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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 27.04.2001
Aktenzeichen: 2 U 204/2000
Rechtsgebiete: MarkenG, ZPO, BGB


Vorschriften:

MarkenG § 96 Abs. 3
MarkenG § 51
MarkenG § 13 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 23
BGB § 12 Satz 2
Künstlername als Gegenstand des Namensschutzes

Ob die deutschen Gerichte international zuständig sind, ist auch in der Berufungsinstanz noch zu prüfen; § 512 a ZPO gilt insoweit nicht.

Auch der Nachname als Teil eines Künstlernamens genießt zwar den Namensschutz des § 12 BGB, wenn schon sein alleiniger Gebrauch beim Publikum die Erinnerung an den Träger des Künstlernamens weckt und daher geeignet ist, Verwechslungen mit diesem hervorzurufen.

Mangels Verwechslungsgefahr besteht aber kein Namensschutz für den Nachnamen als Teil des Künstlernamens eines Sängers gegenüber einer wortgleichen Marke eingetragen für Waren der Klasse 33 (Spirituosen, Liköre, Weine, Schaumweine und weinhaltige Getränke).


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 204/2000 17 O 243/2000 LG Stuttgart

verkündet am 27. April 2001

(Weber) Justizobersekretärin Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 09. März 2001 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. Lütje, des Richters am Oberlandesgericht Prof. Dr. Fezer sowie des Richters am Oberlandesgericht Oechsner

für Recht erkannt:

Tenor:

1. das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.09.2000 wird abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Klägers: 50.000 DM

Tatbestand:

Der Kläger wurde als Hans-Rolf R geboren, bezeichnet sich selbst als einen bekannten Künstler auf dem Gebiet der klassischen Musik und tritt seit den 50er Jahren unter dem Künstlernamen "IM Ruf" auf.

Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Cham, Schweiz, ist Inhaberin der Wortmarke "R", welche beim Deutschen Patent- und Markenamt seit 04.05.1995 für "Spirituosen", Liköre, Weine, Schaumweine und weinhaltige Getränke eingetragen ist (Anl. K 1).

Sie stellt unter der genannten Marke in Deutschland Vodka in Dosen her; die Dosen tragen die Aufschrift "R....VODKA"; zwischen den genannten beiden Worten befindet sich das Bild eines Mannes, der einen russischen Zaren darstellen soll. Die Dosen sind ausschließlich für den Export in Länder außerhalb der EU bestimmt und werden vor allem in die Länder Irak, Iran und die Türkei ausgeführt.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Löschung der für sie eingetragenen Marke "R" in Anspruch.

Er hat dazu vor dem Landgericht vorgetragen, er sei auch heute noch unter seinem Künstlernamen berühmt, weil er jährlich etwa 150 Konzerte in Deutschland gebe und darüber hinaus etwa 10 Fernsehauftritte absolviere. Da er seinen Künstlernamen seit den 50er Jahren trage, die Marke der Beklagten jedoch erst 1995 eingetragen worden sei, stehe ihm aufgrund seines Namensrechts ein älteres Recht zu. Auch wenn in der Marke der Beklagten sein Vorname weggelassen sei, werde sein Namensrecht durch Nennung seines Nachnamens verletzt, denn er werde schon allein durch seinen Nachnamen ausreichend individualisiert.

Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der für die Waren und Dienstleistungen "Spirituosen, Liköre, Weine, Schaumweine, weinhaltige Getränke" am 23.08.1994 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 04.05.1995 in die Warenzeichenrolle beim Deutschen Patentamt eingetragenen Marke Nr. 2905489 "R" gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.

Die Beklagte hat demgegenüber beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dazu vorgetragen:

R sei in Russland ein "Allerweltsname" und wegen seines typisch russischen Klangs für die Vodkadosen ausgewählt worden. Eine erkennbare Bezugnahme auf "R" fehle hier schon deshalb, weil die Beklagte nur Inhaberin der Marke "R" in Alleinstellung sei.

