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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 22.11.2007
Aktenzeichen: 2 U 45/07
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 4
Die Werbung eines Elektro-Fachmarktes "Nur heute, 3. Januar, Foto- und Videokameras ohne 19 % MWSt" kann durchaus auch so verstanden werden, dass sich der Nachlass nicht nur auf an diesem Tag im Laden vorrätige Kameras bezieht, sondern auch für solche gilt, die an diesem Tag verbindlich zur Beschaffung bestellt werden.
Oberlandesgericht Stuttgart 2. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 45/07

Verkündet am 22. November 2007

wegen unlauterem Wettbewerb

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart im schriftlichen Verfahren nach dem Sach- und Streitstand vom 08. November 2007 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller Richter am Oberlandesgericht Stefani Richter am Oberlandesgericht Dr. Hofmann

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 39. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 16.05.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung, soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden ist (Tenor Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils), durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 50.000 €, soweit sie zur Auskunftserteilung verurteilt worden ist (Tenor Ziff. 3 des landgerichtlichen Urteils), durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 5.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Soweit sie zur Zahlung verurteilt worden ist (Ziff. 5 des landgerichtlichen Urteils) und hinsichtlich der Kosten darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert II. Instanz: bis 65.000 €

Gründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.

A.

Die Beklagte warb mit der aus Anlage H&P 1 ersichtlichen Werbeanzeige für einen nur am 03.01.2007 gewährten Preisnachlass für Digital- und Videokameras mit folgenden Aussagen:

"Nur heute 03. Januar

Foto- und Videokameras

ohne 19% Mehrwertsteuer!*",

sowie dem Sternchen-Hinweis:

"Sparen Sie volle 19% vom Verkaufspreis",

und den am unteren Rand der Anzeige eingefügten Aussagen:

"Über 215 x in Deutschland. Alle Preise sind Abholpreise".

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Nachdem sie die Beklagte mit Schreiben vom 22.01.2007 (Anlage H&P 2) erfolglos abgemahnt hatte, erwirkte die Klägerin im Verfahren LG Stuttgart 39 O 13/07 KfH (= OLG Stuttgart 2 U 24/07) die Beschlussverfügung vom 01.02.2007, mit der der Beklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Foto- und Videogeräte in der Werbung mit einem Rabatt zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass der Rabatt nur für im Markt vorhandene Foto- und Videogeräte gewährt werde.

Mit Urteil vom 28.03.2007 hat das Landgericht diese Beschlussverfügung bestätigt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 19.07.2007 (WRP 2007, 1115 = GRUR-RR 2007, 361) zurückgewiesen.

Mit seinem nunmehr im vorliegenden Hauptsacheverfahren erlassenen Urteil vom 16.05.2007 hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß im selben Umfang wie seinerzeit in der Beschlussverfügung zur Unterlassung (Tenor Ziff. 1) sowie außerdem zur Auskunftserteilung hinsichtlich Art und Umfang der streitgegenständlichen Werbung (Tenor Ziff. 3) und zum Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 749,95 € (Tenor Ziff. 5) verurteilt und darüber hinaus festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die streitgegenständliche Werbung entstanden sei oder noch entstehen werde (Tenor Ziff. 4). Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen §§ 3; 4 Nr. 4 und 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu, da aus der Werbung nicht hinreichend deutlich werde, dass der Rabatt unstreitig nur für im Markt der Beklagten vorhandene Foto- und Video-Geräte gewährt werde. Dies folge auch nicht aus dem bloßen Hinweis, dass alle Preise "Abholpreise" seien, da sich aus diesem nur ergebe, dass die Ware nicht oder nur zu anderen Konditionen geliefert werde. Entgegen der Auffassung der Beklagten verstehe der durchschnittlich informierte, adäquat aufmerksame und verständige Verbraucher die Werbung auch nicht "automatisch" dahingehend, dass der Rabatt nur für im Geschäft "heute" vorhandene und nicht auch für solche Ware gelte, die erst bestellt werden müsse. Die Werbung könne keineswegs nur im Sinne eines "schnellen Schnäppchens" dahingehend verstanden werden, dass nur an diesem Tag vorrätige Ware mit dem Rabatt gekauft werden könne. Vielmehr sei sie auch auf einen "schnellen Entschluss" zum Kauf eines Gerätes an dem in der Werbung bezeichneten Tag angelegt. Für die Beklagte sei es ein Leichtes, im Kontext ihrer Werbung klarstellend darauf hinzuweisen, dass sich ihr Angebot ausschließlich auf im Markt vorhandene Produktgruppen beziehe. Die Beeinträchtigung sei auch nicht nur unerheblich i. S. v. § 3 UWG. Denn es bestehe die Gefahr, dass die Kunden nach entsprechender Aufklärung im Markt, dass der Rabatt nur für vorhandene Ware gelte, Frustrations- oder Alternativkäufe zur Deckung ihres sonstigen Bedarfs tätigten und somit die Beklagte erhebliche Vorteile aus der Werbeaktion ziehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese vorbringt:

