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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 05.11.2007
Aktenzeichen: 2 U 26/07
Rechtsgebiete: UWG, bad.-württ. FTG
Vorschriften:
UWG § 3 | |
UWG § 4 Nr. 11 | |
bad.-württ. FTG § 6 Abs. 1 |
2) Ob der Betrieb eines solchen Automaten das Merkmal "öffentlich bemerkbare Arbeiten" i.S.d. § 6 I b.-w. FTG erfüllt, kann dahingestellt bleiben.
Oberlandesgericht Stuttgart 2. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 2 U 26/07
Verkündet am 05. November 2007
In dem Rechtsstreit
wegen unlauterem Wettbewerb
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2007 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller Richter am Oberlandesgericht Holzer Richter am Oberlandesgericht Stefani
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Vorsitzenden der 20. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 02.03.2007 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 15.000,00 €
Gründe:
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, der Sache nach ohne Erfolg.
A
Die Parteien sind Wettbewerber in M.. Der Kläger betreibt eine Videothek mit Personaleinsatz, die Beklagten einen DVD-Verleih mit Automaten, wobei an Wochentagen zu gewissen Zeiten Personal bereit steht, an Sonn- und Feiertagen war kein Personal zugegen, der Kunde konnte mittels einer Chipkarte den Automaten bedienen. Dafür haben die Beklagten mit der Aussage geworben (K 2 = Bl. 8):
- 24 h 365 Tage für Sie geöffnet -
In diesem Verhalten sieht der Kläger einen gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG beachtlichen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 des baden-württembergischen Gesetzes über die Sonntage und Feiertage (FeiertagG - FTG) i.d.F. vom 08.05.1995, der u.a. lautet:
§ 6.
(1) An den Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen sind öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen, verboten, soweit in gesetzlichen Vorschriften nichts anderes bestimmt ist.
Der Kläger hat die Beklagten deshalb, allerdings erfolglos, abgemahnt.
Er sieht sich in seiner Rechtswertung durch zivilgerichtliche, aber auch ganz maßgeblich durch die Verwaltungspraxis (vgl. etwa K 4 = Bl. 11), welche durch verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bestätigt sei, bestärkt.
Er verlangt neben der Unterlassung von sonn- und feiertäglichem Automatenbetrieb und der bezeichneten Werbung auch seine Abmahnkosten.
Der Kläger hat deshalb beantragt:
- wie wiederum zweitinstanzlich -.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachten ihr wirtschaftliches Auftreten für rechtmäßig, sehen es ihrerseits durch auch obergerichtliche Rechtsprechung gedeckt, wollen aber gleichwohl den Betrieb zu den gerügten Zeiten wieder eingestellt haben, was durch eine Zeitschaltuhr (vgl. B 1 = Bl. 31) geregelt werde.
Das Landgericht sah angesichts des kontroversen Streitgegenstandes das Verhalten der Beklagten als vertretbar an. "Aber solange in Baden-Württemberg keine Entscheidung des für eine einheitliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zuständigen Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim vorliegt, ist das Gericht der Auffassung, dass es angesichts der dargelegten unterschiedlichen Rechtsprechung eine Überspannung der Pflicht zu lauterem Wettbewerbshandeln darstellt, von einem Gewerbetreibenden zu verlangen, dass er sein Verhalten vorsichtshalber an der strengsten im Lande praktizierten Gesetzesauslegung ausrichtet, um mit der Öffnung einer Automatenvideothek an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen keinen unlauteren Wettbewerb zu betreiben. Er verhält sich in diesem Stadium jedenfalls nicht rechtswidrig und kann deshalb wettbewerbsrechtlich nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden". Es wies deshalb die Klage ab.
Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers,
welche dafür hält, dass das Gericht zur eigenständigen Entscheidung der Rechtsfrage aufgerufen gewesen sei, notfalls hätte es aussetzen müssen; die Lösung im bloßen Umstand der Offenheit der Streitfrage zu finden, sei zu beanstanden. Die Rechtsfrage sei aber im Sinne des Klägers zu beantworten. Mittlerweile habe auch der VGH Baden-Württemberg so entschieden, dem sich im Übrigen auch das OLG Düsseldorf angeschlossen habe.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des LG Tübingen vom 02.03.2007, Az.: 20 O 43/06 wird abgeändert und die Beklagten verurteilt,
1. bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen DVD-Filme an dem im Gebäude H.strasse, M., aufgestellten Automaten im geschäftlichen Verkehr an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen zu vertreiben und an Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen die Automatenvideothek geöffnet zu halten;
2. den Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Werbeangabe
"24 Stunden an 365 Tagen für Sie geöffnet"
zu benutzen;
3. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 689,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2006 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung als richtig und behaupten erneut, sie hätten unter dem Druck der Verwaltungspraxis von einer Öffnung zu den streitbetroffenen Zeiten Abstand genommen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
1.
a) Der Berufung ist im Ansatz Recht zu geben, dass das Landgericht zu einer eigenen Entscheidung der Rechtsfrage aufgerufen war. Zwar mag eine uneinheitliche Rechtsprechung im Einzelfall unter dem Tatbestandsmerkmal des Verschuldens einer Partei zur Entlastung gereichen. Der Unterlassungsanspruch ist aber - anders als der Beklagtenvertreter verschiedentlich anführt (vgl. Bl. 163; vgl. aber auch Bl. 164) - verschuldensunabhängig (herrschend, statt vieler: Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, WettbewerbsR, 25. Aufl. [2007], § 8 UWG, 1.2; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. [2006], § 8, 1 und 63), er folgt der objektiven Rechtslage. Dass allein die kontroverse rechtliche Bewertung unter einem anderen Tatbestandsmerkmal des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches zu Gunsten der Beklagten zum Tragen käme (vgl. etwa zu § 3 UWG v. Jagow in Harte/Henning, UWG [2004], § 4, 51), hat das Landgericht weder aufgezeigt noch ist dies vorliegend sonst ersichtlich.
b) Soweit die Berufung rügt, dass in diesem Falle eine Pflicht des Landgerichts zur Aussetzung des Rechtsstreits bestanden hätte (Bl. 143), kann dem nicht gefolgt werden. Es ist nicht ersichtlich, welche konkrete Entscheidung zum vorliegenden Rechtsstreit hätte vorgreiflich sein sollen. Der Kläger führt denn auch selbst an: "Auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim hat der Kläger in verwaltungsgerichtlicher Hinsicht keinen Einfluss. Fernerhin hat der Kläger keinen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten des zuständigen Ordnungsamtes gegenüber den Beklagten geltend gemacht, ...". Im Übrigen ist die mittlerweile vorliegende Entscheidung des VGH Baden-Württemberg, welche nicht die Beklagten als dortige Prozesspartei betrifft, ergangen und gewiss für die Verwaltungspraxis ein Präjudiz. Doch selbst die Entscheidung unmittelbar gegen die hiesigen Beklagten mit einem dem vorliegenden Unterlassungsbegehren gleichgerichteten verwaltungsgerichtlichen Unterlassungsgebot zu Grunde gelegt, könnte durch eine Zuwiderhandlung gegen den gedachten dortigen bestandskräftigen Verwaltungsakt kein eigenständiger wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch ausgelöst werden, solange die Zivilgerichtsbarkeit die Rechtshandlung nicht ihrerseits als Verstoß gegen § 6 Abs. 1 FTG bewertet. Denn weder eine Gerichtsentscheidung noch Verwaltungsakte, die in Vollzug einer gesetzlichen Vorschrift ein bestimmtes Marktverhalten gebieten oder verbieten, stellen gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. § 4 UWG, 11.26 und 11.28; derselbe in GRUR 2004, 381, 383; Piper a.a.O. § 4, 11/9 und 11/10; Götting in Fezer, UWG [2005], § 4-11, 45; von Jagow in Harte/Henning a.a.O. § 4, 39 und 41; vgl. auch BGH GRUR 1984, 665 [juris Tz. 21 bis 23] - Werbung in Schulen). Dass die Verwaltung mithilfe der ihr zugeordneten Gerichtsbarkeit einen bestandskräftigen Verwaltungsakt durchsetzen kann, besagt für sich über den Anspruch eines Mitbewerbers, einen wettbewerbsrechtlichen Parallelanspruch zu erlangen, nichts.