Auch aus anderen Gründen scheide hier eine Verletzung des Namensrechts des Klägers aus. So verhindere schon die Verbindung von Name und russischem Zarenbild auf der Dose eine Assoziation mit dem Kläger. Da der Vodka ausschließlich zum Export bestimmt und der Kläger den außereuropäischen Käufern der Dosen unbekannt sei, fehle jedenfalls die für eine Namensrechtsverletzung notwendige Verwechslungsgefahr durch die maßgeblichen Verkehrskreise.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Einwilligung in die Löschung der Marke "R" verurteilt.

Anspruchsgrundlage bildeten die §§ 51, 13 Abs. 2 Ziff. 1 MarkenG/12 BGB. Verkehrsgeltung in Deutschland könne der Kläger für seinen sogar berühmten Künstlernamen "I R", aber auch für den Namensbestandteil "R" in Alleinstellung beanspruchen. Denn dieser in Deutschland ausgesprochen seltene Name sei geeignet, den Kläger hinreichend zu konkretisieren.

Eine Verletzung der Interessen des Klägers sei wegen Verwechslungsgefahr zu bejahen; dafür reiche es aus, dass hier der Eindruck entstehen könne, der Kläger vermarkte seinen Namen. Maßgeblich für die Verkehrsgeltung/Berühmtheit dieses Namens sei die Sicht der inländischen Bevölkerung. Da aber Produktion und Vertrieb des Vodka im Inland erfolgten, werde die Gesamtbevölkerung - mangels gegenteiligen Beklagtenvortrags - durch eine Vielzahl von Inländern repräsentiert, die damit befasst seien. Aus diesem Grund sei unerheblich, dass die Dosen ausschließlich für den Export bestimmt seien und tatsächlich auch ausschließlich in Länder außerhalb der EU exportiert würden. Denn auch in der Produktion für den bloßen Export liege eine relevante Benutzung der Marke (§§ 14 Abs. 3 Nr. 4, 26 Abs. 4 MarkG).

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte fristgerecht Berufung einlegen lassen. Ihr Ziel: Abänderung des angefochtenen Urteils und Klagabweisung.

In ihrer Begründung dazu akzeptiert sie zwar den Ausgangspunkt des Landgerichts (Künstlername nach § 12 BGB schutzfähig/"R" ein in Deutschland ausgesprochen seltener Name).

Es fehle aber an der vom Kläger behaupteten wie auch vom Landgericht als entscheidend angenommenen Verletzung des Namensrechts des Klägers in Deutschland. Denn das mit der Marke "R" der Beklagten versehene Produkt werde in Deutschland weder beworben noch sei es dort erhältlich. Dass die deutsche Gesamtbevölkerung durch eine "Vielzahl von Inländern" bei Produktion und Vertrieb repräsentiert werde, habe der Kläger selbst nicht vorgetragen, sondern beruhe auf einen neuen Sachverhalt, den das Landgericht erstmals im angefochtenen Urteil eingeführt habe.

Im Übrigen könne dem Landgericht schon aus tatsächlichen wie aber auch aus rechtlichen Gründen nicht gefolgt werden.

Die Produktion erfolge nämlich in einer voll automatisierten Anlage in Köln unter Zollaufsicht; betriebsfremde Personen hätten keinen Zutritt. Die Ware werde anschließend vom Zoll verplombt, so dass nicht einmal der Lkw-Fahrer, der sie zum Hafen Antwerpen bringe, die Aufschrift "R" zur Kenntnis nehmen könne. Es gehe also um einen rein betriebsinternen Vorgang in Deutschland, der keine Namensverletzung darstelle. Denn die wenigen mit der Produktion befassten Mitarbeiter gehörten nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen. Mit seiner markenrechtlichen Argumentation (Export = relevante Markenbenutzung) verlasse das Landgericht seine zunächst gewählte namensrechtliche Argumentationslinie. Selbst wenn man zu den maßgeblichen Verkehrskreisen die wenigen, in Deutschland mit der Produktion befassten Mitarbeiter zähle, hätte das Landgericht - bezogen auf diesen dann relevanten Personenkreis - eine Namensverletzung feststellen müssen. Dann spiele aber auch eine Rolle, dass genau dieser Personenkreis nicht nur Vodka unter der genannten Bezeichnung, sondern auch "P-Vodka" und "N-Vodka" produziere. Aufgrund ihrer Produktkenntnis unterlägen die mit der Produktion befassten Mitarbeiter deshalb gerade nicht der vom Landgericht angenommenen Verwechslungsgefahr.