Die Breite des Produktangebots, das am 03.01.2007 in der Fotoabteilung der Beklagten vorhanden gewesen sei, habe dem Jahresdurchschnitt entsprochen. Insbesondere habe die Beklagte ein umfassendes Angebot in Bezug auf die Marken Canon, Casio, Fuji, Olympus, Panasonic und Sony geführt. An Stelle der nicht vorhandenen Kamera Canon IXUS 60 sei die weitgehend baugleiche und vergleichbar ausgestattete Kamera Canon IXUS 65 vorhanden gewesen. Abgesehen davon hätten bei der Fa. C., einem "Anhängehaus" der Beklagten, elf Kameras der Marke Canon IXUS 60 zur Verfügung gestanden, die man ggf. auf Wunsch habe herbeischaffen können, um sie wie alle anderen im Markt verfügbaren Kameras unter Berücksichtigung des beworbenen Rabattes an diesem Tag zu verkaufen. Es bestünden auch Zweifel an der Richtigkeit der im einstweiligen Verfügungsverfahren von Klägerseite vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, da entgegen den dortigen Angaben sämtliche Mitarbeiter der Beklagten Namensschilder und Firmenkleidung trügen.

Der Verfügungsantrag sei zu unbestimmt gefasst und daher bereits unzulässig. Er sei auch zu weit formuliert, da er von dem konkreten Verletzungstatbestand losgelöst sei, der Beklagten in Form eines positiven Gebots vorschreibe, wie sie zukünftig zu werben habe und sie daher in ihren werblichen Gestaltungsmöglichkeiten unzulässig einschränke. Es liege weder ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 noch gegen § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor. Aus der Angabe, dass der Preisnachlass "nur heute 3. Januar " gewährt werde, ergebe sich für den angesprochenen durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher unmissverständlich, dass nur die an diesem Tag vorrätige Ware mit dem angekündigten Kundenrabatt erworben werden könne. Die Beklagte mache sich die Ausführungen des OLG Karlsruhe im Urteil vom 09.05.2007, 6 U 52/07 (WRP 2007, 818 = GRUR-RR 2007, 363) zu eigen. Folge man diesen nicht, sei zumindest die Durchführung einer Verkehrsbefragung zur Feststellung des Verkehrsverständnisses erforderlich.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil der 39. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 16.05.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das in der Sitzungsniederschrift protokollierte mündliche Vorbringen der Parteien Bezug genommen. Beide Parteien haben der Entscheidung im schriftlichen Verfahren, § 128 Abs. 2 ZPO, zugestimmt.

B.

I. Zulässigkeit:

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der auf Verurteilung zur Unterlassung gerichtete Klageantrag Ziff. 1 - und damit auch Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteilstenors - hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gefasst. Er ist zwar abstrakt formuliert, lässt jedoch klar und eindeutig erkennen, dass ein Verstoß gegen das ausgesprochene Verbot immer dann vorliegt, wenn die Beklagte mit einem nur für vorrätige Foto- und Videogeräte gültigen Rabatt wirbt, ohne auf diese Beschränkung des Rabatts hinzuweisen. Die Beklagte kann auf Grund dieser Formulierung eindeutig erkennen, was sie zu unterlassen hat und was sie tun muss, um den Verbotsbereich zu verlassen.