c) Zwar behaupten die Beklagten - ersichtlich unter dem Druck der Verwaltungspraxis -, den Automatenbetrieb an Sonn- und Feiertagen eingestellt zu haben und wollen daran "auch in Zukunft, sollte das Öffnen an Sonn- und Feiertagen nicht ausdrücklich erlaubt werden, nichts ändern" (Bl. 162). Durch diese Selbstbeschränkung und dieses Gelöbnis ist die Wiederholungsgefahr, welche bei einem gedachten Gesetzesverstoß zu vermuten ist, jedoch nicht (wieder) entfallen (vgl. BGH WRP 1998, 718, 724 - Testpreis-Angebot).
2.
§ 2 Abs. 1 baden-württembergisches LadenöffnungsG ist vorliegend nicht berührt - im Übrigen auch zur Begründung von dem Kläger nicht herangezogen -, da eine Leihvideothek nicht Waren zum Verkauf anbietet, sondern Dienstleistungen (vgl. OLG Karlsruhe/Freiburg U. v. 26.09.2007 - 4 U 58/07 [US 5]).
3.
Ebenso wenig bedarf der Entscheidung des Senates, ob das gewerbliche Verleihen von DVDs als "öffentlich bemerkbare Arbeiten" im Sinn des § 6 Abs. 1 FTG aufzufassen ist, da der Begriff "Arbeiten" im Sinne von § 6 Abs. 1 nicht auf eine rein menschliche Tätigkeit beschränkt sei, sodass auch der Einsatz von Automaten grundsätzlich unter diesen Begriff falle, und Arbeiten auch "öffentlich bemerkbar" seien, weil der Gewerbebetrieb der Beklagten mit einem gewissen Kundenverkehr verbunden sei (so OLG Karlsruhe/Freiburg a.a.O. [US 6]; BayVGH U. v. 26.04.2007 - 24 BV 06.324 [US 8]; Sächsisches OVG B. v. 13.02.2006 - 3 BS 4/05; OLG Bamberg B. v. 08.09.2006 - 3 Ss OWi 800/05 [juris Tz. 11]; B. v. 07.08.2006 - 3 Ss OWi 964/05 [BS 3] VGH Baden-Württemberg B. v. 09.06.2007 - 9 S 594/07 [BS 3]; ihm folgend OLG Düsseldorf a.a.O. [juris Tz. 6 f]).
4.
Kernpunkt des vorliegenden Streites ist die Frage, ob der Betrieb eines DVD-Automaten an Sonn- und Feiertagen geeignet ist, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen. Dies verneint der Senat mit dem Landgericht (ebenso OLG Karlsruhe/Freiburg a.a.O.; BayVGH a.a.O. [US 11 f; dort auch zum Gleichheitsgebot in Bezug auf Bankautomaten als Dienstleistungsautomaten {US 12/13}]; OLG Bamberg B. v. 08.09.2006 a.a.O. [juris Tz. 12 f]; B. v. 07.08.2006 a.a.O. [BS 3 f]; so schon OLG Celle GewArch 1984, 397; a.A. OLG Dresden a.a.O.; VGH Baden-Württemberg B. v. 09.07.2007 - 9 S 594/07; ihm folgend OLG Düsseldorf U. v. 11.09.2007 - I-20 U 36/07).
a) Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Die Regelung zielt in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung aber auch auf die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung. Besonders wichtig ist, dass die Bürger sich an Sonn- und Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und das tun können, was sie je individuell für die Verwirklichung ihrer persönlicher Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig ansehen (BVerfG NJW 2004, 2363, 2371 [zu § 3 LadSchlG]). Maßgebliches Abgrenzungsmerkmal ist dabei, ob die betreffenden Arbeiten typischen werktäglichen Charakter besitzen (vgl. OLG Karlsruhe/Freiburg a.a.O. [US 7]; VGH Baden-Württemberg a.a.O. [BS 4]) oder eher getragen werden von einem, wenn auch gewandelten Verständnis einer sonn- oder feiertäglichen Freizeitbeschäftigung.
