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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 03.09.2001
Aktenzeichen: 16 WF 379/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, Gesetzes zur Achtung der Gewalt in der Erziehung zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.00, UTAG


Vorschriften:

BGB n.F. § 1612 b Abs. 5
ZPO § 655
Gesetzes zur Achtung der Gewalt in der Erziehung zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.00 Art. 4
UTAG § 2
Die Anpassung eines statischen Unterhaltstitels an die ab 1.1.2001 geltende Neuregelung der Kindergeldanrechnung gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB ist im vereinfachten Verfahren gemäß § 655 ZPO i.V.m. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz nur insoweit zulässig, als sie nicht im Ergebnis einer Dynamisierung des statischen Titels gleichkommt.
Oberlandesgericht Stuttgart - 16. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluß

Geschäftsnummer: 16 WF 379/01

vom 3. September 2001

In der Familiensache

wegen Kindesunterhalt hier: Unterhaltstitelanpassung im vereinfachten Verfahren

hat der 16. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Richters am OLG Ziemer, des Richters am OLG Kodal und des Richters am AG Schiele

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigsburg vom 4.7.2001 (10 FH 70/01) abgeändert.

Der Vergleich des OLG Stuttgart vom 11.2.1999, 16 UF 504/98, wird gemäß § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz i.V.m. § 655 ZPO wie folgt abgeändert:

Der vom Antragsgegner an die Antragsteller monatlich im voraus zu zahlende Unterhalt beträgt ab 4.4.2001

a) bezüglich des Antragstellers Ziff. 1, des am 28.9.1984 geborenen Dennis Springer: 552,-- DM (monatlicher Unterhalt von 552,-- DM ./. anrechenbare Kindergeldleistung in Höhe von 0,-- DM),

b) bezüglich des Antragstellers Ziff. 2, des am 15.6.1989 geborenen Alexander Springer: 447,-- DM (monatlicher Unterhalt von 474,-- DM ./. anrechenbare Kindergeldleistung in Höhe von 27,-- DM) und

c) bezüglich des Antragstellers Ziff. 3, des am 15.6.1989 geborenen Fabian Springer: 432,-- DM (monatlicher Unterhalt von 474,-- DM ./. 42,-- DM anrechenbare Kindergeldleistung).

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Beschwerdewert beträgt 4.731,-- DM.

Gründe:

Die gemäß § 655 Abs. 5 ZPO i.V.m. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz, Art. 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000 (BGBl I Seite 1479) statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

Durch Vergleich vom 11.2.1999 verpflichtete sich der Antragsgegner, an die Antragsteller ab 1.3.99 monatlich im voraus wie folgt Unterhalt zu zahlen:

a) Für den Antragsteller Ziff. 1 monatlich 552,-- DM ./. 125,-- DM Kindergeldanteil, also monatlich 427,-- DM,

b) für den Antragsteller Ziff. 2 monatlich 474,-- DM ./. 125,-- DM Kindergeldanteil, also monatlich 349,-- DM und

c) für den Antragsteller Ziff. 3 monatlich 474,-- DM ./. 150,-- DM Kindergeldanteil, also monatlich 324,-- DM.

Dabei waren sich die Parteien einig, daß der Antragsgegner ab 1.3.1999 zur Zahlung eines um 50,-- DM pro Kind über dem Mindestbedarf der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.98, liegenden Unterhalt leistungsfähig ist.

Das Familiengericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß dieser Unterhaltstitel gemäß § 655 ZPO i.V.m. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz mit Wirkung ab Antragstellung im vereinfachten Verfahren der ab 1.1.2001 geltenden Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB für die Anrechnung des Kindergelds anzupassen ist, wonach eine Anrechnung des Kindergelds, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten, unterbleibt.

