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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 22.10.2001
Aktenzeichen: 17 WF 385/01
Rechtsgebiete: FGG, KostO


Vorschriften:

FGG § 33
FGG § 19
FGG § 33 Abs. 1
FGG § 33 Abs. 2 S. 1
FGG § 33 Abs. 2 S. 2
FGG § 33 Abs. 2
FGG § 16
FGG § 33 Abs. 3 S. 6
KostO § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
KostO § 131 Abs. 1 S. 2
KostO § 131 Abs. 5
Zur Auslegung des Begriffes der Rückgabe eines Kindes im HKiEntÜ und zur Frage der Vollstreckung von Entscheidungen nach dem HKiEntÜ (§ 33 FGG).
Oberlandesgericht Stuttgart - 17. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer 17 WF 385/01

vom 22. Oktober 2001

In der Zwangsvollstreckungssache

wegen Rückführung des Kindes hier: Beschwerde gegen Zwangsmaßnahmen nach § 33 FGG

hat der 17. Zivilsenat - Familiensenats - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am OLG Dr. Häußermann des Richters am OLG Grauer, des Richters am OLG Streicher

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Familiengericht - vom 04.09.2001 (20 F 1431/01) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Familiengericht - vom 04.09.2001 (20 F 1431/01) in Ziffer 1 abgeändert und der Antrag des Antragstellers vom 26.07.2001 zurückgewiesen.

2. Das Verfahren für die Antragsgegnerin ist in beiden Rechtszügen gebühren- und auslagenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: Erstbeschwerde der Antragsgegnerin DM 4.000,00. Zweitbeschwerde des Antragstellers DM 4.000,00

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 22.6.2001 hat der Senat im Verfahren wegen Rückführung des Kindes geb. am in Ausführung des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKiEntÜ) auf die Beschwerde der Antragsgegnerin den die Rückführung des Kindes anordnenden Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Familiengericht - vom 26.5.2001 (20 F 360/01) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"1. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, mit dem Kind geb. am in den Bezirk des Texas zurückzukehren.

2. Der Antragsgegnerin wird für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung ein Zwangsgeld bis 50.000,00 DM angedroht, ferner die Festsetzung von Zwangshaft bis zu sechs Monaten."

Zuvor hatten die Eltern im Anhörungstermin vor dem Senat eine umfängliche Vereinbarung über die Modalitäten der Rückkehr der Mutter mit dem Kind abgeschlossen.

Die Mutter ist mit dem Kind in der Folgezeit nicht in die USA zurückgekehrt. Zur Vollstreckung der Anordnung des Senats hat das Amtsgericht Stuttgart -Familiengericht - mit Beschluss vom 4.9.2001 die Antragsgegnerin durch Verhängung eines Zwangsgeldes in Höhe von DM 4.000,00 zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus Ziffer 1 des Beschlusses (i. V. m. der Vereinbarung der Parteien vom 19.6.2001) angehalten. Den weiter gehenden Antrag des Antragstellers, auch Zwangshaft gegen die Antragsgegnerin anzuordnen, hat es zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes. Sie bringt im wesentlichen vor, zunächst krankheitsbedingt verhindert gewesen zu sein, das amerikanische Generalkonsulat fristgerecht aufzusuchen, um die Ausstellung der erforderlichen Rückreisedokumente zu beantragen. Im Übrigen könne sie kein Dauervisum erhalten, was aber Geschäftsgrundlage für ihre Rückkehr in die USA sei.

Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde seinen Antrag auf Anordnung von Zwangshaft weiter.

II.

Beide Beschwerden sind nach § 19 FGG zulässig. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg, während die Beschwerde des Antragstellers erfolglos bleibt. Grundsätzlich ist sowohl die Festsetzung eines Zwangsgeldes als auch die Anordnung von Zwangshaft zur Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung zulässig.

1. Rückgabeentscheidungen nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKiEntÜ) sind nach § 33 FGG (vgl. §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 3, 621 a Abs. 1 S. 1 ZPO) zu vollstrecken, wobei nach herrschender Auffassung der Vollstreckungsauftrag vom Gericht auf Verlangen des herausgabeberechtigten Elternteils zu erteilen ist (Keidel/Kuntze/Winkler FGG 14 Aufl. 1999, Rdnr. 48; Bach/Gildenast, Internationale Kindesentführung 1999, S. 73).

