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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 22.12.2000
Aktenzeichen: 2 U 120/00
Rechtsgebiete: BGB, ReichsSiedlG


Vorschriften:

BGB § 505
BGB § 506
ReichsSiedlG § 4
ReichsSiedlG § 6
ReichsSiedlG § 8 II
Vorkaufsrecht, Verbindlichkeit einer im Erstvertrag vereinbarten Vertragsstrafe

Verspricht in einem dem Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstückskaufvertrag der Käufer dem Verkäufer eine Vertragsstrafe für den Fall des Weiterverkaufs, so kann es sich dabei im Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten um einen nicht dem Interesse an der Vertragsdurchführung, sondern dem Zweck der Abwehr des Vorkaufsrechtes dienenden "Fremdkörper" handeln, der diesen nicht bindet.

Für den auf Vereitelung des Vorkaufsrechts abzielenden Zweck kann u.a. sprechen, wenn das Weiterveräußerungsverbot mit Vertragsstrafesanktion erst in einem Nachtrag zum Kaufvertrag eingeführt wird, dabei zugleich der Kaufpreis erhöht und eine mit dem Verkäufer begründete Pacht verlängert wird und vor dem Vertragsnachtrag das Interesse des Vorkaufsberechtigten bekannt geworden ist.

Ob eine solche Vertragsstrafe gegenüber dem nach §§ 4, 6 ReichsSiedlG Vorkaufsberechtigten schon wegen § 8 II ReichsSiedlG der Verbindlichkeit entbehrt, kann daneben offenbleiben.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 120/00 9 O 76/00 LG Stuttgart

Verkündet am: 22. Dezember 2000

Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Lovric) Justizangestellte

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 2000 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am OLG Dr. Lütje,

des Richters am OLG Dr. Müller und

des Richters am OLG Holzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16.05.2000 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische schriftliche Bürgschaft einer deutschen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers: 150.000,-- DM.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Vertragsstrafe i.H.v. 150.000,-- DM, die er sich am 18.09.1987 in einem Abänderungsvertrag zum Grundstückskaufvertrag vom 08.07.1997 von der Käuferin (Fa. H.) für den Fall des Weiterverkaufs hat versprechen lassen. Die Beklagte ist aufgrund Vorkaufsrechtes nach dem Reichssiedlungsgesetz in diesen Kaufvertrag eingetreten und hat die Grundstücke zwischenzeitlich an den Landwirt S. weiterveräußert. Im Streit steht, ob die Beklagte aufgrund der Ausübung ihres Vorkaufsrechtes dem Vertragsstrafeversprechen unterworfen oder an dieses nicht gebunden ist, da es sich dabei um einen nur zur Abwehr des Vorkaufsrechtes in den Erstvertrag aufgenommenen Fremdkörper handele. Hervorzuheben ist, daß die nachträgliche Einfügung des Strafversprechens am 18.09.1997 einhergegangen ist mit einer Anhebung des Kaufpreises der Grundstücke von 575.000,-- DM auf 800.000,-- DM und mit einer Hinausschiebung der Befristung des Pachtvertrages (Vertragsende 31.12.2012 statt früher 31.12.2002). Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und der gegenseitigen Standpunkte wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat den Antrag,

die Beklagte zur Zahlung von 150.000,-- DM nebst 6 % Zinsen seit 06.07.1999 zu verurteilen,

abgewiesen. Es hat die Vertragsstrafevereinbarung im Verhältnis zur vorkaufsberechtigten Beklagten als unverbindlich angesehen, da sie nicht wesensmäßig zum Kaufvertrag gehöre, sondern allein zur Abwehr des Vorkaufsrechtes gewählt worden sei, ohne im Rahmen des Erstvertrages Vorteile zu bringen. Zwar sei die Strafvereinbarung nicht aus sich heraus sittenwidrig, sie sei jedoch, wie die zeitliche Abfolge zeige, im Hinblick auf das Vorkaufsrecht eingeführt worden und auf dieses zugeschnitten und gegenüber dem Erstkäufer Fa. H. nicht angezeigt gewesen; die Sicherungsargumente des Klägers in bezug auf Fa. H. seien nicht schlüssig, da die Gefahr, den Pachtvertrag zu verlieren, schon rechtlich nicht zutreffe (§§ 593 b, 571 BGB), die Strafe zur Verhinderung des Besitzverlustes nicht tauge, und der Kläger auch nichts vorbringen könne, wofür die Strafe einen Ausgleich habe schaffen sollen. Insgesamt habe die Strafvereinbarung daher nicht dem Interesse der ursprünglichen Vertragsparteien, sondern dem Zweck gedient, das Vorkaufsrecht unattraktiv zu machen. Damit aber stelle es einen Fremdkörper im Vertrag dar, der die Beklagte als Vorkaufsberechtigte nicht binde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Klagantrag unverändert weiter. Das Landgericht habe unstreitig gebliebenen Tatsachenstoff nicht berücksichtigt und sich von ungerechtfertigten Vermutungen und Spekulationen leiten lassen.

