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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 28.09.2001
Aktenzeichen: 2 U 220/00
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 21 Abs. 1
Die Empfehlung eines Herstellers, von ihm selbst produzierte Zubehörteile einzusetzen unter gleichzeitigem Hinweis, dass Zubehörteile zweier namentlich genannter Hersteller ebenso verwendet werden können, enthält die versteckte Aufforderung, solche Zubehörteile nicht von anderen als den genannten Herstellern zu beziehen.

Die Aufforderung zur Bezugssperre ist nach § 21 Abs. 1 GWB nur bei Vorliegen besonderer, vom zum Boykott Aufrufenden zu beweisender Umstände zulässig, wie z.B. die Ungeeignetheit der Zubehörteile anderer als der genannten Hersteller.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 220/00

Verkündet am: 28. September 2001

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 03. August 2001 unter Mitwirkung

des Vors Richters am OLG Dr. Lütje, des Richters am OLG Holzer und des Richters am OLG Rzymann

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 16.10.2000 - 11 KfH O 27/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v 50.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens. DM 2.000.000,--.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz und auf Auskunft / Rechnungslegung wegen wettbewerbswidrigen und wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens in Anspruch.

Die Beklagte stellt Rohrverbindungssysteme, insbesondere für Wasser- und Gasleitungen her. Die zur Herstellung einer festen Rohrverbindung notwendigen Preßwerkzeuge (-maschinen) und Preßzangen (-backen) werden sowohl von der Klägerin als auch von der Beklagten, die mit den Firmen M und G zusammenarbeitet, vertrieben.

Die Beklagte hat ihren Kunden empfohlen, für das Rohrverbindungssystem "p" nur Werkzeuge der Beklagten oder die von M oder G zu verwenden. Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen §§ 1, 3 UWG, 21 GWB.

Mit Beschluß-Verfügung des Landgerichts Stuttgart vom 21.05.1999 - 11 KfH O 59/99 - wurde auf Antrag der Klägerin gegen die Beklagte die durch Urteil vom 06.07.1999 bestätigte einstweilige Verfügung erlassen,

wonach der Beklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in bezug auf die Herstellung von Kupferrohrverbindungen mit Preßverbmdungstechnik für die Gasinstallation im "p System"

- für die Herstellung der Preßverbindung den Einsatz ausschließlich von Systempreßbacken der Antragsgegnerin und die Verwendung von Preßwerkzeugen der Antragsgegnerin, der Firmen M und (eingeschränkt) G vorzuschreiben und die Gewährleistung von der Verarbeitung mit freigegebenen Werkzeugen abhängig zu machen

oder

- die Gewährleistung für das "p System" von der Verarbeitung mit von der Antragsgegnerin freigegebenen Preßwerkzeugen abhängig zu machen

oder

- mitzuteilen, daß Preßwerkzeuge und Preßbacken anderer Hersteller als V, M, G (z. B. der Antragstellerin) z. Z. nicht freigegeben und daher ungeeignet seien.

Im Anschluß an die einstweilige Verfügung hat die Beklagte ihre Montageanweisung für das "p System" wie folgt geändert:

"Es wird empfohlen, Systempreßbacken und Preßwerkzeuge von V einzusetzen. Ebenso können die Preßwerkzeuge von M und G verwendet werden"

Im Internet warb die Beklagte für Preßwerkzeuge wie nachfolgend wiedergegebenen:

"Frage: Welche Fremdwerkzeuge kann ich zur Verpressung der V Systeme außer den von V selbst angebotenen Preßmaschinen nutzen?

Antwort: Außer den netzabhängigen sowie der akubetriebenen Preßmaschinen sind auch die Werkzeuge EFP 1 und EFP 2 von N (M) sowie die G Preßwerkzeuge PWH 40 und PWH 75 zur Verarbeitung der V Systeme freigegeben. Die Preßbacken sind allerdings systemspezifisch und daher systemgebunden."

