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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: 2 W 6/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 890
§ 890 ZPO Zeitlich befristeter Titel / Verschulden bei Rechtsanwaltsrat

1.

Der Verhängung eines Ordnungsgeldes steht wegen des auch repressiven Charakters des Ordnungsmittels gemäß § 890 ZPO nicht entgegen, dass der Antrag nach Ablauf der Titelfrist gestellt worden ist, wenn bei einem zeitlich befristeten Titel (z.B. Unterfassungsanspruch bezüglich eines für einen bestimmten Zeitraum angekündigten Räumungsverkaufs wegen Umbaus) die Verletzungshandlung innerhalb der titelimmanenten Laufzeit begangen worden ist.

2.

Der Rat des Prozessbevollmächtigten, dem Verfügungsbeschluss könne zuwider gehandelt werden, da der Titel rechtswidrig sei und letztlich keinen Bestand haben werde, entschuldigt einen kaufmännischen Schuldner nicht, weil ihm geläufig sein muss, dass gerichtliche Titel grundsätzlich Beachtung fordern, eine solche Empfehlung des eigenen Anwaltes nur eine Rechtsmeinung darstellt, die - wenn nicht ganz außergewöhnliche Umstände für etwas anderes sprechen - der im Titel zum Ausdruck gekommenen Bewertung nicht vorgeht und deshalb die Partei des Risikos eines Titelverstoßes mit Bestrafungsfolge nicht enthebt.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 6/01 1 KfH O 207/00 LG Ulm

vom 28. März 2001

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. Lütje,

des Richters am Oberlandesgericht Holzer und

des Richters am Oberlandesgericht Oechsner

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 19. Dezember 2000 geändert:

2. a) Gegen die Schuldnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen die in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Ulm vom 2.10.2000 - Aktenzeichen 1 KfH O 270/00 - enthaltene Unterlassungsverpflichtung, nämlich es zu unterlassen, den für die Zeit vom 30.9. bis 14.10.2000 bei der IHK Ulm angezeigten Räumungsverkauf wegen Umbaus ihrer Filiale straße in U durchzuführen und/oder hierfür zu werben ein Ordnungsgeld von 10.000,00 DM, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500,00 DM ein Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Schuldnerin, verhängt.

Das Ordnungsgeld ist bis zum 7. Mai 2001 an die Gerichtskasse zu bezahlen.

b) Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 20.000,00 DM

Gründe:

I.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, der Sache nach teilweise von Erfolg.

A

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO.

Die Antragsgegnerin hatte am 31.7.2000 der IHK U einen für 2.10. (Bl. 15), dann für 30.9. (Bl. 18) bis 14.10.2000 währenden Räumungsverkaufs wegen Umbaus angekündigt. Die Antragstellerin erwirkte mit Antrag vom 2.10.2000 den Erlass einer einstweiligen Verfügung vom gleichen Tage (Bl. 40 bis 43) mit dem mit einer Ordnungsmittelandrohung verbundenen Gebot, es zu unterlassen, den für die Zeit vom 30.09. bis 14.10.2000 bei der IHK U, angezeigten Räumungsverkauf wegen Umbaus ihrer Filiale straße in U durchzuführen und/oder hierfür zu werben, darauf gestützt, dass bereits am 27.9. mit dem Räumungsverkauf begonnen worden sei, dass mangels Vollständigkeit der bei der IHK eingereichten Unterlagen keine Genehmigung vorliege und Waren aus vom Umbau nicht berührten Räumen in einen gedacht berechtigten Räumungsverkaufsbereich verschoben würden. Die Zustellung (Bl. 107) geschah ebenfalls noch am gleichen Tag.

Am 6.10.2000 ging der Widerspruch der Antragsgegnerin ein, welche die behaupteten Tatbestände rechtlich und tatsächlich anging. Der Antragsgegner - Rechtsanwalt - hielt und hält die erlassene einstweilige Verfügung für "rechtswidrig" (Bl. 133) und empfahl dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, der (nur) über eine kaufmännische Ausbildung verfügt, die Verkaufsveranstaltung fortzuführen, was dieser auch tat. Die Antragstellerin hatte denn auch mit außergerichtlichem Schreiben vom 5.10.2000 die ungerührte Fortsetzung des Räumungsverkaufes bereits gerügt. Der anhaltende Verletzungstatbestand war auch in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2000 angesprochen (vgl. Bl. 103) und eingeräumt worden (Bl. 133).

