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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 06.07.2000
Aktenzeichen: 2 Ss 295/2000
Rechtsgebiete: StVG
Vorschriften:
StVG § 24 a |
Zur Zuverlässigkeit des Messgeräts Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III und zur Darlegungspflicht im schriftlichen Urteil bei Atemalkoholmessungen.
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss
Geschäftsnummer: 2 Ss 295/2000 6 OWi 26 Js 735/2000 6 AK 18/2000 AG Ulm 26 Js 735/2000 StA Ulm 505.10.011767.8 Stadt Ulm
in der Bußgeldsache gegen
J. M.,
wegen Ordnungswidrigkeit
Der 2. Senat für Bußgeldsachen hat auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 06. Juli 2000 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 21. Februar 2000 wird als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Begründung der Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe:
1. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Atemalkoholkonzentration von mehr als 0,40 mg/l zu einer Geldbuße von 1.000 DM verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt.
Nach den Urteilsfeststellungen hat der Betroffene am 30. November 1999 im Stadtgebiet von U. seinen Pkw im Straßenverkehr geführt, obwohl er 0,47 mg/l Alkohol in der Atemluft hatte. Die Messung dieses Wertes, dessen Richtigkeit der Betroffene bezweifelt, erfolgte mit dem Messgerät Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III.
2. Die gegen dieses Urteil erhobene Rechtsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO i. Verb. mit § 79 Abs. 3 OWiG.
Im Hinblick darauf, dass die Generalstaatsanwaltschaft zur Frage der Verlässlichkeit dieses Messgeräts keine eingehenderen Ausführungen gemacht hat und insbesondere wegen der Darlegungspflicht im schriftlichen Urteil bei Atemalkoholmessungen sieht sich der Senat zu folgenden Bemerkungen veranlasst:
a) Zwar ist richtig, dass auch in neuerer Zeit Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Messergebnisse des Atemalkoholmessgeräts Dräger Alcotest 7110 Evidential erhoben werden mit der Begründung, dass dieses Gerät nicht alle Qualitätskriterien erfülle, die an ein solches Gerät zu stellen seien (vgl. Iffland/Hentschel NZV 99, 489 f.; Iffland/Eisenmenger/Bilzer NJW 99, 1379 f.; Amtsgericht München, BA 2000, 117).
Diese Bedenken sind unbegründet, wie das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Beschluss vom 12. Mai 2000 eingehend dargelegt hat (Aktenzeichen 2 Ob OWi 598/99). Der Senat tritt den dortigen Ausführungen zur Frage der grundsätzlichen Verlässlichkeit des Geräts und der Genauigkeit der Messergebnisse bei und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf.
Pauschale, nicht auf den konkreten Einzelfall bezogene Einwendungen des Inhalts, dieses Messgerät arbeite generell oder in bestimmten Messbereichen fehlerhaft, geben dem Gericht regelmäßig keine Veranlassung zur weiteren Sachaufklärung; denn die amtliche Zulassung des Geräts durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Verbindung mit seiner Eichung widerlegt solche Behauptungen regelmäßig zur Genüge (BGHSt 39, 291).
b) Die Sachrüge erweist sich als unbegründet; sie bedarf näherer Erörterung nur deshalb, weil das schriftliche Urteil des Amtsgerichts lediglich einen Messwert, nämlich das Messergebnis (Mittelwert), nicht aber die beiden Einzelmesswerte mitteilt.
Das Bayerische Oberste Landesgericht weist in die dortige Entscheidung im Ergebnis nicht tragenden Erwägungen darauf hin, dass im schriftlichen Urteil bei Atemalkoholmessungen neben der grundsätzlich genügenden Angabe des Messverfahrens und des Messergebnisses auch die Mitteilung der beiden Einzelmesswerte erforderlich sei, damit eine unzulässige Mittelwertbildung durch Aufrundung ausgeschlossen und die Einhaltung der nach DIN VDE 0405 Teil 3 Ziffer 6.1 höchstzulässigen Differenz zwischen den beiden Einzelmesswerten überprüft werden könne.
Dem tritt der Senat nicht bei:
Durch die vom Hersteller durchgeführte Änderung der Software dieses Messgeräts ist eine unzulässige Aufrundung verlässlich ausgeschlossen.
Das Atemalkoholmessgerät Messgerät Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III hat zwar zum Zeitpunkt der Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt am 17. Dezember 1998 den Mittelwert der Einzelmessergebnisse in der zweiten Dezimale entsprechend mathematischen Regeln noch so gebildet, dass es den Wert der dritten Dezimale bei einem Wert bis 4 zwar nach unten abgerundet; bei einem Wert ab 5 aber nach oben aufgerundet hat. Die Herstellerfirma hat den hiergegen erhobenen Bedenken (vgl. BGH, NJW 78, 1930) später jedoch durch Änderung der Software des Geräts Rechnung getragen; die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat die Bauartzulassung durch einen ersten Nachtrag vom 24. September 1999 entsprechend geändert (vgl. Bode, BA 2000, Seite 137). Jedenfalls im Land Baden-Württemberg sind bereits in der Zeit vom 02. November bis 04. November 1999 alle eingesetzten Atemalkoholmessgeräte dieses Typs mit der neuen Software ausgerüstet worden; das Rundungsproblem ist damit beseitigt (Justizministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 05. November 1999 - Aktenzeichen 3-1142.1-4/24).
Die Mitteilung der Einzelmesswerte im schriftlichen Urteil allein zum Zwecke der Überprüfung der Einhaltung der nach DIN VDE 0405 höchst zulässigen Differenz zwischen den beiden Einzelmesswerten zu fordern, sieht der Senat keinen genügenden sachlichen Grund. Der Messablauf ist im genannten Messgerät fest programmiert und läuft automatisch ab, ohne dass eine Einflussnahme von außen möglich wäre. Durch die Konstruktion des Geräts ist gewährleistet, dass die Anforderungen der DIN VDE 0405 eingehalten werden. Die Abweichungen der Konzentrationsmesswerte der beiden Einzelmessungen vom Mittelwert muss kleiner als 0,02 mg/l bzw. 5 % des Mittelwerts der Einzelergebnisse sein, je nach dem, welcher Wert größer ist. Nur bei Einhaltung dieser Werte bildet das Gerät überhaupt ein Endergebnis und zeigt dieses an (Lagois, BA 2000, S. 77, 86, 88). Schon diese Gerätetechnik in Verbindung mit der Eichung der Geräte gibt deshalb eine genügende Sicherheit dafür, dass die DIN-Vorschrift und die sogenannten Verkehrsfehlergrenzen eingehalten werden. Die Überprüfung des schon vom Gerät vorgenommenen Rechenvorgangs durch das Gericht erübrigt sich.
Die Wiedergabe simpler Rechenvorgänge im Urteil fordert die Rechtsprechung selbst in Strafsachen nicht; sogar dann nicht, wo es um Grenzbereiche zur absoluten Fahruntüchtigkeit geht (BGHSt 28, 235 f.; Kammergericht, BA 2000, S. 115). Sie erscheint in Bußgeldsachen, in denen mit Rücksicht auf die Vereinfachung des Verfahrensvorgangs keine übertrieben hohen Anforderungen an die Urteilsgründe zu stellen sind, um so weniger geboten.
Ende der Entscheidung
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