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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 30.03.2001
Aktenzeichen: 2 U 107/00
Rechtsgebiete: KG, KiStG B.W., Rabatte, UWG


Vorschriften:

KG § 2 I
KiStG B.W. § 24 I
Rabatte § 1 II S. 2
UWG § 1
Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage gegen Kath. Kirchengemeinde

1. Zu den Voraussetzungen der Rechts- und Parteifähigkeit einer kath. Kirchengemeinde.

2. Erbringt eine Kirchengemeinde Leistungen der Alten- und Krankenpflege, steht sie damit grundsätzlich in einem Wettbewerbsverhältnis zu gewerblichen Unternehmen mit gleichem Leistungsspektrum.

3. Gewährt eine Kirchengemeinde als Trägerin einer Sozialstation ohne eigene Rechtspersönlichkeit den Mitgliedern der sie finanziell unterstützenden und ebenfalls rechtlich nicht selbständigen Fördergemeinschaften Preisnachlässe auf die von ihr erbrachten Pflegeleistungen, die den nach dem Rabatte zulässigen Barzahlungsrabatt übersteigen, liegt darin weder ein Verstoß gegen das Rabatte noch gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines Vorsprungs durch Rechtsbruch.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 107/00 2 KfHO 22/00 LG Ravensburg

verkündet am 30.03.2001

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart im schriftlichen Verfahren (Schriftsatzfrist: 12.03.2001) unter Mitwirkung

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. Lütje, des Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller sowie des Richters am Oberlandesgericht Oechsner

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ravensburg vom 11.04.2000 wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen auch die Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens/Beschwer der Kläger aus diesem Urteil: 20.000,00 DM

Tatbestand:

Der Kläger Ziffer 1 ist Inhaber eines privaten Pflegedienstes in Eriskirch; der Kläger Ziffer 2 vertritt als Verein die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder, zu denen der Kläger Ziffer 1 gehörte. Die beklagte Kirchengemeinde ist Trägerin der Sozialstation St. Martin mit Sitz in Langenargen. Die Station ist für die politischen Gemeinden Langenargen, Eriskirch und Kreßbronn mit ihren vielen Teilorten eingerichtet und auf dem Gebiet der Alten- und Krankenpflege tätig. Unterstützt wird diese Sozialstation u.a. von verschiedenen Fördergemeinschaften (namentlich aufgeführt im angekündigten Berufungsantrag Ziffer 1). Den Mitgliedern dieser Fördergemeinschaften gewährt die Sozialstation Preisnachlässe auf die von ihr erbrachten Pflegeleistungen in Höhe von 25 % des Eigenanteils, welchen Pflegebedürftige zu tragen hätten.

Vor dem Landgericht haben die Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagte handele damit wettbewerbswidrig. Sie verstoße u.a. gegen das auch für sie geltende Rabattgesetz. Zudem verschaffe sie sich durch Rechtsbruch (Verstoß gegen das Differenzierungsverbot des § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB XI) einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung (§ 1 UWG).

Vor dem Landgericht haben die Kläger folgende Anträge gestellt:

I. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Patienten, die von der Sozialstation St. Martin betreut werden und Mitglied eines Fördervereins dieser Sozialstation sind, einen Rabatt auf den von den Patienten zu tragenden Eigenanteil an Pflegekosten zu gewähren, anzubieten oder diesen zu bewerben;

II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zu 1. denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die vorstehend zu I. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

Die Beklagte hat demgegenüber beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Ihrer Auffassung nach treffen die von den Klägern zur Begründung herangezogenen Normen des Rabattgesetzes sowie des UWG nicht auf sie zu, weil sie keine wirtschaftlichen, sondern ausschließlich gemeinnützige Zwecke im sozialen Bereich verfolge.

Das Landgericht hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen und die Klage als unbegründet abgewiesen.

