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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 14 U 58/03
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 38
BGB § 158
BGB § 242
1. Die Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers unter einer auflösenden Bedingung ist zulässig.

2. Das Recht, die Beendigung der Geschäftsführerstellung nach dem Eintritt der Bedingung geltend zu machen, kann verwirkt werden.


Oberlandesgericht Stuttgart 14. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 14 U 58/03

Verkündet am 11. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2004 unter Mitwirkung von

Vizepräsident des Oberlandesgerichts Mayer Richter am Oberlandesgericht Dr. Drescher Richter am Oberlandesgericht Vatter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 24. September 2003 - 10 O 30/03 KfH - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin ist.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Streitwert: 30.000 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten, ob der Beklagte noch Geschäftsführer der Klägerin ist.

Die Klägerin ist die Komplementärin der W W GmbH & Co. KG. Der Kläger war an der Klägerin mit 25%, seine Schwestern C M und K L mit jeweils 8,4%, der Beklagte mit 16,6% und die Beklagte, seine Mutter, mit 18,8% beteiligt, J-R L, M L und S M, die sogenannte "Amstetter Linie", mit jeweils 7,6%. Die Gesellschafter waren mit entsprechenden Anteilen Kommanditisten.

Am 27.01.1994 kamen die Gesellschafter überein, für eine Übergangszeit von etwa eineinhalb Jahren den Kläger und den Beklagten zu Geschäftsführern zu bestellen und die Frage neu zu regeln, wenn sich die Erwartungen auf eine vernünftige und erfolgreiche Zusammenarbeit der beiden Geschäftsführer nicht erfüllen sollten. Die Gesellschafter sollten im Juni 1995 beschließen, ob der Kläger und der Beklagte als Geschäftsführer abberufen werden. Dabei sollte nur die Amstetter Linie stimmberechtigt sein. Der Beklagte sollte sich bis zum 30.06.1995 entscheiden, ob er seine volle Arbeitskraft in die Dienste der Gesellschaft stellt und seine Geschäftsführerstellung und seine Beteiligung an der L GmbH (im folgenden L GmbH) aufgibt. Wenn er ab dem 31.12.1996 nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellte, sollte er als Geschäftsführer aus der Klägerin ausscheiden und einen Teilgeschäftsanteil von 7,4% an ihr dem Kläger anbieten.

Am 25.03.1994 bestellten die Gesellschafter der Klägerin den Beklagten zum Geschäftsführer und bestätigten eine frühere Bestellung des Klägers (K1 = Blatt 12). Sie vereinbarten, dass die Gesellschafter im Juni 1995 beschließen, ob der Kläger und der Beklagte als Geschäftsführer abberufen werden, und dabei nur die Gesellschafter der Amstetter Linie Stimmrecht haben sollten. Weiter lautet der Beschluss: "Stellt der Geschäftsführer J N ab dem 31.12.1996 nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung, so scheidet er als Geschäftsführer aus der W W Verwaltungsgesellschaft mbH aus; insoweit ist seine Bestellung zum Geschäftsführer befristet." Gleichzeitig wurde ein Angebot des Beklagten beurkundet, wonach er dem Kläger einen Teilgeschäftsanteil von 7,4% an der Klägerin u.a. für den Fall anbot, dass er ab dem 31.12.1996 nicht seine volle Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung stellte und seine Geschäftsführerstellung und seine Beteiligung an seinem bisherigen Unternehmen nicht aufgibt. Im Geschäftsführerdienstvertrag erteilte die Klägerin zu 2 dem Beklagten zu 1 befristet bis zum 31.12.1996 die Zustimmung, die von ihm bisher wahrgenommene Geschäftsführertätigkeit bei der L GmbH in eingeschränkten Umfang fortzusetzen.

In der Gesellschafterversammlung vom 27.07.1995 (K 25 = Blatt 269) wurde der Beschluss vom 27.01.1994 dahin abgeändert, dass die Frist zur Beschlussfassung über die Geschäftsführung bis zum Ende der Gesellschafterversammlung des Jahres 1996, in der über den Jahresabschluss 1995 Beschluss gefasst wird, verlängert wird. Entsprechend wurden die Bestimmungen im Anteilsübereignungsvertrag abgeändert. Zu einer förmlichen Gesellschafterversammlung, in der über den Jahresabschluss 1995 Beschluss gefasst und in der die Geschäftsführerfrage geklärt worden wäre, kam es nicht. Eine Gesellschafterversammlung vom 19.09.1996, in der u. a. diese Problematik und die Frage, ab wann der Beklagte zu 100 Prozent für die Klägerin zur Verfügung stehe, angesprochen wurden, wurde vertagt (K27 = Blatt 269).

