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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 18 WF 176/05
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII, GKG
Vorschriften:
ZPO § 115 | |
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 | |
ZPO § 127 Abs. 3 Satz 3 | |
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1 | |
SGB XII § 82 | |
SGB XII § 85 Abs. 1 Nr. 1 | |
GKG § 2 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 18. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 18 WF 176/05
vom 30.11.2005
In der Familiensache
wegen Kindesunterhalt
hier: Beschwerde der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kläger ohne Anordnung von Ratenzahlung.
hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von
Vors. Richterin am OLG Roscher-Grätz Richter am OLG Kahl und Richter am AG Kärcher
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts Reutlingen vom 06.05.2005, 3 F 385/05 dahingehend abgeändert, dass die Kläger auf die Prozesskosten Raten in Höhe von 75.- € zu zahlen haben.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht ersetzt.
Gründe:
Mit der Beschwerde wendet die Vertreterin der Staatskasse ein, den Klägern sei Ratenzahlung aufzuerlegen, weil nach Abzug der in § 115 ZPO bezeichneten Beträge noch ein einzusetzendes Nettoeinkommen der Mutter der Kläger in Höhe von 550.- € verbliebe und die Mutter daher Prozesskostenvorschuss in Raten von 200.- € bezahlen könne, so dass den Klägern in dieser Höhe Raten auferlegt werden könnten.
Das Familiengericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 9.8.2005 dagegen errechnet, dass die vorzunehmenden Abzüge die Einnahmen der Mutter übersteigen, so dass von ihr keine Ratenzahlung und damit auch kein Prozesskostenvorschuss gefordert werden könne.
Die unterschiedliche Berechnung beruht lediglich auf dem Umstand, dass das Familiengericht gegenüber der Berechnung der Beschwerdeführerin der Mutter Fahrtkosten in Höhe von 543.- € statt 208.- €, und für die Kinder einen Unterhaltsfreibetrag von 459.- € statt 132.- € zugestanden hat.
Die am 4. Juli 2005 beim Amtsgericht Reutlingen eingegangene Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde die Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 127 Abs. III Satz 3 ZPO gewahrt, denn der angefochtene Beschluss wurde der Bezirksrevisorin erst am 29.06.2005 übersandt.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Zur Ermittlung der Fähigkeit der Leistung von zumindest ratenweise zu leistendem Prozesskostenvorschuss durch der Mutter der Kläger sind dieser Fahrtkosten in Höhe von lediglich 208.- € anzurechnen.
Sie wohnt zwar in Reutlingen in der U straße und arbeitet in Stuttgart in der L straße, die Strecke beträgt nach der Berechnung in www.routenplanung.de 43 km.
Aufgrund der Vorschrift des § 3 Abs. IV der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII kann bei den notwendigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Benutzung eines Kraftwagens ein pauschaler Betrag von 5,20 € für jeden vollen Kilometer, den die Wohnung von der Arbeitsstätte entfernt liegt, jedoch für nicht mehr als 40 km angesetzt werden.
Hieraus ergibt sich der anzusetzende Höchstbetrag von 208.- €.
Der Senat hält diesen für die Bewilligung von Sozialhilfe konzipierten Wert auch für die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls für so lange anwendbar, wie ein berufstätiger Bedürftiger die Aufwendungen für diese Fahrten steuerlich zu seinen Gunsten noch geltend machen kann.
Für ihre drei von ihr betreuten Kinder ist der Mutter der Kläger ein Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 459.- € gutzuschreiben.
Bezüglich der ständig bei deren Mutter lebenden Kläger ist von den nach § 115 Abs. I Satz 3 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 85 Abs. I Nr. 1 SGB XII Unterhaltsfreibeträgen von 266.- € pro Kind auszugehen.
Hiervon ist der für die Kinder geleistete tatsächliche Unterhalt abzuziehen. Hierzu hatten die Kläger vorgetragen, der unterhaltsverpflichtete Vater habe unregelmäßig Unterhalt in Höhe von jeweils 200.- € bezahlt; von Januar 2004 bis zur Klageeinreichung im April 2005 seien lediglich insgesamt Kindesunterhalt in Höhe von 3.310.- € bezahlt worden. Das entspricht, wie auch das Familiengericht errechnet hat, rund 103.- € pro Kind und Monat. Diese sind vom Unterhaltsfreibetrag abzusetzen, so dass pro klagendem Kind 163.- € verbleiben.
Da das weitere Kind der Mutter der Kläger nach deren unwidersprochenem Vortrag die halbe Zeit bei der Mutter von dieser versorgt wird und vom Vater kein Unterhalt gezahlt wird, kann ihr hierfür auch der halbe Unterhaltsfreibetrag für dieses Kind mit 133.- € in Abzug gebracht werden, insgesamt also 459.- €.
Damit errechnet sich das folgende einzusetzende Einkommen:
Einkommen | 2.607,00 € |
Erwerbstätigenfreibetrag | 173,00 € |
abzüglich Eigenbedarf | 380,00 € |
Fahrtkosten | 208,00 € |
Unterhaltsfreibetrag für drei Kinder | 459,00 € |
Miete | 850,00 € |
Nebenkosten | 190,00 € |
Versicherungen | 124,00 € |
verbleibt | 223,00 € |
Nach der Tabelle zu § 115 ZPO sind dann Raten in Höhe von 75.- € zu leisten.
Da die Mutter der Kläger ist zur Ratenzahlung insoweit in der Lage ist, steht den Klägern ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen die Mutter zu, so dass sie dadurch in dieser Höhe zur Ratenzahlung fähig sind.
Soweit die Beschwerde keinen Erfolg hat, ist sie doch gemäß § 2 GKG gebührenfrei.
Ende der Entscheidung
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