II. Begründetheit:

1. Klageantrag Ziff. 1: Unterlassung:

1.1. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, steht der Klägerin nach §§ 8 Abs. 1, S. 1, Abs. 3 Nr. 1; 4 Nr. 4; 3 UWG ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte es unterlässt, zu Zwecken des Wettbewerbs Foto- und Videogeräte in der Werbung mit einem Rabatt zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser nur für im Markt vorhandene Geräte gewährt wird.

a) Die Beklagte hat - wie der Senat bereits in seinem im Verfügungsverfahren ergangenen Urteil vom 19.07.2007, 2 U 24/07, dargestellt hat - durch die beanstandete Werbung ( Anlage H&P 1) einen Erstverstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG begangen.

aa) Unstreitig hat die Beklagte den beworbenen Preisnachlass nur für solche Digital-Kameras und Camcorder gewährt, die am 03.01.2007 tatsächlich vorrätig gewesen sind, nicht aber für solche, die erst bestellt werden mussten

bb) Ausgehend hiervon hat die Beklagte mit ihrer Werbung gegen § 4 Nr. 4 UWG verstoßen, weil sie die Bedingungen des Preisnachlasses nicht klar und eindeutig angegeben hat.

(1) Unter "den Bedingungen der Inanspruchnahme" einer Verkaufsförderungsmaßnahme, hier: des Preisnachlasses, sind alle Voraussetzungen zu verstehen, die erfüllt sein müssen, damit der Kunde die Vergünstigung erlangen kann (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdnr. 4.9). Der Umfang der Mitteilungspflicht richtet sich daher nach den Bedingungen, die der Unternehmer im konkreten Einzelfall für den Erhalt des Preisnachlasses vorgesehen hat. Ist der Preisnachlass auf bestimmte Waren oder Produktgruppen beschränkt, ist auch dies eine mitzuteilende Bedingung der Verkaufsförderungsmaßnahme (OLG München GRUR-RR 2005, 356, 357; Fezer/Steinbeck, UWG, 2005, § 4-4 Rdnr. 9; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 4 UWG Rdnr. 4.11; Ullmann/Seichter, Juris Praxiskommentar UWG, 2006, § 4 Nr. 4 Rdnr. 17).

Der Umstand, dass der Preisnachlass nur für vorrätige Digital-Kameras und Camcorder gewährt wurde, war daher im vorliegenden Fall eine Bedingung der Inanspruchnahme des Preisnachlasses und somit nach § 4 Nr. 4 UWG mitteilungspflichtig.

(2) Die beanstandete Werbung enthält keine i. S. v. § 4 Nr. 4 UWG klare und eindeutige Angabe dieser Bedingung.

(a) Bei der Frage, ob die Bedingungen für die Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben sind, ist auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen, wobei der Ermittlung das Leitbild des Durchschnittsverbrauchers zu Grunde zu legen ist. Maßgebend ist also, ob die Angaben so gestaltet sind, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der das Geschehen mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt, erkennen kann, welche Bedingungen im Einzelfall gelten (OLG München GRUR-RR 2005, 356, 357; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 4 UWG Rdnr. 4.13; Ullmann/Seichter, a. a. O., § 4 Nr. 4 Rdnr. 20; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4.4 Rdnr. 4/5). Hierbei sind die Grundsätze der Blickfangwerbung zu berücksichtigen (Ullmann/Seichter, a. a. O., § 4 Nr. 4 Rdnr. 21; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, UWG, 2004, § 4 Rdnr. 60; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 4 UWG Rdnr. 4.13). Hiernach dürfen blickfangmäßig herausgestellte Angaben für sich genommen nicht unrichtig oder auch nur für den Verkehr missverständlich sein. Eine die erforderliche Eindeutigkeit der Aussage wiederherstellende Aufklärung kann in solchen Fällen nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teil hat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (BGH GRUR 2003, 163, 164 - Computerwerbung II; GRUR 2003, 249 - Preis ohne Monitor). Dies kann auch durch einen klaren und unmissverständlichen Sternchen-Hinweis geschehen, wenn dadurch die Zuordnung der Angaben möglich ist (BGH GRUR 1999, 264 - Handy für 0,00 DM).