Das Rabattgesetz sei nicht einschlägig, weil in den von der Beklagten angebotenen ambulanten Pflegeleistungen keine gewerbliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 RabattG liege. Insbesondere könne die Beklagte auch nicht als Unternehmerin im Sinne von § 1 Abs. 2 RabattG angesehen werden, jedenfalls nicht im Bezug auf die hier interessierenden Leistungen. Auch den von den Klägern beanstandeten Rechtsbruch könne das Landgericht nicht erkennen. Das Differenzierungsverbot des § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB XI beziehe sich auf die Kostenträger der Pflegeversicherung; es gehe deshalb nicht an, dieses Differenzierungsverbot in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht auf den Eigenanteil der Versicherten zu übertragen, zumal nicht ersichtlich sei, daß sich die Nachlässe im Bereich des Eigenanteils auf die Leistungsgerechtigkeit und die Refinanzierung auswirken könnten.

Mit ihrer dagegen fristgerecht eingelegten Berufung verfolgen die Kläger ihren erstinstanzlichen Unterfassungsantrag (in sprachlich modifizierter Form) sowie ihren Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten weiter.

Zur Begründung lassen sie vortragen:

Der Anwendungsbereich des RabattG sei sehr wohl eröffnet. Dazu halten sie an ihrer erstinstanzlichen Auffassung fest, die beklagte Kirchengemeinde biete die ambulanten Pflegeleistungen "im geschäftlichen Verkehr" an. Der Schutzzweck des Rabattgesetzes (Erhalt der Lebensfähigkeit vieler kleiner Betriebe / Schutz der Endverbraucher vor Beeinflussung durch die Rabatthöhe) rechtfertige es, die ambulanten Pflegeleistungen (erbracht von der Beklagten) zu den gewerblichen Leistungen zu zählen. Dem entspreche auch die Selbsteinschätzung der Beklagten (z. B. dokumentiert in der Äußerung des Geschäftsführers der Sozialstation in einem Zeitungsartikel vom 22.10.1996 - BK 2: "Wir bleiben die Marktführer"). Auch die weiteren Tatbestandselemente des § 1 RabattG, seien erfüllt: Pflegeleistungen seien Leistungen des täglichen Bedarfs für den letzten Verbraucher. Auch gewähre die Beklagte den fördergemeinschaftsangehörigen Pflegebedürftigen einen Nachlaß in Höhe von 25 % auf den Normalpreis (gleichzusetzen mit dem vollen Eigenanteil, den sie von solchen Pflegebedürftigen verlange, die nicht der Fördergemeinschaft angehörten). Da der Nachlaß ausschließlich Mitgliedern der Fördergemeinschaft gewährt werde, handele es sich dabei um einen Sonderpreis im Sinne von § 1 Abs. 2 RabattG. Der Fall eines zulässigen, internen Vereinspreises liege deshalb nicht vor, weil die Klägerin den Vortrag der Beklagten bestreite, die "Fördergemeinschaft Sozialstation St. Martin" sei eine nicht rechtsfähige Einrichtung der Beklagten, sondern die einzelnen Fördergemeinschaften für rechtlich selbständig halte. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen der Beklagten in einem Faltblatt - BK 1. Dort werde auch der Ev. Förderverein der Ev. Kirchengemeinde Kreßbronn als Mitglied der Fördergemeinschaft vorgestellt. Es sei aber kaum denkbar, daß auch der Ev. Förderverein eine Einrichtung der Beklagten als kath. Kirchengemeinde sein solle. Der eingeräumte Nachlaß liege in der Regel ein Vielfaches über dem vom Gesetzgeber zugelassenen Rabattsatz von 3 %; dies gelte auch, wenn man - unzulässiger Weise den Jahresbeitrag von 35,00 DM pro Mitglied für die Fördergemeinschaft gegenrechne.

Unabhängig davon verstoße die Beklagte gegen § 1 UWG in Verbindung mit § 89 Abs. 1 SGB XI/§§ 15 f. VAG/52 ff. AO. Dies führe zu einem Unterlassungsanspruch der Kläger unter dem Aspekt des Vorsprungs durch Rechtsbruch.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ravensburg abzuändern und die Beklagte

1. unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Mitgliedern der Fördergemeinschaft/Krankenpflegeverein Kath. Kirchengemeinden Mariabronn und Eriskirch, der Kath. Fördergemeinschaft Kath. Kirchengemeinden Kreßbronn und Gattnau, des Ev. Fördervereins Kirchengemeinde Kreßbronn und der Fördergemeinschaft Sozialstation Kath. Kirchengemeinde Langenargen einen Rabatt auf den von den Pflegebedürftigen zu tragenden Eigenanteil an Pflegekosten für Pflegeleistungen der Sozialstation St. Martin anzukündigen oder zu gewähren.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zu 1. denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts als richtig.