Die Klägerin sieht in den Werbeanzeigen der Beklagten eine nach § 21 Abs. 1 GWB und §§ 1, 3 UWG unzulässige Behinderung, weil die angesprochenen Installateure dazu aufgefordert wurden, keine Werkzeuge der Klägerin bei der Herstellung von V Rohrverbindungen einzusetzen Sachliche Gründe hierfür gebe es nicht, da die Werkzeuge der Klägerin für die Herstellung derartiger Verbindungen geeignet und denen der Beklagten sogar überlegen seien. Die Beklagte sei daher zum Ersatz des durch die unzulässige Werbeanzeigen entstandenen Schadens verpflichtet, zu dessen Berechnung sie die nötigen Auskünfte benötige.

Sie hat zuletzt beantragt

für Recht zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 01.01.1997 durch das wettbewerbsbehindernde Verhalten der Beklagten entstanden ist und noch entsteht, indem die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in bezug auf die Herstellung von Rohrverbindungen mit Preßverbindungstechnik,

a) für die Herstellung der Preßverbindung den Einsatz ausschließlich von Systempreßbacken der Beklagten und die Verwendung von Preßwerkzeugen der Beklagten, der Firma M und G vorgeschrieben und die Gewährleistung von der Verarbeitung mit freigegebenem Werkzeug abhängig gemacht hat;

b) die Gewährleistung von der Verarbeitung mit von der Beklagten freigegebenen Preßwerkzeugen abhängig gemacht hat.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 01.08.1999 entstanden ist und in Zukunft noch dadurch entsteht, daß die Beklagte zu Zwecken des Wettbewerbs und im geschäftlichen Verkehr folgende Behauptungen in bezug auf Preßwerkzeuge (Preßmaschinen und Preßzangen) aufstellt:

a) Es wird empfohlen, Systempreßbacken und Preßwerkzeuge von V einzusetzen. Ebenso können die Preßwerkzeuge von M und G verwenden werden.

b) Frage: Welche Fremdwerkzeuge kann ich zur Verpressung der V Systeme außer den von V selbst angebotenen Preßmaschinen nutzen?

Antwort: Außer den netzabhängigen sowie der akubetriebenen Preßmaschinen sind auch die Werkzeuge EFP 1 und EFP 2 von N (M) sowie die G Preßwerkzeuge PWH 40 und PWH 75 zur Verarbeitung der V Systeme freigegeben. Die Preßbacken sind allerdings systemspezifisch und daher systemgebunden.

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Rechnung zu legen über alle den Schadensersatz begründeten Handlungen gemäß vorstehender Ziff. 1 und dem Klagantrag Ziff. 2 und zwar unter Mitteilung

a) welche Werkzeuge (Preßmaschinen und Preßzangen) in dieser Weise beworben wurden;

b) mit welchen Medien diese, den Schadensersatz begründenden Werbebehauptungen verbreitet wurden, aufgeschlüsselt,

- bei Zeitschriften nach Name der Zeitschrift und Ausgabe

- bei Prospekten und sonstigen Mitteilungen nach Auflage und Zeitraum der Verteilung und den Empfängern,

- bei individuellen Schreiben nach Datum und Empfänger

c) der verkauften Preßmaschinen und Preßzangen unter Angabe

- der Artikel-Nummer,

- des Monatszeitraums,

- der Kunden,

wobei es hinsichtlich der letzteren Auskunft der Beklagten nachgelassen wird, diese einem von der Klägerin ausgewählten Wirtschaftsprüfer zu erteilen, der gemäß den Angaben der Klägerin die Richtigkeit der erteilten Auskunft stichprobenartig überprüft. Auf diesen Wirtschaftsprüfervorbehalt kann sich die Beklagte aber nur berufen, sofern sie einen in das Ermessen des Gerichts gesetzten Vorschuß für die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfer leistet.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, daß jedenfalls die nach Erlaß der einstweiligen Verfügung gemachten Aussagen über den Einsatz von Preßwerkzeugen nicht zu beanstanden seien.