Schon der Sachvortrag des Klägers sei im Tatbestand nicht richtig erfaßt worden. Er habe nicht nur vorgetragen, daß die Vertragsstrafe zusätzliche Sicherheit habe sein sollen. Selbstverständlich sei ihm der Fortbestand des Pachtvertrages bekannt gewesen, es sei ihm aber um tatsächliche Veränderungen und Belastungen des Pachtverhältnisses gegangen, die eine Veräußerung nach sich ziehen könne. Es gehe um die Gefahr, daß ein noch so langer Pachtvertrag vorzeitig beendet werden könne, wenn es eine Partei hierauf anlege. Für ihn sei der Kaufvertrag und der Pachtvertrag mit Fa. H. eine Einheit gewesen. Fa. H. habe er sich als seriöse Geschäftspartnerin ausgesucht, der er in seiner existentiellen Not vertraut habe und durch die er die ungestörte Fortsetzung seiner Obstbautätigkeit auf Pachtbasis gewährleistet gesehen habe. Bei anderen Vertragspartnern bestehe die Befürchtung, daß sie die Grundstücke bebauen wollten oder sonstige tatsächliche Störungen des Pachtverhältnisses herbeiführen.

Die Beurteilung der Vertragsstrafevereinbarung als Fremdkörper im Kaufvertrag halte der neueren Rspr. nicht Stand. Gerechtfertigt wäre sie nur dann, wenn die Vertragsstrafe außerhalb des Synallagmas stünde, nur für den Vorkaufs-Fall getroffen worden wäre und bei Durchführung des Erstvertrages keine Vorteile bringen würde. So aber verhalte es sich gerade nicht, da die Vertragsstrafe den Zweck gehabt habe, den Kläger in seiner finanziellen Notlage verstärkt abzusichern.

Verkannt habe das Landgericht außerdem, daß im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechtes am 17.10.1997 die Abänderung des Kaufvertrages schon vorgenommen gewesen sei (18.09.1997).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den erstinstanzlich gestellten Klagantrag zuzusprechen.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das Urteil als richtig. Nach wie vor könne der Kläger die Notwendigkeit der Vertragsstrafe nicht aus dem Kaufvertrag heraus begründen. Vielmehr beziehe er sich nur auf den Pachtvertrag. Damit aber bestätige sich, daß die Vertragsstrafe für den Kaufvertrag in der Tat wesensfremd sei. Mit Recht habe das Landgericht geurteilt, daß die Vertragsstrafe nur im Hinblick auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes vereinbart worden sei. Dies folge, da der Landwirt S. sich schon vor Vertragsabänderung interessiert gezeigt habe, aus dem zeitlichen Ablauf und weiterhin daraus, daß Fa. H. nach eigenem Klägervortrag ohnehin vertragstreu und verläßlich gewesen sei. Schließlich werde es dadurch belegt, daß die Vertragsstrafe ein untaugliches Mittel darstelle, um sich gegen eine Grundstücksveräußerung wirkungsvoll abzusichern; naheliegend für diesen Zweck wäre es gewesen, wenn der Kläger sich z.B. eine Vormerkung für einen Rückübetragungsanspruch hätte bestellen lassen.

Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufung wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Landgericht ist für den Umfang der Verbindlichkeit des Erstvertragsinhaltes für den Vorbehaltskäufer von zutreffenden Grundsätzen ausgegangen und seine daran ausgerichtete Beurteilung im Hinblick auf die Vertragsstrafevereinbarung ist für den Senat überzeugend. Die dagegen erhobenen Berufungsangriffe des Klägers können diese Beurteilung nicht ändern.

1.