Mitgeteilt werden müssen die Bedingungen der Inanspruchnahme bereits zum Zeitpunkt der Werbung für die Verkaufsförderungsaktion (Fezer/Steinbeck, a. a. O., § 4-4 Rdnr. 13; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, a. a. O., § 4 Rdnr. 63 ff). Denn die Vorstellung des Verkehrs von den maßgebenden Umständen des Angebots wird wesentlich durch das geprägt, was in der ihm gegenübertretenden Werbung zum Ausdruck kommt (BGH GRUR 1999, 515, 518 - Bonusmeilen). Der Verbraucher wird in den meisten Fällen schon durch die Werbung zu einer näheren Beschäftigung mit dem Angebot veranlasst, so dass die Gefahr einer Beeinflussung der Kaufentscheidung durch unzureichende Informationen bereits im Rahmen der Werbung für Verkaufsförderungsmaßnahmen besteht (Fezer/Steinbeck, a. a. O., § 4-4 Rdnr. 13; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, a. a. O., § 4 Rdnr. 63 ff). Ob im Einzelfall, etwa auf Grund der Besonderheiten des Werbemediums (z. B. Fernsehspot) oder der Komplexität der Bedingungen (z. B. bei Kundenbindungssystemen), bestimmte Einzelheiten der Bedingungen auch zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt werden dürfen (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, a. a. O., § 4 Rdnr. 65 ff; Fezer/Steinbeck, a. a. O., § 4-4, Rdnr. 13 ff), muss hier nicht entschieden werden. Denn jedenfalls die Beschränkung des Preisnachlasses auf vorrätige Waren ist ein für seine Inanspruchnahme wesentlicher und auch im Rahmen einer Werbeanzeige der hier gegenständlichen Art problemlos mitteilbarer Umstand, sodass der Unternehmer hierüber bereits in der Werbung informieren muss.

Wie der durchschnittlich informierte, verständige und situationsadäquat aufmerksame Adressat die beanstandete Werbung versteht, kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Zum einen gehören seine Mitglieder als Verbraucher zu den angesprochenen Verkehrskreisen. Zum anderen verfügt der Senat auf Grund seiner ständigen Befassung mit Wettbewerbssachen über die erforderliche Sachkunde, um eigenständig beurteilen zu können, wie die angesprochenen Kreise die Werbeaussagen verstehen (BGH GRUR 2004, 244, 245 - Marktführerschaft).

(b) Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die beanstandete Werbung keine hinreichend klare und eindeutige Angabe dazu enthält, dass der für den 03.01.2007 angekündigte Preisnachlass nur für solche Waren gelten soll, die im Markt der Beklagten vorrätig sind.

Ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis fehlt in der Werbung.

Wie das Landgericht zutreffend ausführt, erschließt sich dem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der die Werbung mit situationsadäquater Aufmerksamkeit wahrnimmt, auch nicht daraus, dass der Preisnachlass "nur heute 3. Januar", also nur an einem einzigen Tag gewährt wird, mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass sich dieser nur auf solche Waren beziehen soll, die an diesem Tag in den Geschäftsräumen der Beklagten vorrätig sind. Vielmehr lässt die Werbung auf Grund ihrer insoweit völlig unbestimmten Aussagen aus Sicht des Verbrauchers ebenso die Deutung zu, dass entscheidend für die Erlangung des Preisnachlasses allein ist, dass der Kunde mit der Beklagten am 03.01.2007 einen Kaufvertrag über das von ihm gewünschte Gerät abschließt, er den Preisnachlass also auch dann erhält, wenn dieses zwar nicht vorrätig ist, jedoch von der Beklagten, da zu ihrem Sortiment gehörend, bei ihrem Lieferanten bestellt werden kann und er eine entsprechende verbindliche Bestellung vornimmt (a. A.: OLG Karlsruhe, Urteil v. 09.05.2007, a. a. O.). Dass - wie das OLG Karlsruhe meint - bei einem solchen Verständnis die durch den Hinweis "nur heute 3. Januar" zum Ausdruck gebrachte Kurzfristigkeit der Aktion "aufgeweicht" werde und der Verbraucher daher eindeutig erkenne, dass die Rabattaktion nur für vorrätige Ware gelte, leuchtet nicht ein. Auch eine Rabattgewährung, die bei Bestellung an einem bestimmten einzigen Tag gilt, ist kurzfristig. Ebenso ergibt sich allein aufgrund der Umstände, dass - wie das OLG Karlsruhe meint - angeblich Geräte dieser Art "typischerweise" nicht bestellt würden und es sich bei der Beklagten um einen Elektronik-Discounter handele, für den angesprochenen Verbraucher nicht zweifelsfrei, dass er den Rabatt nur für vorrätige Geräte erhält. Vielmehr werden zahlreiche Verbraucher, die sich für eine bestimmte Kamera interessieren und wissen, dass die Beklagte als großes Unternehmen über eine breite Produktpalette verfügt, erwarten, dass diese ihnen auch ein zu ihrem Sortiment gehörendes Gerät, das zufällig am Tag der Rabattaktion nicht vorrätig ist, rasch beschaffen kann und dass sie den Rabatt auch dann erhalten, wenn sie an diesem Tag eine entsprechende verbindliche Bestellung aufgeben. Zumindest ist die Werbung geeignet, hierüber bei einer nicht unerheblichen Zahl von Verbrauchern entsprechende Zweifel zu wecken. Diese aber sollen durch das Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG gerade ausgeschlossen werden.