Mit der Verwendung von Preßwerkzeugen und Preßzangen der Klägerin seien Gefahren und Beeinträchtigungen für das von der Beklagten gelieferte Rohrsystem verbunden. So werde bei den Preßmaschinen der Klägerin die Kraft unmittelbar auf die Preßzangen übertragen, weshalb diese wegen der zu großen und unterschiedlichen Kraftübertragung brechen könnten. Ein weiter gravierender Unterschied sei darin zu sehen, daß die Preßmaschinen der Beklagten sowie von M und G so ausgelegt seien, daß ein einmal begonnener Prozeß automatisch zu Ende geführt werde, ohne daß eine Unterbrechungsmöglichkeit bestehe.

Die Berechtigung zur Empfehlung von Preßzangen der Beklagten ergebe sich daraus, daß die Preßzangen der Beklagten systemspezifisch seien, weil - sie genau auf die Maße der Fittinge der Beklagten abgestimmt seien.

- die unterschiedlichen Materialien (Rotguß und Kupfer) bei der Preßwirkung der Backen zu berücksichtigen seien,

- sie eine Doppelpressung zu gewährleisten hätten,

- diese einer ständigen Weiterentwicklung unterliegen, was der jeweilige Wettbewerber nicht wissen könne, da ihm die Zeichnungen und der Fort Schreibung einschl. der Toleranzen nicht bekannt seien.

Im übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche verjährt bzw. verwirkt, da der Klägerin die beanstandeten Äußerungen seit langem bekannt gewesen seien. Ein etwaiger Auskunftsanspruch sei durch die erfolgte Bekanntgabe der Verkaufszahlen und der Mitteilung, in welchen Medien die beanstandeten Werbeaussagen enthalten gewesen seien, erloschen. Zu weitergehenden Angaben sei die Beklagte nicht in der Lage.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 16.10.2000 der Klage mit der Einschränkung stattgegeben, daß statt der begehrten Rechnungslegung Auskunft zu erteilen ist und die Namen der Kunden der verkauften Preßmaschinen und Preßzangen nicht mitgeteilt werden müssen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß die mit dem Klagantrag Ziff. 1 beanstandeten Werbeaussagen eine zum Schadensersatz verpflichtende unbillige Behinderung der Klägerin i.S.v. § 21 GWB darstellen.

Die im Klagantrag Ziff. 2 enthaltenen Werbeaussagen der Beklagten behinderten die Klägerin jedenfalls in einer gem. § 1 UWG wettbewerbsrechtlich anstößigen Weise, unabhängig davon, ob hierin ein Verstoß gem. § 21 Abs. 1 GWB zu sehen sei. Die Beklagte könne zwar grundsätzlich ihre eigenen Werkzeuge empfehlen. Mache sie darüber hinaus Angaben zu Werkzeugen, die für die Herstellung von Rohrpreßverbindungen verwendet werden können, so müßten diese Angaben zutreffend sein und dürften nicht den Eindruck erwecken, andere Werkzeuge dürften nicht verwendet werden. Solche unzutreffenden Angaben seien aber in den Aussagen des Klagantrags Ziff. 2 a und b enthalten.

Im übrigen hat das Landgericht die Voraussetzungen für das Vorliegen der Verwirkung oder Verjährung der geltend gemachten Ansprüche verneint.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs ist das Landgericht der Auffassung der Klägerin gefolgt, wonach Auskünfte in Teilbereichen nicht zu einer teilweisen Erledigung des Auskunftsanspruchs führen.

Gegen das am 20.10.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit dem am 20.11. 2000 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 20.12.2000 begründet.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen Ziff. 2 und 3 des Urteilstenors. Sie ist der Auffassung, daß in den beanstandeten Werbeaussagen weder eine unbillige Beeinträchtigung i.S.v. § 21 GWB noch ein wettbewerswidriges Verhalten nach § 1 UWG gesehen werden könne.

