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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: 2 U 172/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 661a
Eine Gewinnzusage ist zu erfüllen, wenn der Eindruck erweckt wird, die Auszahlung des Gewinn sei von keiner anderen Bedingung als der rechtzeitigen Überreichung der Gewinnanforderung abhängig.
Oberlandesgericht Stuttgart 2. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 172/03

Verkündet am 11. März 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 05. Februar 2004 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. M Richter am Oberlandesgericht R Richter am Oberlandesgericht H

für Recht erkannt:

Tenor:

a) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 11.09.2003 - 3 O 117/03 I - abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.000,-- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.10.2002 zu zahlen.

b) Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

c) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

d) Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 15.000,-- €

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Gewinnzusage auf Zahlung in Anspruch.

Im September 2002 übersandte die Beklagte dem Kläger eine "Barpreis-Bekanntgabe", die wie folgt lautet:

"Wenn Sie die gewinnende BARPREIS-Kontrollnummer aus unserer Ziehung haben und einsenden, wird der Leiter der Gewinn-Vergabe offiziell bekannt geben:

Der Name des Gewinners unsere BARPREIS-Vergabe liegt vor:

N,

IHRE NUMMER WURDE GEZOGEN!

DER HAUPTPREIS ÜBER 15.000 € GEHÖRT OFFIZIELL IHNEN.

Registrierte BARPREIS-Kontrollnummer: 828.220

Wenn Sie die gewinnende, registrierte BARPREIS-Kontrollnummer aus unserer Ziehung haben und zurücksenden, werden wir offiziell bekannt geben:

N. MACHT SCHLAGZEILEN ALS GEWINNER DES HAUPTPREISES ÜBER 15.000 € IN UNSERER BARPREIS-VERGABE !

Wegen des weiteren Inhalts und der Gestaltung des Schreibens wird auf die Anlage K1 (nach Bl. 3 d.A.) verwiesen.

In einem nachfolgenden Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger u. a. folgendes mit:

Herr N.,

wir wollten bereits am 27. September 2002 in Heilbronn sein mit einem Barscheck in Höhe von 15.000,00 €. Aber uns fehlt noch die gültige Gewinnanforderung!

Gewinn-Übergabe daher verschoben auf den 11.10.2002.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K3 verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass mit der rechtzeitigen Übersendung des Gewinnformulars die Voraussetzungen für die Auszahlung des zugesagten Gewinns in Höhe von 15.000,-- € vorlägen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 11.09.2003 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass aus dem übersandten Schreiben, insbesondere dem mehrfachen Hinweis auf die Notwendigkeit des Besitzes der gewinnenden Barpreis-Kontrollnummer für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher unzweifelhaft hervorgehe, dass nur derjenige Einsender den Preis gewinnt, der im Besitz dieser Nummer ist.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der geltend gemacht wird, dass aus dem Begleitschreiben (Anlage K2) und den sonstigen Unterlagen der Eindruck erweckt werde, dass der Kläger bereits der Gewinner sei. Etwaige bestehende Zweifel am bereits erzielten Gewinn würden jedenfalls durch die nachfolgenden Schreiben ausgeräumt, insbesondere durch die Ankündigung der Übergabe des Barschecks am Wohnort des Klägers.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 11.09.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Heilbronn - Aktenzeichen 3 O 117/03 I - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.000,-- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hält das angegriffene Urteil in seiner Begründung für zutreffend und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

1.

Aufgrund der nach dem 01.03.2002 erfolgten Klagerhebung ergibt sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Heilbronn für die im Mitgliedsstaat Italien niedergelassene Beklagte aus Artikel 5 Nr. 3, 6O I VO (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVo) i.V.m. deren Artikel 66 I und 76 ( vgl. BGH NJW 2003, 426 zum insoweit gleichlautenden Art. 5 Nr. 3 EuGVü).Von der Anwendbarkeit deutschen Rechtes gehen beide Parteien ohne weiteres aus.

2.

Dem Kläger steht nach § 661 a BGB ein Anspruch auf Auszahlung des zugesagten Gewinns in Höhe von 15.000,-- € zu. Dieser Anspruchsnorm stehen verfassungsrechtliche Bedenken nicht entgegen (BGH NJW 2003, 3620).

Die Beklagte hat mit den an den Kläger übersandten Unterlagen den Eindruck erweckt, er sei der Gewinner des Hauptpreises über 15.000,-- €.

Dabei kann dahinstehen, ob ein derartiger Eindruck bereits durch das erste Schreiben mit der Überschrift "Barpreis-Bekanntgabe" und dem Begleitschreiben (Anlage K2) hervorgerufen wurde, da jedenfalls durch die anschließende Mitteilung über die Verschiebung des Termins zur Gewinn-Übergabe (Anlage K3) ein derartiger Eindruck entstanden ist.