Im Dezember 1996 veräußerte S M ihren Anteil an den Kläger. Am 27.12.1996 fasste M L den Beschluss, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen. Der Beschluss wurde durch Urteil des Landgerichts Ulm vom 22.04.1997 für nichtig erklärt. Am 25.02.1997 verkauften M und J-R L ihre Geschäftsanteile an der Klägerin an den Beklagten. Der Kläger reichte Klage ein mit dem Antrag, den Beklagten zur Übertragung eines Teilgeschäftsanteils zu verurteilen, weil der Beklagte seine Arbeitskraft ab 31.12.1996 nicht voll der Klägerin zur Verfügung gestellt habe, die das Landgericht Stuttgart am 30.07.1998 abwies. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein.

In der Gesellschafterversammlung vom 08.07.1997 versuchten die Gesellschafter der Amstetter Linie, den Kläger unter Berufung auf ihr Sonderrecht als Geschäftsführer abzuberufen. Der Kläger als Versammlungsleiter ließ alle Gesellschafter zur Abstimmung zu. Der Beschluss, mit dem die Abberufung abgelehnt wurde, wurde nicht angefochten. In Schreiben vom 27.04.1998 und 14.11.1998 wies der Kläger den Beklagten darauf hin, dass er nicht mehr Geschäftsführer sei.

In der Gesellschafterversammlung vom 08.02.1999 wurde der Beklagte als Geschäftsführer abberufen. Das Landgerichts Ulm erklärte den Abberufungsbeschluss am 06.08.1999 für nichtig.

Im Berufungsrechtsstreit um die Anteilsübertragung reichte der Kläger am 17.11.1999 Zwischenfeststellungsklage mit dem Antrag ein, dass der Beklagte seit 31.12.1996 nicht mehr Geschäftsführer sei, stellte diesen Antrag aber nicht in der mündlichen Verhandlung. Am 01.03.2000 verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart (20 U 88/99) den Beklagten zur Übertragung seines Teilgeschäftsanteils. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Revision ein, die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 18.02.2002 nicht annahm.

Der Beklagte war jedenfalls bis Februar 2003 Geschäftsführer und ist noch Gesellschafter der L GmbH.

Mit der Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin ist. Die Gesellschafter C M und K L haben erklärt, dass sie diese Auffassung teilen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Feststellungsantrag verwirkt sei. Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt, mit der sie beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ulm festzustellen, dass der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin ist.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu den weiteren Feststellungen und dem weiteren Vortrag wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

II.

Die Berufung hat Erfolg. Der Beklagte ist nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin.

1. Die Feststellungsklagen sind zulässig. Nach § 256 ZPO kann auf Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn ein rechtliches Interesse daran besteht, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird.

Die Klägerin, die Gesellschaft, hat ein Interesse daran, die Beendigung der Geschäftsführerstellung des Beklagten gegenüber diesem als vermeintlichem Geschäftsführer festgestellt zu haben.

Der Kläger hat ein Interesse an der Feststellung gegenüber den Beklagten als seinen Mitgesellschaftern, dass der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer ist. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) ist damit das Rechtsverhältnis des Beklagten als eines Dritten zu einem Dritten, nämlich der Klägerin, betroffen. Auch das Rechtsverhältnis eines Dritten mit einem Dritten kann Gegenstand der Feststellungsklage sein. § 256 ZPO verlangt nicht, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bestehen muss. Diese Feststellungsklage ist zulässig, wenn das Drittrechtsverhältnis zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger an der alsbaldigen Feststellung ein Interesse hat (BGH NJW 1990, 2627; NJW 1993, 1198; NJW-RR 1996, 869). Für die Rechtsbeziehungen, die zwischen den Gesellschaftern einer GmbH bestehen, kann die Frage, mit welchen Personen das Geschäftsführungsorgan besetzt ist, in mannigfacher Weise eine Rolle spielen. Die Frage muss deshalb auch zwischen den Gesellschaftern geklärt werden können (BGH NJW 1993, 1198).