Die Herausstellung der Vorteile ihrer Preßwerkzeuge sei sachlich gerechtfertigt und diene der Sicherheit und Gewährleistung ihrer Rohrsysteme. Hinsichtlich der Preßbacken könne die Empfehlung, Produkte der Beklagten einzusetzen schon deshalb nicht beanstandet werden, da diese systemspezifisch seien. Etwaige Ansprüche habe die Klägerin jedenfalls verwirkt, da die Klägerin eine vergleichbare Formulierung in der Montage-Einbauanleitung der Firma M (Bl.104 d.A.) nicht gerügt habe.

Die Verurteilung zur Auskunft sei fehlerhaft, da die Beklagte alle ihr möglichen Auskünfte erteilt habe. Zu genaueren Angaben betreffend der Medien, mit denen die Werbebehauptung verbreitet würden, sei sie nicht in der Lage, da entsprechende Unterlagen über individuelle Auskünfte an einzelne Installationsbetriebe nicht vorhanden seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16.10.2000 aufzuheben, soweit die Beklagte gem. den Klaganträgen Ziff. 2 und Ziff. 3 verurteilt wurde und insoweit die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihre Auffassung, daß die Klägerin durch die angegriffenen Werbeaussagen in wettbewerbsbeschränkender Absicht unbillig behindert werde. Die Behauptung der Beklagten, die von der Klägerin hergestellten Preßwerkzeuge seien ungeeignet und risikobehaftet, sei unrichtig.

Die Bezeichnung der Preßzangen der Beklagten als systemgebunden verstoße auch gegen § 3 UWG, da hierdurch der unzutreffende Eindruck erweckt werde, daß ausschließlich Preßbacken der Beklagten für Rohrsysteme der Beklagten geeignet seien. Tatsächlich biete die Klägerin jedoch für alle gängigen Systeme abgestimmte Preßzangen an.

Das Landgericht habe auch zu Recht die Beklagte zur Auskunft verurteilt. Bezüglich der verkauften Preßwerkzeuge habe die Klägerin nur eine Teilauskunft erteilt, die nicht durchgängig schlüssig sei und sich nicht auf den gesamten Zeitraum erstrecke. Im übrigen sei die Einlassung der Beklagten, wonach sie keinerlei Unterlagen habe, aus dem sich der Umfang ihrer Werbung ergebe, schlicht unglaubwürdig.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gegen die Verurteilung gemäß Ziff. 2 und 3 des Urteilstenors beschränkte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Klägerin steht wegen der mit Ziff. 2 der Klage beanstandeten Äußerungen ein Schadensersatzanspruch nach §§ 21 Abs. 1, 33 GWB (§§ 26 Abs.1, 35 GWB a.F.) zu. Zur Ermittlung des durch die unzulässigen Äußerungen entstandenen Schadens ist die Beklagte zur Erteilung der in Ziff. 3 des Urteilstenors näher bezeichneten Auskünften verpflichtet.

I.

Die mit dem Klagantrag Ziff. 2 beanstandeten Werbeaussagen beinhalten die Aufforderung gegenüber Installateurberieben, Preßwerkzeuge und Preßzangen anderer als der genannten Hersteller für die Verpressung von V Rohrleitungssystemen nicht zu verwenden. Die darin liegende Aufforderung zu einer Bezugssperre erfolgte in der Absicht, u.a. die Klägerin unbillig zu beeinträchtigen mit der Folge der Verpflichtung zum Schadensersatz gem. § 33 GWB.

1. Unter Aufforderung zu einer Liefer- und Bezugssperre ist jeder Versuch zu verstehen, auf die freie Willensentscheidung des Adressaten, mit Dritten Lieferbeziehungen aufzunehmen oder aufrechtzuerhalten einen negativen Einfluß zu nehmen (vgl. BGH 27.4.1999, DE-R 303,305 "Taxi-Krankentransporte"; 22.7.1999 WuW/E DE-R, 352, 354 "Kartenlesegerät"; Immenga/Mestmäcker-Markert, § 21 Rn. 25).