Noch stärker falle ins Gewicht, dass die Dosen nicht das Bild des Klägers, sondern das eines "fiktiven Zaren" trügen; die mit der Produktion befassten Personen wussten deshalb sofort um die hier nur zufällige Namensübereinstimmung.

Auch Plausibilitätsgründe sprächen gegen einen gewollten Bezug auf den Kläger: Die Beklagte verkaufe ihre Produkte ausschließlich in Länder, in denen der Kläger völlig unbekannt sei. Selbst in Deutschland sei der Kläger seit Jahren nur noch als Kirchenmusiker in Erscheinung getreten (Anl. B 14 mit Tournee-Daten 2000 des Klägers). Es sei nun aber wirklich sehr fernliegend, dass jemand, der den Kläger als Interpreten sakraler Musik kenne, glauben könne, nun würde der Kläger auch für Vodka werben. Umgekehrt seien die Besucher von Konzerten der Kirchenmusik nach der Lebenserfahrung keine Vodka-Trinker. Auch deshalb scheide eine Verwechslungsgefahr hier aus.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.09.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen;

hilfsweise:

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt demgegenüber,

die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts als richtig.

Zur Begründung läßt er vortragen, auch der Namensbestandteil "R" sei in Deutschland absolut selten und deshalb unterscheidungskräftig; darüber hinaus wiederholt er seinen erstinstanzlichen Vortrag, wonach der Kläger bei 63 % der deutschen Bevölkerung bekannt sei. Daß die Eintragung einer Marke einen unbefugten Namensgebrauch darstelle, sei seit der Entscheidung RGZ 74, 310 anerkannt. Dem Kläger werde durch die Markeneintragung der Beklagten verwehrt, die Bekanntheit seines Namens zu verwerten.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dazu vorgelegten Anlagen verwiesen. Diese Anlagen umfassen auch eine gefüllte Dose "R"-Vodka" (Anlage B 8).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie hat darüber hinaus auch Erfolg. Denn zu Recht rügt die Beklagte, dass aufgrund des unstreitigen Sachverhalts eine Verletzung des Namensrechts des Klägers in Deutschland nicht erkennbar ist. Das Urteil des Landgerichts war aus diesem Grund abzuändern und die Klage abzuweisen.

1.

Von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist das Landgericht (unausgesprochen) ebenso ausgegangen wie von seiner örtlichen Zuständigkeit. Das ist im Ergebnis richtig.

Wegen § 512a ZPO braucht im vorliegenden Berufungsverfahren zwar die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts nicht mehr geprüft zu werden, wohl aber die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Denn § 512a ZPO gilt insoweit nicht (BGHZ GS 44, 46, 49-51; Thomas/Putzo, 22. Aufl., § 512a ZPO, Rn. 4).

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die hier vorliegende Klage eines in Griechenland lebenden Deutschen gegen die schweizer Beklagte folgt aber aus § 96 Abs. 3 Satz 1 MarkG i.V.m. § 23 ZPO. Letztgenannte Vorschrift gilt nämlich nicht nur für die örtliche, sondern auch für die internationale Zuständigkeit (BGH NJW 1993, 2683) und - trotz seines Wortlauts - auch für Klagen gegen ausländische juristische Personen. Der notwendige Inlandsbezug (BGHZ 115, 90) ergibt sich aus der Markeneintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt (K 1). Da die Schweiz nicht Mitgliedsstaat des EuGVÜ ist, führt auch das EuGVÜ hier nicht zur Unanwendbarkeit des § 23 ZPO (Thomas/Putzo, § 23 ZPO, Rn. 3 i.V.m. Vorbem. 1 ff. EuGVÜ).