Die Klägerin ist auch richtig vertreten. Der Kläger konnte die Klägerin bei ihrer Klage allein vertreten. Für die Prüfung der Zulässigkeit bei Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch die Begründetheit einer Klage von Bedeutung sind, kommt es auf die Behauptung in der Klage an. Danach ist nur noch der Kläger Geschäftsführer, so dass er die Gesellschaft auch allein vertritt. § 46 Nr. 8 GmbHG steht der Vertretung durch den Geschäftsführer nicht entgegen (BGH GmbHR 1992, 299).

2. Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Beklagte ist nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin. Seine Bestellung war auflösend bedingt. Die Bedingung, dass er seine volle Arbeitskraft nicht bis 31.12.1996 der Gesellschaft zur Verfügung stellt, ist eingetreten. Die Kläger sind nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf das Erlöschen der Geschäftsführerstellung zu berufen.

a) Die Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer war bedingt. Nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 25.03.1994 wurde die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer bestätigt und der Beklagte zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Nach Nr. 5 dieses Beschluss sollte die Bestellung "befristet" sein. Die Bestellung sollte enden, wenn der Beklagte nicht ab dem 31.12.1996 seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellte. Darin liegt eine Bestellung mit einer auflösenden Bedingung und nicht eine reine Befristung. Befristung ist eine Bestimmung, nach der ein zukünftiges gewisses Ereignis für das Ende der Rechtswirkungen maßgebend ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Vor § 158 Rn. 2). Ob der Beklagte seine volle Arbeitskraft ab dem 31.12.1996 der Klägerin zur Verfügung stellte, war ungewiss. Dass dies auch von seinem Willen abhing, ändert am Vorliegen einer Bedingung nichts.

Die Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer mit einer auflösenden Bedingung war wirksam. Die Bestellung zum Geschäftsführer unter einer auflösenden Bedingung ist zulässig (Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 38b; Koppensteiner in Rowedder, GmbHG, 4. Aufl., § 38 Rn. 39; Goette DStR 1998, 938, 939; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 40; a.A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 6 Rn. 24; Heyder in Michalski, GmbHG, § 6 Rn. 83; Schneider in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 6 Rn. 27; Marschner-Barner/Diekmann in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, GmbH, § 42 Rn. 39). Die Bedingungsfeindlichkeit wird damit begründet, dass der entstehende Schwebezustand wegen der Rechtswirkungen der Bestellung auch gegenüber Dritten nicht hinnehmbar sei. Der Schutz von Dritten ist ein Grund, Rechtsgeschäfte für bedingungsfeindlich zu halten. Die Anerkennung einer auflösenden Bedingung beeinträchtigt die Rechtsstellung Dritter aber nicht. Schon das Bild des Schwebezustands trifft bei der auflösenden Bedingung nicht zu (Westermann in MünchKomm. BGB, 4. Aufl., § 158 Rn. 9). Nach § 158 Abs. 2 BGB endet mit dem Eintritt der Bedingung die ursprünglich vorhandene Wirkung und der frühere Rechtszustand tritt wieder ein. Die bereits eingetretenen Wirkungen der Bestellung gegenüber Dritten können aber nicht wieder rückgängig gemacht werden. Jedenfalls sind Geschäfte, die nach der Eintragung der Bestellung im Handelsregister getroffen werden, nach § 15 HGB wirksam. Solange die Abberufung nicht eingetragen ist, ändert sich daran nichts. Insoweit bestehen keine anderen Schwierigkeiten als bei einer unklaren, angefochtenen Bestellung oder Abberufung. Eintragungsfähig ist die Bedingung nicht. Sie ist hier auch nicht eingetragen worden. Daher beschränken sich die Wirkungen des Bedingungseintritts darauf, dass die Bestellung entfällt. Eine Rückwirkung kann hier nach § 159 BGB nicht angenommen werden.

