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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: 17 WF 80/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 114
BGB § 1684 Abs. 1
Prozesskostenhilfe für ein Umgangsverfahren kann nicht mit der Begründung verweigert werden, dass der andere Elternteil am Umgang kein Interesse hat.
Oberlandesgericht Stuttgart

17. Zivilsenat

- Familiensenat -

Beschluss

vom 31. März 2006

Geschäftsnummer: 17 WF 80/2006

In der Familiensache

Kind der nicht miteinander verheirateten Eltern:

wegen Regelung des Umgangs

hier: Beschwerde gegen Versagung von Prozesskostenhilfe für die I. Instanz

hat der 17. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart durch die Richterin am Oberlandesgericht Köblitz als Einzelrichterin gemäß § 568 ZPO beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Tuttlingen - Familiengericht - vom 02.03.2006 (2 F 47/06) abgeändert und der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das Umgangsverfahren ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. bewilligt.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Erfolgsaussichten des Antrags auf Regelung des Umgangs verneint.

Das Umgangsrecht soll nicht nur dem von der Personensorge ausgeschlossenen Elternteil die Möglichkeit geben, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden seines Kindes sowie seiner Entwicklung fortlaufend zu überzeugen, sondern es soll auch dem Kind Gelegenheit geben, sich ein eigenständiges, auf persönlichen Erfahrungen beruhendes Bild von dem Elternteil zu machen, der das Kind nicht in seiner Obhut hat.

Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Das Umgangsrecht ist also nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht der Eltern. Die Eltern haben angesichts dieser Verpflichtung die Aufgabe alles zu tun, dass das Kind die Möglichkeit zum Umgang mit dem Vater hat. Dabei werden sie nicht nur zu überlegen haben, weshalb der Umgang abgebrochen wurde und welchen Anteil sie an dieser Entwicklung haben, sondern werden im Interesse des Kindes auch dessen Wünsche und Neigungen zu beachten haben.

Prozesskostenhilfe kann nicht mit der Begründung verweigert werden, dass eine Umgangspflicht wegen des entgegenstehenden Willens des Antragsgegners nicht durchsetzbar sei. Die Interessenlage der Eltern und des Kindes kann das Amtsgericht erst nach einer persönlichen Anhörung aller Beteiligten sachgerecht bewerten. Dabei wird auch aufgeklärt werden können, ob der Umgang mit dem Vater dem Kindeswillen entspricht. Der Vater wird sich dann selbst ein Bild machen können und hat Gelegenheit zur Prüfung, inwieweit er bereit ist, seine Vaterpflichten zu erfüllen.

Wenn auch nach dem bisherigen Sachvortrag davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin sich bislang nicht um die Unterstützung und Vermittlung des Jugendamts bemüht hat, so steht dies dennoch einem Antrag beim Familiengericht nicht entgegen. Das Jugendamt wird zu beteiligen sein.



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