2.

Die Klage hätte aber schon vom Landgericht als unbegründet abgewiesen müssen. Denn die denkbaren Anspruchsgrundlagen (§ 12, S. 2 BGB/§§ 51, 13 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Namensanmaßung) greifen nicht. Eine Namensanmaßung setzt voraus, dass der gleiche Name gebraucht und dadurch der berechtigte Namensträger in seinem Interesse an der Namensführung verletzt wird (Fezer, Markeng, 2. Aufl., § 15 Rn. 55 zu § 12 BGB). Der Löschungsgrund nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verlangt ebenfalls eine Verletzung des Namensrechts. Denn er richtet sich nach dem Schutzinhalt des verletzten prioritätsälteren Rechts (Fezen, § 13 Rn. 1). Maßgeblich für diese Beurteilung ist allein das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Denn dort, aber auch nur dort, sieht der Kläger sein Namensrecht durch die Marke der Beklagten verletzt.

a)

Nicht zu beanstanden ist zwar der Ausgangspunkt des Landgerichts: Künstlernamen können Namensschutz genießen (BGHZ 30, 7, 8 f.). Der Schutz entsteht durch die Annahme und den Gebrauch einer hinreichend unterscheidungskräftigen Bezeichnung (Soergel-Heinrich, 13. Aufl., § 12 BGB, Rn. 118 und 121). Das ist hier der russische, in Deutschland seltene und deshalb in Deutschland unterscheidungskräftige Name I R. Ob weiter als Voraussetzung für den Namensschutz eine besondere Verkehrsgeltung verlangt werden kann, ist streitig (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 12 BGB, Rn. 8), kann hier aber als nicht entscheidungserheblich offen bleiben.

Künstlernamen bestehen im Regelfall aus Vor- und Nachname; entsprechend erstreckt sich der Namensschutz auch auf den vollständigen, aus beiden Namensbestandteilen gebildeten Künstlernamen (Soergel-Heinrich, Rn. 121). Auch hier besteht der Künstlername des Klägers "I R" sowohl aus einem Vor- als auch aus einem Nachnamen.

b)

Zweifelhaft ist deshalb schon der aus eigener Sachkunde gezogene Schluss des Landgerichts, auch der Nachname "R" in Alleinstellung sei geschützt. Denn allein unter "R" ist der Kläger bis heute niemals aufgetreten, sondern immer nur unter "I R" (vgl. z.B. Liste der Tournee-Daten - Bl. 45 und 47). Kraft Verkehrsgeltung kann "R" allein den Kläger also nicht bezeichnen; zumindest ist dies zweifelhaft. Denn einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach sich der Verkehr bei Marken, die aus Vor- und Familiennamen bestehen, regelmäßig am Familiennamen als prägendem Bestandteil orientiert, gibt es nicht (BGH, GRUR 2000, 1031, 1032 - "Carl Link").

Dasselbe muss auch im Namensrecht gelten. Denn Gründe für eine abweichende Beurteilung gegenüber dem Markenrecht lassen sich hier nicht finden. Es müsste also schon feststehen, dass schon der Namensbestandteil "R" geeignet ist, auf den Kläger als Namensträger hinzuweisen (Soergel-Heinrich, Rn. 12 Rn. 144). Dementsprechend hat die Rechtsprechung zwar anerkannt, dass sogar der Vorname als Teil eines Künstlernamens Namensschutz genießen kann. Dies gelte aber nur dann, wenn schon sein alleiniger Gebrauch beim Publikum die Erinnerung an den Träger des Künstlernamens wecke und darüber hinaus geeignet sei, Verwechslungen mit diesem hervorzurufen (BGH GRUR 1983, 262, 263 -"Uwe" = NJW 1983, 1184 unter Hinweis auf eine vom Berufungsgericht eingeholte Meinungsumfrage; OLG München, GRUB 1960, 394 - "Romy").