b) Die Bedingung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Sie ist insbesondere nicht unwirksam, wenn davon ausgegangen würde, dass die Regelung über ein Sonderrecht der Amstetter Linie zur Abberufung der Geschäftsführer unwirksam wäre. Dabei kann dahinstehen, ob es sich um einen einheitlichen Beschluss über die bedingte Bestellung zum Geschäftsführer und das Sonderabberufungsrecht oder um verschiedene Beschlüsse handelt. Bei verschiedenen Beschlüssen hat die Nichtigkeit des einen Beschlusses nur dann Auswirkungen auf den anderen, wenn sich aus dem Sachzusammenhang ergibt, dass seine Wirksamkeit berührt ist und die Unwirksamkeit des einen Beschlusses den anderen gegenstandslos macht (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 45 Rn. 43). Die Unwirksamkeit eines Sonderabberufungsrechts macht aber die Bestellung zum Geschäftsführer nicht gegenstandslos. Bei einem einheitlichen Beschluss gilt § 139 BGB entsprechend (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 45 Rn. 42). Nach § 139 BGB ist bei Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäft das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Wenn das Sonderabberufungsrecht unwirksam wäre, hätte dies auf die Bedingung der Bestellung des Beklagten keine Auswirkungen, weil sie auch ohne das Sonderabberufungsrecht beschlossen worden wäre. Das Sonderabberufungsrecht sollte ermöglichen, einen der beiden Geschäftsführer abzuberufen, wenn sie nicht reibungsfrei zusammen arbeiteten. Die auflösende Bedingung der Bestellung sollte durchsetzen, dass der Beklagte seine Arbeitskraft voll der Klägerin zur Verfügung stellt. Bereits bei den Beratungen in der Gesellschafterversammlung vom 27.01.1994 hatten die Gesellschafter darauf bestanden, dass sich der Beklagte in einem überschaubaren Zeitraum entscheiden müsse, ob er seine volle Arbeitskraft dem Unternehmen widmen werde. Dies sollte er ebenfalls bis 30.06.1995 (Beschluss Nr. 5 der Gesellschafterversammlung vom 27.01.1994, K3 = Blatt 68). Dass er erst ausschied, wenn er bis 31.12.1996 nicht auch tatsächlich seine Arbeitskraft der Klägerin widmete, sollte daher nur die Abwicklung bei der L GmbH ermöglichen. Daraus ergibt sich aber, dass auch dann, wenn das Sonderabberufungsrecht nicht bestanden hätte, die Beendigung der Bestellung des Beklagten nach einer Überlegungs- und Abwicklungsfrist beschlossen worden wäre, um sicherzustellen, dass er seine Arbeitskraft ganz der Klägerin widmete. Aus diesem Grund ist es auch nicht möglich anzunehmen, dass die Gesellschafter der Klägerin dann, wenn sie - wie der Beklagte behauptet - gewusst hätten, wie gut die Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem Beklagten funktioniert, auf eine auflösende Bedingung verzichtet hätten. Die Gesellschafter hätten dann möglicherweise auf das Sonderabberufungsrecht verzichtet. Das hat aber mit einem Verzicht auf die volle Arbeitskraft des Beklagten nichts zu tun. Die Gesellschafter wünschten die volle Arbeitskraft des Beklagten nicht aus Sorge um die Zusammenarbeit der Gesellschafter. Ein Zusammenhang besteht nur insoweit, dass der Beklagte seine Tätigkeit bei der L GmbH erst aufgeben sollte, wenn über seine dauerhafte Tätigkeit als Geschäftsführer Klarheit bestand.