Durch Urteil vom 27.10.2000 (Bl. 85 bis 90) hielt das Landgericht seine einstweilige Verfügung mit der Begründung aufrecht, dass Ware aus durch Umbau nicht privilegierte Geschäftszonen (Lager) in vom Umbau betroffene und damit einen Räumungsverkauf rechtfertigende Bereiche (Ladenlokal) verbracht würden, was die Sonderveranstaltung nicht nur insoweit, sondern insgesamt unzulässig mache. Aus wirtschaftlichen Gründen sah der Geschäftsführer der Antragsgegnerin entgegen dem Rat seines Anwaltes von einem Rechtsmittel ab. Am 7.11.2000 gab die Antragsgegnerin eine Abschlusserklärung ab.

Am 15.11.2000 hat die Antragstellerin im Hinblick auf die auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Verletzungshandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragt. Die Antragsgegnerin trat dem entgegen, da mit Ablauf der zeitlichen Erstreckung des Titels (30.9. bis 14.10.2000) der Titel, jedenfalls jegliches Rechtsschutzbedürfnis für ein Ordnungsgeld entfallen sei. Dem Sinn und Zweck dieser Vollstreckungsmaßnahme, nämlich ein titelgerechtes Verhalten zu erzwingen (Beugecharakter), widerspreche die nachträgliche Bestrafung einer dann bloßen Unbotmäßigkeit. Im Übrigen sei die Antragsgegnerin einem entschuldigenden Rechtsirrtum erlegen, da sie juristisch nicht vorgebildet dem nachdrücklichen Rat ihres Bevollmächtigten vertraut habe und habe vertrauen dürfen.

Das Landgericht verhängte mit Beschluss vom 19.12.2000 (Bl. 120 bis 123) ein Ordnungsgeld von 20.000,00 DM. Die Verletzung der Verfügung sei trotz Zeitablaufs wegen der auch repressiven Funktion dieser Vollstreckungsmaßnahme eröffnet, § 775 ZPO stehe im Hinblick auf die Abschlusserklärung ebensowenig entgegen, die irrige Rechtsauffassung sei unbeachtlicher; weil vermeidbarer Verbotsirrtum.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 2.1.2001 zugestellten Beschluss ging die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin am 16.1.2001 ein, in welcher sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholend vertieft, mithin die Unzulässigkeit des Antrags wegen Ablaufs der Titelfrist und die Wertung des Landgerichts als unzutreffende Mindermeinung rügt, jedenfalls einen entschuldigenden Rechtsirrtum der Antragsgegnerin im Hinblick auf den eindeutigen Rechtsrat ihres Anwaltes annimmt, zumal der Geschäftsführer der Antragsgegnerin angesichts der ergebnisoffenen Verhandlung des Landgerichtes der Empfehlung ihres Anwaltes habe folgen dürfen, der bei einer eindeutigen Ankündigung eines dem Verfügungsbeschluss gleichlautenden Urteils auf einen Stopp der Maßnahme nachdrücklich hingewirkt hätte; und nicht zuletzt sieht die Antragsgegnerin die Höhe des Ordnungsgeldes als ungerechtfertigt übersetzt an.

Sie beantragt deshalb,

den Beschluß des Landgerichts Ulm vom 19.12.2000 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde unter Aufrechterhaltung der Entscheidung des Landgerichts Ulm zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.

B

1.