b) Dabei ist - anders als der Klägervertreter dies vor dem Senat verfochten hat - nicht darauf abzustellen, dass am Geschäftssitz der Parteien der "Sonntag noch heilig" sei und ausschließlich der Familie diene. Das FTG schützt auch die Freizeitgestaltung von Personen in anderen Lebens- und Gemeinschaftsformen. Zudem ist eine landeseinheitliche Bewertung geboten. Anderes gibt das Gesetz nicht vor. Danach muss nicht eine soziokulturelle Erhebung geschehen darüber, welches Werteverständnis bei welcher Sozialstruktur im näheren oder weiteren Umfeld des jeweils geplanten Automatenbetriebes (vor-)herrscht.
c) Das Betrachten von Filmen ist ein typisches Freizeitvergnügen. Es dient der geistigen Anregung, seelischen Erhebung oder Zerstreuung und ist weit davon entfernt, selbst Arbeit oder einem von Werktäglichkeit geprägten Freizeitprogramm angenähert zu sein, wie sich dies aber etwa im Betrieb und der Benutzung einer Autowaschanlage oder eines Münzwaschsalons ausdrückt. Dies selbst ist - soweit ersichtlich - auch ernstlich nicht im Streit. Der Wertungsansatz, wonach die Vorbereitungshandlung (Ausleihe) zur Freizeitgestaltung (Film anschauen) selbst von werktäglichem Gepräge sei und deshalb unter das Verbot des § 6 Abs. 1 FTG fiele, zumal es zu werktäglichen Zeiten bewerkstelligt werden könne, spaltet das lebenseinheitliche Ausleben der Bedürfnisbefriedigung eines Freizeitgestaltungsplanes lebensfern und künstlich in zeitlich voneinander gelöste Handlungsschritte auf. Dies läuft nicht nur dem von Ungezwungenheit und Spontaneität bestimmten Freizeitverhalten zuwider, sondern einer - im Übrigen auch bei mit Personaleinsatz betriebenen Videotheken üblichen und wirtschaftlich nachvollziehbaren - Vergütungsstruktur. Denn die Ausleihgebühr hängt naturgemäß von der Leihdauer ab. Wer sich danach planvoll für das Wochenende bevorratet, bindet sich nicht nur selbst in seiner Freizeitgestaltung, sondern muss auch - dies verkennt etwa der Beschluss des VGH Baden-Württemberg - unvertretbar mehr bezahlen allein für die reine Lagerdauer des Produktes bei sich. Die Richtigkeit eines Wertungsansatzes, der in Ausleihe und zeitnaher Betrachtung der DVD eine freizeitliche Handlungseinheit sieht, ergibt sich auch mit Blick auf den sonn- und feiertäglichen Kino- oder Theaterbetrieb. Auch dort kann man weit vor der eigentlichen Veranstaltung (manchmal sogar mit einer Vorverkaufsvergünstigung) Karten erwerben. Gleichwohl ist es nach der allgemeinen Anschauung des Verkehrs auch ein lebenseinheitlicher Vorgang, erst kurz vor der Veranstaltung am geöffneten Verkaufsschalter die Karte zu lösen. Dafür, warum es hier unverhältnismäßig sein soll, sich werktags zu bevorraten, bei der Videothek aber geboten, den Kunden auf die Ausleihe an Werktagen zu verweisen, bleibt auch der Beschluss des VGH Baden-Württemberg (a.a.O. [BS 6]) eine nähere Begründung schuldig und verharrt insoweit einzig auf der Stufe der reinen Rechtsbehauptung. Nicht zuletzt ist nicht zu erkennen, inwieweit sich ein sonntägliches Freizeitprogramm in Form der Ausleihe einer DVD und deren zeitnahes Betrachten unterscheiden soll von einer denkbaren Entwicklung in der Kinobranche, den Kinobesuch weitgehend personalfrei durch das Lösen von Karten an einem Automaten und einer automatischen Einlasskontrolle zu gestalten.