Ob von der Beklagten derartige Preisnachlässe, die auf einen Tag beschränkt sind, immer nur für tatsächlich vorrätige Waren gewährt werden - was die Beklagte gar nicht substantiiert behauptet hat -, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Werbung richtet sich nicht nur an solche Verbraucher, die als Stammkunden der Beklagten deren geschäftliche Gepflogenheiten bei der Gewährung von Preisnachlässen kennen, sondern an alle Verbraucher, die am Erwerb entsprechender Geräte interessiert sind, also auch an solche, die die geschäftlichen Gebräuche der Beklagten nicht im Einzelnen kennen.

Auch aus dem kleingedruckten Hinweis oberhalb der Fußzeile der Werbung,

"Alle Preise sind Abholpreise", ergibt sich für den angesprochenen Verbraucher nicht hinreichend deutlich, dass er den Preisnachlass nur beim Erwerb vorrätiger Geräte erhält. Denn diese Erklärung enthält lediglich den Hinweis, dass der versprochene Preisnachlass nur dann gewährt wird, wenn der Kunde das Gerät bei der Beklagten abholt, nicht aber dann, wenn ihm das Gerät übersandt oder angeliefert wird. Diese Bedingung kann aber auch dann erfüllt sein, wenn der Kunde am 03.01.2007 einen Kaufvertrag über ein zwar nicht vorrätiges, jedoch zum Sortiment der Beklagten gehörendes Gerät abschließt, das diese erst noch bei ihrem Lieferanten bestellen muss, und er dieses später, nach Anlieferung bei der Beklagten, abholt.

Abgesehen davon wäre dieser Hinweis auch auf Grund seiner konkreten Gestaltung nicht hinreichend eindeutig i. S. v. § 4 Nr. 4 UWG. Denn durch die blickfangmäßig hervorgehobenen Angaben

"Nur heute 3. Januar

Foto- und Videokameras

ohne 19% Mehrwertsteuer"

wird bei den Verbrauchern der Eindruck erweckt, dieser Preisnachlass gelte generell beim Erwerb eines zum Sortiment der Beklagten gehörenden Gerätes am 03.01.2007, gleichgültig, ob dieses vorrätig sei oder erst bestellt werden müsse. Die Beseitigung dieser durch die Blickfang-Aussagen geschaffenen Unklarheit könnte hinreichend eindeutig i. S. v. § 4 Nr. 4 UWG nur durch einen am Blickfang teilnehmenden Hinweis erfolgen. Eine solche Teilnahme am Blickfang liegt aber hinsichtlich der Erklärung "Alle Preise sind Abholpreise" nicht vor, da diese klein gedruckt ist und sich in deutlicher Entfernung zu den Blickfang-Aussagen am unteren Rand der Werbeanzeige befindet. Sie ist diesen auch nicht durch einen Sternchen-Hinweis eindeutig zugeordnet. Vielmehr enthält der in die Werbung eingefügte Sternchen-Hinweis (neben "Mehrwertsteuer") nur die Erklärung "Sparen Sie volle 19% vom Verkaufspreis", also keine Aufklärung über die Beschränkung des Rabattes auf vorrätige Waren.

