesellschafter ist, wird durch den Liquidationszweck nicht begrenzt (Ulmer/Habersack/Winter/Paura Großkommentar zum GmbHG, § 70 Rn. 14 ff.; Scholz/Schmidt GmbH-Gesetz, Band II, 9. Auflage 2002, § 70 Rn. 12; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Noack GmbH-Gesetz, 18. Auflage 2006, § 70 Rn. 7). Der in Anspruch genommene Beklagte ist zwar Liquidator, nicht aber Gesellschafter der Klägerin. Einmanngesellschafterin der Klägerin ist die Y. . Bei der Einmanngesellschaft entfällt nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes das Erfordernis eines förmlichen Beschlusses der Gesellschafterversammlung gem. §§ 69 Abs. 1, 46 Nr. 8, 48 Abs. 3 GmbHG als Voraussetzung der Anspruchsgeltendmachung (BGH NJW 1997, 741, 742; ausdrücklich zustimmend: Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 46 Rn. 63; Scholz/Schmidt, GmbH-Gesetz, Band II, 10. Auflage 2007, § 46 Rn. 153). Der Wille der Y. als Einmanngesellschafterin zur Anspruchsverfolgung der Liquidationsgesellschaft gegen den Beklagten ist in der Klageerhebung durch ihren einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter H..H., der zugleich einzelvertretungsberechtigter Liquidator der Klägerin ist, unmissverständlich zu Tage getreten.

Der Liquidator haftet der Gesellschaft im Liquidationsstadium nach §§ 71 Abs. 4, 43 Abs. 2 GmbHG für den Schaden, den er der Gesellschaft durch Verletzung seiner Sorgfaltspflichten zufügt. Nach § 70 GmbHG haben die Liquidatoren die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen. Zur Erfüllung der fälligen Verpflichtungen der Gesellschaft ist es den Liquidatoren grundsätzlich gestattet, im Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung und unter Beachtung von § 73 Abs. 2 GmbHG jede Art der Befriedigung von Gläubigern vorzunehmen. Die Reihenfolge der zu erfüllenden Verbindlichkeiten kann der Liquidator nach seinem pflichtgemäßen Ermessen festlegen. Erfüllt er dabei eine eigene ihm unstreitig zustehende Forderung, so gilt das Verbot des § 181 BGB nicht, da es sich lediglich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt (Michalski/Nerlich Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 70 Rn. 22; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner GmbHG, 4. Auflage 2002, § 70 Rn. 8; Scholz/Schmidt aaO § 70 Rn. 8; Ulmer/Habersack/Winter/Paura aaO § 70 Rn. 11; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Noack aaO § 70 Rn. 5; Lutter/Hommelhoff GmbH-Gesetz, 16. Auflage 2004, § 70 Rn. 9).

Bei Abweisung eines Insolvenzantrags mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse wird in der Literatur zum Teil die Auffassung vertreten, dass der Liquidator die Gläubiger der Gesellschaft nach dem insolvenzrechtlichen Grundsatz gleichmäßiger Befriedigung zu behandeln habe (Schulz, Die masselose Liquidation der GmbH, S. 158 ff.; Scholz/Schmidt aaO § 70 Rn. 10 sowie § 60 Rn. 28 ff.; einschränkend: Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Noack aaO § 70 Rn. 5; ausdrücklich dagegen: Ulmer/Habersack/Winter/Paura aaO § 70 Rn. 12; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner aaO § 70 Rn. 11; Michalski/Nerlich aaO § 70 Rn. 23; Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Auflage 2005 § 70 Rn. 7; Hachenburg/Hohner GmbHG, Band 3, 8. Auflage 1997, § 70 Rn. 11). Der Senat kann die in der Literatur umstrittene Frage der grundsätzlichen Gleichbehandlung aller Gläubiger im Fall der masselosen Liquidation in den zur Entscheidung stehenden Sachverhalten offen lassen. Unabhängig davon ist es einem Liquidator nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes im Fall einer masselosen Liquidation verwehrt, Ansprüche von sich selbst, ihm besonders nahestehender Gläubiger oder Gesellschafter zum Nachteil der anderen Gesellschaftsgläubiger vorrangig zu befriedigen (BGH NJW 1970, 469, 470 f. zur Abtretung einer Einlageforderung gegen einen Mitgesellschafter; ausdrücklich zustimmend: Ulmer/Habersack/Winter/Paura aaO § 70 Rn. 12 a. E.; Scholz/Schmidt aaO § 70 Rn. 8; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner aaO § 70 Rn. 12). Ein Liquidator handelt pflichtwidrig, wenn er sich im Rahmen einer masselosen Liquidation einen Vorteil zu Lasten der anderen Gläubiger verschafft.

a)

Der Beklagte hat durch die von ihm am 26.02.2007 veranlasste Gehaltszahlung an sich selbst für die Jahre 2001/2002 in Höhe von 352.051,38 € seine Pflichten als Liquidator schuldhaft verletzt und ist der Klägerin gem. §§ 71 Abs. 4, 43 Abs. 2 GmbHG zum Schadensersatz verpflichtet.