Dabei kommt es bei der Frage, ob im Einzelfall bestimmte Erklärungen oder Verhaltensweisen eine Aufforderung zur Liefer- oder Bezugssperre darstellen, entscheidend darauf an, ob der Adressat bei objektiver Betrachtung in der betreffenden Erklärungs- oder Verhaltensweise eine Aufforderung zu einer Sperre sehen mußte, wobei die Anschauung und Gepflogenheiten des Fachkreises, dem der Adressat angehört, von besonderer Bedeutung sind (BGH 0202 1984, WuW/E BGH, 2069, 2071 f "Kundenboykott", WuW/E BGH 2137, 2138 "Ideal Standard", Immenga/Mestmäcker-Markert, 3 Aufl. 2001, § 21 GWB Rn. 28).

Ausgehend hiervon stellt die mit dem Klagantrag Ziff. 2 a beanstandete Äußerung eine gegen § 21 Abs. 1 GWB verstoßende Aufforderung an die Installateurbetriebe dar, bei der Herstellung von Rohrpreßverbindungen der Beklagten keine Preßwerkzeuge von anderen als den "empfohlenen" Herstellern zu verwenden.

Die Äußerung

"Es wird empfohlen, Systempreßbacken und Preßwerkzeuge von V einzusetzen. Ebenso können die Preßwerkzeuge von M und G verwendet werden"

wird von den Installateurbetrieben als Adressaten der Montageanleitung dahingehend verstanden, daß zur Herstellung von V Rohrverbindungssystem nur Preßbacken (-zangen) und Preßwerkzeuge der Beklagten sowie Preßwerkzeuge der Firmen M und G geeignet sind. Dann ist jedoch die versteckte Behauptung enthalten, daß Preßzangen und Preßwerkzeuge anderer Hersteller für die Herstellung von V Rohrleitungsverbindungen ungeeignet sind und keine Verwendung finden dürfen.

Dabei handelt es sich nicht um das Problem des Verschweigens von Tatsachen, dem nur bei Bestehen einer Aufklärungspflicht eine Bedeutung zukommt, sondern um die Bestimmung des Inhalts der Äußerung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten geht die Äußerung in ihrem Erklärungsgehalt über die grundsätzlich zulässige Empfehlung eigener Produkte sowie anderer bestimmter Hersteller hinaus. Der Aussagegehalt der der Empfehlung der eigenen Produkte nachfolgenden Formulierung, daß Preßwerkzeuge von M und G ebenso verwendet werden können, beschränkt sich nicht auf die Ausweitung der Empfehlung, sondern wird als Mitteilung verstanden, daß Preßbacken und Preßwerkzeuge anderer als der genannten Hersteller nicht zum Verpressen von V Rohrleitungssystemen benutzt werden sollen bzw. dürfen.

Damit beinhaltet die Äußerung die mittelbare Aufforderung an Installateurbetriebe, Produkte anderer Hersteller bei der Verpressung von V Systemen nicht zu verwenden und stellt damit einen Versuch dar, auf die freie Willensentscheidung der Installateure beim Erwerb geeigneter Preßwerkzeuge und Preßbacken Einfluß zu nehmen.

2. Diese Ausführungen gelten in gleicher Weise für die in Ziff. 2 b des Urteilstenors enthaltenen Werbeaussagen.

Die Frage, welche Fremdwerkzeuge zur Verpressung der V Systeme außer den von V selbst angebotenen Preßmaschinen benutzt werden können und die anschließende Antwort, daß die Werkzeuge von N (M) sowie von G zur Verarbeitung der V Systeme freigegeben sind, ist dahingehend zu verstehen, daß Produkte anderer Hersteller ungeeignet sind und nicht verwendet werden dürfen.