Der Umstand, dass der Ordnungsmittelantrag nach Ablauf der titelimmanenten Laufzeit gestellt worden ist, steht einer Festsetzung nicht entgegen.

a)

aa) Es entspricht allerdings einer nicht unverbreiteten Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, dass bei nachträglicher Aufhebung eines Titels oder seinem rückwirkenden Wegfall (wie etwa bei Klagrücknahme, Vergleich, Aufhebung des Titels im Rechtsmittelverfahren u.a.) aus ihm nicht mehr vollstreckt werden kann; denn ohne Vollstreckungstitel gibt es keine Vollstreckungsstrafe (Stein/Janas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 890, 26 und 27; Musielak/Lackmann, ZPO, 2. Aufl., § 890, 16; MK/Lüke, ZPO, 2. Aufl., § 890, 15; Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 890, 9 und 9 a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 890, 26 und 29; OLG Nürnberg WRP 96, 145 [dort zum Titelwegfall bei übereinstimmender Erledigungserklärung]; Jestaedt in GK/UWG [1991 ] Vor § 13, E, 44 und 45; Spätgens in Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 93, 29; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7: Aufl., Kap. 57, 38).

bb) So liegt der Fall vorliegend aber nicht. Der Titel ist nicht aufgehoben und nicht rückwirkend beseitigt worden. Er hat für die Zeit des in ihm angelegten zeitlich beschränkten Regelungsrahmens grundsätzlich seine Gültigkeit besessen und behalten.

b)

aa) Für den hier vorliegenden Fall, dass der Titel nach der Zuwiderhandlung nur für die Zukunft seine Gültigkeit verloren hat, etwa durch Fristablauf eines befristeten Verbotes, entspricht es verbreiteter Ansicht, dass eine vor Titelfortfall liegende Zuwiderhandlung durch Ordnungsmittel geahndet werden kann (OLG Hamm [14. ZS.] NJW-RR 90, 1086 [unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung]; OLG Karlsruhe WRP 92, 405; OLG Frankfurt WRP 92, 717; OLG Köln JMBINRW 83, 118, 119; OLG Hamburg NJW-RR 87, 1024; Senat WRP 76, 334, 335 [je zur Fallgestaltung bei übereinstimmender Erledigungserklärung]; Stein/Jonas/ Brehm a.a.O. § 890, 31; Musielak/Lackmann a.a.O. § 890, 16; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 890, 10; MK/Lüke a.a.O. § 890, 15; Storz in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 890, 47; Zöller/Stöber a.a.O. § 890, 10; Jestaedt a.a.O. Vor § 13, E, 46; Spätgens a.a.O. § 93, 32; Ulrich in Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 37, 21; so wohl auch Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 2. Aufl., Rdn. 955; offengelassen in OLG Düsseldorf WRP 88, 677; a.A. OLG Düsseldorf GRUR 92, 478; Köhler in Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., Vor § 13, 329; Teplitzky a.a.O. Kap. 57, 38 [dort schwerpunktmäßig zur Fallgestaltung der übereinstimmenden Erledigungserklärung nach strafbewehrter Unterlassungserklärung des Schuldners; ebenso Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl UWG 587 b; vgl. auch Ulrich in Pastor/Ahrens a.a.O. Kap. 37, 9; OLG Frankfurt MDR 89, 459, 460]).

bb) Die in diesem Zusammenhang oft angeführten §§ 775 Abs. 1, 776 ZPO (vgl. Baumbach/Hefermehl a.a.O. 587 b; Teplitzky a.a.O. 38) betreffen aber gerade den Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, nicht aber die hier vorliegende Fallgestaltung des Ablaufs der titelimmanenten Gültigkeitsdauer.

c)

aa) Zwar soll auch bei dieser Fallgestaltung nach Teilen von Rechtsprechung und Literatur eine Bestrafung des Schuldners ausscheiden, da die Androhung des Ordnungsmittels nur die Wirksamkeit der Unterlassungsvollstreckung gewährleisten, den Schuldner beugen, nicht aber seiner bloßen Bestrafung dienen soll (OLG Düsseldorf GRUB 92, 478; Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 2. Aufl., § 890, 13, da der im Zeitpunkt des Ordnungsmittelsbeschlusses notwendig vorausgesetzte Titel dann fehle).