Zwar mögen die behaupteten Vergütungsansprüche zugunsten des Beklagten als früherem Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum von 01.01.2001 bis 30.09.2002 entstanden sein (vgl. Aufstellung des Beklagten über Forderungen in Höhe von insgesamt 346.529,88 €, Bl. 39/Anl. K 31). Auch wurde in der notariellen Vereinbarung vom 04.10.2002 zwischen H. H., F. H., dem Beklagten und der Y. (Anl. K 2) in Abschnitt II. § 3 Nr. 4 zu den Vergütungsansprüchen nur eine Regelung getroffen, die ab dem 01.10.2002 gilt. Die vor diesem Zeitpunkt entstandenen Vergütungsansprüche blieben nach dem eindeutigen Wortlaut der notariellen Vereinbarung "in der bisherigen Höhe" bestehen. Indes waren die behaupteten Vergütungsansprüche des Beklagten für den Zeitraum von 01.01.2001 bis 30.09.2002 im maßgeblichen Zeitpunkt der von ihm veranlassten Auszahlung am 26.02.2007 bereits verjährt. Die Verjährung war gem. §§ 195, 199 BGB n.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1, 4 Satz 1 EGBGB spätestens am 31.12.2005, 24 Uhr eingetreten. Der Vergütungsanspruch des Geschäftsführers einer GmbH verjährte vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in vier Jahren gem. §§ 197, 201 BGB a.F. (vgl. zur alten Rechtslage: BGH WM 1964, 675, 677; Hachenburg/Stein aaO § 35 Rn. 199; Palandt/Heinrichs BGB, 61. Auflage 2002, § 197 Rn. 9). Da die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung kürzer als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung ist, ist auch für die Vergütungsansprüche aus dem Jahr 2001 die kürzere dreijährige Regelverjährung gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB maßgebend.

Dem Eintritt der Verjährung steht auch nicht der schriftliche Vertrag vom 30.12.2003 (Anl. B 5) entgegen, in dem der Beklagte als Liquidator der Klägerin mit sich selbst ein Anerkenntnis seiner Vergütungsansprüche in Höhe von 274.478,92 € plus 5 Prozent Zinsen und den unwiderruflichen Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung vereinbarte. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob der Beklagte beim Abschluss der Vereinbarung vom 30.12.2003 gegen das Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB verstoßen hat (vgl. zu den Beschränkungen der Vertretungsbefugnis der Liquidatoren bei fehlender Satzungsbestimmung: Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 27.10.2008 - Az.: II ZR 255/07; Reymann GmbHR 2009, 176 ff.). Denn unabhängig davon sind das Anerkenntnis und der unwiderrufliche Verzicht auf die Einrede der Verjährung durch den Beklagten mangels eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Klägerin gem. §§ 69 Abs. 1, 46 Nr. 5 GmbHG analog nicht wirksam zustande gekommen. Mangels einer abweichenden Regelung in der Satzung der Klägerin (Konsolidierte Fassung vom 02.04.1992, Anl. AB 9) sind für alle auf das Dienstverhältnis des Liquidators bezogenen rechtsbegründenden, rechtsändernden oder beendigenden Erklärungen der Gesellschaft die Gesellschafter zuständig (Scholz/Schmidt aaO § 66 Rn. 50 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Kommentierung unter § 46 Rn. 70). Genau wie beim Geschäftsführer einer werbenden GmbH (vgl. dazu BGH NJW 1991, 1680, 1681; BGH NJW 1995, 1750, 1751; BGH NJW 2000, 2983, 2983; Ulmer/Habersack/Winter/Hüffer aaO § 46 Rn. 52 ff.; Scholz/Schmidt aaO § 46 Rn. 70 f. jeweils m.w.N.) liegt die Zuständigkeit für das Anstellungsverhältnis umfassend bei der Gesellschafterversammlung und nicht bei anderen Geschäftsführern oder Liquidatoren. Diese vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in ständiger Rechtsprechung angenommene Annexkompetenz gem. § 46 Nr. 5 GmbHG analog vermeidet, dass sich Geschäftsführer oder Liquidatoren in dieser Rolle eigennützig Bezüge, Nebenleistungen oder andere Vorteile gewähren.