Der Anwendung des Rabattgesetzes stehe entgegen, daß die Beklagte nicht im geschäftlichen Verkehr und vor allem ohne merkliche Wettbewerbsabsicht handele. Soweit die Beklagte an Fördervereinsmitglieder auch Nachlässe gewähre, diene dies nur ihren satzungsgemäßen Aufgaben. Es fehle zudem ein Preisnachlaß im Sinne von § 1 Abs. 2 RabattG. Denn vor dem Hintergrund der organisatorischen rechtlichen Einheit der Kath. Sozialstation und deren Fördergemeinschaften sei eine rechtliche Vergleichbarkeit der Preise für Mitglieder der Fördervereine und Nichtmitglieder nicht gegeben. Einen Normalpreis, von dem die Beklagte den Angehörigen einer Fördergemeinschaft einen Nachlaß gewähre, gebe es deshalb nicht.

Weil die Beklagte nicht im geschäftlichen Verkehr handele, sei auch der Anwendungsbereich des § 1 UWG nicht eröffnet.

Was den behaupteten Verstoß gegen § 89 Abs. 1 SGB XI angehe, sei ein solcher Verstoß nicht feststellbar. Dies schon deshalb, weil der Zweck dieser Regelung nur darin liege, der institutionellen Kostenträgerseite gleiche Markt- und Wettbewerbschancen zu sichern und damit zu verhindern, daß einer Kassenart besondere Rabatte auf die festgesetzten Pflegesätze gewährt würden. Privatpersonen, die einen Eigenanteil an den Pflegekosten zu tragen hätten, seien dagegen von diesem Schutzzweck nicht umfaßt.

Nicht nachvollziehbar sei die von den Klägern angenommene Anwendbarkeit des § 15 VAG. Denn einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit seien die Fördergemeinschaften nicht gleichzusetzen.

Schließlich verstoße die Beklagte nicht gegen die von den Klägern zitierten Vorschriften der Abgabenordnung.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dazu vorgelegten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie aber keinen Erfolg.

I. Das Landgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß die beklagte Kirchengemeinde parteifähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Zwar hat dies keine der Parteien vor dem Landgericht in Frage gestellt. Dennoch hätte das Landgericht die Parteifähigkeit der Klägerin näher prüfen müssen. Denn es handelt sich dabei um eine Prozeßvoraussetzung, die als solche von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. nur Thomas-Putzo, ZPO, 22. Auflage, § 50 Rn. 10 und Rn. 10 vor § 253).

Entgegen ihren - nunmehr im Berufungsrechtszug geäußerten - Bedenken ist die Beklagte aber rechts- und damit auch parteifähig.

Den juristischen Ausgangspunkt hierfür bilden § 2 Abs. 1 KG und § 24 Abs. 1 KiStG B.W. Danach haben die Kirchengemeinden das Recht auf den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Voraussetzung hierfür bildet einmal ein innerkirchlicher Organisationsakt, d. h. die Bildung einer Kirchengemeinde und deren Bestätigung durch den Bischof. Darüber hinaus bedarf es der staatlichen Anerkennung durch das Kultusministerium Baden-Württemberg (§ 24 Abs. 1 KiStG). Denn juristische Personen des kanonischen Rechts bedürfen in der Regel der Anerkennung durch die staatliche Rechtsordnung; ihre Rechtspersönlichkeit im kirchlichen Recht bringt ihnen nämlich nicht automatisch die Rechtspersönlichkeit im staatlichen Recht (Putza, Kath. KirchenR, Seite 123). Daß die Beklagte diesen Voraussetzungen genügt, ist offensichtlich und von ihr auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr bezweifelt worden. So weist die von der Beklagten selbst als Anlage B 1 vorgelegte Satzung über die Errichtung und den Betrieb einer Sozialstation die Beklagte als - so ausdrücklich - "Rechtsträger der Sozialstation St. Martin" aus (§ 1 Abs. 1 und Seite 5 ganz unten = Bl. 42 und 46 der Akten). Es handelt sich offensichtlich hier um einen der im Erlaß des FM Baden-Württemberg vom 08.08.1988 (vorgelegt als Anlage B 2) angesprochenen Fälle (Sozialstation als unselbständige Einrichtung einer Kirchengemeinde als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts - a. a. O. Seite 6 unter Ziff. 6. = Bl. 40).

