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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 12.12.2008
Aktenzeichen: 17 WF 283/08
Rechtsgebiete: GKG, RVG


Vorschriften:

GKG § 42 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 3 Satz 1
GKG § 48 Abs. 2
GKG § 49 Nr. 3
GKG § 63 Abs. 3 Satz 2
GKG § 68 Abs. 1 Satz 1
GKG § 68 Abs. 1 Satz 3
RVG § 32 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der vormaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, Frau Rechtsanw., wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt, soweit darin der Gegenstandswert für die Ehesache festgesetzt worden ist, abgeändert.

Der Gegenstandswert für die Ehesache wird auf 30.000,- EUR festgesetzt, unter Einschluss der Folgesache Versorgungsausgleich mithin auf insgesamt 32.000,- EUR.

Gründe: I.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht im Scheidungsverbundverfahren den Gegenstandswert für den die Ehescheidung betreffenden Verfahrensteil auf 10.500,- EUR und für die Folgesache Versorgungsausgleich auf weitere 2.000,- EUR festgesetzt. Dagegen richtet sich die Streitwertbeschwerde, mit der die Festsetzung eines Gegenstandswerts von insgesamt 52.000,- EUR, nämlich weiteren 39.500,- EUR, begehrt wird.

Bei Wertfestsetzung sei nicht beachtet worden, dass die Parteien über Vermögen verfügten, so die Antragsgegnerin über ein Hausgrundstück, welches einen Verkehrswert von ca. 750.000,- EUR aufweise, und ferner beide Parteien über Barvermögen in Höhe von 70.000,- EUR. Nach Abzug von Freibeträgen, 15.000,- EUR für jede Partei, sei das Vermögen im Umfang von 5 % dem Gegenstandswert hinzuzurechnen.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das damit begründet, es habe den Gegenstandswert für die Ehescheidung ausgehend von dem durch die Parteien in drei Monaten erzielten Familiennettoeinkommen ermittelt.

Der Antragsteller tritt seinerseits der Beschwerde entgegen. Er rügt, Frau Rechtsanwältin F. habe die Beschwerde ohne Vollmacht ihres vormaligen Mandanten, des Antragstellers, eingelegt. So sich die Beschwerde lediglich auf das Aktivvermögen beziehe, seien (auch grundpfandrechtlich gesicherte) Verbindlichkeiten nicht in Abzug gebracht. Außerdem sei entgegen dem Beschwerdevorbringen geltend zu machen, der Gegenstandswert sei zu hoch angesetzt, soweit er nämlich einen Umfang von 2.000,- EUR übersteige.

II.

Die Streitwertbeschwerde ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 RVG statthaft und innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.

Nach § 48 Abs. 2 GKG ist der Streitwert in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Er darf bei einer Ehesache nicht unter 2.000 EUR angenommen werden; für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen (§ 48 Abs. 3 Satz 2 und Satz 1 GKG).

Wie die Parteien vortragen ließen und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht erklärten, erzielte der Antragsteller zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.000,- EUR und die Antragsgegnerin ein solches von ca. 1.500,- EUR. Für sich genommen führte das zu einem Gegenstandswert von (3*3.500,- EUR =) 10.500,- EUR. Nach der Vorschrift des § 42 Abs. 2 GKG, auf welche in § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG verwiesen ist, sind indes auch die Vermögensverhältnisse zu beachten.

Im Falle des eigengenutzten Wohnhauses ist umstritten, ob der Verkehrswert (zum Meinungsstand vgl. Maurer/Borth, in: Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kapitel I Rn. 768; Keske, in: Gerhardt/v.Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., 17. Kapitel Rn. 25; Thalmann , in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 606 ZPO Rn. 33) oder aber die ersparte Miete in Ansatz zu bringen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 48 GKG Rn. 30). Teilweise wird vertreten, das Vermögen um Freibeträge für jede Partei zu kürzen und sodann den restlichen Wert mit einem Prozentsatz dessen zugrunde zu legen (so OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 1288).

Von letzterem geht die Beschwerdeführerin aus. Sie trägt den Wert an dem im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Hausgrundstück mit 750.000,- EUR sowie den der gemeinsamen Barmittel mit 70.000,- EUR vor. Werden diese Werte addiert, so ergibt sich eine Summe von 820.000,- EUR. Zwar weist der Antragsteller in seiner Beschwerdeerwiderung auf Verbindlichkeiten hin. Anhaltspunkte dafür, dass solche bestünden, sind aber nicht gegeben. Das stellte auch einen Widerspruch zum eigenen Verhalten der Parteien dar. Denn sie beriefen sich gegenüber dem Familiengericht gerade auf den Verkehrswert des genannten Hausgrundstücks, welchen sie in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008 mit "rund 700.000,- EUR" angaben. Dieses wiederum nahmen sie zum Anlass, auf den an sich zugunsten der Antragsgegnerin durchzuführenden Versorgungsausgleich zu verzichten (§ 1587 o BGB). Damit stünde nicht im Einklang, falls sich die Parteien im nachhinein darauf beriefen, der gegenüber dem Familiengericht gehaltene Vortrag habe etwa nicht zugetroffen. Dem Senat sind deshalb die mit der Beschwerde vorgetragenen Wertangaben nachvollziehbar.

Wie aus der bereits genannten Vorschrift des § 48 Abs. 2 GKG hervorgeht, ist zudem die Bedeutung der Sache und ihre Schwierigkeit zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, NJW 2007, 1445, 1446; Thalmann, a.a.O., Rn. 33). Der Antragsteller weist zu Recht darauf hin. Wird für die Bemessung des Gegenstandswerts deshalb auch das Vermögen der Parteien herangezogen, so erfolgt das weder schematisch noch formelhaft. Die Heranziehung bestimmter Prozentsätze, etwa von 5 % oder von 10 %, passte nicht zur Beachtlichkeit aller Einzelumstände ( Hartmann, a.a.O., Rn. 31). Unter Beachtung des Gesamtvolumens der einverständlichen Ehescheidung erachtet der Senat deshalb nicht nur die mit der Beschwerde vorgetragenen Freibeträge und sodann 5 % des verbleibenden Werts, [5 % *(820.000,- EUR./. 2*15.000,- EUR) = ] 39.500,- EUR, sondern rund die Hälfte dessen für die Bemessung des Gegenstandswerts als angemessen. Unter Einschluss der in drei Monaten erzielten Einkünfte (10.500,- EUR) führt dies für die Scheidungssache zu einem angemessener Weise in Höhe von 30.000,- EUR anzusetzenden Gegenstandswert.

Der für die Folgesache Versorgungsausgleich in Höhe von 2.000,- EUR festgesetzte Wert entspricht der Regelung des § 49 Nr. 3 GKG. Unter Hinzurechnung dieses Werts ergibt sich deshalb für das Scheidungsverbundverfahren ein Gegenstandswert von insgesamt 32.000,- EUR.

Dadurch ist zugleich das Herabsetzungsbegehren des Antragstellers beantwortet. Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass ein Abschlag allein mit Rücksicht auf eine einverständlich erfolgende Ehescheidung nicht in Betracht zu ziehen ist ( Thalmann , a.a.O., Rn. 33; Keske, a.a.O., Rn. 26). Einer Beschwerde, die der Rechtsanwalt im eigenen Namen erhebt (§ 32 Abs. 2 RVG), fehlte außerdem die insoweit vorauszusetzende Beschwer ( Hartmann, a.a.O., § 68 GKG Rn. 5; OLG Köln, Beschluss vom 21. Januar 2004 - 2 W 7/04, zitiert nach juris). Das war aus den genannten Gründen nicht zu problematisieren.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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