Somit liegt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG vor (a. A.: OLG Karlsruhe, a. a. O.).

cc) Dieser ist auch wettbewerblich relevant und überschreitet die Bagatellgrenze des § 3 UWG. Denn infolge des Fehlens eines hinreichend eindeutigen Hinweises, dass sich der beworbene Preisnachlass nur auf vorrätige Waren bezieht, können Verbraucher gerade durch die Vorstellung, den Rabatt für die gesamte Produktpalette der Beklagten an Digital-Kameras und Camcordern, also auch für nicht vorrätige Geräte zu erhalten, veranlasst werden, deren Ladenlokal aufzusuchen und dort, nach Aufklärung darüber, dass der Preisnachlass nur für tatsächlich vorrätige Geräte gewährt werde, Frustrations- oder Alternativkäufe vorzunehmen, sodass die Beklagte auf Grund ihre unlauteren Werbung entsprechende finanzielle Vorteile erzielen kann. Auch eröffnet sich die Beklagte die Möglichkeit, Kunden, die ihr Ladenlokal gerade in der Erwartung eines umfassenden, auch nicht vorrätige Geräte einschließenden Rabatts aufgesucht haben, in ein Verkaufsgespräch zu verwickeln und sie so zum Abschluss entsprechender Geschäfte zu bewegen, wodurch sie sich ebenfalls gewichtige Wettbewerbsvorteile im Vergleich zu anderen Mitbewerbern verschafft, die sich wettbewerbskonform verhalten.

b) Auf Grund dieses Erstverstoßes besteht Wiederholungsgefahr. Dies nicht nur hinsichtlich der konkreten Verletzungsform, wie sie sich aus der als Anlage H&P 1 ersichtlichen Werbeanzeige ergibt, sondern hinsichtlich aller im Unterlassungsantrag (und Urteilstenor Ziff. 1) abstrakt umschriebenen Handlungsweisen. In der abstrakten Fassung des Antrags kommt das Charakteristische des konkreten Verletzungstatbestandes - Werbung für Foto- und Videogeräte mit einem Rabatt, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser nur für vorrätige Geräte gewährt wird - zutreffend zum Ausdruck (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 51 Rdnr. 14 m. zahlr. Rspr. nachw.). Der Beklagten wird durch den Zusatz - "ohne darauf hinzuweisen, dass..." - auch nicht etwa in unzulässiger Weise ein bestimmter Weg vorgegeben, wie sie den Verbotsbereich zu verlassen habe. Vielmehr dient der Zusatz allein der Beschreibung des zu unterlassenden Verhaltens.

1.2. Da sich der Unterlassungsanspruch schon aufgrund des Verstoßes gegen § 4 Nr. 4 UWG ergibt, kann an und für sich dahingestellt bleiben, ob die Beklagte auch in wettbewerblich relevanter, die Bagatellgrenze überschreitender Form gegen das Irreführungsverbot verstoßen hat, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG. Auch dies ist aber aus den vom Landgericht dargestellten Gründen zu bejahen.

Das Landgericht hat dem Klageantrag Ziff. 1 daher zu Recht stattgegeben.

2. Klageanträge Ziff. 3 bis 5 (Auskunft, Schadensersatz, Abmahnkosten)

Zu Recht hat das Landgericht auch den Klageanträgen Ziff. 3 bis 5 stattgegeben.

Da die Beklagte durch die beanstandete Werbung zumindest fahrlässig gegen §§ 4 Nr. 4; 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2; 3 UWG verstoßen hat, ist sie der Klägerin zum Ersatz des entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet. Zur Vorbereitung dieses Anspruchs kann die Klägerin im beantragten Umfang Auskunft verlangen, § 242 BGB (Klageantrag Ziff. 3). Der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klageantrag Ziff. 4 ist aus den vom Landgericht dargestellten Gründen zulässig (§ 256 ZPO) und begründet. Der Anspruch auf Ersatz der - der Höhe nach unstreitigen - Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, der diesbezügliche Zinsanspruch aus § 288 Abs. 1 BGB (Klageantrag Ziff. 5).

Aus diesen Gründen ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Festsetzung des Streitwertes aus §§ 48 GKG, 3 ZPO.

Der Senat hat die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und schon im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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