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die vom Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 22.11.2000 zitierte Entscheidung des OLG Köln, NJW 1995, 3319 - "Hohe Domkirche" dieses Ergebnis nicht in Frage stellen kann. Denn bei der dortigen Klägerin handelte es sich nicht um eine Kirchengemeinde, sondern um die Eigentümerin des Kölner Doms und der daran unmittelbar angrenzenden Grundstücke, die ihre Rechtsfähigkeit aus einer päpstlichen Bulle ("De Salute animarum" vom 16.07.1821) hergeleitet hat. Mit diesem Sonderfall ist der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht vergleichbar.

II. Soweit das Landgericht die Klage als nicht begründet angesehen hat, ist dem im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung zu folgen. Weder unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen des RabattG noch nach § 1 UWG (Vorsprung durch Rechtsbruch) ist die Beklagte den Klägern zur Unterlassung verpflichtet.

1. Angeblicher Verstoß gegen das RabattG:

a) Das RabattG erfaßt - im Gegensatz zur ZugabeVO - nur Rabatte, die zu Zwecken des Wettbewerbs angekündigt oder gewährt werden. Es unterliegt damit denselben Voraussetzungen, von denen die Anwendbarkeit der meisten UWG-Vorschriften, insbesondere der Generalklausel des § 1 UWG abhängt (Baumbach/Hefermehl, WettbR, 21. Auflage, § 1 RabattG, Rn. 50).

b) Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts scheitert die Anwendbarkeit des RabattG nicht schon daran, daß die Beklagte ihre Alten- und Pflegeleistungen als Trägerin der Sozialstation ohne merkliche Wettbewerbsabsicht erbringe. Denn die Beklagte bietet dieselben Leistungen an wie gewerbliche Unternehmen, also insbesondere der Kläger Ziff. 1 sowie die Mitgliedsunternehmen des Klägers Ziff. 2. Sie muß sich deshalb an dieselben Wettbewerbsregeln halten, die auch für andere (gewerbliche) Unternehmen mit demselben Leistungsangebot gelten.

Etwas anderes mag zwar gelten, wenn ausschließlich ideelle Gründe für einen Preisnachlaß bestimmend sind, wie etwa Mitleid, Nächstenliebe, Selbstlosigkeit oder Gemeinsinn (Baumbach/Hefermehl, § 1 RabattG, Rn. 51). Da die Sozialstation der Beklagten die hier beanstandeten Preisnachlässe aber ausschließlich an die Mitgliedschaft in den Fördergemeinschaften knüpft, scheidet ein Preisnachlaß aus den beschriebenen ideellen Motiven hier offensichtlich aus.

Auch der Gesichtspunkt, daß es sich bei der Beklagten um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, schließt als solcher die Anwendung des RabattG nicht aus (Baumbach/Hefermehl a. a. O., Rn. 54).

c) Doch läßt sich der von den Klägern gesehene Verstoß gegen das RabattG nicht feststellen.

Ausgangspunkt für diese Beurteilung bildet der Grundsatz, daß der (ermäßigte) Vorzugspreis, den ein Verein seinen Mitgliedern für die Benutzung seiner Einrichtungen (Berghütte, Schwimmbad, Tennisplatz o. ä.) einräumt, rabattrechtlich zulässig ist und insbesondere auch keinen unzulässigen Sonderpreis im Sinne von § 1 Abs. 2, 2. Alt. RabattG darstellt (Großkomm./Gloy, RabattG - 2000 -, § 1 Rn. 90; Baumbach/Hefermehl, a. a. O., Rn. 45). Anders ist dies nur dann, wenn nicht der Verein, sondern ein davon rechtlich selbständiger Dritter den Vereinsmitgliedern einen Nachlaß gewährt (dann: unzulässiger Sonderpreis: vgl. Gloy a. a. O. u. H. a. OLG Hamm, DB 1977, 446).