Dem Streit, ob die Vertragsstrafevereinbarung des Erstvertrages für den durch Ausübung des Vorkaufsrechtes (VKR) zustandekommenden Zweitvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten verbindlich ist, geht die logisch vorrangige - beim Landgericht unerörtert gebliebene - Frage voraus, ob man als "Weiterveräußerung der Grundstücke", an die die Vertragsstrafevereinbarung anknüpft, überhaupt den hier gegebenen Fall ansehen kann, daß die Beklagte die per VKR erworbenen Grundstücke ihrerseits an den Landwirt S. weiterveräußert hat. Zweifel an der Erfassung ergeben sich daraus, daß dieser Weiterveräußerungsvorgang nicht auf freier rechtsgeschäftlicher Entschließung der Beklagten beruht, sondern sich unmittelbar aus deren gesetzlicher Aufgabe nach dem ReichssiedlungsG ergibt. Diese Aufgabe besteht gem. §§ 1, 4, 6 ReichssiedlungsG darin, landwirtschaftliche Grundstücke zur Schaffung neuer Ansiedlungen sowie zur Hebung bestehender Kleinbetriebe zu beschaffen. Hierfür wird der Siedlungsbehörde bzw. der von ihr beauftragten Juristischen Person (s. § 1 I Satz 3 ReichssiedlungsG) durch §§ 4, 6 dieses Gesetzes (in der Fassung durch § 27 GrundstücksverkehrsG) ein gesetzliches VKR eingeräumt. Von daher erscheint es bereits zweifelhaft, ob die Weiterveräußerung von der Beklagten an den Landwirt S. einen Fall der "Weiterveräußerung" darstellt, der nach dem Willen der Parteien des Erstvertrages unerwünscht war und widrigenfalls durch die Vertragsstrafe sanktioniert werden sollte. Zweifelhaft ist wegen der genannten gesetzlichen Aufgabenstellung der Beklagten auch, ob ihr die Weiterveräußerung, wäre deren Verbot für sie verbindlich, als Verschulden angelastet werden könnte, was in aller Regel (vgl. §§ 339 i.V.m. 285 BGB) Voraussetzung für die Verwirkung einer Vertragsstrafe ist.

Letztlich können beide Fragen dahinstehen, denn selbst bei Erfassung der Weiterveräußerung von der Beklagten an den Landwirt S. und bei gegebenem Verschulden ist die Vertragsstrafe jedenfalls deshalb nicht Inhalt des Zweitvertrages des Klägers mit der Beklagten geworden, weil sie sich aus mehrfachen Gründen als Fremdkörper darstellt, der nicht auf Wahrung der Interessen der ursprünglichen Vertragsparteien, sondern darauf zugeschnitten ist, die Beklagte von der Ausübung ihres VKR abzuschrecken.

2.

Aus demselben Grund bedarf keiner näheren Erörterung, ob einer Verbindlichkeit der Vertragsstrafevereinbarung zu Lasten der Beklagten evtl. schon § 8 II ReichssiedlungsG entgegensteht. Nach dieser Vorschrift hat, wenn der Käufer (Fa. H.) eine Nebenleistung übernommen hat, die nicht in Geld zu schätzen ist, der Eigentümer (Kläger) dem Vorkaufsberechtigten (Beklagte) gegenüber "keinen Anspruch auf Erfüllung dieser Nebenleistung und der Vertragsstrafen, die zu ihrer Erfüllung ausbedungen sind". Vieles spricht dafür, daß das vorliegende vertragsstrafebewehrte Unterlassen der Weiterveräußerung eine "Nebenleistung" i.S. dieser Bestimmung ist, die nicht in Geld geschätzt werden kann. Auch eine Entscheidung hierüber lässt der Senat offen.

3.

Keiner näheren Befassung bedarf schließlich, ob die Verbindlichkeit der Vertragsstrafe für die Beklagte evtl. schon daran scheitert, weil die Strafvereinbarung bereits für sich genommen - ohne Beziehung zum VKR - unwirksam sein könnte (bei Aufrechterhaltung des Kaufvertrages im übrigen). Entsprechender Vortrag der Beklagten, z.B. daß es sich insoweit um ein Scheingeschäft i.S.d. § 117 I BGB handeln würde, ist nicht vorhanden. Auch für eine Sittenwidrigkeit der Vertragsstrafevereinbarung i.S.d. § 138 BGB fehlt es an Vortrag der Beklagten.

4.

Jedenfalls mit Recht hat das Landgericht die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe gem. Erstvertrag in der Fassung der Änderung vom 18.09.1997 deshalb verneint, weil es sich bei ihr um einen Fremdkörper handelt, mit dem die Parteien des Erstvertrages die Ausübung des VKR abwenden wollten. Eine solche Vereinbarung bindet den Vorkaufsberechtigten, hier die Beklagte, nicht.