c) Die Bedingung ist eingetreten. Ursprünglich lautete die Bedingung, dass der Beklagte bis am 31.12.1996 nicht seine volle Arbeitskraft der Gesellschaft widmet. Diese Frist wurde jedoch bis Ende August 1998 verlängert. Am 27.01.1994 wurde vereinbart, dass die Gesellschafter im Juni 1995 entscheiden, ob der Beklagte als Geschäftsführer abberufen wird. Falls nicht, musste er bis 31.12.1996 seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Der Beklagte sollte sich, wenn er nach der Entscheidung der Amstetter Linie Geschäftsführer der Klägerin blieb, binnen 18 Monaten auf die neue Lage einstellen und seine Tätigkeit bei der L GmbH aufgeben können. Die Entscheidungsfrist der Amstetter Linie über die Geschäftsführung wurde am 27.07.1995 bis zu der Gesellschafterversammlung 1996, in der über den Jahresabschluss 1995 Beschluss gefasst wird, verlängert. Eine Verlängerung der Frist für die Aufgabe der Tätigkeit bei seiner eigenen Firma erfolgte aber nicht, die Frage wurde nicht bedacht. Die Lücke ist daher durch ergänzende Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Gesellschafterwillen zu schließen. Denkt man den Zweck der Frist zur endgültigen Aufgabe der anderweitigen Tätigkeit, die Abwicklung bei der L GmbH zu ermöglichen, weiter, führt dies dazu, dass die Parteien, wenn sie die Frage bedacht hätten, diese Frist entsprechend um 18 Monate verlängert hätten (vgl. Urteil des OLG Stuttgart vom 01.03.2002 - 20 U 88/99). Darauf hat der Beklagte selbst im Rechtsstreit, den der Kläger wegen des Anteilserwerbs gegen ihn angestrengt hat, erfolgreich hingewiesen. Die Amstetter Linie entschied auch in der Folgezeit nicht über die Geschäftsführung. Eine Gesellschafterversammlung vom 19.09.1996, in der unter anderem über die Geschäftsführung und darüber, wann der Beklagte seine Tätigkeit in seiner eigenen Firma aufgeben könne, gesprochen wurde, wurde vertagt. Die Ungewissheit endete mit dem 31.12.1996, weil das Entscheidungsrecht nicht mehr verlängert wurde und damit das Sonderabberufungsrecht der Amstetter Linie erlosch, spätestens mit dem Verkauf der bei der Amstetter Linie verbliebenen Anteile an den Beklagten am 25.02.1997. Eine Gesellschafterversammlung 1996, in der über den Jahresabschluss 1995 beschlossen wurde, konnte nach dem 31.12.1996 nicht mehr stattfinden. Danach musste der Beklagte binnen 18 Monaten seine Tätigkeit bei der L GmbH aufgeben, also bis 30.06.1998 oder 25.08.1998. Der Beklagte widmet seine volle Arbeitskraft aber in der Folge nicht der Klägerin, weil er jedenfalls bis Februar 2003 Geschäftsführer der L GmbH blieb.

d) Die Klage ist auch nicht verwirkt.

Die Verwirkung kann auch gegen die Feststellungsklage eingewandt werden. Sie ist nicht ausgeschlossen, weil der Feststellungsantrag auf die Feststellung eines Rechtszustandes gerichtet ist und ein Zustand nicht verwirkt werden kann. Gegenstand der Verwirkung kann jedes subjektive Recht sein. Dabei ist zwischen dem zeitlosen Bestehen eines Rechts, der Mitgliedschaft oder der Organstellung und den Rechten daraus zu unterscheiden. Letztere können verwirkt werden (BGH WM 1994, 1944). Umgekehrt kann daher verwirkt sein, sich auf ein Ende der Rechte aus einem Recht zu berufen, so dass die Rechte als fortbestehend zu behandeln sind, was auch als "Erwirkung" bezeichnet werden kann (Roth in MünchKomm. BGB, 4. Aufl., § 242 Rn. 353). Wenn Streit darüber besteht, ob der Geschäftsführer durch Beschluss abberufen wurde, kann eine solche Feststellungsklage verwirkt werden (BGH NJW 1999, 2268), obwohl auch hier auf einen Rechtszustand abgestellt wird. Die auflösend bedingte Geschäftsführerbestellung wirkt nicht anders als ein bereits gefasster Abberufungsbeschluss, der nur unter bestimmten Voraussetzungen gelten soll. Die Unsicherheit ist keine andere, als wenn über einen Abberufungsbeschluss Unklarheit besteht.

Die Berufung auf die Beendigung der Geschäftsführerstellung ist nicht verwirkt bzw. die Geschäftsführerstellung erwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn es über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wurde und sich der Verpflichtete auf Grund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend macht, so dass die Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 242 Rn. 93 ff.). Der Beklagte konnte sich nicht über einen längeren Zeitraum darauf einrichten, dass die Beendigung seiner Geschäftsführerstellung nicht geltend gemacht wird.