Die Parallele zur (zulässigen) Gewährung eines Vorzugspreises für Vereinsmitglieder läßt sich auch hier ziehen. Die "Fördergemeinschaft Sozialstation St. Martin" und die ihr angehörenden Krankenpflegevereine sind offensichtlich nicht rechtlich selbständig. Dies zeigen die vorgelegten Satzungen (Anlage B 9 = Bl. 176 f. und Bl. 188 f. = Satzung des Fördervereins für die Ev. Nachbarschaftshilfe Kreßbronn). Insbesondere spricht auch nach dem Vortrag der Kläger nichts dafür, daß es sich dabei um eingetragene Vereine handelt. Fördergemeinschaften und die ihnen angehörenden Krankenpflegevereine sind damit im Grunde nichts anderes als rechtlich nicht selbständige (Unter-) Abteilungen der Beklagten.

Bestätigt wird diese Wertung durch § 5 Abs. 5 der Satzung über die Sozialstation der Beklagten. Danach kommt im Ergebnis das gesamte Beitragsaufkommen der in der Fördergemeinschaft zusammengeschlossenen Krankenpflegevereine der Sozialstation und damit - mangels eigener Rechtspersönlichkeit der Sozialstation - letztendlich der Beklagten zugute. Weder die Krankenpflegevereine noch die Sozialstation verfügen damit über eigene Einnahmen. Der Grund dafür kann wiederum nur darin liegen, daß sie nicht Rechtssubjekte mit eigenen Rechten und Pflichten sind. Dasselbe gilt auch für den von den Klägern ausdrücklich hervorgehobenen Förderverein der Ev. Kirchengemeinde Kreßbronn. Auch insoweit ist es den darlegungsbelasteten Klägern nicht gelungen, dessen Rechtsfähigkeit (etwa durch Vorlage eines Auszugs aus dem Vereinsregister) zu belegen.

2. Ansprüche aus § 1 UWG - Fallgruppe: Vorsprung durch Rechtsbruch scheitern schon daran, daß sich ausnahmslos die von den Klägern behaupteten Gesetzesverstöße hier nicht feststellen lassen. Unabhängig davon wären solche Gesetzesverstöße nicht zugleich als sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG zu qualifizieren.

a) Angeblicher Verstoß gegen § 52 ff. AO:

Unschlüssig ist die Argumentation der Kläger, die Beklagte verschaffe sich für den Fall, daß sie steuerlich als gemeinnützig behandelt werde, einen Vorsprung durch Rechtsbruch, indem sie gegen die Vorschriften über die Gemeinnützigkeit nach der Abgabenordnung verstoße.

Denn die Entscheidung darüber, ob eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO) oder mildtätige Zwecke (§ 53 AO) verfolgt, ist von den Finanzbehörden im Veranlagungsverfahren zu treffen. Sie ist grundsätzlich für jede Steuerart und auch für jeden Veranlagungszeitraum oder Stichtag erneut zu prüfen (Klein/Gersch AO, 7. Auflage - 2000 - § 51 Rn. 3 m. w. N.). Sollten die Finanzbehörden fälschlicherweise die von der Beklagten erbrachten Pflegeleistungen als gemeinnützig anerkennen (§ 52 Abs. 2 AO), so läge darin kein von der Beklagten begangener Rechtsbruch, sondern eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch die Finanzbehörden.

Allerdings ist eine solch fehlerhafte Rechtsanwendung hier nicht erkennbar. Soweit die gegenteilige Argumentation der Kläger auf § 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO abhebt (Berufungsbegründung Seite IV 25 D 2.), übersieht sie, daß sich die Tätigkeit der Beklagten nach § 53 AO richtet. Anders als für die Gemeinnützigkeit nach § 52 AO kommt es hier aber nicht darauf an, daß eine Förderung der Allgemeinheit vorliegt. Denn bei der Verfolgung mildtätiger Zwecke ist diese Voraussetzung nicht erforderlich (Klein/Gersch, § 53 Rn. 1 u. H. a. RFH RStBl 1940, 190).