Die Vereinbarung vom 30.12.2003 (Anl. B 5), die der Beklagte als Liquidator der Klägerin und zugleich mit sich selbst schloss, enthielt ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis hinsichtlich seiner Vergütungsansprüche und den unwiderruflichen Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung. Zu Lasten der Klägerin sollten alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur aus dem Dienstverhältnis gegenüber den Vergütungsansprüchen des Beklagten für die Zukunft ausgeschlossen sein. Diese unmittelbar rechtsändernde Wirkung auf die Ansprüche des Beklagten aus dem Anstellungsverhältnis konnte ohne die Zustimmung der Alleingesellschafterin Y. nicht eintreten. Eine Beteiligung der Alleingesellschafterin der Klägerin an der ausschließlich ihn selbst begünstigenden Vereinbarung vom 30.12.2003 hat der Beklagte nicht behauptet.

Ob ein Liquidator nach Eintritt der Verjährung die Einrede gem. § 214 Abs. 1 BGB erhebt, hat er mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu prüfen und zu entscheiden (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Noack aaO § 70 Rn. 5; Scholz/Schmidt aaO § 73 Rn. 9; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner aaO § 73 Rn. 9; Hachenburg/Hohner aaO § 73 Rn. 14). Im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hätte ein pflichtgemäß handelnder Liquidator in Erfüllung kaufmännischer Gepflogenheiten angesichts der wirtschaftlichen Situation der Klägerin, die zur Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten deckenden Masse führte, die Einrede der Verjährung erhoben. Die vorrangige Befriedigung der eigenen verjährten Vergütungsansprüche des Beklagten war zur Erreichung des Liquidationszwecks der Gesellschaft weder erforderlich noch geboten. Vielmehr wurde der Klägerin und den außenstehenden Gläubigerin das soeben erst durch die Aufhebung eines Rückforderungs- und Sanktionsbescheids des Hauptzollamts H. durch das Finanzgericht H. (Az.: 4 V 201/06) erworbene Vermögen umgehend wieder entzogen. Die vorrangige Befriedigung der eigenen verjährten Ansprüche des Beklagten in Höhe von 352.051,38 € erfolgte ohne Information und Beteiligung der Alleingesellschafterin Y. und unter Benachteiligung aller außenstehenden Gesellschaftsgläubiger.

b)

Der Beklagte hat durch die von ihm am 31.07.2007 sich selbst gewährte Auslagenerstattung für Rechnungen der S. in K. in Höhe von 7.674,45 € seine Pflichten als Liquidator schuldhaft verletzt und ist der Klägerin gem. §§ 71 Abs. 4, 43 Abs. 2 GmbHG zum Schadensersatz verpflichtet.

Dem Beklagten stand im Auszahlungszeitpunkt kein Anspruch auf Auslagenerstattung gegen die Klägerin zu. In dem notariellen Vertrag vom 04.10.2002 (Anl. K 2), den er mit seinem Bruder H. H., seinem Neffen F. H. sowie der Y. geschlossen hatte, wurde in den weiteren Regelungen unter Abschnitt IV. § 1 vereinbart, dass er weiterhin Geschäftsführer der Klägerin und der X. bleibt und beide Gesellschaften abwickelt. In Abs. 3 dieser Bestimmung heißt es im Wortlaut: "Die hierzu notwendigen Auslagen für Telefon und den sonstigen Bürobetrieb werden Herrn K. H. in Höhe von bis zu EURO 255,65 monatlich, soweit diese außerhalb der Y.. GmbH anfallen, von der Y. GmbH auf erste Anforderung ersetzt."

Schuldnerin des Auslagenerstattungsanspruchs des Beklagten für Telefon und den sonstigen Bürobetrieb ist danach nicht die Klägerin oder die X., sondern deren Muttergesellschaft Y.. Der eindeutige Wortlaut der Regelung unter Abschnitt IV. § 1 des notariellen Vertrags vom 04.10.2002, insbesondere die betragsmäßige Begrenzung auf 255,65 € im Monat, sprechen gegen die Annahme eines weiteren unbeschränkten Auslagenerstattungsanspruchs des Beklagten gegen die beiden 100%-igen Tochtergesellschaften der Y..

II.

Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist - mit Ausnahme eines Teils der beanspruchten Zinsen - begründet.

Der Beklagte ist zur Rückerstattung der von ihm als Liquidator der Klägerin am 04.05.2007 veranlassten Tantiemezahlung an sich selbst für die Jahre 1998 bis 2000 in Höhe von 57.418,55 € wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflichten als Liquidator gem. §§ 71 Abs. 4, 43 Abs. 2 GmbHG verpflichtet.

Die Pflichtverletzung des Beklagten liegt in der vorrangigen Befriedigung seiner eigenen verjährten Ansprüche im Liquidationsstadium nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse. Ein pflichtgemäß handelnder Liquidator hätte in Erfüllung kaufmännischer Gepflogenheiten angesichts der Masselosigkeit der Klägerin die Einrede der Verjährung gem. § 214 Abs. 1 BGB erhoben. Das eigennützige Vorgehen ohne Information und Beteiligung der Alleingesellschafterin Y. unter Benachteiligung aller außenstehenden Gesellschaftsgläubiger war zur Erreichung des Liquidationszwecks der Gesellschaft weder erforderlich noch geboten. Insoweit kann in vollem Umfang auf die Ausführungen zu der vom Beklagten am 26.02.2007 veranlassten Gehaltzahlung an sich selbst für die Jahre 2001/2002 in Höhe von 352.051,38 € verwiesen werden (s.o. I. 2. a).