d) Vorliegend ist auch der von der automatischen Arbeitsverrichtung: Ausleihe der DVD ausgehende Störgehalt gering. Ungeachtet der Frage, ob - was bestritten ist, wofür aber vieles spricht - die eigentliche Schnittstelle zwischen Kunden und technischer Vorrichtung wegen einer aus Gründen des Jugendschutzes bestehenden Zugangs-/Nutzerkontrolle in abgeschlossenen Räumlichkeiten liegt und nicht etwa wie bei einem Zigarettenautomaten an einer Hauswand angebracht ist, ist doch die Beeinträchtigung durch die personalunabhängige Benutzung und Bedienung des Automaten an Sonn- und Feiertagen für angrenzende Anwohner oder sonn- oder feiertägliche Passanten denkbar gering. Dass in Fällen des Versagens des automatischen Betriebes ein Notdienst verständigt werden kann, ist schon angesichts des Ausnahmecharakters dieses Vorganges von vernachlässigbarer Beeinträchtigungsqualität. Dass vom Kundenverkehr in nennenswertem Umfang ein Störeffekt ausginge, ist nicht dargetan. Jedenfalls kann nicht erkannt werden, dass mit ihm mehr an Störung einherginge als mit anderer, zweifelsfrei zulässiger sonn- und feiertäglicher Automatennutzung. Wer sich in die Räume begibt, in denen der Automat aufgestellt ist, beeinträchtigt die Umgebung dieses Ortes nahezu weitgehend nicht, jedenfalls weit weniger als derjenige, der an Außenwänden angebrachte Automaten betätigt. Auch der Zu- und Abfahrtverkehr wird nicht belästigender, sondern eher geringer belastend sein als bei im Außenbereich angebrachten Automaten. Denn die scheinbar leichte Zugänglichkeit von Außenautomaten mag Autofahrer eher verleiten, ihr Fahrzeug mit laufendem Motor abzustellen, um die vermutet rasche Besorgung abzuwickeln, als diejenigen, die wissen, dass sie oft erst eine gewisse Auswahl treffen und sich dafür - gegebenenfalls mit besonderer Zugangskontrolle - noch in geschlossene Räume begeben müssen. Der Störgehalt ist im Verhältnis zu Kino- oder Theaterveranstaltungen zudem deutlich geringer. Dort kommt es wegen der festgelegten Anfangszeiten zu einer Zuschauerballung und damit einem großen Lärmaufkommen zu diesen Stoßzeiten. Demgegenüber ist der Publikumszufluss an DVD-Automaten naturgemäß entzerrt und besteht nur aus dem Auftreten vereinzelter Kunden. Der Verweis auf das von Autowaschanlagen ausgehende Beeinträchtigungsbild trägt ebenso wenig. Dort kann der reine Arbeitscharakter, und zwar in seinem doppelten Sinne als - zum einen - den Begriff von "Arbeiten" im Sinne von § 6 Abs. 1 FTG ausfüllend und - zum anderen - dem Freizeitgepräge nachhaltig abträglich nicht fraglich sein. Diese Arbeiten tragen sich zudem naturgemäß im Freien zu, wenngleich zum Teil - in allerdings einsehbaren - Waschstraßen, und sind mit Lärm und auch im Vorbereitungsbereich mit einer Betriebsamkeit, einer Arbeitshaltung und einem Betätigungszuschnitt verbunden, welche eindeutig für Werktäglichkeit stehen.
e) Für die hier getroffene Gesamtwertung steht auch, dass sich in einigen Bundesländern, wie von der Beklagten aufgezeigt, ausdrücklich gesetzlich geregelt eine große Lockerung des jeweiligen FTG gerade auch in Bezug auf Videotheken, auch solche mit Personaleinsatz, vollzogen hat. Mit diesem Verweis geschieht kein unzulässiger Austausch der hier maßgeblichen Rechtsgrundlage gegen hier nicht einschlägige Regelungen. Vielmehr wird nur in zulässiger Weise der in anderen vergleichbaren Gesetzen eindeutig zum Ausdruck kommende Wandel im Werteverständnis zur Ausfüllung einer Norm wie die des § 6 Abs. 1 FTG herangezogen, die selbst gesetzgeberisch bewusst offen und damit in hohem Maße auslegungsbedürftig gehalten ist (vgl. so zu Befreiungstatbeständen für "Videotheken": § 4 Abs. 2 FTG-Brandenburg, § 4 Abs. 1 Nr. 9 FTG Mecklenburg-Vorpommern; § 4 Abs. 1 Nr. 8 LFtG Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 1 Nr. 4 SFTG Schleswig-Holstein; § 3 Abs. 4 FeiertG Sachsen-Anhalt; im Übrigen so für Bräunungsstudios: § 4 Abs. 1 Nr. 6 FTG-Brandenburg; § 4 Nr. 5 FTG Nordrhein-Westfalen; so gar bei Autowaschanlagen: § 2 Abs. 3 Nr. 5 FTG-Bayern; § 4 Abs. 3 FTG-Brandenburg; § 3 Abs. 3 FeiertG Sachsen-Anhalt).