2. Zwangsgeld kann nach § 33 Abs. 1 FGG gegen denjenigen angedroht und verhängt werden, dem durch gerichtliche Entscheidung die Verpflichtung auferlegt worden ist, "eine Handlung vorzunehmen, die ausschließlich von seinem Willen abhängt oder eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden". Zwangshaft tritt als weiteres Zwangsmittel im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit neben Zwangsgeld und die Anwendung unmittelbarer Gewalt, wenn eine Person, in der Hauptsache ein Kind, "herauszugeben" ist (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl. 1999, § 33 Rdnr. 24a). Zwangsgeld und das weitere Zwangsmittel der Zwangshaft nach § 33 FGG werden im Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegen den Herausgabepflichtigen angeordnet, um seinen Willen zu beugen und eine auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene gerichtliche Entscheidung durchzusetzen (Bassenge/Herbst, FGG 8. Aufl. 1999, § 33 Rdnr. 1). Mit der Zwangshaft kann die Herausgabe einer Person unmittelbar erzwungen werden. Eine davon zu unterscheidende Fragestellung betrifft die Anwendung unmittelbarer Gewalt nach § 33 Abs. 2 S. 1 FGG gegen die Mutter und das Kind. Nach § 33 Abs. 2 S. 2 FGG darf gegen das Kind keine Gewalt angewendet werden, wenn es zur Durchsetzung des Umgangsrechts herausgegeben werden soll, im übrigen ist die Frage der Zulässigkeit von Gewalt gegen das Kind umstritten (vgl. Diercks, FamRZ 1994, 1226, Bittmanns, DGVZ 1987, 134). Letzteres kann hier indessen dahingestellt bleiben, nachdem Gegenstand im Beschwerdeverfahren allein Zwangsgeld und Zwangshaft gegen die Mutter sind und Zwangsmaßnahmen gegen das Kind nicht in Frage stehen.

3. Nach § 33 Abs. 1 FGG können die Zwangsmaßnahmen dann angeordnet werden, wenn eine vollzugsfähige gerichtliche Entscheidung vorliegt (Keidel/Kuntze/Zimmermann, FGG § 33 Rdnr. 2). Eine derartige vollzugsfähige gerichtliche Entscheidung liegt hier mit dem Beschluss des Senats vom 22.06.2001 vor. Der Beschluss enthält auch eine vollziehbare Anordnung nach dem HKiEntÜ. Die Anordnung "die Antragsgegnerin ist verpflichtet, enthält eine leicht verständliche, bestimmte, genaue und erschöpfende Bestimmung dessen, wozu die Mutter verpflichtet ist.

Diese Verpflichtung der Antragsgegnerin entspricht einer Rückgabeverpflichtung im Sinne des HKiEntÜ. Dass der Senat nicht die bloße Rückgabe des Kindes im Wortsinne des Übereinkommens angeordnet hat, sondern die Rückkehr auch der Antragsgegnerin und zwar gemeinsam mit dem Kind, ist dabei unschädlich. Ziel des HKiEntÜ ist in erster Linie die sofortige Rückgabe widerrechtlich entführter oder zurückgehaltener Kinder in den Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts. Daneben will das Übereinkommen die tatsächliche Beachtung des in einem Vertragsstaat bestehenden Sorgerechts oder Umgangsrechts in allen anderen Vertragsstaaten sicherstellen. Gewollt ist weiter, dass die Rechtsstellung des Sorgeberechtigten nicht verschlechtert wird (Palandt-Heldrich, BGB, 60. Aufl. 2000, Anh. zu Art 24 EGBGB, Rdnr. 63). Somit ist die "Rückgabe" eines widerrechtlich entführten Kindes als Erfolg der Rückführungsmaßnahme zwar vom Ergebnis des Verfahrens her bestimmt und überprüfbar. Offen ist indessen, wie die Umsetzung einer Rückgabe im einzelnen tatsächlich zu erfolgen hat.