Entsprechendes gilt, soweit in der Antwort klargestellt wird, daß die Preßbacken allerdings systemspezifisch und daher systemgebunden sind, womit deutlich zum Ausdruck gebracht wird, daß nur solche der Beklagten Verwendung finden dürfen.

3. Die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 GWB entfällt auch nicht dadurch, daß die Aufforderung zur Bezugssperre sich gegen eine Vielzahl namentlich nicht genannter Unternehmen richtet.

Die Formulierung "ein bestimmtes Unternehmen" in § 21 Abs. 1 GWB bedeutet nicht, daß die zu sperrenden Unternehmen ausdrücklich genannt werden müßten. Eine ausreichende Individualisierung ist lediglich dann zu verneinen, wenn der Kreis der zu sperrenden Unternehmen praktisch unübersehbar ist (vgl. OLG München, 14.12.1989, "Einheimischen-Regelung" WuW/E OLG 4622, 4623; Schultz in Langen/Bunte, Komm, zum Deutschen-Europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 21 Rn. 11). Dies ist vorliegend auch unter Berücksichtigung, daß es weitere Hersteller von Preßwerkzeugen gibt, nicht der Fall.

4. Die nach § 21 GWB weiter geforderte Absicht, bestimmte Unternehmen unbillig zu beeinträchtigen, ist vorliegend ebenfalls gegeben.

Mit den beanstandeten Äußerungen hat die Beklagte - wie sich u. a. aus der Rechtfertigung ihrer Äußerungen im Rahmen dieses Rechtsstreits ergibt - bezweckt, daß die Installateurbetriebe bei Verwendung von V Rohrleitungssystemen keine Preßwerkzeuge und -zangen anderer als der genannten Hersteller verwenden.

Die mit der Aufforderung zur Bezugsperre verbundene Beeinträchtigung der Konkurrenten der Beklagten ist vorliegend unter Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB als unbillig anzusehen (vgl. hierzu BGH WuW/E 3067ff, 3072 " Fremdleasingboykott, Bechthold, 2. Aufl. 1999, 21 GWB Rdnr. 6).

Im Hinblick darauf, daß die Aufforderung zu einer Liefer- oder Bezugssperre wegen ihrer wettbewerblichen Zielsetzung fast immer auch unter § 1 UWG fällt und somit rechtswidrig ist, ist die beabsichtigte Beeinträchtigung ohne Hinzutreten eines berechtigten Interesses grundsätzlich als unbillig zu bewerten (vgl. Immenga-Mestmäcker-Markert, § 21 Rn. 37 m. N. z. Rspr.).

Das Vorliegen solcher Umstände, die ausnahmsweise einen Boykottaufruf als nicht unbillig erscheinen lassen, hat der zum Boykott Auffordernde darzulegen und gflls, zu beweisen Ausgehend hiervon vermag der Vortrag der Beklagten jedoch die beanstandeten Äußerungen nicht zu rechtfertigen.

Die Wahrnehmung berechtigter Interessen setzt voraus, daß die Aufforderung zur Liefer- oder Bezugssperre das gebotene und notwendige Mittel zur Erreichung eines gebilligten Zwecks darstellt.

Ein berechtigtes Interesse an den beanstandeten Äußerungen konnte vorliegend nur angenommen werden, wenn die Preßwerkzeuge der Klägerin zur Herstellung technisch einwandfreier Verpressungen gänzlich ungeeignet und die Äußerungen als eine gebotene Maßnahme zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der eigenen Geschäftstätigkeit anzusehen waren (vgl. Senat, WuW/E OLG 4250, 4552 f "Lottostempel", Schultz in Langen/Bunte § 21 Rdnr. 40).

Die Ungeeignetheit der Werkzeuge der Klägerin soll jedoch nach dem Vortrag der Beklagten sowohl in erster Instanz (Bl. 59/60 d. A.) als auch im Berufungsverfahren (Bl. 206 d. A.) gerade nicht behauptet werden.

