Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 12.09.2001
Aktenzeichen: 16 WF 419/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1909
BGB § 1915
BGB § 1916
BGB § 1791 b
FGG § 19
FGG § 64 Abs. 3 Satz 3
FGG § 57 Abs. 1 Ziff. 3
Die Bestellung des Jugendamts zum Ergänzungspfleger des Kindes gemäß § 1909 BGB im Vaterschaftsanfechtungsverfahren ist jedenfalls in Fällen, die keine besondere Schwierigkeit aufweisen, sachgerecht und zulässig, auch wenn eine andere geeignete Einzelperson als Ergänzungspfleger in Betracht käme.
Oberlandesgericht Stuttgart - 16. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluß

Geschäftsnummer: 16 WF 419/01

vom 12. September 2001

In der Familiensache

wegen Anfechtung der Vaterschaft hier: Beschwerde gegen Ergänzungspflegerbestellung

hat der 16. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am OLG Amelung, des Richters am OLG Kodal und des Richters am AG Schiele

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des beteiligten Jugendamts der Stadt Stuttgart vom 27.7.2001 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt vom 10.7.2001 wird zurückgewiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Beschwerdewert: 500,00 DM.

Gründe:

Die Beschwerde des beteiligten Jugendamts gegen seine Bestellung als Ergänzungspfleger ist gemäß § 19 FGG zulässig. Die Beschwerdeberechtigung ergibt sich aus § 64 Abs. 3 Satz 3 FGG i.V.m. § 57 Abs. 1 Ziff. 9 FGG.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Bestellung des Jugendamts als Ergänzungspfleger durch das Familiengericht ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Bestellung eines Ergänzungspflegers für das beklagte Kind ist gemäß § 1909 BGB notwendig. Der Vater kann das Kind nicht vertreten, da er Kläger ist, die Mutter kann das Kind nicht vertreten, da sie mit dem Vater verheiratet ist (§§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB; BGH FamRZ 72, 498).

Die Bestellung des Jugendamts zum Ergänzungspfleger verstößt weder gegen das Gesetz noch liegt sie außerhalb des tatrichterlichen Ermessens. Nach § 1915 BGB finden auf die Pflegschaft die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Nach der für die Vormundschaft geltenden Regelung des § 1791 b BGB kann und soll das Jugendamt (nur) dann zum Vormund bestellt werden, wenn eine als Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden ist. Diese Vorschrift kann allerdings auf die Bestellung eines Ergänzungspflegers im Vaterschaftsanfechtungsverfahren nur eingeschränkt Anwendung finden. Die Tätigkeit eines Vormunds ist nämlich mit der Tätigkeit eines Ergänzungspflegers nicht direkt vergleichbar: Die Vormundschaft umfaßt bei minderjährigen Kindern grundsätzlich den gesamten Bereich der elterlichen Sorge, die Ergänzungspflegschaft nur einen geringen Ausschnitt aus diesem Bereich. So wird auch in § 1916 BGB geregelt, daß für die Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft nicht gelten. Selbst wenn § 1916 BGB hauptsächlich den Zweck verfolgt, Interessenkollisionen zu verhindern, kommt in dieser Vorschrift auch zum Ausdruck, daß die Regeln für die Bestellung eines Vormunds nicht ohne Einschränkung für die Bestellung eines Ergänzungspflegers gelten.

Eine besser geeignete Person als das Jugendamt ist als Ergänzungspfleger für ein minderjähriges Kind im Vaterschaftsanfechtungsverfahren nur schwer vorstellbar. Das Jugendamt ist fachlich mit der Materie der Vaterschaftsanfechtung bestens vertraut, es muß sich nach einer eventuell erfolgreichen Anfechtung bei entsprechender Antragstellung unterhaltsrechtlich ohnehin mit der Sache befassen. Die Bestellung eines Rechtsanwalts als Ergänzungspfleger erscheint insbesondere in Fällen, welche, wie der vorliegende, keine außergewöhnlichen Schwierigkeiten aufzuweisen scheinen, weder sachgerecht noch notwendig. Nachdem das Jugendamt als nahezu idealer Ergänzungspfleger zur Verfügung steht, hat das Gericht ohne besondere Anhaltspunkte auch nicht nach anderen besonders geeigneten Personen zu suchen.

Die Tatsache, daß das Jugendamt in der Lage ist, den Beklagten im vorliegenden Verfahren sachgerecht zu vertreten, dürfte nach Ansicht des Senats, worauf bereits an dieser Stelle hingewiesen wird, zur Folge haben, daß dem Beklagten im Falle der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht zusätzlich ein Rechtsanwalt beigeordnet werden muß.

Ende der Entscheidung

Zurück