Das HKiEntÜ selbst enthält zu der Abwicklung und Ausgestaltung der Rückgabe keine ausdrücklichen Vorgaben. Eine Verpflichtung des entführenden Elternteils zur eigenhändigen Rückgabe und Rückführung besteht weder nach dem HKiEntÜ noch nach sonstigen Vorschriften (Bach/Gildenast a.a.O. S. 76). Vielmehr lässt das HKiEntÜ die Wahl zwischen den tatsächlich umsetzbaren Rückführungsalternativen offen. So kann die Rückgabeverpflichtung etwa dadurch erfüllt werden, dass der entführende Elternteil dem anderen Elternteil oder einem hierzu ermächtigten Dritten im Zufluchtsstaat das Kind übergibt. Der entführende Elternteil kann aber auch die Rückführung des Kindes dadurch bewirken, dass er zusammen mit dem Kind in den Staat des fortdauernden gewöhnlichen Aufenthalts zurückkehrt. Zum zulässigen Inhalt von - in der gerichtlichen Praxis zunehmend bevorzugten - Vereinbarungen (sog. "undertakings"), mit denen einzelne Modalitäten der Rückführung näher bestimmt werden können und mit denen ein angemessener Interessenausgleich zwischen den Eltern im Sinne größtmöglicher Schonung des Kindes erzielt werden kann, wird auf Staudinger/Pirrung (1994) Vorbem zu Art. 19 EGBGB Rn 659 sowie Bach/Gildenast, a.a.O. Seite 57, 58, Rn 140, 141) verwiesen.

Wenn aber schon das HKiEntÜ selbst die Wahrung einer bestimmten Fassung bzw. Formulierung der Rückführungsanordnung nicht vorschreibt und im Übrigen den Beteiligten die Möglichkeit der Vereinbarung etwaiger Modalitäten überlässt, schließt der Begriff "Rückgabe" auch die Möglichkeit ein, die Rückkehr an den früheren gewöhnlichen Aufenthalt in der Obhut des Entführers selbst anzuordnen, etwa wenn dieser - wie hier - vor der Entführung die tatsächliche Hauptbetreuungsperson des Kindes war (vgl. Staudinger/Pirrung (1994) Vorbem zu Art. 19 EGBGB Rn 635).

Die Parteien haben am 19.6.2001 vor dem Senat eine Vereinbarung getroffen, die geeignet ist, etwaige Rückführungshindernisse nach Art. 13 Abs. 1 lit. b des Übereinkommens auszuräumen (vgl. Beschluss vom 22.6.2001, S. 3). Diese Vereinbarung entspricht vom Inhalt her im wesentlichen den in den USA entwickelten sog. "safe harbour orders". Damit gebot schon der Vorrang des im Sorgerechtsbereich stets zuvörderst Geltung beanspruchenden übereinstimmenden Elternwillens eine an diesem in der Vereinbarung dokumentierten Willen angelehnte Entscheidung zu treffen. Dieser übereinstimmende Wille ist Grundlage für die Anordnung der Rückkehrverpflichtung der Mutter mit dem Kind nach Texas durch den Senat geworden.

Will man derartige Vereinbarungen als schonendere Möglichkeiten der Umsetzung des Rückgabeziels des HKiEntÜ in der gerichtlichen Praxis nicht völlig entwerten, ist es geboten, eine freiwillig vereinbarte Rückkehrverpflichtung des entführenden Elternteils mit dem Kind, die Gegenstand einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung wird, als "Rückgabe" im Sinne des HKiEntÜ aufzufassen. Nur ein solches Gesetzesverständnis vermeidet die Gefahr ansonsten eintretender Rechtlosigkeit des Elternteils, dem ein Rückgabeanspruch nach dem HKiEntÜ zusteht, im späteren Vollstreckungsverfahren. Dass der Senat eine vollstreckbare Anordnung treffen wollte, ergibt sich daraus, dass er die Anordnung nach Maßgabe des HKiEntÜ und die Androhung von Zwangsmitteln in seinem Beschluss in einer einheitlichen Verfügung ausgesprochen hat (zur Zulässigkeit vgl. Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O., § 33 Rdnr. 22a).

Damit ist vom Vorliegen einer dem HKiEntÜ gerecht werdenden Rückgabeanordnung - hier in der Form einer Rückkehrverpflichtung der Mutter mit dem Kind an den gewöhnlichen Aufenthalt - auszugehen.

4. Die im Beschluss vom 22.8.2001 enthaltene Verfügung ist auch noch heute vollzugsfähig im Sinne des § 33 FGG, denn ihre Vollziehung ist weder ausgesetzt noch aufgeschoben noch hat sich ihr Inhalt sonst erledigt oder ist rechtlich unmöglich geworden.