Die von der Beklagten behaupteten Nachteile der Preßwerkzeuge der Klägerin gegenüber denen der Beklagten und der Fa. M und Fa. G, rechtfertigen - möglicherweise - die Empfehlung dieser Produkte nicht jedoch die Aufforderung, Produkte anderer Hersteller nicht zu verwenden. Damit überschreitet die Beklagte das an sich legitime Anliegen, auf zur Verpressung ihrer Rohre besonders geeignete Wekzeuge hinzuweisen.

Entsprechendes gilt für die Preßzangen, die nach dem Vortrag der Beklagten u.a. wegen der genauen Abstimmung auf die Maße der Fittinge und der ständigen Weiterentwicklung der Produkte der Beklagten systemspezifisch seien. Zu der entscheidenden Frage, aus welchem Grund die von der Klägerin hergestellten Preßzangen zur Verpressung von V Rohrleitungssystem ungeeignet sein sollen, fehlt ein konkreter Vortrag der Beklagten, so daß hiervon nicht ausgegangen werden kann. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin ausweislich des übergebenen Prospektes auf die verschiedenen Rohrsysteme abgestimmte Preßzangen anbietet, kann in der behaupteten Systemgebundenheit der Preßbacken der Beklagten kein Umstand gesehen werden, der die Aufforderung, Produkte anderer Hersteller nicht zu beziehen, rechtfertigen könnte. Einer Beweiserhebung bedurfte es daher nicht.

5. Die Beklagte handelte auch in der Absicht, den Absatz ihrer Produkte zum Nachteil anderer Hersteller zu fördern, so daß die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 GWB erfüllt sind.

Damit liegen zugleich die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach § 33 GWB vor, der bereits eine Haftung für fahrlässiges Verhalten begründet.

6. Der nach § 33 Abs. 1 GWB bestehende Schadensersatzanspruch ist auch nicht verwirkt oder verjährt.

Die Schadensersatzpflicht nach § 33 GWB umfaßt lediglich den Zeitraum nach dem 01.08.1999, so daß in dem nach § 270 Abs.3 ZPO maßgebenden Zeitpunkt der Klageinreichung am 21.02.2000 die mit der Kenntnis der Verletzungshandlung nach den Grundsätzen des § 852 BGB laufende Verjährungsfrist von 3 Jahren nicht abgelaufen war (vgl. hierzu Immenga/Mestmäcker-Emmerich, § 33 Rn. 55)

Ebensowenig liegen die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Schadensersatzanspruches vor. Ein Vertrauenstatbestand dahingehend, daß die Klägerin gegen die in Ziff. 2 des Urteilstenors enthaltenen Äußerungen nicht vorgehen wird, ist nicht dargetan.

Mit dem am 20.05.1999 eingereichten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, mit der u.a. der Beklagten die Behauptung untersagt werden sollte, die Preßwerkzeuge und Preßzangen seien zur Zeit nicht freigegeben und deshalb ungeeignet, hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, daß sie wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten nicht duldet.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, daß die Klägerin die Formulierungen der Fa. M "die nachfolgend aufgeführten Preßgeräte und Preßbacken bzw. -schlingen sind zum Verpressen freigegeben" nicht angegriffen hat, vermag dies einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten nicht zu begründen und führt daher nicht zur Verwirkung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beklagten.

Demzufolge hat das Landgericht zu Recht dem Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der in Ziff. 2 enthaltenen Äußerung bejaht.

Aus den Ausführungen ergibt sich zugleich, daß die beanstandeten Werbeaussagen eine nach § 1 UWG unzulässige und zum Schadensersatz verpflichtende Behinderung der Klägerin darstellen.

II.

Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte auch gegen die Verurteilung zur Erteilung der im Urteilstenor im einzelnen aufgeführten Auskünfte.