Nach der Rspr. des BGH, die das Landgericht zugrundegelegt hat und der der Senat sich anschließt, sind vom Grundsatz des § 505 II BGB, wonach mit der Ausübung des VKR der Kauf zwischen dem Berechtigten und Verpflichteten unter denjenigen Bestimmungen zustandekommt, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat, der Vorkaufsberechtigte also alles zu erfüllen hat, was der Erstverkäufer versprochen hat, solche Verpflichtungen ausgenommen, die mit dem Wesen des Kaufs nichts zu tun haben, insbesondere solche, die nur den Vorkauf vereiteln sollen (BGHZ 77, 359; BGH NJW 1996, 654, 655 m. zahlreichen Nachweisen; OLG Stuttgart (5. ZS) ZMR 1998, 771). Denn hielte man den Grundsatz des § 505 II BGB uneingeschränkt durch, so erwüchse hieraus die Möglichkeit, durch Vereinbarungen im Kaufvertrag den Vorkaufsfall zu beseitigen, wenn der Berechtigte von seinem Recht Gebrauch macht (s. MK-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 506 Rz. 1). Deshalb gilt nach § 506 BGB der weitere Grundsatz, daß der Verpflichtete in der Gestaltung des Vertrages mit dem Dritten zwar frei ist, er insbesondere auch ein Rücktrittsrecht oder eine auflösende Bedingung vereinbaren kann für den Fall, daß das VKR ausgeübt wird, daß jedoch solche Vereinbarungen dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam sind, mithin nicht die Wirkung der Ausübung des VKR hindern können. Der Zweck dieser Vorschrift liegt in dem Schutz des Vorkaufsberechtigten vor Umgehungsgeschäften. Aus ihr folgt daher auch, daß der Vorkaufsverpflichtete sich keiner Vereinbarung bedienen darf, mit der das VKR vereitelt werden soll. Der Verpflichtete kann aufgrund eines Rücktrittsrechtes oder einer auflösenden Bedingung aber nicht nur nicht den Vorkaufsfall leugnen (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 59. Aufl., § 506 Rz. 2; BGH NJW 1987, 98), sondern § 506 BGB, der einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält (BGHZ 110, 230), ist entsprechend auf alle solchen auf Umgehung angelegten Vertragsvereinbarungen anzuwenden, mit denen die Ausübung und der Erfolg des VKR in vergleichbarer Weise gehindert werden soll. Auch derartige Vereinbarungen sind in bezug auf den Vorkaufsberechtigten relativ unwirksam. Dasselbe gilt für Vereinbarungen, deren Zweck darin besteht, die Ausübung des VKR zu vereiteln, von ihr abzuschrecken oder den Vorkaufsberechtigten "loszuwerden" (vgl. Palandt-Putzo, aaO, Rz. 3-5; MK-Westermann, aaO, § 504 Rz. 20). Abzustellen ist dabei darauf, ob die in § 505 II BGB vorgesehene Bindung des Vorkaufsberechtigten an die Konditionen des mit dem Dritten geschlossenen Kaufs dazu benutzt wird, durch den Einbau von "Fremdkörpern" in den Vertrag, die völlig außerhalb der für gegenseitige Verträge typischen Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung stehen, dem Vorkaufsberechtigten den Erwerb zu verleiden (BGHZ 34, 200, 205; BGHZ 77, 359, 362; BGH NJW-RR 1987, 397 f; NJW 1988, 703; w.N. bei MK-Westermann, aaO, FN 81).

5.

Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht die Vertragsstrafevereinbarung zutreffend als einen dem Kaufvertrag nicht wesensgemäßen Fremdkörper bewertet, mit dem das VKR unattraktiv gemacht werden sollte, und daraus zu Recht die Folgerung gezogen, daß die Beklagte die Vertragsstrafe nicht zu bezahlen hat.

Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an. Er macht sich die Beurteilung zu eigen, daß das auf den Fall des Weiterverkaufs der Grundstücke ausgerichtete Strafversprechen lediglich im Hinblick auf die Abwendung des VKR der Beklagten eingeführt worden ist. Hierfür spricht auch nach Ansicht des Senats zunächst schon die zeitliche Abfolge. Die Parteien des Erstvertrages haben dessen ursprünglichen Inhalt in dreifacher Hinsicht am 18.09.1997 modifiziert, und das hier umstrittene strafbewehrte Weiterveräußerungsverbot ist geeignet, von der Ausübung des VKR abzuschrecken. Ob dies auch für die zusammen mit dem Verbot am 18.09.1997 erfolgten Änderungen des Kaufpreises (erhebliche Erhöhung von 575.000,-- auf 800.000,-- DM = ca. 40 % Aufschlag) und der Laufzeit des Pachtvertrages (erhebliche Verlängerung von Ende 2002 auf Ende 2012 = Verdreifachung) gilt, ist für den vorliegenden Streit nicht entscheidungserheblich. Man kann daher offenlassen, ob auch diese beiden Änderungen auf das VKR zugeschnitten sind, weil sie dessen Ausübung unattraktiv machen sollten und im Vertrag mit dem Erstkäufer einen Fremdkörper darstellen, da sie, wäre der Vertrag mit ihm durchgeführt worden, zur Wahrung der Interessen nicht angezeigt waren. Die Vertragsstrafevereinbarung jedenfalls hat das Landgericht zu Recht als einen dem Kaufvertrag nicht wesensgemäßen Fremdkörper angesehen, denn sie fügt sich nicht interessengerecht in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein.

Soweit der Kläger dem in I. Instanz entgegenzuhalten versucht hat, daß es um seine Absicherung gegenüber der Erwerberin Fa. H. gegangen sei, hat dies bereits das Landgericht zutreffend als nicht schlüssig zurückgewiesen. Denn zum einen führt die Weiterveräußerung nicht zum Wegfall des Pachtvertrages (s. §§ 593 b i.V.m. 571 BGB), zum andern ist die Vertragsstrafe nicht das Mittel der 1. Wahl, um eine Auswechslung des Pachtvertragspartners zu hindern, und schließlich hat der Kläger nichts dafür vorgebracht, wofür im Verhältnis zur Fa. H. die Vertragsstrafe eine Kompensation habe darstellen sollen.

Was die Berufung dieser Beurteilung und ihrer Begründung entgegenhält, vermag nicht zu überzeugen. Soweit der Kläger unter Hinweis darauf, daß er die §§ 593 b, 571 BGB kenne, betont, ihm sei es nicht darum gegangen, die Weiterveräußerung deshalb unter Sanktion zu stellen, weil dann etwa der Pachtvertrag zu Ende gehen würde, vielmehr seien Befürchtungen tatsächlicher Art das Motiv gewesen, die Vertragsstrafe zu vereinbaren, so überzeugt dies nicht. Die angeblich befürchtete Gefahr, daß ein noch so langer Pachtvertrag vorzeitig beendet werden könnte, wenn eine Partei es darauf anlege, kann schlechterdings nicht im Hinblick auf Fa. H. geltend gemacht werden, was allein aber von der Ausrichtung auf das VKR wegweisen könnte. Denn zum einen stünde diese Befürchtung in bezug auf Fa. H. im Widerspruch zur mehrfach gerade vom Kläger betonten Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft dieser Vertragspartnerin. Zum andern gerät diese Argumentation des Klägers in einen unauflösbaren Widerspruch dazu, daß zugleich mit der Einführung der Vertragsstrafe die Pachtvertrags-Laufzeit verdreifacht worden ist und so gerade erst mit dem Änderungsvertrag vom 18.09.1997 die Grundlage für die angeblichen Befürchtungen tatsächlicher Art bei langer Vertragslaufzeit erst geschaffen worden sind. Hiervon abgesehen ist die Argumentation des Klägers, ein aufgrund Weiterveräußerung auftretender anderer Partner des Pachtvertrages könne unter Umständen die Grundstücke bebauen wollen oder sonstige tatsächliche Störungen des Pachtvertrages herbeiführen, auch deshalb nicht in sich schlüssig, weil insoweit auf den Pachtvertrag abgehoben wird, die Vertragsstrafe aber an die Weiterveräußerung der Grundstücke anknüpft. Der so gegebene Umstand, daß der Kläger die Notwendigkeit der Vertragsstrafe nicht aus dem Kaufvertrag, sondern aus dem Pachtvertrag heraus begründet, bestätigt, daß für den Kaufvertrag die Strafe wesensfremd ist.