bb) Die Beantwortung der Frage ist danach angesiedelt bei der Funktionsbestimmung des Ordnungsmittels, ob es mithin nur Beugecharakter besitzt oder (auch) repressive Qualität (so auch Stein/Jonas/Brehm a.a.O. § 890, 31; Spätgens in Gloy a.a.O. § 93, 29 und 30; vgl. auch Schuschke a.a.O. § 890, 6 und 8). Die Frage ist dahin zu beantworten, dass dem Ordnungsmittel auch ein repressiver Charakter innewohnt (BGH WRP 94, 37, 39 - Vertragsstrafebemessung; BayObLG NJW-RR 95, 1040; OLG Karlsruhe WRP 94, 410; OLG Hamm NJW-RR 90, 1086; Stein/Jonas/Brehm a.a.O. 31; Musielak/Lackmann a.a.O. § 890, 16; Storz a.a.O. § 890, 48; MK/Lüke a.a.O. § 890, 15; Jestaedt a.a.O. Vor § 13, E, 46; Melullis a.a.O. 904 und 955; Teplitzky a.a.O. Kap. 57, 38). Dies hat nicht zuletzt auch das BVerfG (E 20; 323, 332: "Strafsanktion aus § 890 Abs. 1 ZPO", "Wesen der Bestrafung gemäß § 890 Abs. 1 ZPO"; 84, 82, 87: "Strafähnlicher Charakter des § 890 Abs. 1 ZPO") ausgesprochen, denn wegen dieses Strafcharakters hat es die weitere Vollstreckungsvoraussetzung des Verschuldens in § 890 ZPO als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aufgenommen.

d) Das Ergebnis der Gegenmeinung kann auch nicht dadurch gewonnen werden, dass die Vollstreckungsvoraussetzung aufgestellt wird, für die begehrte Ordnungsmaßnahme müsse noch im Zeitpunkt des Ordnungsmittelantrages ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen und dieses fehle, wenn aus dem formal wirksam fortbestehenden Titel aufgrund tatsächlicher Umstände künftig, d.h. über den Zeitpunkt hinaus, zu dem der Ordnungsmittelantrag gestellt wurde, keine Unterlassungsansprüche mehr abgeleitet werden können, etwa wenn das Unterlassungsgebot zeitlich befristet war und die Frist zum Zeitpunkt des Ordnungsmittelantrages schon verstrichen ist, wenn auch die Zuwiderhandlung sich noch innerhalb der Frist ereignete (so Schuschke a.a.O. § 890, 19; OLG Düsseldorf GRUR 92, 478; OLG Karlsruhe MDR 72, 699, 700). Dieser Ansatz wird zu Recht abgelehnt (Stein/Jonas/Brehm a.a.O. § 890, 31; MK/Lüke a.a.O. § 890, 15; Zöller/Stöber a.a.O. § 890, 11; OLG Karlsruhe WRP 94, 410 [unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung in MDR 72, 699]; BayObLG NJW-RR 95, 1040; vgl. auch Melullis a.a.O. 955; im Ergebnis ebenso Thomas/Putzo a.a.O. § 890, 10). Denn er versucht den gleichen Wertungsgesichtspunkt zur Rechtsnatur des Ordnungsmittels nun in dieses Verfahrensinstitut mit den nämlichen Erwägungen einzubinden (vgl. auch BayObLG a.a.O. 1040), eben damit begründet, dass sich die Funktion dieses Ordnungsmittels in der Erzwingung der Titelerfüllung erschöpfe (Beugefunktion) (ebenso ablehnend zum Versuch, einen gleichgelagerten Doppeltatbestand aufzustellen: OLG Köln JMBINRW 83, 118, 120).

2.

Auch am Verschuldenserfordernis (BVerfGE 20, 323, 334 und 336; BGH GRUR 91, 929, 931 - Fachliche Empfehlung II) fehlt es vorliegend nicht.