1. Die Verpflichtung zur Auskunft zur Bezifferung eines möglichen Schadens ist gewohnheitsrechtlich anerkannt und bezieht sich vorliegend auf die in Ziff. 1 und 2 des Urteilstenors bezeichneten und zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen (vgl. hierzu Köhler/Piper UWG, 2. Aufl. 2001, vor § 13 Rdnr. 113 ff).

Im Hinblick darauf, daß die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen der Äußerung gem. Ziff. 1 des Urteilstenors rechtskräftig feststeht, ist die Beklagte mit dem Einwand, der Auskunftsanspruch sei verjährt oder verwirkt, von vornherein ausgeschlossen. Bei dem Auskunftsanspruch handelt es sich um einen akzessorischen Hilfsanspruch, dessen Verjährung sich nach dem Hauptanspruch, dem Schadensersatzanspruch richtet und daher vorliegend weder verwirkt noch verjährt ist (vgl. Köhler/Piper, § 21 UWG Rn, 171).

2. Der Umfang des bestehenden Auskunftsanspruchs wird durch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Zumutbarkeit) begrenzt (Köhler/Piper vor § 13 Rn 121). Danach ist Auskunft - nur - über solche Daten zu erteilen, die zur Vorbereitung und Durchführung des Schadensersatzanspruchs geeignet und unentbehrlich sind.

Bei der vorliegenden Verletzung des § 21 GWB kann insbesondere Auskunft über die Art und Zeitpunkt oder Dauer, sowie Umfang und Intensität der Verstöße verlangt werden. Dabei ist für die Beurteilung, ob und inwieweit die beanstandeten Äußerungen geeignet waren, den Absatz der Erzeugnisse des Verletzten zu beeinträchtigen, die Kenntnis von der Auflagenhöhe und des Verbreitungsgebiets der beanstandeten Werbeaussagen sowie die Angabe über die Absatzzahlen der Produkte des Verletzers in dem entsprechenden Zeitraum von Bedeutung. Die im Ziff. 3 des Urteilstenors näher bezeichneten Auskünfte entsprechen diesen Vorgaben und sind nicht zu beanstanden.

3. Der Anspruch auf Auskunftserteilung ist auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch Erfüllung untergegangen.

Dabei ist davon auszugehen, daß die Auskunftspflicht sich nicht auf die Mitteilung von präsentem Wissen beschränkt. Vielmehr muß der Auskunftspflichtige alle ihm zur Verfügung stehenden und mit zumutbarem Aufwand erschließbaren Erkenntnisquellen, wie Nachfrage bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten nutzen (vgl. Köhler/Piper, vor § 13 UWG, Rn. 131).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann in den Mitteilungen der Beklagten keine Erfüllung des Auskunftsanspruchs gesehen werden. Die Angaben der Beklagten sind insoweit unvollständig, als die Verkaufszahlen der Preßwerkzeuge und Preßbacken lediglich bis zum Juni 1999 genannt sind und daher keine ausreichende Grundlage für die Ermittlung des der Klägerin entstandenen Schadens darstellen. Die Angaben zu den Medien, in denen die zum Schadensersatz verpflichtenden Behauptungen verbreitet wurden, sind ebenso unvollständig So hat die Beklagte die für die Schadensberechnung wichtige Auflagenhöhe der Prospekte/Kataloge nicht mitgeteilt.

Im übrigen ist nicht glaubhaft, daß die Beklagte keine Prospekte mit den streitgegenständlichen Aussagen verteilt hat und nicht in der Lage ist, nähere Angaben über individuelle, die beanstandeten Äußerungen enthaltenden Schreiben an Kunden zu machen.

Die bisher erteilte Auskunft ist daher in wesentlichen Punkten unvollständig, so daß der ursprünglich begründete Auskunftsanspruch fortbesteht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Bei der Feststetzung des nach § 3 ZPO zu bestimmenden Streitwerts des Berufungsverfahrens ist der Senat den Angaben der Klägerin in der Klagschrift gefolgt.

Ende der Entscheidung

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