5.
a) Die von der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung BVerwG 11.09.1998 - 1 B 88.98 (K 8 = Bl. 80) hatte ersichtlich keinen DVD-Automatenverleih, sondern einen herkömmlichen, unter Personaleinsatz erfolgenden Videothekenbetrieb zum Gegenstand gehabt und bewertete die dortigen Fragen im Übrigen maßgeblich unter dem Gesichtspunkt, ob die dortigen Kläger mit ihrer Beschwerde den besonderen verfahrensrechtlichen Anforderungen des Revisionsrechts gerecht geworden sind.
b) Soweit das OLG Dresden (a.a.O. [US 9 f]; ferner Sächsisches OVG B. v. 13.02.2006 - 3 BS 4/05 [dort zudem nach der Verfahrensart mit nur eingeschränkter Überprüfungsmöglichkeit des Obergerichtes]) zu einer abweichenden Wertung mit der Kernaussage gelangte, grundsätzlich widerspreche nach der Verfassungs- und Gesetzeslage jegliche Betätigung, die der gewerblichen Gewinnerzielung oder dem beruflichen Fortkommen diene, dem Schutzzweck, kann dem nach den vorangegangenen Ausführungen nicht gefolgt werden, aber jedenfalls schon nicht im Hinblick auf die Fassung des hier maßgeblichen § 6 Abs. 1 FTG, der gewerbliche Arbeiten am Sonn- und Feiertag grundsätzlich gelten lässt, sie jedoch nur unter den dort genannten Voraussetzungen dem Verbot unterwirft.
6.
Diese Wertung schließt zugleich ein, dass auch gegen die angegriffene Werbeaussage keine durchgreifenden Bedenken bestehen, die Klage mithin auch insoweit ohne Erfolg bleiben muss.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Zwar wäre § 6 Abs. 1 FTG als Landesrecht vorliegend der Nachprüfung durch den BGH nicht entzogen (vgl. BGHZ 122, 93 [juris Tz. 25]; Ball in Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 545, 4; vgl. allg. auch Gummer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. [2007], § 545, 6; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. [2007], § 545, 6). Eine Divergenz zur Rechtsprechung des anderen Oberlandesgerichtes im Geltungsbereich dieser landesrechtlichen Norm, nämlich des Oberlandesgerichts Karlsruhe, ist gerade nicht gegeben. Zwar besteht eine Divergenz zur Entscheidung des VGH Baden-Württemberg. Zum einen ist dort kein Hauptsacheverfahren betroffen, vielmehr geht es dort (nur) um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den dortigen Verwaltungsakt. Der VGH hat denn auch formuliert, "das Beschwerdevorbringen gibt dem Senat jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ... keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzurücken" - wenngleich eine gewisse Entschiedenheit dieses Beschlusses nicht zu verkennen ist. Eine Rechtseinheit von Zivil- und Verwaltungsrechtsprechung kann aber durch die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nicht erreicht werden, zumal weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass eine Rechtsprechungslage des Bundesverwaltungsgerichts vorläge, welche eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe notwendig machte (vgl. § 2 Abs. 1 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Obersten Gerichtshöfe des Bundes) und so eine möglicherweise wünschenswerte Rechtseinheitlichkeit herbeiführte. Denn das BVerwG war - wie aufgezeigt - angesichts der vorrangigen verfahrensrechtlichen Besonderheiten zu einer inhaltlichen Befassung letztlich nicht aufgerufen.
Ende der Entscheidung
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