a) Verschulden von Hilfspersonen im Sinne des §§ 278, 831 BGB, § 13 Abs. 4 UWG reicht allerdings nicht aus (BVerfGE a.a.O. 335, 336; OLG Hamm WRP 78, 386). Anwaltlicher Rat kann nicht grundsätzlich, sondern nur dann entlasten, wenn der Schuldner selbst je nach den Einzelumständen gestützt auf diesen Rat ohne Verschulden geirrt hat (Stein/Jonas/Brehm a.a.O. § 890, 23; GK/Jestaedt a.a.O. Vor § 13, E, 39; Teplitzky a.a.O. Kap. 57, 27). In Bereichen, wo eine eigene Beurteilung aufgrund kaufmännischer Erfahrung möglich ist, muss der Rat des Anwaltes einer eigenverantwortlichen Prüfung unterzogen werden (OLG Hamburg NJW-RR 89, 1087; Senat B. v. 6.8.1998 2 W 18/98; vgl. ferner Senat OLG-Report 99, 39 = WRP 99, 708 [Ls]). Es kommt darauf an; ob der Schuldner einen Irrtum des Anwaltes erkennen konnte. Die Erwartung, mit einem Rechtsmittel Erfolg zu haben, entschuldigt nicht (Stein/Jonas/Brehm a.a.O. § 890; 23 und 34; Jestaedt a.a.O. Vor § 13, E, 39; vgl. auch Thomas/Putzo a.a.O. § 890, 15). Für einen Verbotsirrtum gelten strenge Maßstäbe (BGH NJW-RR 00, 758, 759; Schuschke a.a.O. § 890, 27; Jestaedt a.a.O. Vor § 13, E, 39). Nach den zum Schadensersatzrecht entwickelten Grundsätzen entlastet der (unrichtige) anwaltliche Rat nicht, wenn der Schuldner bei hinreichender Sorgfalt die Bedenklichkeit seines Verhaltens erkennen musste (BGH NStZ 2000, 307; Jestaedt a.a.O. 39; vgl. auch BGH GRUB 81, 286, 288 - Goldene Karte I). Dabei ist der Rat eines Rechtsanwaltes nicht ohne. weiteres bereits deshalb vertrauenswürdig, weil er von einer kraft ihrer Berufsstellung vertrauenswürdigen Person erteilt worden ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Rechtsrat - aus der Sicht des Anfragenden - nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgt und von der notwendigen Sachkunde getragen ist (BGH NStZ 00, 307, 308).

b) Der Schuldner beruft sich zu seiner Entlastung im Wesentlichen darauf, dass sein Bevollmächtigter ihm gegenüber seine Einschätzung der einstweiligen Verfügung als rechtswidrig bekannt gegeben und gleiches in der mit offenem Ergebnis geführten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht verlautbart und deshalb auch die Empfehlung ausgesprochen habe, ein Rechtsmittel gegen eine solche Entscheidung einzulegen. Nur aus Kostengründen habe er den Titel des Verfügungsverfahrens bestandskräftig werden lassen. Dem Schuldner als Kaufmann und im Geschäftsleben gewandt konnte aufgrund eigener Wertanschauung nicht verborgen geblieben sein, dass diese Äußerung nur die Ansicht seines Anwaltes war, der eine gegenläufige Meinung nicht nur der Gegenpartei, sondern insbesondere auch des Gerichtes entgegenstand. Damit konnte das Organ der Schuldnerin erkennen, dass es sich um eine zwar pointiert vorgetragene, aber eben doch nur Meinungsposition des eigenen Anwaltes handelte, den die Schuldnerin auch als kenntnisreich und erfahren erlebt und eingeschätzt haben mag. Gleichwohl hat sich dessen überlegene Fähigkeit zur verlässlichen Einschätzung der Rechtsfrage für die Schuldnerin durch nichts ergeben. Die Rechtsposition ihres Anwaltes war Wertung und gab sich als solche zu erkennen, damit auch mit der solchen Haltungen stets innewohnenden Möglichkeit, wie der vorliegende Beschluss auch zeigt, mit diesem persönlichen Wertansatz im Ergebnis nicht durchzudringen. Dass eine gerichtliche Entscheidung grundsätzlich Befolgung heischt und nicht durch eine bloße abweichende Erfolgsprognose des eigenen Anwaltes für obsolet erklärt werden kann; musste auch dem Organ der Schuldnerin einleuchten und geläufig sein. Verließe sie sich aber auf die Risikoeinschätzung ihres Bevollmächtigten, so ging sie mit ihm auch bewusst das Risiko einer Fehleinschätzung ein und nahm es auf sich. Dies gereicht ihr zum Verschulden und lässt ihr Verhalten vorwerfbar sein, wenn sich im Ergebnis die Prognose des Anwaltes nicht verwirklicht. Dass das Landgericht - dies sei unterstellt - der laut artikulierten Gegenansicht des Schuldnervertreters nicht "zu diesem Zeitpunkt" mit einem "Hinweis auf seine [eigene] Rechtsansicht" entgegengetreten ist, entschuldigt die Schuldnerin nicht. Die Ansicht des Gerichtes war schon niedergelegt im Verfügungsbeschluss. Dass es einem Standpunkt eines Anwaltes im Zuge der Erörterung nicht entschieden entgegentritt, gibt der Partei keinen Freibrief, sich über einen schon bestehenden gerichtlichen Titel hinwegzusetzen. Denn auch nach dem Vorbringen der Schuldnerin spiegelte sich in der mündlichen Verhandlung nichts anderes und nichts mehr als der übliche Austausch von Rechtspositionen, was allenfalls für eine Offenheit hinsichtlich der letztendlichen Entscheidungsfindung des Gerichtes sprach, nicht aber Grundlage sein konnte, einen bestehenden Titel zu ignorieren und auf die offene Chance einer Meinungsänderung des Gerichtes zu setzen.