Zwar mögen die behaupteten Garantietantiemeansprüche zugunsten des Beklagten als früherem Geschäftsführer der Klägerin für die Geschäftsjahre 1998 bis 2000 auf der Grundlage der Ergänzung zum Geschäftsführervertrag vom 19.12.1979 (Anl. B 2) in Höhe von insgesamt 57.418,55 € entstanden sein (vgl. Aufstellung des Beklagten vom 04.05.2007, Anl. B 8). Auch wurde in der notariellen Vereinbarung vom 04.10.2002 zwischen H. H., F. H., dem Beklagten und der Y. (Anl. K 2) in Abschnitt II. § 3 Nr. 4 zu den Vergütungsansprüchen nur eine Regelung getroffen, die ab dem 01.10.2002 gilt. Die vor diesem Zeitpunkt entstandenen Vergütungsansprüche blieben nach dem eindeutigen Wortlaut der notariellen Vereinbarung "in der bisherigen Höhe" bestehen. Indes waren die behaupteten Garantietantiemeansprüche des Beklagten für die Geschäftsjahre 1998 bis 2000 im maßgeblichen Zeitpunkt der von ihm veranlassten Auszahlung am 04.05.2007 bereits verjährt. Die Verjährung ist nach §§ 195, 199 BGB n.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1, 4 EGBGB spätestens am 31.12.2004, 24 Uhr eingetreten.

Dem Eintritt der Verjährung stehen auch nicht die schriftlichen Vereinbarungen vom 24.05.2002 (Anl. K 10, K 11) entgegen, die der Beklagte seinerzeit noch als Geschäftsführer der Klägerin mit sich selbst geschlossen hatte. Zwar war der Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch ein von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Klägerin (Beschluss Nr. 6 der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 02.04.1992, Anl. AB 8), da das Liquidationsstadium gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 erst mit der Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts vom 10.07.2003 (Az.: 3 IN 712/02) begonnen hat, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist. Das Anerkenntnis und der unwiderrufliche Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung bezüglich der Ansprüche des Beklagten bedurften aber als rechtsändernde auf das Dienstverhältnis des Geschäftsführers bezogene Erklärungen auch im Stadium der werbenden Gesellschaft gem. § 46 Nr. 5 GmbHG analog eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung (vgl. ausführlich zur Annexkompetenz der Gesellschafter bereits I. 2. a). Mangels eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses entfalteten die Vereinbarungen vom 24.05.2002 (Anl. K 10, K 11), die der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin mit sich selbst abschloss, keine Wirkung.

III.

Der Klägerin stehen Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit gem. §§ 291, 288 Abs. 1, S. 2 BGB zu. Die Voraussetzungen für einen darüber hinaus gehenden Zinsanspruch hat die Klägerin nicht dargelegt. Sie hat weder zu den Verzugsvoraussetzungen gem. § 286 BGB noch zu einem konkreten Zinsschaden vorgetragen. Der von ihr pauschal behauptete Eintritt einer verschärften Haftung gem. § 819 Abs. 1 BGB setzt nicht nur die positive Kenntnis der Tatsachen voraus, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt, sondern auch der Rechtsfolgen des fehlenden Rechtsgrundes (BGHZ 118, 383, 392; Münchener Kommentar zum BGB/Schwab, Band 5, 5. Auflage 2009, § 819 Rn. 2 ff.; Palandt/Sprau BGB, 68. Auflage 2009, § 819 Rn. 2). Zur Erlangung der positiven Kenntnis des Beklagten von der Rechtsgrundlosigkeit, insbesondere auch in Bezug auf die Rechtsfolgen der konkreten Auszahlungen am 26.02.2007, 04.05.2007 und 31.07.2007 hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 1, Nr. 10 i.V.m. 711 ZPO.

Gründe für eine Revisionszulassung nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Parteien unterliegen nicht aufgrund entscheidungserheblicher Rechtsfragen, die von grundsätzlicher Bedeutung sind oder die zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Vielmehr werden die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits entwickelten Grundsätze zur Haftung des Liquidators auf den konkreten Einzelfall übertragen.

Nach § 47 Abs. 1 S. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert in der Rechtsmittelinstanz nach den Anträgen der Rechtsmittelkläger. Soweit beide Parteien Berufung einlegen, werden ihre Rechtsmittelanträge nach § 45 Abs. 2 GKG zusammengerechnet.

Ende der Entscheidung

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