Allerdings beanspruchen auch im Bereich des Vollstreckungsrechts die von den Parteien vor dem Senat vereinbarten Voraussetzungen und Grundlagen Geltung. Auf die Problematik, die sich u.a. für das Vollstreckungsverfahren aus einer Vereinbarung der Parteien über die Modalitäten der Rückführung ergeben können (Bach/Gildenast a.a.O., S. 57), braucht in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen werden, denn die Antragsgegnerin trägt selbst nicht vor, dass der Antragsteller den Vollzug der Rückkehrverpflichtung hindert.

Soweit die Antragsgegnerin in subjektiver Auslegung des Vereinbarungswortlauts glaubt, dass sie nach der gewählten Formulierung nur verpflichtet sei, beim Generalkonsulat der USA in Frankfurt eine Einreise- und Daueraufenthaltserlaubnis für den Verbleib mit dem Kind in den USA persönlich zusammen mit dem Kind zu beantragen und beide Pässe vorzulegen, hindert dies die Vollstreckung nicht. Persönliches Erscheinen mit dem Kind unter Vorlage beider Pässe ist nicht Voraussetzung eines Antrags auf Erteilung einer Einreise- und Daueraufenthaltsgenehmigung. Die Parteien haben dies in die Vereinbarung aufgenommen, weil sie übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass auf diese Weise das Einreiseverfahren mit der größtmöglichen Wirkung beschleunigt werden kann. Liegt eine deutscher Pass für das Kind nicht vor, ergibt sich daraus keine Rechtfertigung für die Antragsgegnerin, das Konsulat nicht aufzusuchen und ihre Anträge anzubringen. Lediglich der Antragsteller könnte aus einer Verzögerung des Verfahrens keine Rechte herleiten, wenn er die Ausstellung eines deutschen Passes verhindert und die Verzögerung darauf beruht.

Auch soweit die Antragsgegnerin wähnt, dass ihr beim Aufsuchen des Konsulats das Kind weggenommen werde, rechtfertigt dies keinen Verzicht auf eine Antragstellung schlechthin. Denn ein Erscheinen mit dem Kind ist keine Antragsvoraussetzung. Die Erfüllung der Verpflichtung, eine Einreise- und Daueraufenthaltsgenehmigung zu beantragen, ist tatsächlich und rechtlich erfüllbar und kann ihr daher abverlangt werden.

Nachdem die Antragsgegnerin bislang sich um die Erlangung eines Dauervisums für die USA nicht bemüht hat, kann sie sich auch nicht darauf berufen, dass ihr die Rückkehr deswegen unmöglich sei, weil sie die rechtlichen Voraussetzungen für den Erhalt eines Dauervisums nicht erfülle. Denn bei dieser Sachlage wäre sie in objektiv vernünftiger Auslegung der getroffenen Vereinbarung verpflichtet, entsprechend den gegebenen Möglichkeiten ein sog. B2-Visum zu beantragen, das ihr die Möglichkeit gibt, über den grds. zulässigen Aufenthalt von 3 Monaten Dauer hinaus sich bis zur Entscheidung der amerikanischen Gerichte in der Sorgerechtsangelegenheit in den USA aufzuhalten.

5. Voraussetzung der Festsetzung des rechtzeitig angedrohten Zwangsmittels ist weiter, dass die Antragsgegnerin schuldhaft ihrer Verpflichtung zur Rückkehr mit dem Kind so nicht nachgekommen ist. Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, stellt der Senat in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht fest.

Der Vortrag, dass das Kind an fortschreitendem Strabismus leidet und weiter behindert ist, ist nicht geeignet, die Rückführung in Frage zu stellen. Soweit die Antragsgegnerin für sich und das Kind in den USA keine Lebens- und Arbeitsperspektive sieht, hindert dies die Vollstreckung schon deswegen nicht, weil sich der Antragsteller in der genannten Vereinbarung zur Unterhaltung beider verpflichtet hat. Diese Umstände sind bereits im Erkenntnisverfahren eingehend berücksichtigt worden und bedürfen keiner erneuten Prüfung im Vollstreckungsverfahren.