3.

Dass die Gläubigerin mit der Antragstellung trotz verlässlicher Kenntniserlangung in der mündlichen Verhandlung von dem, bezogen auf den Verfügungsbeschluss, begangenen Verletzungstatbestand ab einen Monat zugewartet hat, macht ihr Vorgehen nicht treuwidrig (vgl. hierzu etwa Zöller/Stöber a.a.O. § 890, 11). Sie durfte auf das Verfügungsurteil warten und ihr weiteres verfahrensrechtliches Verhalten danach ausrichten. Die Lage der Schuldnerin hingegen war eine andere: Ihr war vor dem Verfügungsurteil durch den Verfügungsbeschluss bereits ein Rechtsverhalten verbindlich vorgegeben.

4.

Die angefochtene Entscheidung begegnet aber Bedenken hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes.

a) Maßgeblich für die Bemessung ist danach vor allem der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d.h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, besonders auch der Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden; daneben soll die Bemessung bewirken, dass - wiederum aus der Schuldnersicht die Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, sodass weitere Zuwiderhandlungen auch deshalb unterbleiben (BGH WRP 94, 37, 39 - Vertragsstrafebemessung).

b) Angesichts dessen erscheint dem Senat die Verhängung eines Ordnungsgeldes von 10.000,00 DM erforderlich, aber auch ausreichend.

Der vom Landgericht im Ergebnis zu Grunde gelegte Verletzungstatbestand geht grundsätzlich von einem Recht zum Räumungsverkauf wegen Umbaus aus, sieht aber in der Einbeziehung von davon nicht betroffenen Räumlichkeiten einen umfassenden Verletzungsfall. Darin wird aber die Qualität der Verletzung als an sich von einem rechtmäßigen Teil getragen erkennbar. Der Verletzungsumfang ist danach schon eingeschränkt. Zwar kann - wie ausgeführt - vorliegend der Rat des Anwaltes das Organ der Schuldnerin nicht entschuldigen, gleichwohl erscheint ein Vorgehen, welches ein Rechtsanwalt seiner Partei augenscheinlich nachdrücklich empfohlen hat, hinsichtlich des Grades der Vorwerfbarkeit abgemildert. Bedenkt man zudem, dass die Sonderveranstaltung anknüpfte an eine Räumung wegen Umbaus und damit das Wiederholungspotenzial gering ist, weil in der Regel damit aufwändigere und kostenträchtigere Maßnahmen verbunden sind als bei sonstigen Verstößen in diesem Bereich, erscheint es zwar geboten, der Antragsgegnerin vor Augen zu führen, dass das Sichhinwegsetzen über einen gerichtlichen Titel nicht hingenommen werden kann, andererseits kann aber davon ausgegangen werden, dass eine Summe von 10.000,00 DM die Schuldnerin doch so nachhaltig belastet, dass ein Abschreckungseffekt nicht verfehlt wird.

Vor diesem Hintergrund setzt der Senat das Ordnungsgeld mit 10.000,00 DM an.

II.

Die Kosten, über die gemäß §§ 91 ff ZPO zu entscheiden ist (vgl. Senat WRP 82, 493), waren danach gegeneinander aufzuheben.

Der Beschwerdewert schöpft sich bei dieser Parteiung aus der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes.

Ende der Entscheidung

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