Die vom Familiengericht im Beschluß vom 4.7.2001 vorgenommene Anpassung geht jedoch nach Ansicht des Senats in zweierlei Punkten zu weit:

a)

Das Familiengericht hat den Antragstellern Ziff. 2 und 3 ab 1.6.2001 einen höheren Unterhalt gewährt, als von diesen beantragt wurde. Beantragt war jeweils ein Betrag von 447,-- DM, zugesprochen wurde ein Betrag von 474,-- DM. Entsprechend § 308 ZPO war aber das Familiengericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt wurde.

b)

Die vom Familiengericht ab 1.6.2001 vorgenommene Titelanpassung, welche bei den Antragstellern Ziff. 2 und 3 dazu führte, daß Kindergeld überhaupt nicht mehr auf die vergleichsweise festgesetzten Unterhaltsbeträge von jeweils 474,-- DM anzurechnen war, ist im vereinfachten Verfahren nicht zulässig, da sie im Ergebnis einer Dynamisierung des statischen Unterhaltstitels gleichkommt.

Wenn in einem Alttitel unter Anrechnung eines Teils des Kindergelds ein bezifferter Unterhalt zuerkannt worden ist, so kann auch bei der Anpassung im vereinfachten Verfahren nach dem Unterhaltstitelanpassungsgesetz nur ein entsprechender Titel geschaffen werden, also ein Titel, der sich vom Ursprungstitel nur dadurch unterscheidet, daß ein anderer Kindergeldbetrag angerechnet wird. Das Verfahren nach § 655 ZPO darf nicht dazu führen, daß ein bezifferter Unterhaltstitel in einen dynamisierten Unterhaltstitel umgewandelt wird. Eine solche Umwandlung sieht Art. 3 § 3 Kindesunterhaltsgesetz nur für Unterhaltstitel aus der Zeit vor Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes am 1.7.1998 vor (vgl. Zöller/Philippi, 22. Aufl., § 655 ZPO RN 20, OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, RN 1096 ff.).

In der vom Familiengericht getroffenen Entscheidung bilden zwar die im Vergleich des Senats vom 11.2.99 bezifferten Unterhaltsbeträge jeweils die rechnerische Obergrenze des zu zahlenden Unterhalts, die ab 1.6.2001 vorgenommene Kindergeldanrechnung beruht jedoch auf einer nur dynamisch regelbaren Erhöhung der Altersstufe der Antragsteller Ziff. 2 und 3, die ab 1.7.2001 vorgenommene Kindergeldanrechnung auf einer darüber hinaus ebenfalls nur dynamisch regelbaren Erhöhung der Unterhaltsansprüche entsprechend den Vorschriften der Regelbetrag-Verordnung. Eine entsprechende Anpassung der Kindergeldanrechnung kommt deshalb einer - unzulässigen - Dynamisierung des statischen Unterhaltstitels gleich und beinhaltet damit eine eigene - unzulässige - Dynamisierung. Solche Anpassungen können deshalb grundsätzlich nur im Wege der Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO erreicht werden, bzw., soweit die speziellen Voraussetzungen vorliegen, über die Änderungskorrekturklage gemäß § 656 ZPO.

Zu der von den Antragstellern im Schriftsatz vom 6.8.2001 aufgeworfenen Frage, ob die entsprechenden Voraussetzungen für eine nach Sach- und Rechtslage anderweitige Abänderung vorliegen, kann der Senat keine Stellung nehmen, da auch insoweit die vorliegend gewählte Art des (vereinfachten) Verfahrens nach dem Unterhaltstitelanpassungsgesetz nicht die entsprechende Möglichkeit bietet.

Die Kostenentscheidung erscheint im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 92, 93 ZPO angemessen. Die Antragsteller haben in ihrem Antrag vom 4.4.2001 eine weitergehende Anpassung zu ihren Gunsten verlangt als letztlich zugesprochen. Sie haben außerdem nicht hinreichend konkret dargetan, in welcher Höhe sie vom Antragsgegner vorgerichtlich eine Änderung des Unterhaltstitels verlangten. Auch der Antragsgegner hat jedoch nicht hinreichend konkret dargetan, inwieweit er vorgerichtlich daran gehindert war, eine entsprechende Anpassung durch Jugendamtsurkunde titulieren zu lassen.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 17 GKG.

Ende der Entscheidung

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