Für die Frage, ob durch eine Gewinnmitteilung bei dem Empfänger der Eindruck erweckt wird, einen Preis gewonnen zu haben, kommt es auf den Empfängerhorizont eines situationsadäquat aufmerksamen und durchschnittlich informierten Verbrauchers an. Insoweit können die für die Beurteilung irreführender Angaben im Rahmen der Werbung ( § 3 UWG) entwickelten Grundsätze übertragen werden, da es sowohl in § 661 a BGB als auch in § 3 UWG um die Frage geht, wie der Verkehr eine Mitteilung versteht ( vgl. BGH GRUR, 2002, 160, 162 - Warsteiner III; GRUR 2003, 361, 362 - Sparvorwahl; Köhler/Piper UWG, 3. Aufl., § 3 Rn. 51 a). Zwar wird der durchschnittliche Empfänger eines Schreibens, das ihn als Gewinner eines Gewinnspiels ausweist, für das er keine Aufgabe gelöst und an dem er auch sonstwie nicht von sich aus teilgenommen hat, einer solchen Mitteilung kritisch gegenübertreten im Hinblick auf die Lebenserfahrung, dass es grundsätzlich nichts geschenkt gibt.

Hiervon ausgehend bestehen in der Tat Zweifel daran, ob das Schreiben mit der Überschrift "Barpreis-Bekanntgabe" i.V.m. dem Begleitschreiben (K2) bereits den Eindruck erweckt, der namentlich genannte Adressat sei Gewinner des Barpreises von 15.000,-- €. Außerdem sind die dortigen mit dem Wort "wenn" eingeleiteten und auf ein zukünftiges, noch nicht feststehendes Ereignis hinweisenden Sätze wie z. B. "wenn Sie die gewinnende, registrierte Barpreis-Kontrollnummer aus unserer Ziehung haben und zurücksenden, werden wir offiziell bekannt geben:.... "

Hinweise darauf, dass die Auszahlung des Hauptpreises noch von einer Bedingung abhängt, die auf den in der Rückseite abgedruckten Gewinn-Bedingungen näher erläutert wird, nämlich der Übereinstimmung der in dem Schreiben mitgeteilten Barpreiskontrollnummer mit der (entweder bereits gezogenen oder noch zu ziehenden) gewinnenden Nummer.

Ob diese Formulierungen ausreichend sind, um dem Eindruck entgegenzuwirken, der durch die blickfangmäßig herausgestellten Mitteilungen über den Gewinn des Hauptpreises hervorgerufenen wurde, kann vorliegend offen bleiben. Denn entscheidend ist folgegndes:

Etwaige Zweifel, ob der Kläger bereits als Gewinner feststeht, hat die Beklagte jedenfalls durch die Zusendung des mit der Anlage K3 erfolgten Schreibens beseitigt, in dem mitgeteilt wird, dass der am 27. September in Heilbronn vorgesehene Übergabetermin wegen des Ausbleibens einer gültigen Gewinnanforderung des Klägers auf den 11.10.2002 verschoben wurde.

In diesem Schreiben ist keine Rede mehr davon, dass die Auszahlung des Gewinns von einer anderen Bedingung als der rechtzeitigen Übersendung der Gewinnanforderung abhängig ist. Das auf ein zukünftiges Ereignis hinweisende Wort "wenn" erscheint dort nicht mehr im Zusammenhang mit der Frage, wer Gewinner des Preises ist, sondern nur noch im Zusammenhang mit der Art und Weise der Gewinnübergabe. Wörtlich heißt es in dem Schreiben:

" Wenn es also am 11. Oktober an Ihrer Haustür klingelt, lassen Sie sich unbedingt einen Ausweis zeigen, damit Sie wissen, dass alles mit rechten Dingen zugeht."

Die Begründung, dass wegen der noch ausstehenden gültigen Gewinn-Anforderung des Klägers die Gewinnübergabe verschoben wurde, kann der Empfänger auch unter Berücksichtigung der in den voran gegangenen Unterlagen enthaltenen Hinweise nur dahingehend verstehen, dass er bereits als Gewinner feststeht. Die Verlegung des Termins zur Gewinnübergabe ergibt aus der Sicht des Empfängers nur dann einen Sinn, wenn dieser tatsächlich die gewinnende Identifikationsnummer hat. Dieser Eindruck wird auch dadurch verstärkt, dass nach der Mitteilung Anl. K3 der Barscheck bereits am 27. September in Heilbronn und damit am Wohnort des Klägers hätte übergeben werden sollen. Dem gegenüber wird die entpersonalisierende Formulierung "werden wir den Gewinner zu Hause besuchen und ihm den € 15.000,00-Barscheck übergeben" sowie der Hinweis auf die notwendige fristgerechte Rücksendung des offiziellen Gewinn-Formulares mit der gewinnenden Identifikations-Nummer nicht (mehr) als Einschränkung der Gewinnzusage verstanden. Dieses Schreiben enthält auch entgegen der ursprünglichen "Barpreis-Bekanntgabe" keinen Hinweis auf die Gewinn-Bedingungen, weshalb der Empfänger unter Berücksichtigung der gesamten Umstände keinen Grund für die Annahme hat, die Gewinnzusage sei von anderen Umständen als der rechtzeitigen Absendung der Gewinn-Anforderung abhängig.

Demnach liegen die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 661 a BGB vor.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich nach §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit hat keine über die streitgegenständliche Gewinnmitteilung hinausgehende grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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