Die genannten Voraussetzungen für den Namensbestandteil "R" hat der Kläger bis heute nicht vorgetragen.

In seiner Klageschrift - S. 3 Mitte - heisst es nur, der Kläger sei unter seinem (vollständigen) Künstlernamen "I R" bei 63 % der deutschen Bevölkerung bekannt (vgl. ergänzend Anl. K 2 - Ermittlung des Werbewerts von I R für 1997).

Entsprechendes hat der Kläger später zwar auch für den Namensbestandteil "R" behauptet (auch in Alleinstellung bundesweit bekannt - SS an LG vom 01.08.2000 - S. 6 = Bl. 36). Die von ihm dafür gegebene und vom Landgericht übernommene Begründung (großer Seltenheitsgrad dieses Nachnamens in Deutschland) überzeugt aber - für sich allein - noch nicht. Dagegen sprechen viel mehr die oben sinngemäß wiedergegebene Formulierung aus BGH GRUB 2000, 1032 -"Carl Link" -, und der Umstand, dass der Kläger selbst "R" niemals in Alleinstellung benutzt hat. Ein prägendes Übergewicht kann der russische Nachname "R" schließlich auch deshalb nicht ohne weiteres entfalten, weil auch der Vorname I russisch ist und deshalb in Deutschland ebenfalls nicht allzu häufig sein dürfte.

c)

Letzten Endes können diese Zweifel aber auf sich beruhen. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers - einmal - unterstellt, er genieße in Deutschland Namensschutz auch für "R" allein, ist jedenfalls eine Verletzung eines solchen Namensrechts nicht erkennbar.

§ 12 BGB schützt den Namensträger nur dann gegen den unbefugten Gebrauch seines Namens, wenn sein Interesse verletzt ist (Palandt, § 12 Rn. 28). Der Tatbestand der Interessenverletzung verlangt Verwechslungsgefahr im engeren oder (und hier allein denkbar) zumindest im weiteren Sinne. Denn ersteres liegt nur vor, wenn die beteiligten Verkehrskreise Identität der Namensträger annehmen; letztere aber auch, wenn sie nur personelle oder organisatorische Zusammenhänge oder aber eine Zustimmung des Namensträgers vermuten (BGH NJW-RR 1989, 1388 Commerzbau; OLG Frankfurt, GRUB 1989, 288 - Help).

Mit dem Eindruck einer solchen - vermeintlichen - Zustimmung des Klägers zum Gebrauch seines Namens hat auch das Landgericht hier die Verwechslungsgefahr begründet (Entscheidungsgründe unter 3.). Die vom Landgericht dafür gegebene Begründung überzeugt aber nicht: Denn die Namensverletzung soll sich - nach Auffassung des Klägers - schon aus der von der Beklagten erwirkten Markeneintragung "R" ergeben. Es kann deshalb offenbleiben, welche gedanklichen Assoziationen die äußere Gestaltung der Dosen bei den mit der Produktion und dem Vertrieb befaßten Mitarbeitern der Beklagten auslöst, zumal es sich dabei um einen unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr irrelevanten, weil rein betriebsinternen Vorgang handelt.