Weiterhin entkräftet werden die Rechtfertigungsversuche des Klägers schließlich dadurch, daß die Vertragsänderungen zu einem Zeitpunkt vereinbart worden sind, als unstreitig der Landwirt S. sein Interesse am Erwerb der Grundstücke angekündigt hatte (vgl. Beklagtenvortrag Bl. 66 Ziff. 1 und Klägervortrag Bl. 62 unten). Ohne Bedeutung ist demgegenüber der Umstand, daß die tatsächliche förmliche Ausübung des VKR durch die Beklagte am 17.10.1997 und somit erst nach Abschluß der Vertragsänderung erfolgt ist.

Nicht gefolgt werden kann dem Kläger auch darin, daß die Beurteilung der Vertragsstrafeklausel der neueren Rspr. zur Analogie aus § 506 BGB nicht standhalte. Zwar trifft es zu, daß für die Beurteilung darauf abzustellen ist, ob die beanstandete Klausel außerhalb des Synallagmas steht, nur für den Fall des Vorkaufs getroffen worden ist und bei der Durchführung des Erstvertrages keine Vorteile bringt (vgl. BGH NJW 1996, 654, 655 li. Sp. m. z.N.). Jedoch sind alle diese Merkmale für das vertragsstrafebewehrte Weiterveräußerungsverbot erfüllt. Dies spricht regelmäßig dafür, daß die betroffene Klausel mit dem eigentlichen Kauf und dem dadurch beabsichtigten Erwerbsvorgang nichts mehr zu tun hat (vgl. BGHZ 77, 359, 363). In das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zwischen dem Kläger und Fa. H. paßt die Vertragsstrafe nicht hinein, weil das Verbot nach der vom Kläger mehrfach selber betonten Vertragstreue der Fa. H. nicht erforderlich war, um diese von einer Weiterveräußerung abzuhalten. Somit aber findet das Vertragsstrafeversprechen der Fa. H. keine Entsprechung zu einer insoweit bestehenden Gefahr, ganz abgesehen davon, daß die Weiterveräußerung wegen §§ 593 b, 571 BGB den Pachtvertrag unberührt läßt. Es ist daher nicht erkennbar, welche Vorteile das Verbot bei Durchführung des Erstvertrages mit Fa. H, hätte bringen sollen. Mit der Vertragsstrafe kann daher nur auf eine Weiterveräußerung durch die vorkaufsberechtigte Beklagte abgezielt sein. Vorteile bei der Durchführung des Erstvertrages hätte zwar die Strafe insoweit gebracht, als dem Kläger bei Weiterveräußerung durch Fa. H. weitere Geldmittel zugestanden hätten. Die Beurteilung muß aber an dem versprochenen Unterlassen ansetzen. Im übrigen muß der Blick auf den Geldzufluss aus der hypothetischen Betrachtung ausgeschlossen bleiben, weil bei Fa. H. nach eigenem Klägervortrag eine Schädigung des Klägers durch Weiterveräußerung ausgeschlossen war, sodaß allein wiederum übrig bleibt, daß die Vertragsstrafevereinbarung im Hinblick auf das VKR und eine Weiterveräußerung durch die Beklagte eingefügt worden ist. Dann aber muß diesem Vertragsbestandteil wegen seiner Eignung, die Ausübung des VKR zu vereiteln, analog § 506 BGB die Verbindlichkeit gegenüber der vorkaufsberechtigten Beklagten abgesprochen werden.

Daran kann auch der Hinweis des Beklagten in der Berufungsverhandlung nichts ändern, daß die Vertragsänderungen gemäß Vorbemerkung I der Urkunde vom 18.09.1997 von der Bank veranlaßt worden seien. Denn diese Veranlassung kann allenfalls die Erhöhung des Kaufpreises erklären, nicht aber die Einfügung des vertragsstrafebewehrten Weiterveräußerungsverbotes rechtfertigen, da die Vertragsstrafe wegen der Ungewißheit eines Verbotsverstoßes nicht zur Rückführung der Schulden einkalkuliert werden konnte, vielmehr sogar aufgrund der betonten Vertragstreue der Fa. H. mit ihrem Anfall nicht gerechnet werden konnte. Deshalb kann die Vertragsstrafe auch nicht in die Betrachtung des Synallagmasmittels der Argumentation des Beklagten eingefügt werden, daß sie als Teil des mit 800.000,-- DM angeblich immer noch zu niedrig bemessenen Kaufpreises anzusehen sei.

Aus diesen Gründen muß es bei der relativen Unwirksamkeit der Vertragsstrafevereinbarung im Verhältnis des Klägers zur Beklagten bleiben und folglich dessen Berufung mit den Nebenfolgen der §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO zurückgewiesen werden.

Ende der Entscheidung

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