Die aktuelle gesundheitlich schwierige Lage der Antragsgegnerin selbst macht die Rückkehr gleichfalls nicht unmöglich. Letztlich wären die fehlenden finanziellen Mittel der Antragsgegnerin und ihrer Eltern, die Kosten der Rückkehr zu tragen, kein Hindernis in der Vollstreckung.

Nur wenn unüberwindliche finanzielle Hindernisse der ernstlich gewollten Rückführung entgegenstünden, wäre die Frage aufgeworfen, ob noch eine Handlung vollstreckt werden soll, die ausschließlich vom Willen der Verpflichteten abhängig ist (Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O. § 33, Rdnr. 12 m.w.N.). So ist es hier jedoch gerade nicht.

6. Die Antragsgegnerin, die sich im Rückführungsverfahren noch verpflichtet hatte, freiwillig mit dem Kind in die USA zurückzukehren, hat mit ihrem verweigernden Verhalten in der Folgezeit deutlich gemacht, dass sie sich an diese Vereinbarung nicht freiwillig halten will. Sie hat im Zwangsmittelverfahren erklärt, dass sie die getroffene Vereinbarung nicht mehr als Grundlage für eine Verpflichtung zur Rückkehr ansieht. Bei dieser Sachlage geht der Senat davon aus, dass sie nicht mehr Willens ist, das gerichtlich angeordnete Gebot zu beachten und dass sie weiter unbeugsam an ihrer Verweigerungshaltung festhalten will. Gestützt wird diese Einschätzung zusätzlich dadurch, dass die Antragsgegnerin in der Zwischenzeit - obwohl insoweit keine Hindernisse für sie bestehen - weder eine Sorgerechtsentscheidung zu ihren Gunsten am Gericht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes angestrebt, noch sich in ernstzunehmender Weise um eine Einreiseerlaubnis in die USA bemüht hat.

7. Weder aus einzelnen noch aus der Gesamtschau aller vorgetragener Gründe ergibt sich, dass bei der Vollstreckung der Rückgabeverpflichtung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt ist (vgl. dazu BayObLG FamRZ 1985, 737).

Grundrechte sind entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - auch im Vollstreckungsverfahren - nicht verletzt. Die Rückgabe des Kindes (der die Rückkehrverpflichtung der Mutter mit dem Kind gleichsteht) berührt den Schutzbereich des Art. 16 Abs. 2 GG nicht, da die Herausgabe eines Kindes an einen sorgeberechtigten Elternteil auf der Grundlage familiärer Rechtsbeziehungen weder eine Auslieferung darstellt noch einer solchen gleichkommt. Es fehlt schon an der für eine Auslieferung kennzeichnende Verbringung in die Hoheitsgewalt eines anderen Staates auf dessen Ersuchen (BVerfG-K, NJW 1996, 3145). Grundlage für die Rückkehrverpflichtung der Mutter selbst ist deren erklärtes Einverständnis hiermit, das zur Geschäftsgrundlage der Vereinbarung zwischen den Eltern geworden ist.

8. Gleichwohl begegnet die Anordnung sowohl eines Zwangsgeldes als auch der Zwangshaft durchgreifenden Bedenken. Denn die Anordnung beider Zwangsmittel widerspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, weil beide zur Durchsetzung des Vollstreckungsziels ungeeignet sind und sie nicht die Funktion haben, begangene Pflichtwidrigkeit bzw. pflichtwidriges Unterlassen zu ahnden. Zwangsmittel dienen ausschließlich dazu, den Willen der Verpflichteten zu beugen.

Der Senat hatte zwar in der Entscheidung vom 22.6.2001 zunächst folgerichtig lediglich die Zwangsmittel des Zwangsgeldes und der Zwangshaft angedroht. Denn zu dieser Zeit war von einem Rückführungswillen der Mutter auszugehen und die Androhung von Gewalt nicht geboten. Dies hat sich geändert. Inzwischen kann der Vollzug der gerichtlichen Anordnung nur durch Gewaltanwendung im Sinne unmittelbarer Gewalt, der den entgegenstehenden Willen der Antragsgegnerin bricht und als äußerstes Mittel der Vollstreckung anzusehen ist, gesichert werden (BGH NJW 1977, 150; Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. § 33 Rdnr. 43 m.w.N.; Schüler DGVZ 1980, 100).