Selbst wenn man aber im Hinblick auf den markenrechtlichen Benutzungszwang (§ 25 f. MarkenG) eine Markennutzung in Deutschland unterstellt, ändert dies nichts am Ergebnis. Denn für den Fall einer solchen Markennutzung in Deutschland ist nicht dargetan, daß die angesprochenen Verkehrskreise, also Käufer und Konsumenten von unter der Marke "R" angebotenen Spirituosen u. ä. einen gedanklichen Zusammenhang zum Kläger herstellen würden. Diese Zweifel ergeben sich daraus, daß der Kläger unter seinem vollständigen Künstlernamen I R als Sänger bekannt geworden ist, während die Beklagte unter der Marke "R" Spirituosen, Liköre, Weine, Schaumweine und weinhaltige Getränke vertreiben würde (vgl. zum Warenverzeichnis: Markeneintragung - K 1). Das läßt es als nicht fernliegend erscheinen, daß der Verkehr die Verwendung des Nachnamens "R" in der Marke der Beklagten nur als zufällige Übereinstimmung verstehen würde, nicht aber dahin, daß irgendwelche Beziehungen zum Kläger bestünden (vgl. die entsprechende Begründung in BGH GRUR 1983, 263 - "Uwe" - re. Sp. u.). Dem läßt sich auch nicht entgegen halten, in den 90er Jahren, also nach dem Datum der genannten BGH-Entscheidung seien die Fälle einer branchenfremden Werbung geradezu die Regel geworden, weshalb die Branchenverschiedenheit von werbendem und beworbenem Produkt nicht mehr für eine nur zufällige Übereinstimmung spreche (nicht nachgelassener Schriftsatz Kl.v. vom 23.03.2001 auf Seite 6 unten). Abgesehen davon, daß es sich insoweit um Tatsachenvortrag handelt, der wegen § 296 a ZPO grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden kann, läßt sich in diesem Punkt kein wesentlicher Unterschied zum Sachverhalt der Uwe-Entscheidung des Bundesgerichtshofs erkennen. Denn auch der dortige Kläger, ein bekannter früherer Fußballspieler, hatte seinen (Vor-) Namen schon "seit 1976" branchenfremd benutzt, nämlich "zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken, die nicht zum Sportsektor gehörten" (vgl. den in der zitierten Entscheidung mitgeteilten Sachverhalt). Ein solches branchenfremdes Werbeverhalten war also schon damals bekannt. Selbst wenn ein solches Verhalten in der Zwischenzeit häufiger geworden sein mag, ist dennoch an dem vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsatz festzuhalten, wonach (zur Klärung der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne) im Einzelfall festgestellt werden muß, daß dem Publikum die branchenfremde geschäftliche Betätigung eines bekannten Klägers ebenfalls bekannt ist (GRUR 1983, 264 - linke Sp. - 3. Abs. von oben). Denn es kann nicht sein, daß allein ein bekannter Künstlername genügt, damit der Namensträger Schutz für jede denkbare Warenkategorie beanspruchen kann.

Entgegen der vom Kläger (im Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 23.03.2001 - Seite 7) vertretenen Auffassung kann der Senat deshalb die Möglichkeit einer zufälligen Namensübereinstimmung nicht aus eigener Sachkunde ausschließen.

Nicht nachgegangen werden brauchte andererseits dem Beweisangebot des Klägers (gerichtet auf Einholung eines demografischen Gutachtens zum Beweis der Behauptung, der Verkehr denke bei einer Ware, die mit dem Namen "R" versehen sei, an den Kläger - Sitzungsprotokoll vom 09.03.2000 Seite 2 = Bl. 108). Denn daß der Verkehr an den Kläger "denkt", könnte nur dessen Bekanntheit belegen. Ungeklärt bliebe aber die für eine Verletzung seines Namensrechts entscheidende Frage, ob der Verkehr aufgrund dieser Bekanntheit und trotz der vorliegendem Branchenferne Beziehungen zum Kläger vermutet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 10 ZPO. Bei der Streitwertfestsetzung hat sich der Senat an der vorläufigen und als angemessen erscheinenden Streitwertangabe in der Klageschrift orientiert.

In derselben Höhe war auch die Beschwer des Klägers festzusetzen (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht erkennbar. Insbesondere hat die Sache nicht grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Denn die hier getroffene Wertung orientiert sich maßgeblich an den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Grundsätzen, insbesondere der mehrfach zitierten Uwe-Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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