Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 09.01.2007
Aktenzeichen: 18 WF 298/06
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 3 S. 1
ZPO § 127 Abs. 3 S. 2
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 9
SGB XII § 96
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart - 18. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 18 WF 298/06

vom 9.1.2007

In der Familiensache

wegen nachehelichen Unterhalts

hier : sof. Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 20.6.2006

hat der 18. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richterin am Oberlandesgericht Roscher-Grätz Richter am Oberlandesgericht Kahl und Richter am Amtsgericht Rittmann

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Nagold vom 20.6.2006 (Az.: F 207/05 UE) wird dieser Beschluss aufgehoben.

Die vom Beklagten beantragte Prozesskostenhilfe wird ihm verweigert.

Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit am 15.8.2006 beim AG Nagold eingegangener Beschwerde rügt die Staatskasse die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den beklagten im Wesentlichen unter Hinweis auf dessen fehlende Bedürftigkeit wegen einer ihm gehörenden Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von 6979,30 €.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs.3 S.1 und 2 ZPO statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der durch das Familiengericht ausgesprochenen Prozesskostenhilfe -Bewilligung und zur Verweigerung von Prozesskostenhilfe.

Der Beklagte verfügt durch seine bei der Allianz bestehende Lebensversicherung über Vermögen, das er zur Erbringung der Prozesskosten nach § 115 Abs.3 ZPO einzusetzen hat. Zwar darf Prozesskostenhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz eines Vermögens, soweit dadurch der Aufbau einer angemessenen Altervorsorge erschwert würde (§§ 115 Abs. 3 S.2 ZPO, 90 Abs.3 SGB XII). Anders als in Fällen, in denen die Berücksichtigung des Rückkaufwertes einer Lebensversicherung mit Blick darauf abgelehnt wurde, dass dahinter Beiträge zu einer angemessenen Altersversorgung stecken (etwa OLG Stuttgart FamRZ 2006, 1850) verfügt vorliegend der Antragsgegner bei festem Arbeitsplatz über ein Jahreseinkommen, das mit rund 41400 € deutlich über dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten liegt (2005: 29569 €; 2006 voraussichtlich 29.304 €). Er hat mit seinem Lebensalter von jetzt 40 Jahren auch noch ausreichend Gelegenheit, seine Altersversorgung auszubauen und ist hieran auch nicht etwa durch Kinderbetreuung o.ä. gehindert. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass eine angemessene Altersvorsorge des Antragsgegners erschwert würde, wenn er den über den Schonbetrag hinausgehenden Teil seiner Lebensversicherung zur Erbringung der Prozesskosten einzusetzen hat. Da die Beiträge des Beklagten zur Alterssicherung aus seinem Bruttoeinkommen erbracht werden, ist es auch nicht - wie das Familiengericht meint - aus Rücksicht auf die (aus dem Nettoeinkommen zu erbringenden und die Altersvorsorge nicht schmälernden) Unterhaltsverpflichtungen des Beklagten geboten, ihm seine Lebensversicherung zur Altersvorsorge zu belassen.

Der Einsatz der Lebensversicherung ist auch nicht aus anderen Gründen unzumutbar. Insbesondere muss der Beklagte diese Lebensversicherung nicht zwingend auflösen, um die erforderlichen Prozesskosten erbringen zu können. Vielmehr besteht die Möglichkeit, auf diese Versicherung ein Policendarlehen aufzunehmen, also ein Darlehen, dessen Rückzahlung erst bei Vertragsablauf der Lebensversicherung fällig würde und bei dem dem Beklagten außer der Zinsbelastung keine Verluste entstehen würden.

Dabei ist, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, von einem Schonvermögen von 1.600 € und nicht von einem solchen von 2.600 € auszugehen. Dies ergibt sich aus den Regelsätzen des § 1 der nach § 96 SGB XII erlassenen Durchführungsverordnung zu § 90 Abs.2 Ziff.9 SGB XII, auf die sich die in § 115 Abs.3 ZPO enthaltene Verweisung erstreckt (Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 5.Aufl.2007, Rdn.42 zu § 115; Brühl in Lehr-und Praxiskommentar SGB XII).

Der Rückkaufwert der Lebensversicherung des Beklagten übersteigt damit sein Schonvermögen um rund 5400 €, womit er ohne Zweifel die aus einem Streitwert von 3612 € resultierenden Kosten tragen kann.

Der Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligende Beschluss des Familiengerichts war daher aufzuheben.

Eine Gerichtsgebühr fällt im Beschwerdeverfahren im Falle des Erfolgs des Rechtsmittels nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nach § 127 Abs.4 ZPO nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

Zurück