Die Festsetzung des vom Amtsgericht angeordneten Zwangsgelds ist schon deshalb als ungeeignet anzusehen, weil das Zwangsmittel gegen die einkommens- und vermögenslose Antragsgegnerin allein wegen Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds versagen muss (Keidel/Kuntze/ Winkler, a.a.O. § 33 Rdnr. 43).

Die Anordnung von Zwangshaft ist in der jetzigen Situation untauglich, weil dieses Zwangsmittel wegen des gebotenen alsbaldigen Einschreitens ohne Wirkung bleibt. Dieses Zwangsmittel hat im wesentlichen bei Entführungsfällen von Kindern das Ziel, einen unbekannten Aufenthalt des Kindes aufzudecken und die Rückgabe zu gewährleisten. Diesem Ziel wird die Anordnung von Zwangshaft gegen die Antragsgegnerin nicht gerecht. Denn es wird - bei bekanntem Aufenthalt des Kindes - zum einen lediglich zu einer weiteren zeitlichen Verzögerung kommen, die sich mit der Zielsetzung des HKiEntÜ nicht vereinbaren lässt. Zum anderen lässt die Anordnung von Zwangshaft einen weitergehenden Vollstreckungserfolg mit Blick auf die unnachgiebige Haltung der Antragsgegnerin nicht erwarten.

9. Das Amtsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht die Anordnung von Zwangshaft abgelehnt und den Antrag insoweit zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers hiergegen bleibt ohne Erfolg. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin war indessen auch die Festsetzung von Zwangsgeld aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen.

10. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin mit dem Kind in die USA zurückzukehren kann wirksam nur unter Anwendung von Gewalt durchgesetzt werden. Bei einer Rückgabevollstreckung, der die Rückkehrverpflichtung entspricht (s.o.), sieht § 33 Abs. 2 FGG ausdrücklich die Anordnung von Gewalt vor (vgl. die in Ausführung des HKiEntÜ erfolgte gesetzliche Regelung in Art. 2 des Gesetzes zur Ausführung von Sorgerechtsübereinkommen und zur Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie anderer Gesetze vom 05.4.1990, SorgeRÜbkAG, BGBl. I, 701; Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. vor § 33 Übersicht; Bach/Gildenast, a.a.O. S. 76 mit Fußnote 203, nach der lediglich unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung eines Umgangsrechts ausgeschlossen sein soll). Die Frage, ob die Anwendung von Gewalt nach § 33 Abs. 2 FGG auf die Herausgabe einer Sache oder einer Person beschränkt ist (so Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. § 33 Rdnr. 32-34; Bumiller/Winkler FGG, 7. Aufl. 1999, § 33 Rdnr. 15) oder grundsätzlich weitergehend jede mit Gewalt erzwingbare Anordnung umfasst (Bassenge/Herbst, a.a.O. § 33 Rdnr.28; Jansen, FGG, 2. Aufl. 1969, § 33 Rdnr. 51), kann offen bleiben. Denn nach Auffassung des Senats entspricht auch die Rückkehrverpflichtung der Antragsgegnerin mit dem Kind einer Rückgabe im Sinne des HKiEntÜ und fällt vollstreckungsrechtlich unter den Herausgabebegriff des § 33 Abs. 2 S. 1 FGG.

Die Anwendung von Gewalt im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 FGG bedarf jedoch zunächst der Bekanntmachung in einer besonderen Androhungsverfügung nach § 16 FGG, nachdem sie bislang nicht mit der zu vollstreckenden Anordnung verbunden gewesen ist (Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O. § 33 Rdnr. 42, 45). Diese soll nach § 33 Abs. 3 S. 6 FGG regelmäßig erfolgen, wenn hierdurch der Zweck nicht vereitelt wird und kein Fall der Gefahr im Verzüge vorliegt (BGH Rpfleger 1977, 55. 56).

11. Den weiter gehenden Anträgen des Antragstellers (Ausreiseverbot, Paßabgabe und Ausschreibung/SIS) kann nach dem Abschluss dieses Zwangsmittelverfahrens nicht stattgegeben werden. Es ist offen, ob und in welcher Art und Weise vom Antragsteller die weitere Vollstreckung betrieben werden wird.

12. Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 2, Abs. 5 KostO. Im übrigen erscheint es angemessen, dass jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Auslagen selbst trägt (§ 13 a FGG).

Ende der Entscheidung

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