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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 09.11.1999
Aktenzeichen: 18 UF 390/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB, KindRG


Vorschriften:

BGB § 1672
BGB § 1671
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2 nF
BGB § 1696
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 3
EGBGB Art. 224
KindRG Art. 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 18 UF 390/99 1 F 257/98 AG Kirchheim u.T.

Oberlandesgericht Stuttgart -18. Zivilsenat - - Familiensenat -

Beschluss

In der Familiensache

hat der 18. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vors. Richters am OLG Dr. Häberle,

des Richters am OLG Dr. Maurer und

der Richterin am AG Warbinek

auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 1999

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nr. 2 des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Kirchheim unter Teck vom 22. Juli 1999 - 1 F 257/98 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe

zurückgewiesen,

dass die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Parteien

geboren am 1993,

auf die Antragstellerin übertragen wird.

Beschwerdewert: 1.500 DM

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass die Entscheidung des Familiengerichts vom 12. 2. 1998 - 1 F 331/97 - durch die der Antragstellerin die elterliche Sorge nach § 1672 BGB in der bis zum 30. 6. 1998 gültigen Fassung für die Trennungszeit übertragen worden war, kraft dieser ausdrücklichen Beschränkung keine Wirkung in der nachehelichen Zeit entfalten konnte, auch wenn diese Regelung mit Wirkung ab 1. 7. 1998 aufgehoben worden ist. Da weder Art. 224 EGBGB noch Art. 15 KindRG insoweit eine Übergangsregelung vorsieht, kann die Entscheidung nach § 1672 BGB aF Wirkungen nur in ihrem ursprünglichen Umfang und kraft ihrer zeitlichen Beschränkungen nicht auch in der nachehelichen Zeit entfalten, zumal sie nach altem Recht einen Verfahrensgegenstand hatte, der mit dem nach § 1671 BGB nF nicht vollständig, sondern nur hinsichtlich der Trennungszeit übereinstimmt, und das Vertrauen der Eltern auf den zeitlich nur beschränkten Bestand der Sorgerechtsentscheidung nach § 1672 BGB nF geschützt werden muss (ebenso OLG Hamm FamRZ 1998, 1315, 1316; FamRZ 1999, 803; FamRZ 1999, 1159, 1160; OLG Bamberg FamRZ 1999, 805; AG Groß-Gerau FamRZ 1998, 1465 m. Anm. Luthin FamRZ 1998, 1465 und FamRZ 1999, 181; AG Bergheim FamRZ 1999, 611 m. Anm. Luthin: Das OLG Köln hat die Beschwerde "aus den zutreffenden" und nicht ergänzungsbedürftigen Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen; aA OLG Frankfurt/M. FamRZ 1999, 612 f.; OLG Stuttgart FamRZ 1999, 804 m. Anm. Luthin; OLG Braunschweig FamRZ 1999; 1006; OLG Celle FF 1999, 57 f.; OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 807, 808 m. Anm. Luthin; AG Freyung FamRZ 1999, 806, 807 m. Anm. Luthin; AG Bad Schwalbach FamRZ 1999, 1158 f.).

Deshalb richtet sich die Entscheidung über das vom Antragsgegner erstrebte gemeinsame Sorgerecht nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB nF und nicht nach § 1696 BGB. Danach ist die elterliche Sorge auf Antrag eines Elternteils diesem allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Vorliegend ist die elterlich Sorge auf die Antragstellerin allein zu übertragen, weil dies dem Wohl von X. am besten entspricht.

Voraussetzung dafür, den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zu belassen, ist deren Konsens- und Kooperationsfähigkeit, soweit sich deren Fehlen auf das Kind auswirken kann (BGH, Beschluss vom 29. 9. 1999 - XII ZB 3/99, S. 10). Im vorliegenden Fall gehen die Diskrepanzen der Eltern auf den von der Antragstellerin geäusserten Verdacht des sexuellen Missbrauchs von X. durch den Antragsgegner - der durch ein im Verfahren nach § 1672 BGB aF eingeholtes Gutachten eines Sachverständigen letztlich zwar nicht erhärtet, aber auch nicht ausgeschlossen werden konnte - zurück, und sie reichen so weit, dass sich der Antragsgegner in Anwesenheit des Kindes schon zu Tätlichkeiten gegen die Antragstellerin hat hinreissen lassen. In Anbetracht dessen kann nicht davon ausgegangen werden, die Eltern könnten die elterliche Sorge zum Wohle von X. durch einvernehmliche Entscheidungen gemeinsam ausüben.

Nach der Überzeugung des Senats entspricht dem Wohl von X. die Übertragung des Sorgerechts auf die Antragstellerin am besten. Sie kann sich der Betreuung des Sohnes trotz ihrer stundenweisen Erwerbstätigkeit selbst widmen, wohingegen der Antragsgegner auf die Mithilfe seiner Angehörigen angewiesen wäre. Nach dem Eindruck des Senats ist sie auch trotz ihrer noch unvollkommenen deutschen Sprachkenntnisse durchaus bemüht und in der Lage, den Sohn auch in schulischen Angelegenheiten zu unterstützen.

Aufgrund der mangelnden Konsens- und Kooperationsfähigkeit der Eltern kommt es auch nicht in Betracht, ihnen die elterliche Sorge zum Teil gemeinsam zu belassen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 und 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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