aa) Seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, ist längere Zeit verstrichen. Die Frist, innerhalb derer der Beklagte seine volle Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung stellen musste, endete 18 Monate nach der Klärung der Geschäftsführung auf der Grundlage des Sonderabberufungsrechts der Amstetter Linie, unabhängig davon, ob das Sonderabberufungsrecht wirksam war. Auch wenn es von vorneherein unwirksam war, konnten sich die Kläger wegen der bestehenden Unklarheit nicht vor dem 30.06.1998 erfolgreich auf die Beendigung der Geschäftsführerstellung berufen. Seit 30.06.1998 ist eine längere Zeit verstrichen.

bb) Der Kläger war in diesem Zeitraum aber nicht untätig. Zerstört wird der Tatbestand der Untätigkeit anders als bei der Verjährung nicht nur durch eine Klageerhebung und die ihr gleichgestellten Rechtshandlungen. Es genügt grundsätzlich jedes Verhalten, aus dem ein fortdauerndes Beharren auf dem Recht ersichtlich ist (Roth in MünchKomm. BGB, 4.Aufl., § 242 Rn. 326). Der Kläger hat ständig auf der Bedingung beharrt und dem Beklagten fortdauernd vorgehalten, dass er nicht mehr Geschäftsführer sei.

Bereits bei einer Besprechung der Gesellschafter am 19.09.1996 wurde zwischen den Gesellschaftern darüber diskutiert, dass der Beklagte seine Arbeitskraft nicht voll der Klägerin widmet, und erörtert, ob er sie wenigstens ab 31.12.1997 voll in ihren Dienst stelle. Am 27.04.1998 (K 12 = Blatt 227) hat der Kläger in einem Schreiben für die W W GmbH & Co. KG an den Beklagten behauptet, der Beklagte sei nicht mehr Geschäftsführer. Am 14.11.1998 (K15 = Blatt 230) hat sich der Kläger auf das Ende der Geschäftsführerbestellung des Beklagten berufen, weil er nicht voll und ganz für die Klägerin tätig sei. Am 10.12.1998 (K 17 = Blatt 232) hat er dies wiederholt. Vor dem OLG Stuttgart reichte der Kläger im Rechtsstreit um die Anteilsübertragung mit Schriftsatz vom 17.11.1999 Zwischenfeststellungsklage mit dem Antrag ein, dass der Beklagte seit 31.12.1996 nicht mehr Geschäftsführer sei, der auf Anregung des Senats aus prozessualen Gründen nicht gestellt wurde. Erst danach wurde rund zwei Jahre bis nach dem Nichtannahmebeschluss des Bundsgerichtshofs vom 18.02.2002 nicht mehr ausdrücklich behauptet, dass der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer sei. In der Folge kam es zu Telefonaten zwischen den Prozessbevollmächtigten, die mit der Erörterung einer einvernehmlichen Lösung auch die Geschäftsführerfrage besprachen. Die Klage ging schließlich am 28.12.2002 beim Landgericht Ulm ein.

Der einzige längere Zeitraum ohne Diskussion über den Fortbestand der Geschäftsführerstellung des Beklagten während des Revisionsverfahrens genügt nicht für die Annahme einer die Verwirkung begründenden Untätigkeit. Zwar kann man die Behauptung des Rechts nicht wie bei einer Verjährungsunterbrechung als Unterbrechung der Verwirkung ansehen. Der Zeitraum währte mit nicht ganz zwei Jahren aber nur relativ kurz. Außerdem war es keine die Verwirkung begründende Untätigkeit, wenn der Kläger während des Revisionsverfahrens den Beklagten nicht ständig darauf hinwies, dass er nicht mehr Geschäftsführer sei. Die Untätigkeit während des Revisionsverfahrens konnten beim Beklagten kein Vertrauen dahin erwecken, dass die Kläger sich nicht mehr auf die Beendigung der Geschäftsführerstellung berufen würden. Im Rechtsstreit zur Anteilsübertragung ging es wie bei der Geschäftsführerstellung unter anderem darum, ob und bis wann der Beklagte seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Klägerin stellen musste. Wegen dieses sachlichen Zusammenhangs war es sinnvoll, vor weiteren Maßnahmen die Klärung durch den Bundesgerichtshof abzuwarten. Eine regelmäßige verbale Bekräftigung war überflüssig. Daraus, dass der Kläger den Antrag auf Feststellung, dass der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer war, im Berufungsverfahren angekündigt, aus verfahrensrechtlichen Gründen aber nicht gestellt hat, konnte der Beklagte nicht schließen, dass diese Angelegenheit erledigt sei, sondern nur, dass sie aufgeschoben war.