Letzten Endes können diese steuerrechtlichen Fragen aber offen bleiben. Denn selbst wenn sich die Beklagte über die unzutreffende Anerkennung als gemeinnützig ungerechtfertigte Steuervorteile verschafft hätte, könnten die Kläger darauf keinen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG stützen. Denn bei den Vorschriften des Steuerrechts handelt es sich um wertneutrale Normen. Ein Verstoß dagegen kann selbst dann nicht als sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG angesehen werden, wenn sich der Gewerbetreibende bewußt und planmäßig über die fragliche Vorschrift hinweg setzt. Denn andernfalls könnte praktisch jede Gesetzesverletzung, die in irgend einer Weise eine Wettbewerbshandlung begünstigt, ihre Sittenwidrigkeit bewirken. Es ist aber nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, für alle Gesetzesverletzungen, die sich irgendwie auf den Wettbewerb auswirken können, eine zusätzliche Sanktion zur Verfügung zu stellen (Sack, WRP 1998, 683, 688 unter ausdrücklichem Hinweis auf Fälle der regelmäßigen Steuerhinterziehung). Denn ein Marktverhalten wird grundsätzlich nicht schon dadurch wettbewerbsrechtlich unlauter, daß Vorteile aus einem vorangegangen Verstoß gegen ein Gesetz ausgenutzt werden, das keinen unmittelbaren Marktbezug aufweist (BGH NJW 2000, 3351, 3354 Abgasemissionen u. H. a. den zitierten Aufsatz von Sack; zustimmend: Emmerich JUS 2001, 191 f.).

b) Dieselbe Wertung gilt auch für die angeblichen Verstöße der Beklagten gegen § 89 SGB XII und §§ 15 f. VAG. Denn es spricht nichts dafür, daß die genannten Vorschriften Normen sind, die im Zuge einer anderen Zwecken dienenden Regelung sekundär auch die Funktion haben sollen, die Gegebenheiten eines bestimmten Marktes - hier: des Marktes für Pflegedienstleistungen - festzulegen und so auch gleiche rechtliche Voraussetzungen für die auf diesem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen.

Fehl geht deshalb die Argumentation der Kläger, bei den Einrichtungen der Beklagten (Fördergemeinschaften/-vereinen) handele es sich um Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die als solche einer Erlaubnis nach § 15 VAG bedürften. Denn selbst wenn man den Klägern einmal darin folgt, daß die angesprochenen Einrichtungen die Strukturmerkmale eines VVaG erfüllen (vgl. dazu Prölss/Weigel, VAG, 11. Auflage, § 15 Rn. 3 f.), so folgt aus ihrer Tätigkeit ohne die dann erforderliche Erlaubnis noch kein relevanter Wettbewerbsvorsprung der Beklagten. Insoweit gilt vielmehr nichts anderes als in dem schon in der Rechtsprechung entschiedenen Fall eines Mietwagenunternehmers, der als Nebengeschäft für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung übernimmt und im Zusammenhang damit Bankgeschäfte ohne die dafür erforderliche Erlaubnis (§ 32 KWG) oder Freistellung (§ 2 Abs. 4 KWG) betreibt; auch er verschafft sich dadurch keinen Vorsprung vor anderen Mietwagenunternehmern, der einer Korrektur nach § 1 UWG zugänglich wäre (Baumbach/Hefermehl, § 1 UWG, Rn. 656 u. H. a. OLG Karlsruhe, GRUR 1968, 705 - Bankgeschäfte).

Dasselbe gilt - mutatis mutandis - auch im Zusammenhang mit dem behaupteten Verstoß gegen das Differenzierungsverbot des § 89 Abs. 1 Satz 3 - letzte Alt. SGB XII. Es kann deshalb offen bleiben, ob der Anwendungsbereich des angesprochenen Differenzierungsverbots nach Kostenträgern hier überhaupt eröffnet ist.

Die Kosten ihrer unbegründeten Berufung haben die Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der vorläufigen Streitwertangabe in der Klageschrift orientiert; tragfähige Gesichtspunkte für eine Höhersetzung dieses Streitwerts hat der Vortrag der Kläger nicht geliefert. Dementsprechend war auch die Beschwer der Kläger aus diesem Urteil festzusetzen (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Gründe für eine Revisionszulassung bestehen nicht. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Denn sie orientiert sich an den von der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs vorgegebenen Grundsätzen. Soweit es um die im Zentrum der klägerischen Argumentation stehenden rabattrechtlichen Fragen geht, besteht im Hinblick auf die geplante Streichung des RabattG ohnehin kein Bedarf mehr an einer höchstrichterlichen Klärung.

Ende der Entscheidung

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