Obwohl nur der Kläger, nicht aber die Klägerin oder die übrigen Gesellschafter tätig waren, konnte der Beklagte nicht von einer Untätigkeit des Berechtigten ausgehen. Der Kläger war als Gesellschafter einer der Berechtigten. Daher genügte seine Berufung auf das bestehende Recht, um ein Vertrauen des Beklagten darauf, dass es auch von den übrigen Berechtigten nicht mehr geltend gemacht werde, zu zerstören.

cc) Außerdem fehlen Umstände, nach denen sich der Beklagte auf Grund des Verhaltens der Kläger darauf eingerichtet hat, dass diese ihr Recht nicht mehr geltend machen. Solche Umstände können darin liegen, dass anstandslos das Geschäftsführergehalt weiterbezahlt wird. Hier kann dies aus der Zahlung aber nicht geschlossen werden. Nach § 8 des Geschäftsführerdienstvertrags erhielt der Beklagte, solange er nicht seine Arbeitskraft voll der Klägerin zur Verfügung stellte, keine regelmäßige Monatsvergütung, sondern eine auf den Zeiteinsatz bezogene Vergütung. In ihrer Bezahlung liegt daher weniger als bei einem regelmäßigen Monatsentgelt eine Bestätigung gerade der Geschäftsführerstellung. Außerdem konnten die Kläger die Bezahlung aufgrund des Geschäftsführerdienstvertrags nicht verhindern. Da der Dienstvertrag nicht mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung für die Bestellung zum Geschäftsführer endete, musste eine Bezahlung weiter erfolgen, solange er nicht gekündigt werden konnte. Die Kündigung des Anstellungsvertrags obliegt den Gesellschaftern. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung des OLG Stuttgart im Rechtsstreit über die Anteilsübertragung hatten die Beklagten aber die Mehrheit der Klägerin. Die Gründung einer Tochtergesellschaft in Ungarn 2001, an der der Kläger und der Beklagte als Komplementäre beteiligt sind, besagt nichts über die Geschäftsführerstellung in der Muttergesellschaft. Der Beklagte ist auch Gesellschafter der Klägerin und hat auch in dieser Eigenschaft Interesse an der Stellung als Gesellschafter in der Tochtergesellschaft. Die Geschäftsführung der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft müssen nicht identisch sein.

e) Die Feststellungsklage ist nicht treuwidrig, wenn der Beklagte, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, seit Februar 2003 nicht mehr Geschäftsführer der L GmbH ist. Die Bedingung war zu diesem Zeitpunkt längst eingetreten und die Klage bereits erhoben. Nachdem die Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer beendet war, konnte sie nicht wieder aufleben, weil der Beklagte jetzt seine volle Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung stellen konnte. Die Kläger handeln nicht widersprüchlich, wenn sie sich darauf nicht einlassen, nachdem der Beklagte jahrelang der eingegangenen Verpflichtung, sich voll der Klägerin zu widmen, nicht nachgekommen ist.

f) Die Feststellungsklage ist schließlich nicht rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger dem Beklagten den Verzicht auf die Klage gegen eine Zahlung angeboten hat. Die Ausübung eines Rechts als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke kann nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein. Dass der Kläger für einen Verzicht auf die Feststellungsklage verlangt hat, dass der Beklagte den ihm vermeintlich zustehenden und eingeklagten Anspruch auf Gewinnanteile und Zinsen, die auf den übertragenen Anteil des Beklagten entfallen, anerkennt, genügt dafür nicht. Daraus ergibt sich allenfalls, dass der Kläger für eine Befriedung hinsichtlich der Geschäftsführung auch eine Leistung in der anderen offenen Frage der Zahlung auf Gewinnanteil und Zinsen voraussetzte. Ein verfahrensfremder oder unlauterer Zweck wird damit nicht verfolgt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Über den Antrag der Kläger, ihnen nachzulassen, eine Sicherheit durch Bürgschaft erbringen zu können, war nicht zu entscheiden, weil § 108 Abs. 1 ZPO die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft auch ohne gerichtliche Bestimmung ermöglicht. Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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